Bündnis gegen Dänemark

Inzwischen war in Mecklenburg am 4. April 1383 zu Schwerin der Herzog Heinrich gestorben, und ihm folgte im gleichen Monat 1385 sein jüngster Bruder Magnus im Tode. Es war klar, dass dadurch König Albrecht, jetzt alleiniger Herzog von Mecklenburg zu Schwerin und Vormund über die nachgelassenen Kinder beider Brüder, eine größere Macht, ein freieres Verfügungsrecht über die Kräfte Mecklenburgs erlangte. In Anbetracht dessen mochte er als nunmehriges Haupt seines Hauses einerseits es nun für seine Pflicht halten, sich seines Neffen Albrecht, der seine Ansprüche auf den dänischen Thron nicht aufgegeben, sondern nur auf gelegenere Zeit vertagt hatte, kräftig anzunehmen, und dies um so mehr, als er andrerseits auch um seiner selbst willen Olaf energisch entgegentreten mußte; denn dieser hatte ihm nicht nur Schonen entrissen, sondern auch, indem er seit Anfang 1385 den Titel verus heres Sveciae angenommen hatte, seine Absicht auf Schweden deutlich kundgetan. Nun hatte König Albrecht allerdings eingesehen, dass er allein ohne Hülfe nichts würde gegen Dänemark ausrichten können; trotz aller vorangegangenen Erfolge hatte er Schonen wieder verloren; die schonischen Großen, die nur ihren eignen Vorteil im Auge hatten, hatten nicht bei ihm ausgehalten, sondern waren, als Henning erschien, sofort zu diesem übergetreten. Auf die Großen seines Reichs konnte sich Albrecht auch nicht verlassen; so suchte er Freundschaft und Bündnisse mit deutschen Mächten. Am 24. Juni 1385 erschien er mit seinem Neffen Albrecht auf dem Hansetage zu Stralsund und bot den Städten ein Bündnis gegen Dänemark-Norwegen an. Denn auch die Städte hatten gerechten Grund zur Erbitterung gegen Dänemark. Wiederholt hatten sich die dänischen Vögte in Schonen Gewalttaten und Bedrückungen gegen hansische Kaufleute erlaubt, auch durch Unterstützung der Seeräuber gegen sie verschiedentlich Grund zur Klage gegeben. Margareta hatte alle Beschwerden darüber unbeachtet gelassen und Ansprüche auf Schadenersatz hinzuhalten gewusst; als Hakon 1380 gestorben war, hatte sie immer wieder gezögert, die norwegischen Privilegien der Städte zu bestätigen, und ihre Vögte in Oslo und Tunsberg hatten, sicher mit ihrem Einverständnis, erklärt, dass die Privilegien nach Hakons Tode überhaupt aufgehört hätten. Einen ganz bestimmten Zweck scheint Margareta bei all diesen kleinen Nichtswürdigkeiten im Auge gehabt zu haben: dass ihr die Hansen die verpfändeten 4 schonischen Schlösser vor Ablauf der Frist zurückstellen sollten. Doch dieses Ziel sollte sie nicht erreichen. Vor allem die preußischen Städte, die wegen ihrer steten Verbindung mit den süderseeischen am meisten den Sund zu passieren und deshalb am meisten von den Dänen zu leiden