Schlimmer erging es den Juden in den Jahren 1196, 1349,

Schlimmer erging es den Juden im Jahre 1196, als Kreuzfahrer in Worms einfielen und viele Juden daselbst hinmordeten. Zwei Kreuzfahrer drangen in das Haus des berühmten Rabbi Eleasar ben Jehuda, genannt Rokeach, ein, töteten seine beiden Töchter Belette und Hanna, verwundeten ihn, seinen Sohn Jakob und seine Schüler. Seine Gattin Dolza entfloh, wurde aber von den Kreuzfahrern verfolgt und ermordet. Einer der Mörder wurde gefangen genommen und bestraft.

Die Leiden der Juden in Worms wiederholten sich noch oft. Im Jahre 1349 herrschte in Deutschland die Pest, der schwarze Tod, und forderte unzählige Opfer. Man schob den Juden die Schuld daran zu und verbreitete, sie hätten die Brunnen vergiftet. Der Papst Clemens VI nahm in einer Bulle für die Juden Partei und bewies, dass die Pest auch in Ländern wütete, wo Juden überhaupt nicht wohnten, aber auch das half nichts. In Worms wütete der schwarze Tod; das Volk stürmte gegen die Juden los und der Rat der Stadt beschloss, sie alle dem Tode zu überliefern. In ihrer höchsten Not sandten die Juden ihre 12 Vorsteher zum Rat der Stadt; sie sollten um Mitleid und Aufhebung des gefassten Beschlusses bitten. Die Ratsherren aber waren unerbittlich, und als die Vorsteher sahen, dass all ihr Flehen umsonst sei, verriegelten sie die Türen des Saals, zogen die Waffen, die sie unter den Kleidern verborgen hatten und erschlugen sämtliche Ratsherren. Dann zogen sie vereint nach dem jüdischen Begräbnisplatz, töteten sich gegenseitig und wurden daselbst in einem gemeinschaftlichen Grab bestattet. „12 Parnasim ruhen hier“, — das ist alles, was auf dem Leichenstein steht.


Die Folge dieser Tat war, dass die Juden von Worms zu Hunderten hingemordet wurden, wobei mehr als 400 Juden umgekommen sein sollen Ihre Habe wurde den Rittern gegeben. Diese verlangten Entschädigung für den Nachteil, den sie durch die Juden erlitten zu haben behaupteten.

Vereinzelt nahmen sich auch Christen der schwer bedrängten Juden an und schützten sie in ihren Häusern gegen die Wut der Menge. Aber auf jedes Haus. in welchem Juden versteckt wurden, flog, wie die Sage erzählt, eine verzauberte Gans und verriet die Juden. Ein Geistlicher, der die Juden schützen wollte, nahm unbemerkt einen gelehrten Juden mit sich in die Kirche. Dort sprach dieser, als Prediger verkleidet, mit zündenden Worten gegen die Verblendung der Menge und führte aus, dass sie töricht sei, einer Gans Glauben zu schenken. Inzwischen hatte die Gans auf die Kirche sich niedergelassen. Der Prediger wies die Betörten darauf hin und sagte ihnen, wenn die Gans auf die Kirche sich niederlässt, in der kein Jude sich befindet, so ist es doch klar, dass die Vermutung des Volkes eine falsche und der Gans nicht zu glauben sei. Diese Beweisführung hatte Erfolg, und die Menge beruhigte sich wieder. — Wohl kamen auch nach dieser Zeit oft genug Überfälle gegen die Juden vor, aber es waren nicht mehr Massenmorde, die gegen sie verübt wurden. Man behandelte sie als Leibeigene, oder als ein sehr brauchbares Steuerobjekt. Das letztere machte die Juden manchem hohen Herrn im Mittelalter recht begehrenswert, und so finden wir, dass die Fürsten sich oft bei den Kaisern darum bewarben, Juden halten zu dürfen, um von ihnen immer neue Abgaben und Geldstrafen zu erpressen. Die Juden waren im Mittelalter dreien Herren dienstbar, dem Kaiser, dem Bischof und der Stadt, in der sie wohnten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Juden in Worms