Inselrundreise

Sogleich nach meiner Ankunft begab ich mich zu dem Hafen und eilte in einem, von kräftigen Armen geruderten Bote dem nahen Rügen zu. Gastfreundlich schaute uns das Eiland mit seinen weißen Kreidefelsen und grünumkleideten Buchten entgegen; pfeilschnell durchflog das Boot den bläulichen Spiegel des Meeres, und wir landeten vis-à-vis von Stralsund indem Dorfe Alte Fähre. Von hier ging es ohne Aufenthalt zum nahen Städtchen Bergen, und ich besuchte sofort den Rugard, einen Hügel, auf welchem vordem die Fürstenburg der slavischen Stämme lag. Die Zeit hat den Herrschersitz, der Tausende zum Verderben der christlichen Lehre, nachdem diese bereits in allen anderen Gegenden Deutschlands Wurzel gefasst, aussandte, zertrümmert; verfallene Wälle und verschüttete Gräben deuten allein seinen ehemaligen Standpunkt an. Ein anderer Sinn waltet an der Stätte, die vor Zeiten dem Swantewit und Gernebog geheiligt war. Wie die Natur in buntem, freudumhüllten Schmucke erglänzt, so glänzt auch jetzt das Herz der Ruganer in dem Diamantfunkel christlicher Duldsamkeit und segenspendender Liebe.

Jenseits des Meeres hebt sich Stralsund, seine Türme in den Wogen spiegelnd; Greifswald, Usedom, Wollin, durch welche sich die Oder in das Meer drängt, und zwischen denen in tiefem Meeresgrunde die uralte Stadt Vineta liegen soll, grüßen herüber. Die Schiffer wollen bei ruhigem Wetter, wenn der Spiegel des Meeres ungetrübt erglänzt, noch die Mauern der in das Seegrab versunkenen Stadt erschauen, und die Sage erzählt, dass man dann und wann sogar die Glocken höre aus der Tiefe des Meeres. Der Grund zu dieser Fabel liegt zweifelsohne in den Erscheinungen des Meergesichts, das in der Ostsee, wie in den Gewässern des mittelländischen Meeres anzutreffen ist. Weiterhin verliert sich der Blick in die endlose Flut, deren Wogen in ewiger Brandung sich an dem klippenreichen Ufer des Eilands brechen. Im Norden Rügens gewahrte man Arcona, die nördlichste Spitze Deutschlands, und die Halbinsel Wittow; die lange Hiddensee, nur durch eine schmale Enge von Rügen getrennt, und an der Seite des Festlandes das liebliche Dänholm mit seinem Hölzchen, welches die Vergnügungssucht der Stralsunder zu einem anmutigen Spaziergange eingerichtet, boten sich, nachdem ich Beide schon bei der Überfahrt wahrgenommen, von Neuem den Blicken dar, und zu meinen Füßen lag die jungfräuliche Rugia in dem ganzen Schmucke bräutlicher Schöne.


Am Abhange des Rugard befindet sich ein Fels, an welchen sich eine ähnliche Soge knüpft, wie diejenige, welche die Harzbewohner von dem Mägdesprung erzählen. Zwei zierliche Frauenfüße sind in dem Granit des Berges zu schauen, welcher sich von dort schroff in den Hohlweg absenkt. Ein alter Rugischer Fürst, so erzählt die Sage, verfolgte hier ein Mädchen, welches, von wilder Angst getrieben, den Sprung über den jähen Abgrund wagte, während er seine Leidenschaft mit dem Tode büßte. Die Göttin Hertha, zu welcher sich das Mädchen inbrünstig flehend wandte, soll die Fliehende sicher geleitet und jenes Warnungszeichen dort eingeprägt haben.