gehabt hatten, waren der Ansicht, dass man das einzige Mittel, durch das man einen Druck auf Margareta ausüben konnte, nicht aus den Händen geben dürfe, bevor man nicht Schadenersatz und Bestätigung der Privilegien erlangt hätte. Willkommen war ihnen deshalb ein Schreiben des Königs von Schweden gewesen, das er zusammen mit seinem Neffen, dem „Erben zu Dänemark“, erlassen hatte, dass sie die Schlösser nicht ausliefern sollten, weil er selbst Anspruch darauf habe. In Hinsicht darauf hatten es am 12. März 1385 auf dem Hansetage zu Lübeck die preußischen Hansen durchgesetzt, dass man dem städtischen Befehlshaber in Schonen, Wulf Wulflam von Stralsund, den Befehl zukommen ließ, die Schlösser ferner auch über den eigentlichen Rückgabetermin hinaus zu behaupten Zu Himmelfahrt 1385 war dieser Termin, und Margareta erschien mit Olaf, dem dänischen Reichsrat und großem Gefolge vor Helsingborg und verlangte die Übergabe. Seiner Instruktion gemäß aber verweigerte Wulf Wulflam dieselbe. Das war nun eine Provokation gegen Dänemark gewesen, die für die Hansen die ernsthaftesten Folgen haben konnte; denn obschon man nur Gleiches mit Gleichem vergolten, hatte man formell sich doch Dänemark gegenüber ins Unrecht gesetzt; ein Krieg schien die unvermeidliche Folge. Da erschien nun König Albrecht und machte die glänzendsten Anerbietungen zu einem Bündnisse gegen Dänemark: getreulich wolle er ihnen helfen, ihr Recht von den Dänen zu erlangen, und als sicheres Unterpfand versprach er ihnen dafür Schlösser und Gebiete. Aber die Städte – es ist schwer zu verstehen, warum - ließen diese günstige Gelegenheit, ihren alten Einfluss in den nordischen Reichen wieder zu gewinnen, vorübergehen, und die preußischen Städte, die Anfangs dem Bündnisse mit Mecklenburg-Schweden geneigt gewesen waren, fügten sich den anderen: man schlug das Bündnis aus und beschloß die Auslieferung der schonischen Schlösser, die dann durch die städtischen Gesandten auch vollzogen wurde. Auch Verhandlungen, die König Albrecht mit den Grafen von Holstein, den einstigen Verbündeten seines Vaters, anknüpfte, waren ergebnislos; Graf Heinrich lebte nicht mehr, und seinem Sohn und Nachfolger Gerhard wusste Margareta durch Zugeständnisse für sich zu gewinnen: am 14. August 1386 belehnte sie ihn zu Nyborg mit dem Herzogtum Schleswig, wofür er dem Reiche Dänemark im Kriegsfalle Beistand gelobte. Auf dem Hansetage zu Lübeck war Albrecht im Juli 1386 noch einmal erschienen. Hoffte er vielleicht dass die Hansen doch noch schwankend werden und seinem Werben nachgeben würden? Auch Margareta war auf diesem Hansetage anwesend; vielleicht hat er hier mit ihr persönlich Verhandlungen geführt; doch offenbar ohne Erfolg. Dann kehrte er wieder nach Schweden zurück.

