Vorrede

... Wolf und Bartolocci, Männer von der größten Gelehrsamkeit, haben Licht über die hebräische Literatur verbreitet. Nächst ihnen mag Rossi erwähnt werden, der Bibliograph dieser Literatur. Basnage und Jost haben die Geschichte der Juden geschrieben. Das Schicksal und die literarischen Erzeugnisse dieses Volkes in den verschiedenen Ländern Europas haben überall Erläuterer gefunden. So haben sich Muratori und der Graf Giovanni mit den italienischen, Rodriguez de Castro und Moldenhauer mit den spanischen, Ribeiro dos Santos und Ferreiro Gordo mit den portugiesischen Juden beschäftigt. De Boissi, Sauval, Brussel, der P. Bougerel haben viele Urkunden zur Geschichte der Juden in Frankreich gesammelt; Blossiers Tovey hat eine vollständige Geschichte der englischen geliefert; die Juden in der Schweiz sind der Gegenstand der Untersuchungen Ulrichs geworden; Hr. v. Reiffenberg hat eine Geschichte der belgischen entworfen, und auch Deutschland ist reich an Schriften über ihre Geschichte in diesem Lande; die Juden selbst haben sich hier durch Schriftsteller aus ihrer Mitte Achtung erworben. Von Spezialgeschichten wird es hinreichen, das Werk des Hrn. v. Aretin über die Juden in Bayern zu erwähnen. Ich könnte noch eine Menge anderer schätzbarer Werke über die Juden der verschiedenen Länder Europas anführen.

Im Jahre 1821 verlangte die königl. Akademie der Inschriften und schönen Wissenschaften als Preisaufgabe eine Untersuchung über den Zustand der Juden in Frankreich, Spanien und Italien in bürgerlicher, literarischer und kommerzieller Hinsicht. Obwohl ich damals nur wenig Zeit diesen Untersuchungen widmen konnte, trat ich doch in die Reihe der Konkurrenten, und die Akademie beschloss 1823 meine Arbeit durch eine Ehrenerwähnung auszuzeichnen. Ich fühlte mehr als irgend ein Anderer, wie viel ihr fehle, um einer öffentlichen Bekanntmachung würdig zu sein, nahm sie daher von Neuem vor und machte große Veränderungen. Da ich bemerkte, dass die Geschichte der Juden im Süden von Europa sich nicht wohl von ihrer Geschichte in den übrigen Ländern trennen lasse, so betrachtete ich sie in ihrer Gesamtheit, ohne deshalb gerade eine allgemeine Geschichte der Juden im Mittelalter schreiben zu wollen, und stellte alle Züge zusammen, welche mir zur Kenntnis ihrer Lage und ihrer Aufführung in Europa beizutragen schienen.


Dieses Werk ist es nun, welches ich gegenwärtig dem Publikum übergebe. Ich weiß wohl, dass mein historischer Versuch einer viel größeren Ausdehnung fähig gewesen wäre, aber ich dachte, dass die Hauptzüge des Gemäldes stärker auffallen und tiefer eindringen würden, wenn man sie in einem kleinen Rahmen vereinigt fände. Die Geschichte der in Europa zerstreuten Juden hat für die Leser das Unangenehme, dass sie ihm eine Menge vereinzelter Tatsachen vorlegt, um so mehr muss daher der Geschichtsschreiber dieselben an einander anzuschließen suchen und um so weniger darf er sich in Details verlieren, in welche der Leser ihm zu folgen sich scheuen würde.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Juden im Mittelalter