Tags darauf verließ ich in Gesellschaft mehrer Stralsunder, welche ich im Gasthause zu Bergen traf, und welche ein gleiches Reiseziel lockte, dieses Städtchen. Wir gingen abwechselnd über Heidestriche und reiche Ährenfelder, an welche sich freundliche Dörfer schlossen, dem Vorgebirge Arcona zu. Bei Woorke stießen wir auf die vierzehn Hünengräber. Goldne Kornfelder umschließen jetzt die Stätte des Todes; wie Inseln aus der von der Sonne beleuchteten Meeresflut, tauchten die Grabhügel aus dem im Morgenstrahl erglänzenden dichten Ährenwald, jeglicher von einer uralten Eiche umschattet, der Zeugin zerfallener Größe und verdorrter Heldentat. Aus fernen, längst verrauschten Zeiten winken sie herüber, ein kräftiges, lebendiges Bild der Helden, die unter ihrem Schutze ausruhen von der tatkräftigen Arbeit des Lebens. Sie sind längst vergessen, die kernfesten Streiter; Walhalla sank in Trümmer und Odins und Friggas Reich hatte ein Ende; keine Walkyrie reitet mehr in die Schlacht, um die Mannen in Asgard einzuführen zu ewigen Kämpen und Mahlen, doch die uralten Eichen schritten von den finsteren Zeiten des Heidentums hinüber in das liebumkränzte Land der Gegenwart, und wie Klänge von Aeolsharfen tönt die Sage aus ihren Zweigen, und der Sänger greift in die Saiten und singt manch' hehres Lied zum Ruhm und Preis der Helden, einziehend durch die ehernen Pforten der Vergangenheit.

In der Nähe des Dorfes Nobbin stießen wir, nach glücklicher Überfahrt gen Wittow, und nachdem wir zu Altenkirchen ein Bild des zu Arcona verehrten Svantevit in der dortigen Kirche besehen, auf ein zweites Hünengrab, weiches, dem Anscheine nach, die Gebeine eines mächtigen Fürsten umschließt. Sechs und dreißig kleinere Steine umgeben einen tiefliegenden Platz zu welchem zwei hohe Granitblöcke den Eingang bilden. Die Sage, die hier den einzigen Grund der Geschichte bildet, und die der Ruganer von Vater auf Sohn in ununterbrochener Reihefolge fortpflanzt, von mythischer Dichtung umstrahlt, erzählt davon Folgendes: Eine Riesenkönigin sei hier begraben. Wie sie den Tod in ihrem Herzen gefühlt, sei sie hinabgeeilt zum Meeresstrande, habe die mächtigen Steine herbeigetragen und sie rings um den zur Ruhestätte erkorenen Platz gereiht, so viel Steine, als Vasallen ihren Thron bei Lebzeiten umstanden. Nachdem das Werk vollendet habe sich die Erde plötzlich zu einem weilen Spalt geöffnet, und die Herrin sei mit allen ihren Schätzen hernieder gestiegen in die klaffende Schlucht, die sich sofort geschlossen.

Von hier ging es weiter auf Arcona zu, der Abend sollte uns auf Deutschlands nördlichster Spitze umfangen. Sanft und allmählich hob sich das Ufer zu dem Vorgebirge und wir gelangten zuerst zu einer Kapelle, in welcher während der Erntezeit Gottesdienst gehalten wird. Vor ihr dehnte sich, nach einem grünbekleideten Abhange, in traulicher Einsamkeit das Fischerdorf Vitt mit seinen Hüllen aus, welches bereits hart an, Meere liegt. Milder Friede umschloss die Gewässer des Ozeans, das Auge überflog einen klaren Diamantspiegel, auf welchen die letzten Strahlen der untergehenden Sonne unendlichen Zauber ergossen. Alles glühte und flammte in ihrer stillen Pracht, und wie Diamanten blitzte und flimmerte es aus der Tiefe des Meeres. Ein lindes Lüftchen wehte über die Hügel den Abhang hinunter, und es dünkte mich, die Elfen in anmutigen Reizen tanzen zu sehen auf den, grünen Teppich, und die Nixen zu schauen, wie sie das blondhaarige Haupt, von Rubinen und Smaragden durchflochten, emportauchten aus den Fluten. Einen Ruhepunkt für das sehnend umherschweifende Auge boten Jasmunds waldige Höhen und Kreideberge; links lag Arcona und rechts das eigentliche Rügen.