Nun mußte er zusehen, wie er allein mit seinen Unterthanen sich gegen die Ansprüche des dänischen Fürstenhauses in Schweden behaupten könne. Doch noch nicht sogleich kam der Kampf wieder zum Ausbruch. Albrecht hatte jetzt begreiflicher Weise keine Lust, Krieg anzufangen, weil alle seine Bemühungen um Bundesgenossen vergeblich gewesen waren. Alle, auf die er hätte rechnen können, hatte ihm Margareta abspenstig gemacht, die Hansen, die Holsteiner. Aber auch sie wartete wohl auf noch günstigere Zeit, bevor sie den entscheidenden Schritt zum Kriege tat. Sie sollte nicht allzu lange zu warten haben, bis des Königs eigene Unterthanen mit ihr gemeinsame Sache machten. Zwischen dem Schwedenkönige und den Großen seines Reichs hatte in den letzten Jahren eine Art Friedenszustand geherrscht, aber weit entfernt davon, dass es zu einer aufrichtigen Versöhnung gekommen wäre; die Großen hatten die erlangte Macht eifersüchtig zu wahren, der König im Gegensatz dazu seine wenigen ihm gebliebenen Befugnisse wieder zu mehren gesucht. Einen offenen Zwist hatte das noch nicht wieder hervorgerufen, war aber natürlich dazu angetan gewesen, die ohnehin bestehende Spannung zu vergrößern. Ein Punkt vor allem hatte den König noch mehr erbittern müssen: Als er im August 1386 aus Deutschland nach Schweden zurückgekehrt war, war gerade der mächtige Reichsdrost Bo Jonsson gestorben und hatte ein eigentümliches Testament hinterlassen: Von seinem ungeheuren Besitz sollte nur ein ganz kleiner Theil an seine Erben, seine Wittwe und seinen Sohn fallen; der bei Weitem größte Theil dagegen, der hauptsächlich aus Pfandlehen bestand, sollte solange unter der Verwaltung von zehn schwedischen Großen stehen, bis die darauf stehenden Kronschulden an seine Erben zurückgezahlt waren. Anstatt dass die Lehen also, wie es ohne das Testament geschehen wäre, zwar nicht direkt an den König, aber doch sicher unter seinen Einfluss gekommen waren, wodurch sich seine Macht wieder außerordentlich gehoben hätte, hatte sie Bo seinen Standesgenossen in die Hände gespielt und dadurch deren Macht gegen den König noch mehr gestärkt. Das beweist deutlich, wie wenig echt die Aussöhnung Bos mit Albrecht gewesen war. Den Letzteren mußte das natürlich ungemein erbittern. Am 23. September zitierte er die zehn Testamentsvollstrecker, die sogenannten Testamentarii, zum Dezember nach Stockholm, damit sie ihm die Berechtigung ihrer Befugnisse darlegen sollten. Wie sehr sie sich im Gegensatze mit dem Könige fühlten, sieht man daraus, dass sie nicht ohne Zusicherung freien Geleites für sich und ihre Urkunden zu kommen wagten. Ein greifbares Resultat scheinen diese Verhandlungen nicht gehabt zu haben. Aber im Laufe des folgenden Frühjahrs gelang es dem Könige, sich eine Art Gegengewicht gegen die Testamentarii zu schaffen. Bo Jonssons Wittwe nämlich, Frau Greta Dume, mußte mit dem Testamente ihres Mannes nicht minder unzufrieden als der König sein, da es ihr und ihrem Sohne jedes Verfügungsrecht über die Hauptmasse ihres Erbes nahm und zwar so, dass sie wahrscheinlich niemals in den Besitz desselben kommen würden. 1) Einzig und allein lag es also in ihrem Interesse, das Testament anzufechten, und da sie dadurch mit den Testamentarii in Konflikt kommen mußte, mit dem Könige gegen den gemeinsamen Feind zu gehen. Sie trat deshalb mit Albrecht in Einvernehmen und erkannte ihn als Vormund über ihre Kinder an, damit er deren Recht gegen die Testamentarii schütze. Unter den Begleitern dieser Letzteren hatte sich auf der Zusammenkunft im Dezember auch Bo Jonssons Vogt zu Abo, der Lagmann von Finnland Jäppe Abramsson Djeken, befunden. Vielleicht ist dieser schon damals mit dem Könige in Unterhandlungen getreten. Jedenfalls aber erreichte der Letztere jetzt, dass Jäppe gegen Zusicherung einer Anzahl von Rechten den König als Vormund der Kinder Bos anerkannte, dass er damit also sich von der Sache der Testamentarii, das heißt überhaupt der Adelspartei, schied und dem Könige für die Vogteien Abo, Borga und Satagunna den Lehnseid leistete, 23. Juni 1387. Noch einmal, nur wenige Tage vor diesem Vertrage, als die Verhandlungen dazu wohl noch in der Schwebe waren, hatte Albrecht zu Konungxhamn bei Stockholm eine Übereinkunft mit den Testamentarii herbeizuführen versucht [21. Juni 1387], die aber jedenfalls ebenso ergebnislos wie die frühere verlaufen war.


