Die Juden in Deutschland während des Mittelalters in politischer, sozialer und rechtlicher Beziehung

Autor: Stobbe, Otto Dr. (1831-1887) deutscher Rechtswissenschaftler, Professor für Privat- und Kirchenrecht, Erscheinungsjahr: 1866

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Juden, Judentum, Deutschland, Mittelalter, jüdische Geschichte, römisches Reich, fränkisches Reich, Kammerknechtschaft, Judenschutz, Schutzjuden, Schutzherrlichkeit, Judenprivilegien, Judenhass, Judenverfolgung, Antisemitismus, deutsche Geschichte
Aus der Vorrede des Verfassers

Die Rechtsverhältnisse der Juden in Deutschland haben mich schon seit meinen Studentenjahren in hohem Maße interessiert; das Studium der Regesten Böhmers belehrte mich, wie zahlreiche Urkunden wir über die deutschen Juden besäßen, und mein hochverehrter Lehrer Merkel machte mich darauf aufmerksam, dass es an einer befriedigenden, historischen Darstellung ihrer Rechtsverhältnisse fehle. Ich sammelte daher bei meinen Studien in den deutschen Geschichts- und Rechtsquellen, was ich über dieses Thema fand, und verarbeitete mein Material zunächst zu einem Vortrage in der deutschen Gesellschaft zu Königsberg. Derselbe wurde dann in den Grenzboten (1859 Nr. 17) gedruckt. Da meine Sammlungen in den folgenden Jahren stark anwuchsen und die Veröffentlichung der deutschen Städtechroniken durch die historische Kommission bei der königl. bayerischen Akademie wichtige Aufschlüsse über ihre Steuerverhältnisse und über die Schuldentilgungen König Wenzels im Jahre 1385 und 1390 brachte, hielt ich es nicht für voreilig, an die Ausarbeitung zu gehen.
Inhaltsverzeichnis
  1. Die Juden im römischen Reich
  2. Die Juden im fränkischen Reich
  3. Die deutschen Juden und ihre Kammerknechtschaft
  4. Der Übergang des Judenschutzes auf Landesherren und Städte
  5. Die Steuern der Juden
  6. Geleitsgeld und Zoll
  7. Die Bedeutung des Judenschutzes
  8. Die besondere Schutzherrlichkeit des Erzbischofs von Mainz und einiger anderer Herren
  9. Die Juden zu Nürnberg
  10. Die Juden zu Regensburg
  11. Die Juden zu Augsburg
  12. Die Juden Kölns
  13. Die Juden von Frankfurt am Main
  14. Der Handel und die Geldgeschäfte der Juden
  15. Aufhebung oder Reduktion der Forderungen jüdischer Gläubiger durch Kaiser und Landesherren
  16. Die Gemeinde- und Gerichtsverhältnisse
  17. Der Beweis und der Eid der Juden
  18. Strafrechtliches
  19. Die soziale Lage der Juden und ihre Beschränkungen in religiöser und sozialer Beziehung
  20. Die Judenverfolgungen
  21. Anmerkungen
  22. Anhang
      Die Judenprivilegien
      Verzeichnis der hauptsächlich zitierten Werke
Wir besitzen aus neuerer Zeit vortreffliche Arbeiten über die Geschichte der Juden, teils allgemeine Werke, teils zahlreiche Forschungen über ihre Verhältnisse an einzelnen Orten oder in einzelnen Ländern. Die allgemeinen Werke beschäftigen sich hauptsächlich mit der inneren Entwicklung des Judentums, ihrer Religion, Philosophie und Literatur und mit den Verfolgungen, weniger eingehend mit ihrer rechtlichen und staatlichen Stellung; die ihrer Lokalgeschichte gewidmeten Abhandlungen enthalten zahlreiche Einzelheiten, ohne ein deutliches Bild über ihre allgemeine Lage im Mittelalter zu liefern. Ich glaubte daher keine überflüssige Arbeit zu unternehmen, wenn ich ihre rechtsgeschichtliche Stellung zum Gegenstande meiner Untersuchung machte.

Der Rechtshistoriker kann über ein reicheres Material gebieten, als derjenige, welcher die Quellen nur speziell für die Judengeschichte durchforscht; an Orten, wo man keine Nachrichten vermutet, finden sich interessante Aufschlüsse, und das in allgemeinerer Tendenz unternommene Studium der Geschichte und Rechtsquellen liefert auch für dieses Thema eine reiche Ausbeute. Gerade die Urkunden und Schöffensprüche sind die unzweideutigsten Quellen. Während bei den Mittheilungen der Chronisten die Parteistellung derselben leicht die Tradition in bedenklichem Grade färbt, und die Gesetze nicht immer ein sicheres Bild von den Zuständen liefern, da sie oft nur der Ausfluss einer augenblicklichen, günstigen oder ungünstigen Stimmung waren und überdies im Leben vielfach nicht beobachtet wurden, besitzen wir in den Urkunden die allerglaubwürdigsten Zeugnisse.

Ferner erscheinen auch dem Rechtshistoriker manche Bestimmungen über die Juden in einem anderen Lichte und ist er im Stande, sie in einen lebendigen Zusammenhang mit dem übrigen Rechtsleben des deutschen Volks zu bringen. So darf ich einerseits hoffen, dass denen, welche sich besonders für die Geschichte der Juden interessieren, hier manches weniger Bekannte geboten wird, andererseits aber auch, dass der Rechtshistoriker sich nicht gleichgültig gegen meine Arbeit verhalten wird, da die Werke über Rechtsgeschichte nur obenhin die Juden und ihr Recht zu berücksichtigen pflegen.

Ich würde in sehr unvollkommener Weise meine Aufgabe lösen, wenn ich mich begnügte, die Stellung und die Verhältnisse der Juden nur im Allgemeinen zu schildern. So wie die Geschichte des deutschen Volks und des deutschen Rechts erst durch das Detail Leben gewinnt, wie nicht vom Süden dasselbe wie vom Norden, von den Städten, wie von dem platten Lande gilt, so haben auch die Juden an den verschiedenen Orten ein sehr verschiedenes Los gehabt. Überall galten sie als des Schutzes bedürftig, aber an dem einen Ort hat man ihnen den Schutz wirklich gewährt, an dem anderen sie der Willkür völlig preisgegeben. Es genügt also keine allgemeine Schilderung, auch nicht die Mitteilung der für sie erlassenen Gesetze und Privilegien, es ist vielmehr auch darzustellen, wie weit diese Rechtssätze im Leben verwirklicht wurden. Und dies hoffte ich am besten dadurch zu erreichen, dass ich so viel als möglich Einzelheiten über die Geschichte der besonders wichtigen Gemeinden zusammenstellte, selbst auf die Gefahr hin, mich hier und da wiederholen zu müssen.

(weiterlesen: unter Vorrede)

Sabbatanfang, Moritz daniel Oppenheimer 1867

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Sabbat, Samstagmorgen

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