Herzog Albrecht und Magnus

Der neue Fürst war ein Mann von regsamer Tätigkeit und unternehmendem Geiste; sein Ziel war, sein Land und vor allem seine Familie groß zu machen. Von kleinen Anfängen ging er dabei aus; zuerst machte er sich sein eigenes Land durch Bezwingung seiner Adligen und Städte untertänig. Infolge seiner freundschaftlichen Verbindung mit König Karl IV. erreichte er, dass 1348 sein Land Mecklenburg zum Herzogtum erhoben wurde. Durch Erbschaft und Vertrag erwarb er 1359 die Grafschaft Schwerin. Vor allem aber gab ihm seine Verbindung mit Eufemia von Schweden, die im Jahre 1336 vollzogen war, die erwünschte Gelegenheit, in den nordischen Händeln eine Rolle zu spielen. In der ersten Zeit stand sich Albrecht gut mit seinem Schwager Magnus, und noch 1354 schlossen sie einen Vertrag ab, der eine ewige Freundschaft zwischen ihnen zu sichern schien.

Aber seit dem Jahre 1356 begann das gute Verhältnis sich zu ändern. Magnus hatte, herangewachsen, die von den Schweden auf ihn gesetzten Hoffnungen nicht gerechtfertigt, sondern sich als schwach und unfähig erwiesen und sich der Leitung unwürdiger Günstlinge überlassen. Seine Unterthanen, an der Spitze die Reichsräte, hatten ihn deshalb 1350 gezwungen, für Schweden seinen älteren Sohn Erich (XII.), für Norwegen den jüngeren Hakon (VIII.) als Mitregenten anzunehmen. Als ersterer im Jahre 1356 einen Aufstand machte, um den Einfluss von des Königs unwürdigem Günstling Bengt Algotsson zu brechen, da unterstützten ihn nicht nur König Waldemar von Dänemark, sondern auch Herzog Albrecht. Als es dann aber infolge von Waldemars zweideutigem Verhalten zwischen Magnus und seinem Sohne zu einer Aussöhnung kam, hatte Albrecht zwar auf Seiten der Schweden gestanden, dann sich aber bei den Friedensverhandlungen, wobei Waldemar schonen gewann, von diesem auf seine Seite ziehen lassen. Dass eine derartige, wechselnde Stellungnahme Albrechts durch eine Politik bedingt war, die nur den eigenen Vorteil im Auge hatte, ist ohne weiteres klar, und ebenso dass sein Verhältnis zu Magnus dadurch ein gespanntes wurde. Doch mag auch des Schwedenkönigs eigene Unwürdigkeit dazu beigetragen haben, dass allmählich eine völlige Entfremdung zwischen den beiden Schwägern entstand, so dass endlich Albrecht, als Ereignisse in Schweden eintraten, die den Thron des Magnus wankend machten, kein Bedenken mehr trug, selbst den Sturz desselben mit herbeizuführen. Diese Ereignisse knüpften an, an das Verhältnis des Schwedenkönigs zu Waldemar von Dänemark und an die Eroberung Schonens durch den Letzteren.


Magnus hatte derselben einen so geringen Widerstand entgegengesetzt, so dass seine Unterthanen von Verrat sprechen konnten: er habe absichtlich dem Dänenkönige Schonen preisgegeben, um an ihm dafür eine Stütze gegen seine eigenen Unterthanen zu haben. Die Verlobung seines Sohnes Hakon mit Waldemars Tochter Margareta schien diesen Verdacht zu bestätigen. Aber die Großen des Reiches waren mit dieser Verbindung nicht einverstanden und zwangen Hakon, dieselbe wieder zu lösen und sich Anfang 1361 mit Elisabeth, der Schwester der holsteinschen Grafen Heinrich und Klaus, der ärgsten Feinde Waldemars, zu verloben.