1) Denn dass der stets geldarme König die Pfandlehn je einlösen würde, war unwahrscheinlich.

Nach dem durch die Verbindung mit Jäppe Abramsson erreichten unzweifelhaften Erfolge über die Testamentarii, meint Girgensohn, habe der König, um seinen Sieg ernstlich auszunutzen, seinen sogenannten Reduktionsversuch angestellt, d. h. den Versuch, den Adligen einen Theil ihrer Güter zu nehmen und denselben wieder an die Krone zu bringen. In keiner der gleichzeitigen Urkunden aber findet sich eine Spur von einem solchen Versuche, und deshalb hat schon Styffe denselben gänzlich geleugnet; wie mir scheint, mit Recht. Den ältesten Bericht darüber giebt uns die Chronologie svecica ex codice minoritarum Wisbyensium: Nach dem Tode Bo Jonssons habe König Albrecht seinen Großen einen Theil ihrer Güter entziehen wollen, den sie und ihre Vorfahren in früheren Kriegszeiten usurpirt hatten; deswegen hatten die Großen, darüber erbittert, sich empört, unter dem Vorwande, der König wolle ihnen ihre Güter nehmen und sie an Deutsche geben. Styffe meint nun, diese ganze Angabe beruhe auf einer Verwechselung, Vermischung mit dem Streite Albrechts und der Großen wegen der Pfandgüter Bo's, und mit der später von Margareta vorgenommenen Reduktion. Das letztere hat Girgensohn zurückgewiesen, indem er wahrscheinlich macht, dass die Wisbychronik von 1389-1412 gleichzeitig geschrieben sei, wodurch also ein Zusammenwerfen der sogenannten Reduktion Albrechts mit der Margaretas unmöglich scheint. Höchst wahrscheinlich ist dagegen die erstere Vermuthung Styffe's, dass nämlich die Erzählung des Chronisten von Wisby den Versuch des Königs schildert, den Testamentarii die Güter Bo's zu nehmen. Denn die Chronik bringt ihre Erzählung ausdrücklich zusammen mit dem Tode Bo's. Die Güter, die der König einziehen wollte, waren diejenigen Bo's; sie waren ein Theil der Güter, die die Großen (und zwar diese Güter Bo selbst) in unruhigen Zeiten, nämlich in und nach dem Kriege mit Hakon, an sich gebracht hatten. Der König wollte diese Güter an Deutsche geben; das ist auch richtig: nämlich an Bo's Erben, denn Greta Dume, und ihre Brüder Henneke, Klaus, Vollrath und Berthold Dume, die ihr beistanden, waren Deutsche. So lassen sich die Angaben der Wisbychronik ungezwungen erklären, ohne dass man einen Reduktionsversuch anzunehmen braucht. 1) Anders freilich die um 1449 geschriebene Prosachronik und die etwa 1452 verfasste Reimchronik; nach jener hatte Albrecht jeden zehnten, nach dieser gar jeden dritten Freihof sowohl des Adels, wie der Kirche einziehen wollen. Wie Girgensohn wahrscheinlich gemacht hat, gehen beide Nachrichten auf eine um 1450 noch lebende Tradition zurück, die in verschiedenen Fassungen existierte. Diese Tradition kann nur von gegnerischer Seite ausgegangen sein, und wir brauchen deshalb nicht daran zu zweifeln, dass es sich in beiden Berichten um tendenziöse, böswillige Entstellung des Tatsächlichen handelt. Durch die Angabe, dass der König jeden zehnten, ja, jeden dritten Hof, ja, sogar von kirchlichen Besitzungen habe einziehen wollen, soll offenbar das Verfahren desselben noch gehässiger machen. 2) Wir werden also die Hypothese von einem Reduktionsversuche Albrechts abweisen. Wie hätte denn auch der König so töricht sein sollen, sich seine Großen durch eine derartige Maßregel zu unversöhnlichen Feinden zu machen, wo er einsehen mußte, dass es über kurz oder lang doch zum Kriege mit Dänemark kommen würde, und wo er ohnehin schon ohne Bundesgenossen war.

