Neue Bundesgenossen

Unterdessen hatte sich Waldemar unverdrossen nach neuen Bundesgenossen umgesehen. Seine gefährlichsten Feinde waren die Fürsten; während die Städte nur ihre alten Rechte verteidigen wollten, hatten jene es ja geradezu auf eine Teilung des Dänenreiches abgesehen; gegen sie mußte des Königs Tätigkeit also besonders gerichtet sein. Da nun die großartigen Erfolge der Mecklenburger bei den benachbarten Fürsten Missgunst erweckt hatten, so wurde es Waldemar mit Hülfe seiner Schätze leicht, eine zahlreiche Koalition gegen Mecklenburg zusammenzubringen. Achtzehn Fürsten, an ihrer Spitze Herzog Magnus von Braunschweig, Markgraf Otto der Faule von Brandenburg, Herzog Erich der Jüngere von Lauenburg und Graf Adolf von Holstein, sagten dem Herzog Albrecht Fehde an. Freilich suchten diese Herren dabei weniger Waldemars, als ihren eigenen Vorteil, und so war es denn nicht so ganz unrichtig, wenn Herzog Magnus, um die Städte von einer Hülfeleistung an die Mecklenburger abzuhalten, am 17. September 1369 an Lübeck die Erklärung abgab, der Streit sei nicht Waldemars wegen, sondern aus anderen Gründen. schon am 13. Juli des Jahres hatte sich nun freilich schon Herzog Albrecht an die Städte gewandt, und sie, vielleicht Schon in Voraussicht der kommenden Ereignisse, um Hülfe gebeten, wenn es Not tun sollte; aber Lübeck stand seit einiger Zeit in einem etwas gespannten Verhältnisse zu dem Herzoge, infolge von Räubereien, die sich Diener desselben gegen Bürger der den Lübeckern verpfändeten Stadt Mölln erlaubt hatten; und so ließen sich die Hansen in der Tat durch die Erklärung des Magnus bestimmen, den Mecklenburgern keine Hülfe zu leisten. Aber auch ohne den Beistand der Städter blieb Herzog Albrecht Sieger. Bei Roggendorf in der Nähe von Gadebusch erfocht er am 29. November 1369 einen glänzenden Sieg über die in mecklenburger Gebiet eingefallenen Feinde und nahm viele von ihnen gefangen. Infolgedessen kam dann im folgenden Jahre ein für Mecklenburg günstiger Friede mit den Herzögen Magnus und Erich zu Stande.

Hatten sich die Städte bei dieser Gelegenheit wenig schön benommen, indem sie die Unterstützung ihres Bundesgenossen Albrecht verweigerten, so waren sie damit doch wenigstens äußerlich im Recht gewesen. Ein direktes Unrecht aber gegen ihre Verbündeten war es, dass sie sich ohne die Fürsten mit Hakon und dem dänischen Reichsrat einließen. Schon im März 1369 hatte der Reichsrat Verhandlungen mit ihnen angeknüpft, mit Hakon war am 3. August wieder ein Waffenstillstand zu Stande gekommen, neue Verhandlungen mit den Dänen hatten sich den Juli und August hindurchgezogen und am 30. November (s. o.) kam man endlich zum Abschluß: Vorläufig sollte nur Waffenstillstand sein; förmlichen Frieden wollte man vorläufig im Hinblick auf das Bündnis mit den Fürsten, das erst am 14. April 1370 ablief, noch nicht schließen; dann aber sollte am 1. Mai zu Stralsund eine neue Zusammenkunft sein, auf der man die genaueren Bestimmungen des Friedens regeln wollte. Tatsächlich fand dann im folgenden Jahre diese Versammlung statt und führte zu dem Stralsunder Frieden am 24. Mai 1370, der den Städten ihre alten Privilegien von neuem bestätigte, dem dänischen Reiche aber seinen Besitzstand sicherte. Als Bürgschaft wurden den Hansen die Einkünfte der schonischen Schlösser Skanör, Falsterbo, Malmö und Helsingborg auf 15 Jahre überlassen und die Schlösser selbst ihnen für diese Zeit in Verwahrung gegeben.


Scheinbar hatten also die Städte, indem sie erst nach dem 14. April den Frieden abschlossen, den Bund mit den Fürsten gehalten; tatsächlich aber war schon lange vorher (seit dem 30. November) die Ruhe hergestellt und der Verkehr wieder aufgenommen. Mit Recht konnte Mecklenburg-Schweden darob erbittert sein, hatte es sich doch schon als Herrn Dänemarks, oder doch zum mindesten Schonens, betrachtet, und nun garantierten die Hansen dem dänischen Reiche seinen Besitzstand. Dass die Städte wirklich die Rache der Fürsten dafür fürchteten. Scheint aus dem Gebot hervorzugehen, kein hansischer Kaufmann solle einen dänischen Hafen aufsuchen, der in mecklenburgischem oder holsteinischem Besitze sei. Zugleich ist diese Verordnung ein Beweis dafür, dass die Städte sich den Fürsten gegenüber im Unrecht fühlten. Aber allzu hart darf man ihre Treulosigkeit denn doch nicht beurtheilen. Kaufmannspolitik ist ja von je her egoistisch gewesen. Die Hansen hatten nach der Einnahme von Helsingborg im Wesentlichen erreicht, was sie wollten: der Sund stand ihnen offen und damit freie, ungehinderte Fahrt in Nord- und Ostsee; Dänemark war zu Boden geworfen, aber sie wollten nicht, wie die Fürsten, eine völlige Vernichtung desselben, die nur diesen, nicht ihnen Vorteil gebracht hätte. Dazu kam vielleicht, dass sie, als Herzog Albrecht in so gefährliche Verwickelungen mit seinen Nachbarn geriet, eine Vernichtung von dessen Macht voraussahen, und dass sie, um nicht mit in seinen Sturz hineingezogen zu werden, um so eiliger mit den Dänen abschlossen und das, was sie erreicht hatten, für sich retteten; dass sich die Verwickelungen so bald und zu Gunsten Mecklenburgs lösen würden, hatten sie offenbar nicht erwartet; und aus diesem Grunde wird man ihre Haltung zwar nicht billigen, aber doch erklärlich finden.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Herrschaft der Mecklenburger in Schweden