Der achtenswerte Fürst ohne Kriegsglück

In der nächsten Zeit suchte Königin Margareta das, was sie errungen hatte, zu ihrem Vorteil auszunutzen. Es war zu Lindholm nach der Freilassung König Albrechts zwischen ihm und Margareta eine Zusammenkunft zum 7. November nach Ryköping angesetzt worden, dort wollten sie mit einander über ihre Streitigkeiten übereinzukommen suchen. Es war aber nichts aus diesem Tage geworden, und nachher scheint von keiner von beiden Seiten je wieder eine Annäherung versucht worden zu sein. Die Königin hatte wohl genug daran, auch ohne besondere Abmachungen tatsächlich Herrscherin in Schweden zu sein. Um aber auch ihrem designierten Nachfolger, ihrem Großneffen Erich dem Pommern, die gleiche Stellung zu verschaffen, tat sie einen Schritt, der geeignet war, die Unruhe der vorigen Zeit wieder heraufzuführen. Von den Norwegern war Erich schon nach Olafs Tode zum Könige gewählt worden, nun ließ Margareta die dänischen Großen im Januar 1396 und im Juni desselben Jahres auch die Schweden ihn zu ihrem Könige wählen. Mit Recht konnte Mecklenburg das als Vertragsbruch ansehen, denn offiziell war ja Albrecht immer noch König von Schweden und der Kampf um die Entscheidung ja keineswegs zu Ende, sondern nur durch Waffenstillstand unterbrochen, und es ist den Mecklenburgern nicht zu verargen, dass sie nun den Kampf um die verlorene Krone wieder begannen. Albrecht selbst freilich scheint nicht mehr recht dazu aufgelegt gewesen zu sein, noch einmal das Kriegsglück zu versuchen, sondern überließ jetzt den Kampf seinem Sohne, Herzog Erich. Erich begab sich nach Gothland, um hier Wisby als Stützpunkt für seine Unternehmungen zu gebrauchen. Vitalienbrüder, die nach 1395 keineswegs aufgehört hatten zu bestehen, schlossen sich ihm an. Mit ihrer Hülfe bezwang er den Sven Sture, einen schwedischen Adligen, durch den die Königin die Insel und Wisby zu erobern versucht und der sich nach dem Misslingen dieses Planes auf eigne Hand in einem Teile Gothlands festgesetzt hatte;) jetzt von Herzog Erich besiegt, trat er in dessen Dienste über, und damit war jetzt die ganze Insel in mecklenburgischem Besitz. Nach diesem Erfolge dachte Erich auf dem schwedischen Festlande wieder Fuß zu fassen; im Juli 1397 segelte eine Flotte auf Stockholm zu, um die Stadt zu überrumpeln; Sven Sture war selbst mit der Leitung betraut worden. Der Plan misslang aber infolge der Aufmerksamkeit der städtischen Hauptleute, und die Flotte mußte unverrichteter Sache wieder abziehen. Da starb am 26. Juli 1397 plötzlich Herzog Erich auf Gothland. Seine junge Wittwe, Sophia von Pommern, überließ die Leitung ihrer Interessen an Sven Sture, der in seinen Burgen wieder den Piraten Zuflucht gewährte. Als infolgedessen sich der Hochmeister an den König Albrecht wandte, er möchte dem Unwesen, durch das den Städten wieder der größte Schaden erwuchs, zu steuern versuchen, da erklärte der König, er könne nichts dagegen thun; Mecklenburg hatte keine Macht mehr über die wilden Schaaren. Doch noch einmal versuchten die Mecklenburger, in geordneter Kriegsleitung sich an ihre Spitze zu stellen und so ihrer Herr zu werden; Herzog Johann ging hinüber nach Gothland und sagte dem Könige Erich Krieg an. Aber in seiner Hoffnung auf guten Erfolg sollte er sich getäuscht haben. Es gelang ihm nicht, den Krieg wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Die Seeräuber wurden immerzügelloser, und es war deshalb kein Wunder, wenn der Versuch der Mecklenburger, die Hansen und Preußen wieder für sich zu interessieren, auf kein Entgegenkommen traf. Durch die Verhältnisse in Livland, einen Streit um das Erzstift von Riga, waren sie ohnehin mit dem Orden in Konflikt geraten, Preußen konnte jeden Augenblick einen Angriff der gothländischen Vitalienbrüder erwarten, da beschloß der Hochmeister Konrad von Jungingen, der Gefahr durch seinen Angriff zuvorzukommen. Im März 1398 segelte er mit einer bedeutenden Flotte hinüber nach Gothland, griff die Raubburgen Stures an und zerstörte sie, rückte dann vor Wisby, wo sich Sture und Herzog Johann selbst aufhielten und zwang nach längerer Belagerung die Städte sich am 5. April zu ergeben. So blieb dem Herzog schließlich nichts anderes übrig, als die Insel dem Orden zu übergeben, nachdem der Hochmeister versprochen hatte, sich darüber mit König Albrecht einigen zu wollen. Im Mai 1399 versetzte dieser für 30.000 Nobel Gothland an den Orden. Am 29. September 1398 hatten die Hansestädte bereits, da es dem Könige Albrecht nicht möglich gewesen war, die ausbedungene Summe von 60.000 Mark als Lösegeld zusammenzubringen, vertragsgemäß Stockholm an die Königin Margareta ausgeliefert; und damit war für Mecklenburg der letzte Rest seiner einstigen Macht, seiner Weltstellung verloren, und es war wieder eingetreten in die Reihe der kleinen norddeutschen Territorialmächte.

