Ereignisse in Dänemark

Dafür richtete sich während der nächsten Zeit die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Ereignisse in Dänemark. Kaum war Herzog Albrecht aus Schweden nach Hause zurückgekehrt, da starb Ende Oktober 1375 König Waldemar von Dänemark, ohne Söhne zu hinterlassen; und seine beiden Enkel, Albrecht der Jüngere von Mecklenburg und Olaf von Norwegen, machten Anspruch auf den erledigten Thron. Nach deutscher Anschauung hatte Albrecht, als Sohn der Ingeborg, der ältesten Tochter Waldemars, vor Olaf, dem Sohne der jüngeren Tochter Margareta ein näheres Recht; nach dänischem Gesetz aber gab ihm das keinen Vorzug, denn Dänemark war Wahlreich. Es kam also für den, der siegen wollte, darauf an, sich die Zuneigung der für die Wahl maßgebenden Persönlichkeiten zu verschaffen. Schon seit Jahren hatte der alte Herzog Albrecht daran gearbeitet, das Recht seines Enkels Albrecht auf die Nachfolge in Dänemark zu sichern. Von Waldemar selbst hatte er die Zustimmung dazu erworben. Mit dem Kaiser Karl IV. und seinem Sohne Wenzel hatte er wiederholt Verträge geschlossen (6. Juni 1373, 28. April 1374), in denen diese versprachen, des jungen Albrecht Ansprüche unterstützen zu wollen; nun forderte der Kaiser am 6. November in der Tat die Dänen auf, dem jungen mecklenburgischen Herzoge als ihrem Herrn zu huldigen.

Aber Waldemar war ja, mochte er seine Zusage, durch die er sich ja den Frieden mit Mecklenburg einst erkauft hatte, ehrlich gemeint haben oder nicht, nicht mehr am Leben, konnte also nichts nützen; der Kaiser aber war weit entfernt, und seine Macht reichte nicht bis über Dänemark. Die Städte, die nach den Bestimmungen des Stralsunder Friedens das Recht erhalten hatten, über die dänische Königswahl mitzureden, schwankten zwischen beiden Kandidaten hin und her, weil ihnen eigentlich keiner von beiden angenehm war. Den Ausschlag mußte also der dänische Reichsrat geben. Waren aber die Großen Dänemarks vielleicht schon von vornherein den Mecklenburgern abgeneigt im Hinblick auf die langjährige Feindschaft, so machten diese sie sich vollends zu Gegnern durch eine Unvorsichtigkeit. Indem der junge Albrecht Titel und Wappen eines Königs von Dänemark annahm, noch mehr aber, indem er ein enges Bündnis mit den den Dänen so verhassten Holsteiner Grafen schloss und ihnen ganz Schleswig und Jütland mit den dazu gehörigen Inseln und mehreren Schlössern versprach, erbitterte er einerseits die Großen, deren altes Wahlrecht er ganz außer Acht zu lassen schien, und andrerseits das Volk, da er über Landestheile zu Gunsten der verhassten Landesfeinde verfügte. So neigten sie sich dem Gegenkandidaten zu, und am 3. Mai 1376 wählten sie, an ihrer Spitze der alte treue Diener Waldemars, Henning von Putbus, zu Slagelse Olaf, den Sohn Margaretas und Hakons von Norwegen, zum Könige von Dänemark. Angesichts dieser Thatsache beschlossen die Hansen, ihr Recht, an der Königswahl mitzuwirken, aufzugeben und gegen Bestätigung ihrer Privilegien Olaf anzuerkennen. Zugleich wandelten sie den Waffenstillstand mit Norwegen in einen endgültigen Frieden um.


So war für die Mecklenburger also wenig zu hoffen; aber trotzdem war Herzog Albrecht nicht gewillt, seines Enkels Sache aufzugeben; mit den Waffen in der Hand beschloß er ihm sein Recht zu erkämpfen. Während die holsteinischen Grafen in Schleswig einfielen, zog der Herzog im September des Jahres (1376) mit einer starken Flotte vor Kopenhagen und schüchterte dadurch die Königin Margareta, die für ihren unmündigen Sohn die Leitung übernommen hatte, derart ein, dass sie sich am 21. des Monats zu einem Vertrage bereit finden ließ: ein Schiedsgericht sollte über die Ansprüche der beiden Thronkandidaten entscheiden; Markgraf Friedrich von Meißen wurde zum Schiedsrichter ausersehen. Eine Anzahl dänischer Großer verpflichteten sich, wenn für den jungen Albrecht entschieden würde, dahin zu wirken, dass er auch wirklich zu seinem Rechte käme. Da sich indessen der dänische Gesandte, Konrad Moltke, nicht unter allen Umständen dem Schiedsgericht unterwerfen zu können erklärte so zerschlug sich diese Aussicht auf friedliche Einigung. Ebenso wenig führten Verhandlungen, die zu Mitte Juni des folgenden Jahres (1377) zu Nyborg stattfanden, zum Ziel. Immerhin aber war es doch von Nutzen für die Mecklenburger, dass eine Anzahl dänischer Adliger, die sich in dem Kopenhagener Vertrage verpflichtet hatten, für das Recht des jungen Albrecht zu wirken, sich jetzt auch gebunden fühlten, und nun, da durch dänische Schuld die Bestimmungen jenes Vertrages nicht ausgeführt waren, offen auf die Seite Mecklenburgs traten. 1) Vor allem waren es die einflussreichen Herren Tuve Galen und der Reichsrat Anders Jakobsson, die am 4. August 1377 nach Wismar hinübergingen und dort sich dem jungen Herzog Albrecht gegenüber verpflichteten, ihm den Besitz der ererbten, widerrechtlich vorenthaltenen Krone Dänemarks zu verschaffen. Ebenso traten am 2. Mai 1378 drei dänische Adlige, Jakob Axelsson, Peter und Jesse Duve, auf Albrechts Seite und wurden dafür mit Gütern in Schonen belohnt.

