Bündnisse, Krieg und Waffenstillstand

Aber andererseits, dass es in einem der Landestheile, auf denen die Macht der neuen Herrschaft hauptsächlich beruhte, in dem Stifte Linköping, noch Gegner derselben gab, musste dem Könige zeigen, dass er sich allzu sehr auf seine Schweden doch nicht verlassen konnte. Und deshalb mußte er sich angelegen sein lassen, an auswärtigen Mächten eine Stütze gegen Waldemar und Hakon zu finden. Die besten Bundesgenossen waren natürlich diejenigen, die selbst mit dem Dänenkönige zu Feindseligkeiten Anlass hatten, die Grafen Heinrich und Klaus von Holstein und vor allem die Hansestädte. Was die Holsteiner für Grund gehabt haben, jetzt wieder gegen das Dänenreich loszuschlagen, nachdem sie sich doch erst 1365 mit Waldemar versöhnt hatten, wissen wir nicht. Was die Städte anbelangt, so hatten sie zwar das Unternehmen gegen Schweden mit Aufmerksamkeit und, wie es scheint, mit Vergnügen beobachtet; entstand doch in der mecklenburgisch-schwedischen Herrschaft ein Gegengewicht gegen das ihnen so gefährliche dänische Reich. Der Briefwechsel mit den Fürsten scheint das zu bestätigen: Graf Heinrich und Herzog Albrecht hatten ihnen Berichte über ihre Fortschritte in Schweden gesandt, und sie ihrerseits um Meldungen aus Deutschland ersucht und sie gebeten, die in ihrem Besitze befindlichen schwedischen Häfen mit Zufuhr zu versorgen. König Albrecht hatte von dem Lager vor Abo den Städten einen Boten gesandt und ihnen seine Genugtuung aussprechen lassen wegen des zwischen ihnen und seinem Vater bestehenden guten Einvernehmens. Mit diesem hatte nämlich Lübeck auf vier Jahre Frieden und Freundschaft geschlossen und ihm für jedes Jahr 400 Mk. lübisch zu zahlen versprochen. Dagegen offen unterstützt hatten sie das schwedische Unternehmen nicht, vielmehr alles zu vermeiden gesucht, was den Frieden mit Waldemar hätte stören können; ja noch kurz bevor dieser zu Hakons Unterstützung gegen Albrecht ausziehen wollte, hatten sie sich bereit finden lassen, den Waffenstillstand mit ihm in einen endgültigen Frieden umzuwandeln. Doch Waldemar hatte sich schon kurze Zeit danach allerlei Vertragswidrigkeiten zu schulden kommen lassen: Fortwährend hatten sich die Städte über seine oder seiner Leute Gewalttaten gegen hansische Kaufleute, über Nichtbeachtung der Privilegien und andere derartige Ungehörigkeiten beklagen müssen. Infolgedessen war zuerst bei den preußischen Städten der Wunsch nach Abstellung dieser unangenehmen Zustände aufgekeimt; denn sie waren es, die am meisten unter diesen Übelständen zu leiden gehabt hatten, weil sich ihr Handel namentlich nach Westen, nach den Niederlanden erstreckte und sie deshalb vor allen anderen häufig den Sund, das Machtgebiet der Dänen, zu passieren hatten. Sie waren zunächst mit den süderseeischen Städten ein Bündnis eingegangen und hatten durch Verhandlungen endlich auch die wendischen Städte mit Lübeck an der Spitze dazu bestimmt, dass man im November 1367 zu Köln eine gemeinsame Versammlung aller Städte abhalten und über Maßregeln zur Herbeiführung eines erträglichen Zustandes beraten wollte. Vom 11. bis 19. November 1367 tagten die Sendboten der Städte, und am 19. schloss man die berühmte sogenannte Kölner Konföderation gegen Waldemar ab. Jetzt waren es die wendischen Städte gewesen, die, wenn man überhaupt etwas thun wolle, ein ganz energisches Einschreiten wünschten. Und nach ihrem Vorgehen hatte man erkannt, dass nur ein gemeinsamer Feldzug im Stande sein würde, die wohlberechtigten Ansprüche der Hansen zu befriedigen. Die wendischen Städte waren es auch, die ein Bündnis mit den Fürsten von Holstein, Mecklenburg und Schweden gegen den gemeinsamen Feind wünschten, fanden jedoch darin nicht die völlige Zustimmung der übrigen preußischen und niederländischen Städte: diese erklärten sich zwar bereit, wenn ein Bund mit den Fürsten zu Stande käme, demselben auf ein Jahr beitreten zu wollen, bedangen sich aber ausdrücklich aus, dass ihnen aus diesem Bunde keinerlei Kosten und Nachtheile entstehen sollten, wofür sie dann freilich auch auf alle Vortheile verzichteten, die die Wendischen aus diesem Bündnis haben würden. Dem König Albrecht war die Absicht der Städte natürlich äußerst willkommen; schon von dem Lager vor Borgholm aus waren im November 1367 Verhandlungen mit ihnen angeknüpft worden; jetzt schlossen sie, nachdem sie sich am 25. Januar 1368 bereits mit den Grafen Heinrich und Klaus verbunden und mit ihnen eine förmliche Teilung des dänischen Reiches verabredet hatten, am 20. Februar einen Bund mit den Städten, die am 5. Februar ihre Absage an Waldemar gesandt hatten. Mit den preußisch-niederländischen Städten sollte das Bündnis bis zum 1. April 1369, mit den wendischen bis zum 14. April 1370 währen. Mit Waldemars eifrigem Freunde Erich von Lauenburg schloss Herzog Albrecht, um sich den Rücken zu sichern, am 29. Februar einen zweijährigen Frieden hinsichtlich seiner Lande in Deutschland und die Städte desgleichen; ein ähnlicher Vertrag sollte auch mit dem Grafen Adolf von Holstein geschlossen werden.