Der alte Herzog Albrecht hatte Mecklenburg einst hoch emporgehoben, unter seinem Sohne, dem Könige Albrecht, ging diese hervorragende Stellung wieder verloren; aber es wäre unbillig, wenn man den letzteren allein dafür verantwortlich machen wollte. In den Umständen vielmehr hatten die Ursachen gelegen, dass er sich auf dem schwedischen Throne nicht hatte halten können; oder wenn irgend jemandem. so muss man den schwedischen Großen die Schuld daran beimessen. Sie hatten ihn auf ihren Thron gerufen, weil sie gehofft hatten, durch ihn und statt seiner herrschen zu können; als er sie aber enttäuschte, als er seine Aufgabe ernst nahm und, auf seinen Vater gestützt, selbst König sein wollte, waren sie ihm Feind geworden. Das Volk hatte er sich nie gewinnen können, dessen Herz er sich von vornherein durch die Begünstigung der Deutschen entfremdete, die er doch als notwendigste, sicherste Stütze brauchte. Freilich hatte Albrecht seines Vaters treffliche Gaben nicht besessen, weder sein diplomatisches Geschick, noch sein Feldherrntalent; aber einen gesunden Verstand und wackeren Muth und Entschlossenheit hatte er mehrfach gezeigt: ersteren, als er den Alholmer Vertrag, so günstig er auch für ihn scheinen mochte, als unannehmbar erkannte, letztere in den Kämpfen mit Waldemar, Hakon und noch zuletzt auf dem Schlachtfelde von Asle. Durchaus geschickt hatte er sich benommen, als er in den Kämpfen mit dem Adel die Gegner zu trennen verstand, indem er Jäppe Abramsson und Greta Dume für sich gewann. Von Charakter mag er etwas leicht gewesen sein, aber nie, so lässt sich nachweisen, hat er während seiner ganzen Regierung eine Handlung getan, um deren Willen man ihn mit Recht verurteilen könnte, etwa wie seine große Gegnerin Margareta mit ihrer hinterhaltigen Politik.


Unter anderen Umständen wäre er vielleicht ein glücklicher Herrscher gewesen; die Böswilligkeit und der Verrat, mit denen er zu kämpfen hatte, hätten auch einen anderen zu Fall gebracht. Und so wird unser Endurteil über König Albrecht dahin lauten, dass er gewiss kein hervorragender, aber immerhin ein durchaus achtenswerter Fürst gewesen ist.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Herrschaft der Mecklenburger in Schweden