1) Daenell, Köln. Konföd. S. 78 hat dieses Verhalten der dänischen Adligen damit erklärt, dass im dänischen Reichsrat eine Partei bestanden habe, die antimonarchische Bestrebungen pflegte, die die Verbindung mit den Mecklenburgern nur als Drohmittel gebrauchte, um von der augenblicklich schwachen Regierung durch Zugeständnisse für sich selbst möglichst große Machterweiterung zu erlangen. - Das ist durchaus wahrscheinlich, da wir ja bei den schwedischen Adligen dieselben Bestrebungen finden.

Während dieser ganzen Zeit der vergeblichen Verhandlungen hören wir nichts von größeren Unternehmungen des alten Herzogs; aber keineswegs war die mecklenburgische Partei untätig, sondern in fortwährendem Kleinkrieg suchte sie dem Gegner unablässig zu schaden, ihn allmählich mürbe zu machen. Zu diesem Zwecke warfen sich mecklenburgische Adlige, fehdelustig wie sie waren, und auf dem Lande durch Landfrieden in ihrer Kriegslust beschränkt, auf die See und führten hier nach Art von Piraten ein wildes Kampfleben gegen die dänischen Küstenbewohner und Seefahrer. 1) Dass sie es dabei nicht immer so ganz genau nahmen, sondern gelegentlich einmal sich an einem friedlichen Kauffahrerschiff vergriffen, ist nicht zu verwundern. Aber durchaus unerweislich ist es, was Girgensohn sagt, dass sich die Mecklenburger in ihrem Kampfe gegen die Dänen berufsmäßiger Seeräuber bedient hatten. Zwar gestalteten zu Johanni 1377 die Hansen den mecklenburgischen Städten Wismar und Rostock, sich solange vom Kampfe gegen die „Seeräuber“ fern zu halten, bis Friede zwischen Mecklenburg und Dänemark geschlossen sei, und als am 30. Mai 1378 auf dem Stralsunder Hansetage beschlossen wurde, dass jeder, der die „Seeräuber“ schütze, als ebenso schuldig angesehen werden solle, wie diese, da verweigerten Wismar und Rostock ihre Zustimmung und traten offen für die „Seeräuber“ ein. Aber beides beweist doch nur, dass die Hansen keinen Unterschied zwischen den mecklenburgischen Parteigängern und den eigentlichen Seeräubern machten, und was die letzteren verbrochen hatten, auch den ersteren in die Schuhe schoben. 2) Dagegen verwahrten sich die Bürger der beiden mecklenburgischen Städte, für wirkliche Seeräuber aber traten sie schwerlich ein. Noch einmal kam es im Jahre 1378 zu Verhandlungen mit dem dänischen Reichsrate zu Rostock, die aber wie die früheren scheiterten. Nun erkannte der alte Herzog Albrecht, dass schließlich doch nur ein energischer Angriff von durchschlagendem Erfolg sein würde; mit den Herzögen Erich von Lauenburg und Albrecht von Lüneburg schloss er Bündnisse und rüstete dann eifrig zum Kriege. Anfang 1379 gedachte er loszuschlagen, und sicher würde ihm bei dem damaligen Stande der Verhältnisse sein Unternehmen geglückt sein, - da ereilte ihn am 18. Februar 1379 der Tod. Der junge König Olaf war von seinem gefährlichsten Feinde befreit, denn trotz seines hohen Alters war Albrecht die Seele des ganzen Unternehmens gewesen. Jetzt geriet es sofort ins Stocken, denn des Herzogs Sohn und Nachfolger Heinrich betrat, anstatt wirklich loszuschlagen, wieder den Weg der Verhandlungen, die aber ebenso, wie die früheren, ganz ohne Erfolg blieben. So verlief das Unternehmen gegen Dänemark, das so großartig angefangen hatte, allmählich im Sande, und seit dem Jahre 1381 gab der junge Albrecht den Titel eines Königs von Dänemark, den er bis dahin noch geführt hatte, auf und nannte sich seither nur Erbe zu Dänemark.

2) Cf. Lindner, Geschichte des deutschen Reiches unter König Wenzel II, 242.

6) Es wird ebenso gewesen sein, wie 1392, wo die Meklenburger den Stralsundern den Vorwurf machten, dass sie „vele bedderver lude döden leten, de deme kopmanne newerlde schaden dan hadden“. H.-R. IV, 217.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Herrschaft der Mecklenburger in Schweden