1) Auch der Umstand, dass bei der folgenden Empörung gerade die Testamentarii die Führer waren, beweist, dass gerade sie sich mit A. überworfen hatten.

2) Vielleicht liegt in der letzteren Angabe noch eine Reminiscenz daran, dass sich der Bischof Nikolaus von Linköping unter den Testamentarii befand.


Also nur das Testament Bo Jonssons wollte er ungültig machen und dessen Güter unter seinen Einfluss bringen. Aber auch das war den Großen schon zu viel. Vielleicht auch dadurch noch gereizt, dass er an Jäppe Abramsson einen Helfer erhalten, erhoben sie sich in offener Empörung gegen den König zu Anfang des Jahres 1388. Allein waren die Aufrührer aber doch noch zu schwach, um gegen den König und seine Leute auftreten zu können. Die Mehrzahl der Städte war noch in seinen Händen. Die größtenteils deutschen Bürger der Städte Stockholm und Kalmar waren ihm treu ergeben. Eifrige Unterstützung von Seiten der Mecklenburger, wie überhaupt der norddeutschen Adelsherren waren ihm sicher. Da griffen die Großen wieder zu einem Mittel, das sie schon einmal, im Jahre 1371, mit Erfolg angewandt hatten: sie riefen das Volk zum Kampfe gegen die Deutschen auf, und indem sie alle Schuld an der Bedrückung der niederen Klassen von sich abwälzten, stellten sie sich als die Führer des Volkes gegen die Deutschen, die nationalen Feinde, dar. Die Folge davon war zunächst eine unerwünschte: diejenigen Adligen, die sich überhaupt noch als Deutsche fühlten und nicht völlig zu Schweden geworden waren, mußten dadurch in Gegensatz zu ihnen treten. Ehedem hatten sie sich gut mit ihren schwedischen Standesgenossen gestanden, also offenbar dieselben Ziele wie sie, das heißt, eine Erweiterung ihrer Macht, auch auf Kosten der königlichen, gehabt. Nun aber, als Deutsche durch die nationale Bewegung jeden Haltes beraubt, mußten sie ihre einzige Stütze in dem Könige, der sie ins Land gebracht hatte, suchen, und so waren sie wieder ihrerseits in den nun folgenden Kämpfen desselben beste Stützen. So wäre für die schwedischen Großen der Sieg dennoch fraglich gewesen, wenn sich die Nachbarmächte vom Streite fern gehalten hätten. Aber nun war für Margareta von Dänemark der langersehnte Augenblick gekommen. Für sie hatte zwar im vorigen Jahre eine Zeit lang alles auf dem Spiel gestanden, als am 3. August 1387 plötzlich ihr 17 jähriger Sohn Olaf gestorben war. 1) Mit ihm war der letzte Spross aus dem Hause der Folkunger (und mütterlicherseits dem der Estrithiden) ins Grab gesunken, und jetzt konnte der jüngere Albrecht von Mecklenburg mit vollem Recht seine Ansprüche auf Dänemark erneuern, während in Norwegen, das Erbreich war, der einzige rechtmäßige Erbe jetzt König Albrecht von Schweden selbst war, 1) und während auf Schweden selbst jetzt jedes Recht Margaretas erloschen war. Aber es war ihr gelungen, dass der dänische Reichsrat sie als Regentin und bevollmächtigte Vormünderin über Dänemark anerkannt und sich verpflichtet hatte, nur den als König und Nachfolger anzunehmen, der auch ihr genehm sei; 2) und ebenso hatten die Norweger im Februar 1388, unter Hintenansetzung der allein erbberechtigten Mecklenburger, sie als Regentin des Landes gewählt. Und nun wurde ihr von den aufständischen Schweden selbst die Gelegenheit gegeben, sich auch in die Händel zwischen König Albrecht und seinen Großen einzumischen. Die Testamentarii und einige andere Adeligen erschienen bei ihr und ersuchten sie um Hülfe gegen Albrecht; schon im Januar hatte ihr einer derselben, Algot Magnusson, die Schlösser Oeresten und Oppensten übergeben und als Lehen von ihr wieder angenommen. Nun kam es am 22. und 23. März zu einem förmlichen Vertrage zwischen ihr und den schwedischen Großen. Es war klar, dass Margareta nicht gesonnen war, umsonst ihre Hülfe zu spenden, sondern sie verlangte geradezu, dass die Großen sie als ihre und ganz Schwedens Herrscherin annehmen sollten. Auf Erik Kettilssons Schloss Dalaborg, wo diese Zusammenkunft stattfand, mußten die Großen ihr das geloben. Dazu sollten ihr dieselben alle Lehen und Schlösser Bo Jonssons, die fast die Hälfte des Reichs ausmachten, überliefern, nur Nyköping und Wiborg 3) mit den dazu gehörigen Liegenschaften sollten sie behalten. Dafür versprach Margareta das Reich gegen seine Feinde zu schützen, vor allem auch gegen Albrecht, und es nach Friedensschlusse in seinen alten Grenzen gegen Norwegen wiederherzustellen. Den Großen versprach sie alle Privilegien zu bestätigen, die sie unter den alten Königen vor Albrechts Regierung erworben hatten; über die Schlösser und Lehen wolle sie dann verfügen, wie das Gesetz es bestimmte. Alle Schweden, die Güter in Dänemark oder Norwegen hatten, sollten diese in Frieden besitzenen.