Nach kurzer Wanderung gelangten wir zu den alten Wällen der Jaromarsburg, den, Hauptsitz der ehemaligen slavischen Priester-Herrschaft, wo sich auch früher ein Tempel des Gottes Svantevit befand. Waldemar I. von Dänemark zerstörte ihn im Jahre 1168. Hier war der Ort, wo Selbstsucht, Parteihass und Fanatismus ihr fürchterliches Wesen trieben, wo die Herrschgier der Priester die Einfalt und Dummheit der Menge zur Sicherung des Heidentums benutzte, um dem Christentume, das allenthalben in Deutschland seine Segnungen bereits verbreitet, ein kräftiges Bollwerk entgegenzusetzen. Die Wahrheit brach sich Bahn, und das Licht der Aufklärung verbreitete seine Strahlen aller Orten, der Heiligenglanz Christi ließ die Finsternis entschwinden, die Aberglaube und Torheit verbreitet. Jahrhunderte und Jahrtausende stiegen hinab in den Strom der Zeit, und die reine Lehre erglänzte von Tage zu Tage ungetrübter, die geistige Freiheit gewann von Golgatha bis zum Jahre 1855 immer mehr und mehr Bahn, und tausend und abermal tausend Quellen des Rechts strömten aus der einen, reinsten Quelle. Jahrhunderte und Jahrtausende werden verrinnen, und immer kühner und kolossaler wird der Bau emporstreben zu dem Himmel, und das niedrige Gemäuer der Selbstsucht und Einfalt wird, gleich Maulwurfshügeln am Petrusdome, erscheinen. Der große Baumeister — die ewige Wahrheit — kennt kein Ende und keine Grenzen. Der Schwankende trete an die Trümmer der Jaromarsburg, und blicke von dort in das kräftige Leben, und wäre er todmatt, er würde neue, unverwüstliche Kräfte empfangen.

Die Statue Svantevits (d. i. heiliges Licht) stand in einem von Lehm erbauten Tempel, durch einen Vorhang verhüllt. Nur der Priester durfte den Tempel betreten. Helmoldi Chronicon Slavorum berichtet, dass in der Nähe des Tempels ein heiliges Pferd unterhalten wurde, welches man, als Orakel, bei wichtigen Unternehmungen um Rat fragte. Erreichte es nämlich ein bestimmtes Ziel zuerst mit dem rechten Fuß, so war dies ein gutes Zeichen, hingegen deutete man, wenn der linke Fuß zuerst das Ziel berührte, Unglück aus dem heiligen Akt.

Von der Jaromarsburg selbst findet man keine Spur mehr, nur die Wälle sind noch erhalten. In ihrer Mitte liegt jetzt ein freundlicher Wiesenplatz, aus welchem Opfersteine finster hervorblicken. Es überfällt einen kein Grauen mehr an der Stätte des Fanatismus, wo Tausende von Christen ihr Leben unter den Händen blutgieriger Priester verhauchten, die Freud' umhüllte Gegenwart hat die letzten blutigen Spuren verwischt, das Leben blüht an der Stätte des Todes und das Siegspanier des Kreuzes winkt von der naheliegenden Kirche herüber. Heiterer Frohsinn scherzte auch in unserer Mitte, und die Gastfreundlichkeit führte uns näher an einander in der gastfreien Natur; wir gedachten der Worte Ossians, des alten Barden: „Erhebt Eure Gesänge; lasst die Muschel kreisen; Freude soll in unseren Hallen herrschen.“

