Prora-Schanze

„Halt in der Prora!“ ruft's vom Hohlweg her;
Und durch die engen Wände
Ziehn von dem letzten Ende
Der Bahn, die Last empor die Rosse schwer.

Grub die Natur in langsam sichrem Sieg
Tief durch den Berg die Rinne,
Dass Bahn der Mensch gewinne?
Nicht die Natur schuf diesen Weg: — der Krieg.


Hier ächzten einst mit nächtlich droh'ndem Schall
Die Räder der Kanonen;
Wo stille Hirten wohnen
Flog laut aus glüh'ndem Mund der Todesball.

Wo noch auf jenem Bergesgipfel steh'n
Verlass'ner Schanze Wälle,
Ließ einst in Windes - Schnelle
Der heimatlose Carl sein Banner weh'n.

Tief dringt, zum hohen Jasmund hingewandt,
Weit durch die blauen Wogen,
Wie einer Brücke Bogen,
Der langen Heide steinigt graues Band.

Wohin der eil'ge Fuß den Wandrer führt,
Wo sich die Wege trennen,
Kann hier das Aug' erkennen
Das, weithin herrschend, in die Ferne spürt.

Wer dieser Höhen ringsum schau'nde Wacht
Mit raschem Schwerst errungen,
Der hat das Land bezwungen;
Es beugt sich Wind und Welle seiner Macht. —

Dort schnitt durch's Erdreich emsig tief der Pflug
Und an dem Saum der Wälder
Wogt es durch Saatenfelder,
Wie durch ein farbig reich gewirktes Tuch.

So schönen Sieges blüh'nde Früchte weiß
Jetzt, fern' von rauem Streiten,
Durch Frieden zu bereiten
Der Landbezwingende, getreue Fleiß.

Doch aller Siege schönstes Wirken bringt
Ein bleibend milder Segen
In reicher Frucht entgegen,
Wenn edle Huld die Herzen sanft bezwingt.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Insel Rügen