1) Durch seine Mutter Eufemia von Schweden und Norwegen.

2) Vgl. Erslev, S. 153. Albrecht IV. starb im Sommer 1388. M. U.-B. XXI, 11995.

5) In Finnland.


Es ist sonderbar, dass die Großen auf diese für sie so ungünstigen Bedingungen eingingen; denn nicht nur dass Margareta dasselbe von ihnen verlangte, was Albrecht gefordert hatte, die Pfandgüter Bo Jonssons, sondern noch dazu mußten sie alle Privilegien, die sie unter Albrechts Regierung erworben hatten, aufgeben. Man hatte meinen sollen, dass sie unter diesen Umständen die Verhandlungen mit Margareta abgebrochen hätten; aber sie waren zu weit gegangen, als dass sie noch hätten umkehren können. Den Kampf gegen Albrecht ganz aufgeben und sich ihm wieder unterwerfen, war nicht möglich; sie waren einmal gegen die Deutschen als Führer des Volkes aufgetreten; dieses würde sich nicht wieder wie 1371 haben beschwichtigen lassen, es hatte ja damals erfahren müssen, dass die deutschen Vögte trotz allen Versprechens nicht entfernt worden waren; die Großen hatten die Schuld davon auf den König geschoben, nun war es klar, dass das Volk dessen Beseitigung verlangte. Allein mit dem Volke den Kampf gegen Albrecht und seine Deutschen aufzunehmen, waren sie zu schwach, so mußten sie sich wohl oder übel Margaretas Bedingungen fügen. Anfangs scheinen sie freilich noch gezögert zu haben. Noch Ende 1387 hatten sie einen Adligen, Klaus Plate, an den Hochmeister des Deutschen Ordens geschickt, um, wie Daenell nicht unwahrscheinlich meint, so des Ordens Hülfe, ohne Margareta, sich gegen Albrecht zu verschaffen. Der Gesandte war aber auf der Durchreise durch Pommern von dem Herzog Wratislav VII. von Stolp, dem Verwandten Margaretas, 1) und dann nach seiner Befreiung durch den Hochmeister selbst gefangen gesetzt worden. 2) Das hatte die einzige Aussicht der Großen, ohne Margaretas Hülfe auszukommen, zum Scheitern gebracht, und so hatten sie sich denn trotz jener harten Bedingungen mit ihr eingelassen, vielleicht mit dem Hintergedanken, dass eine Frau diese Ansprüche später nicht würde durchsetzen können. Eine ähnliche geringschätzige Meinung von der Königin scheint zu seinem eigenen Schaden auch Albrecht gehabt zu haben. Freilich Angaben wie die, dass er ihr spottender Weise einen Schleifstein gesandt habe, darauf sie lieber ihre Scheren und Nadeln schärfen solle, anstatt Krieg zu führen, sind nichts als Erfindungen der Sage. Aber sie kennzeichnen jedenfalls die