Wir brachten die Nacht in dem eine halbe Stunde entfernten Putgarten zu, um am anderen Morgen in aller Frühe die Landenge zwischen Wittow und Jasmund zu passieren, und nach Stubbenkammer und dem Königsstuhl zu gelangen. Gegen Abend erreichten wir das Ziel unserer Wünsche. Die Umgegend um Stubbenkammer (welches letztere aus einer Reihe am Meere liegender Felsen besteht, deren hervorspringendster Punkt der Königsstuhl ist) heißt Stubnitz. In diesem Bezirke liegt der Herthasee, ein dunkles Gewässer, mit terrassenförmigem Gestade, von Eichen düster umkränzt und im Osten von einem Wall begrenzt, der sich kühn über die Wipfel der uralten Bäume erhebt und wahrscheinlich in früherer Zeit einen Tempel umschloss. Opfersteine, durch die oben eingehauene Blutrinnen erkenntlich, finden sich dort in großer Zahl, und eine finstere Stille waltet an dieser Stätte. Keiner Herde Gebrüll, keines Vogels freudiger Gesang tönt in der schweigsamen Gegend, der Geist der Göttin Hertha scheint auf den Schwingen des Abendwindes hernieder zu schweben, und die Phantasie führt uns hinüber zu vergangenen Tagen. In seltsame Träume verloren schaute ich auf die Überreste früherer Zeiten; ich sah den Tempel der Friedensgöttin sich öffnen und sie ausziehen in das Land auf dem mit zwei weißen Stieren bespannten Wagen. Die Kämpen legten das Schwert bei Seite, das gewaltige, und die nimmer ruhende Streitaxt bei dem Anblick der hehren Göttin. Schweigend folgte der Priester dem Wagen, und Friede und Freude begrüßten sich auf ihrem Pfade. Ich wohnte dem blutigen Opfer bei, mit welchem jährlich einmal die jungfräuliche Priesterin die Göttliche sühnte; gewahrte, wie sich die Gewässer des Sees zerteilten, und wie die Gottheit mit ihren Wagen und Dienern in die Tiefe versank. Die düster-liebliche Mythe, die uns Tacitus in seinem Werke de moribus Germanorum von der Friedensgöttin aufbewahrt, umgaukelte mich, und das Reich der Gegenwart zerfloss vor meinen Augen. Ich hörte die Klänge der Barden, wie sie im Frieden die Taten der Helden sangen, die eingezogen in Asgard, und träumte mich hinüber zu Walhallas seligen Gefilden. Ich sah den Becher kreisen, mit süßem Meth gefüllt, und wohnte den Mahlen der Tapferen bei und lauschte den Gesängen ihrer Taten. Die Hünengräber öffneten sich, und kräftige Riesengestalten entstiegen der Wohnung des Todes, die Streitaxt schwingend und das mächtige Schwert zu Ehren Odins, des gewaltigen Gottes, und in kriegerischen Reigen mich umkreisend. — Es ruht eine erhabene Dichtung auf den Hainen der wonnigen Rugia, auf ihren Hünengräbern und ihren Opfersteinen, oft rau und wild erschallend, wie Orkanes Brausen, oft mild und sanft wie Klänge aus Harfen, stets aber frei und kräftig, so frei und kräftig, wie die alten Ruganer, die in dem Schoße der jungfräulichen Insel den langen Schlaf, nach dem tatkräftigen Lebenswerke, schlafen. Das Reich ihrer Freiheit musste untergehen, damit es dereinst desto hehrer erflehe an dem großen Auferstehungstage, der von Osten heraufdämmert, durch Christi erwärmende Sonne von allen Nebeln gereinigt. Wenn der Ostermorgen der Freiheit in vollem Strahlenglanze erglänzt, im Strahlenglanze der ewigen Wahrheit, von den düsteren Wolken der Parteisucht und kleinlichen Treibens nicht ferner umhüllt, dann wird auch ein neues Ruganergeschlecht aus den Gräbern des alten festen Fuß fassen, und sein Reich wird bestehen ohne Odins blutige Opfer. Aber gedenken mag das neue Geschlecht der Tatkraft des hinabgesunkenen, und sie paaren mit der ewigen, reinen Liebe, auf dass die wahre, die göttliche Freiheit nie in das Grab steige, wie die Freiheit der alten Ruganer.