Der schwache Magnus mußte diesem Schritte seine Zustimmung geben und noch dazu unter den demütigendsten Bedingungen: wenn diese Heirat aus irgend einem Grunde nicht zu Stande käme, so sollten die Großen berechtigt sein, vom Könige abzufallen und sich den Grafen zuzuwenden und ihnen gegen den König behilflich zu sein. Was die schwedischen Großen zu diesem eigentümlichen Verhalten bewogen hat, ist nicht so ganz klar; sicherlich taten sie zum Theil diesen Schritt aus gutem Patriotismus, indem sie bei Waldemars bekannter selbstsüchtiger Politik für Schweden kein Heil in der Verbindung mit demselben sahen, und indem sie seine offene Feindschaft für erträglicher hielten, als seine Freundschaft. Aber es fragt sich, wieweit dieser Patriotismus in eigennützigen Motiven seinen Ursprung gehabt hat; dass die Großen ihre eigenen Zwecke, Standesinteressen hatten, wird sich später ergeben. Während der langen schwachen Regierung des Magnus hatten sie sich eine Anzahl Rechte erworben, die ihnen eine gewisse Selbstständigkeit und Macht gaben; und nun fürchteten sie wohl, dass Magnus, auf Waldemar gestützt und nach dessen Vorbild, ihnen dieselben wieder nehmen und sie in ihre frühere Stellung zurückdrücken würde. Zunächst sollten die Großen in ihrem Bestreben, Waldemar von Magnus zu trennen, Erfolg haben. Ersterer konnte sich die ihm zugefügte Kränkung natürlich nicht gefallen lassen; seine Antwort war Krieg. Bei der Schwäche der Reiche Schweden und Norwegen konnte er hoffen, nicht nur sein Ansehen durch denselben wieder herzustellen, sondern auch wo möglich noch eine Vergrößerung seines Reiches zu erlangen. Es ist hier nicht die Aufgabe, diesen Krieg vom Jahre 1361 zu schildern, wie Waldemar die Inseln Oeland und Gotland wegnahm, wie er dabei durch die Einnahme und Plünderung der alten Hansestadt Wisby mit den anderen Hansen in Konflikt kam, die mit den beiden nordischen Königen nun eine Bündnis schlossen, wie er dann im Sommer 1362 den Hansen vor Helsingborg eine beträchtliche Niederlage beibrachte, die dann am 6. November 1362 einen 14monatlichen Waffenstillstand zur Folge hatte. Mecklenburg hatte an diesem ganzen Kriege nicht Theil genommen, vielleicht wegen der doppelten Verwandtschaft mit Dänemark und Schweden - Albrechts ältester Sohn Heinrich war 1350 mit Waldemars ältester Tochter Ingeborg verheiratet - oder auch weil Herzog Albrecht jetzt in einem Kriege auf Seiten des Magnus keinen Vorteil für sich sah, gegen Magnus für Waldemar aber nicht eingreifen wollte wegen seiner stetig guten Beziehungen zu den Städten. Hatte Waldemar durch den Krieg sein eines Ziel, die Erweiterung seines Reiches durch Oeland und Gotland erreicht, so war ihm während des Waffenstillstandes ein günstiges Schicksal behilflich, auch zu seinem zweiten Ziele zu kommen, nämlich die durch die Lösung des Verlöbnisses mit Hakon verletzte Ehre seiner Tochter wiederherzustellen. Ende 1362 schickten nämlich die holsteinschen Grafen ihre Schwester Elisabeth über Meer, um die Heirat derselben mit Hakon zu vollziehen. Ein heftiges Unwetter aber trieb ihr Schiff ans Land, in das Gebiet des Erzbischofs Nikolaus von Lund, eines eifrigen Dänenfreundes, der die Gräfin sofort gefangen setzte, um wie er sagte, das Zustandekommen eines frevelhaften 1) Ehebündnisses zu verhindern. Diesen Umstand benutzte Waldemar, die schwankend gewordenen nordischen Könige wieder zu sich herüberzuziehen. Hakon ließ sich bereden, die alte Verbindung wieder aufzunehmen, und am 9. April 1363 heiratete er Waldemars Tochter Margareta. Elisabeth wurde nun, als ungefährlich, freigelassen und ging nachher in ein Kloster. Nun hatten aber Magnus und Hakon den Vertrag mit den holsteinischen Grafen und mit ihren eignen Großen vom 29. Juni 1361 gebrochen, und die letzteren waren also, mochte der Vertrag auch erzwungen sein, dem Wortlaut desselben gemäß befugt, sich vom Könige Magnus ab und den Grafen von Holstein zuzuwenden. Hakon hatte sich leicht von Waldemar überreden lassen, die Verlobung mit der holsteinischen Gräfin zu brechen. Ihr Schicksal mag ihm recht erwünscht gekommen sein, 2) denn es scheint ja erklärlich, dass er lieber die freiwillig eingegangene Verbindung mit Margareta, als die ihm aufgezwungene mit Elisabeth vollziehen mochte. Aber wenn man bedenkt, dass ihm dieser Schritt ja vielleicht sein schwedisches Erbe kosten konnte, so kommt man unwillkürlich auf den Gedanken, ihm noch einen triftigeren Grund unterzulegen: Vielleicht hoffte er, da Waldemars einziger Sohn Christoph von einer unheilbaren Krankheit befallen war, nach dessen Tode auch Erbe des dänischen Reiches zu werden und dies einst mit seinen Reichen vereinigen zu können. Vielleicht erwartete er andererseits auch nicht, dass die Schweden wirklich von ihm abfallen würden. Doch in dieser Annahme sollte er sich getäuscht haben.


1) Denn die Verlobung mit Margareta war ja tatsächlich nicht ungültig.

2) Dass Magnus selbst die Nachricht von der Reise der Gräfin an Waldemar gesandt und ihn um ihre Gefangennahme gebeten habe, wie Olaus Petri in seiner Svenska Chronika (in Scriptores rerum svecicarum I, 2, S. 271, ed. Er. Mich. Fant.) berichtet, ist wohl übertrieben; Magnus war zu einem so entscheidenden Schritte viel zu schwach und wankelmütig. Die Chronik ist auch viel zu lange nach den Ereignissen geschrieben (1534), als dass sie über Einzelheiten so genau hätte unterrichtet sein können.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Herrschaft der Mecklenburger in Schweden