Sogar im eigenen Lande hatte sich der Dänenkönig durch sein rücksichtsloses Auftreten Feinde gemacht: denn auch die jütischen Adligen traten auf die Seite der Verbündeten.
So zog sich eine zahlreiche Koalition erbitterter Feinde um Waldemar zusammen. Da geschah etwas Unerwartetes: Der König verließ am 6. April 1368 plötzlich Dänemark. Man hat über die Gründe, die ihn wohl zu diesem seltsamen Schritt bewogen haben können, viel gestritten. Schon seinen Zeitgenossen ist er unerklärlich gewesen; die neueren Historiker haben seine Handlungsweise unköniglich, unmännlich und kurzsichtig genannt. Es ist hier nun nicht der Ort, darauf näher einzugehen. Aber man kann wohl mit Daenell überzeugt sein, dass der König den Schritt für sein und des Reiches Interesse für am nützlichsten gehalten und vorher, so gut es anging, für die Verteidigung des Reiches Maßregeln getroffen hat. Zum Reichsverweser hatte er für die Zeit seiner Abwesenheit seinen getreuen Rathgeber Henning von Putbus, einen Adligen aus rügischem Geschlecht, ernannt.


Wie man verabredet hatte, begann der Krieg um Ostern 1368. Die Hansen hatten sich mit ihren Schiffen am Gellande versammelt, an der Südspitze der Insel Hiddensee an der pommerschen Küste. Dann gingen sie auf Kopenhagen los; nach kurzer Belagerung mußte es am 2. Mai kapitulieren. König Albrecht rückte in Schonen ein; teils allein, teils in Verbindung mit den Städtern nahm er Falsterbo, Skanör, Ystadt, Cimbrishamn, Lund, Malmö. Um die Mitte des Jahres war das ganze Land im Besitz der Verbündeten; schon am 25. Juli ratifizierte Albrecht zu Falsterbo das Bündnis mit den Städten, bestätigte ihnen ihre Privilegien und gab ihnen einige neue Vorteile.