Von dem Herthasee eilte ich mit meinen Gefährten nach Stubbenkammer, welches eine kleine halbe Stunde von jenem entfernt ist, und von dort zu dem äußersten Vorsprunge desselben, zu dem Königsstuhl. Er hat von Karl XII. seinen Namen, der hier der Ruhe pflegte. Fürwahr! ein königlicher Stuhl für den königlichen Helden. Das weite Meer vor seinen Blicken, den stolzen Felsen am Meere zu seinen Füßen, er selbst ein Fels im Meere. Ich musste weinen; denn ich gedachte des edlen, festen, biederen Königs, und ich gedachte der Hinterlist und Tücke der Menschen, die ihm ein so schmähliches Ende bereitete. Von Stubbenkammer flog mein Geist hinüber zu den Laufgräben von Friedrichshall, wo ihn das meuchelmörderische Geschoss traf, diesen Felsen, den keine Meereswogen zum Wanken brachten. Ein Maulwurf untergrub den königlichen Bau. Die Sonne tauchte ihr Strahlenhaupt in die wogenden Fluten, und ich gedachte der großen Schwedensonne, die einst vom Norden aus über diese Gewässer leuchtete, und ihre Strahlen weithin versendete über Deutschlands Gauen. Ich sah sie versinken in Blut aus Lützens Ebenen, aber wie die Sonne am Himmel Morgens heimkehrt in unvertilgbarer Pracht, so auch erglänzt die Sonne Gustav Adolphs für immerdar von Lützens Feldern. Banner, Totensohn, Oxenstierna funkeln, wie die Sterne am Nachthimmel, die nun, nach dem Scheiden der Sonne, ihr Antlitz im Meere spiegelten, und wie der Mond sanft und klar einher wandelt, auf seiner Bahn, da gedachte ich des milderen, schöneren Mondes, Bernhards von Weimar. Die Menschheit schaut nach den hehren Gestirnen in jubelnder Freude, Parteihass und Sektengeist sind geschwunden, und wie Luthers Anhänger im Petrusdome zu Rom sich am feierlichen Hochamte erbauen und ihre Herzen mit denen der katholischen Glaubensbrüder in frommer Rührung zu Gott erheben, so erfreuen sich die Kinder der Mutterkirche bei dem einfachen protestantischen Gottesdienste. Ein Band hält Alle umschlungen, das des einen, wahren Glaubens, die geistige Leier hat den Sieg errungen über die Form.

Solche Gedanken durchkreuzten mein Gemüt, wie die Nacht mit ihrem dunklen Schleier Erde und Meer umhüllte, und erst der Jubel meiner Gefährten, die aus dem auf Stubbenkammer liegenden Wirtshause die dampfende Punschbowle herbeigeholt hatten und die gefüllten Gläser kreisen ließen, weckte mich aus den goldnen Träumen.

Sorglos lagerten wir uns auf dem hervorspringenden Felsen, das Meer rauschte in einförmigen T?nen zu unseren Füßen, in buntem, farbigen Kleide schritt die Freude in unserem Kreise umher, und muntere Lieder erschallten in die weite Ferne, mir von dem Echo der umherliegenden Felsen unterbrochen.

Die Nacht brachten wir in dem Wirtshause auf Stubbenkämmen zu, um uns am anderen Morgen daselbst — wahrscheinlich für immer zu trennen. Es war nur eine flüchtig angeknüpfte Reisebekanntschaft, die dort abgebrochen wurde, indes die kleinen Reiseabenteuer und die gastfreundliche Natur hatte uns näher zu einander geführt, als man hätte glauben sollen. Der Abschied von den gemütlichen Stralsundern war die einzige Dissonanz auf meiner Reise nach Rügen.

Ich eilte in gerader Richtung, ohne mich weiter aufzuhalten, dem Bade Putbus zu, meine Reisegefährten bestiegen ein Schiff, um die Küste zu besehen.