Die festen Plätze in Schonen blieben vertragsmäßig, ebenso wie das Kopenhagener Schloss von städtischen Hauptleuten besetzt. Der Zug des Herzogs Albrecht zusammen mit dem Grafen Heinrich und den Städtern gegen Möen, Falster und Laland war in gleicher Weise von Erfolg begleitet; es ergaben sich die Schlösser Nykjöbing am 15. August, Alholm am 8. und Ravensburg am 11. September, die alle drei von deutschen Hauptleuten befehligt wurden. Die niederländischen Hansen, die sich bei Marstrand gesammelt hatten, brandschatzten unterdes Norwegen und zwangen dadurch Hakon zur Ruhe. Schon am 24. Juni 1368 knüpfte er Verhandlungen mit den Städten an und erlangte mit König Albrechts Genehmigung einen Waffenstillstand bis Ostern 1. April folgenden Jahres. Jütland wurde vom Grafen Klaus in Gemeinschaft mit den jütischen Adligen den Leuten Waldemars entrissen, und der Schwedenkönig griff im Oktober zusammen mit seinem Bruder Heinrich, - der alte Herzog Albrecht war krank nach Hause zurückgekehrt - die Insel Gotland an.

So war nach kurzer Zeit fast das ganze Reich Waldemars im Besitz der Verbündeten. Waldemar irrte unterdes in der Fremde umher, überall bei den Fürsten um Hülfe gegen die Feinde bittend und ihnen durch sein Geld Gegner erweckend. Seine alten Freunde, die pommerschen Herzöge Bogislav VI. von Wolgast und Wratislaw VI. von Barth, zu denen er sich zuerst auf seiner Flucht gewandt hatte, erhoben sich im Verein mit ihren Stammesvettern, den Herzögen von Stettin, zuerst gegen die Mecklenburger; es ist nicht ganz klar, aus welchem Grunde, doch, wie man wohl annehmen kann, von Waldemar dazu bewogen. Anfang November kam es bei Damgarten an der pommerschen Grenze zu einer Schlacht, in der Herzog Albrecht aber, von seinen Vettern, den Herren von Werle, treulich unterstützt, Sieger blieb. Infolgedessen kam nicht nur ein Friede zwischen beiden Parteien, sondern unter Vermittlung der Herzöge von Stettin sogar ein enges Bündnis zu Stande am 7. Juli 1369, in dem sich die Herzöge von Wolgast und Barth verpflichteten, den Mecklenburgern auf überseeischer Heerfahrt mit 60 Rittern und Knechten zu folgen. Die pommerschen Herzöge glaubten offenbar genug für Waldemar getan zu haben, und wandten sich nun auf die Seite des Siegers, auf der sie größere Vortheile für sich hoffen konnten.

In dem Feldzuge des nun folgenden Jahres 1369 sollte der Rest der Arbeit getan werden. Vor allem galt es, das wichtige, den Sund beherrschende, feste Helsingborg, das sich unter den Hauptleuten Vicko Moltke und Hartwig Kale noch immer hielt, zur Übergabe zu zwingen. Herzog Albrecht hatte den Hansen versprochen, am 29. April zur Stelle zu sein. Nun schickte er, selber vielleicht immer noch kränklich, seinen ältesten Sohn Heinrich, der nun zusammen mit den Städtern die Feste belagerte; auch König Albrecht hatte mit Zuzug herbeikommen sollen, aber wir erfahren nicht, ob er wirklich erschienen ist, wenigstens scheint er danach bei der Belagerung keine bedeutsame Rolle gespielt zu haben. 1) Endlich, am 21. Juli, kam nach tapferer Gegenwehr zwischen Verteidigern und Belagerern ein Vertrag zu Stande, wonach die ersteren sich verpflichteten, das Schloss am 8. September zu übergeben, wenn nicht inzwischen Entsatz herankäme, oder Friede geschlossen würde. Da keines von beiden geschah, wurde die Übergabe denn in der Tat vollzogen. Da endlich fand sich der von Waldemar mit der Regentschaft betraute Reichsrat zu Unterhandlungen mit den Gegnern bereit und schloss am 30. November einen Waffenstillstand mir den Hansen.

1) Daraus dass er am 29. Mai und 15. Juni (Suhm XIII, 639 u. Svenska Riksarch. Perg. I, 872 u. 873) sich zu Stockholm aufhielt, zu schließen, dass er überhaupt keinen Zuzug geleistet habe, scheint unzulässig. Es ist möglich, dass er, nachdem er den Zuzug herangeführt, selber vor Helsingborg nicht nöthig, zu anderen Unternehmungen weitergezogen ist.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Herrschaft der Mecklenburger in Schweden