Putbus, auf Rügen, Eigentum des Fürsten Malte von Putbus, der während der Sommerzeit in dem prachtvollen Schlosse des Parks residiert, ist das schönste Ostseebad. Unbedenklich kann man es selbst dem Doberaner vorziehen. Sein jetziges Gedeihen verdankt es lediglich der Fürsorge des jetzt regierenden Fürsten, der es vor ungefähr 30 Jahren begründete und im Laufe der Zeit mit solcher Eleganz und Bequemlichkeit ausstattete, dass es selbst mit den komfortabelsten süddeutschen Bädern wetteifern kann.

Wenn man, wie die meisten Badegäste, von Stralsund kommt und dann über Garz nach Putbus eilt, gelangt man zuerst in eine schöne Eichen-Allee und, nachdem man dieselbe durchfahren, in eine gleiche von Linden, der sich links die in gerader Linie fortlaufenden, in dem modernsten Stile erbauten, Gebäude des Fleckens Putbus, rechts der fürstliche Park anschließen, über welchen hinaus man auf das Meer blickt. Man fühlt sich bei der plötzlichen Einfahrt in den Badeort wahrhaft angenehm überrascht. Solche ausgesuchte Eleganz in der Bauart, solche kunstvolle Anlagen hatte man schwerlich auf dem romantisch-wilden Rügen erwartet.

In dem Parke selbst liegt der Speise-Salon, der zugleich für Bälle und Konzerte benutzt wird, und in dem edelsten Stile erbaut ist. Unweit davon ist die Konditorei. Das Schauspielhaus — mit den Musen in einem großen Basrelief über dem Eingange — stellt sich als einen würdigen Tempel der Kunst dar. Es bildet die eine Ecke bis mit freundlichen Gebäuden umgebenen Marktplatzes, deren andere durch das herrschaftliche Gasthaus für Badefreude gebildet wird.

Welcher Süddeutsche die Bäder des Nordens, vorzugsweise die der Ostsee besuchen will, dem kann man mit Fug und Recht das Bad Putbus auf Rügen vor allen anderen empfehlen. Die Natur hat daselbst ihre schönsten Reize entfaltet, und Knust und sinniger Geschmack haben für Vergnügungen und Bequemlichkeiten aller Art gesorgt. Kaum eine kleine Viertelstunde von Putbus befinden sich die Badekutschen in einer Strandgegend der Ostsee, die den Badenden den kräftigen Wellenschlag der stärkenden Fluten in jeder Hinsicht gestattet. Am Lande, hart am Meeresufer, liegt das fürstliche Badehaus, mit einer trefflichen Restauration und Bädern aller Art versehen. Von demselben aus genießt man die schönste Aussicht auf die Gewässer des baltischen Meeres und manche ihrer Inseln.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Insel Rügen 1833
Stralsund, Alte Giebelhäuser in der Semlowerstraße 8, 1910

Stralsund, Alte Giebelhäuser in der Semlowerstraße 8, 1910

Stralsund, Am Kütertor

Stralsund, Am Kütertor

Bergen (Rügen), Jagdschloss Granitz

Bergen (Rügen), Jagdschloss Granitz

Bergen (Rügen), Marktplatz 1917

Bergen (Rügen), Marktplatz 1917

Bergen (Rügen), Marktplatz 1921

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Stralsund, Böttcherstraße mit Jakobikirche

Stralsund, Böttcherstraße mit Jakobikirche

Stralsund, Hafenpartie 1909

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Stralsund, Jakobiturmstraße und Jakobikirche

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Stralsund, Johanniskloster, Räucherbodenhaus

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Stralsund, Kniepertor 1913

Stralsund, Kniepertor 1913

Stralsund, Rathaus 1925

Stralsund, Rathaus 1925

Stralsund, Semlowertor

Stralsund, Semlowertor

Vitte bei Arcona

Vitte bei Arcona

Schloss Puttbus auf Rügen

Schloss Puttbus auf Rügen

Arcona

Arcona

Kleine Stubbenkammer auf Rügen

Kleine Stubbenkammer auf Rügen

Friedrich-Wilhelms-Bad in Putbus.

Friedrich-Wilhelms-Bad in Putbus.

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