1) Er war mit Margaretas Schwestertochter Maria von Mecklenburg verheiratet.

2) Die Gefangennahme Plates durch Wratislav geschah also offenbar im Interesse der Königin; warum aber die durch den Hochmeister, der doch nicht ihr Freund war, ist unklar.


Stimmung der Deutschen gegen sie; und Scherzworte über sie als den „König Hosenlos“ mögen in der Tat am Hofe Albrechts in Umlauf gewesen sein. Der Kampf zog sich das ganze Jahr über in stetigen kleinen Plänkeleien, aber ohne dass es zu einer bedeutenden Schlacht gekommen wäre, ohne Entscheidung hin. Da entschloss sich König Albrecht im Winter von 1388 auf 1389 nach Deutschland hinüberzugehen und dort frische Truppen zu sammeln, um mit deren Hülfe im folgenden Jahre, vielleicht eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbeizuführen. Seine Werbungen in Deutschland hatten guten Erfolg; es gelang ihm, ein starkes Heer zusammenzubringen, zahlreiche deutsche Adlige strömten ihm zu, selbst einige Fürsten schlossen sich ihm an, die Grafen Albrecht von Holstein und Günther von Ruppin, und wahrscheinlich auch Herzog Bogislav VII. von Pommern. Mecklenburg sicherte er durch einen Vertrag mit dem Markgrafen Jobst von Brandenburg. Dann ging er noch mitten im Winter 1) wieder hinüber nach Schweden. Hier belagerte ein dänisches Heer unter dem Ritter Niels Svarteskaning das Schloss Axewall 2) in Westergothland. 3) König Albrecht wollte es entsetzen und zog darauf zu. Unterdessen war ein zweites dänisches Heer, das unter der Leitung des Deutschen Heinrich Parow 4) stand, auch herangekommen und zog auf Jönköping 5) los, um den König abzuschneiden. An der Schnelligkeit des Königs aber scheiterte der Plan, und als das dänische Heer in Jönköping ankam, war er schon vorbei. Dadurch war Niels Svarteskaning mit seinem Heere in eine äußerst unglückliche Lage gerathen, vor sich hatte er die Besatzung Axewalls, im Rücken drohte ihn Albrecht anzugreifen. Notgedrungen mußte also Heinrich Parow, um seinen Mitfeldherrn zu retten, nun hinter Albrecht hermarschieren, um seinerseits ihm in den Rücken zu kommen. Bei dem Dorfe Asle, eine Meile östlich von der Stadt Falköping - es war am St. Matthiastage, dem 24. Februar 1389 - erreichte die Nachricht von dem Heranrücken des zweiten dänischen Heeres den König, der sofort Halt machte, um Parow zu erwarten; er hoffte wohl, ihn zu schlagen und dann ungestört sich gegen Svarteskaning wenden zu können. Zunächst gelang es ihm tatsächlich, zwei dänische Abtheilungen niederzuwerfen, aber er hatte nicht gewartet, bis seine sämtlichen Truppen geordnet und schlachtbereit waren, und so kam die Schlacht wieder zum Stehen. Immerhin war es aber noch unentschieden, wer den Sieg behalten würde; da wandte sich plötzlich des Königs Reiterführer Gerd Snakenborg mit seiner Abtheilung zur Flucht. Das entschied nach kurzer Zeit das Schicksal der Schlacht. Snakenborgs Korps muss eine wichtige Aufgabe gehabt haben; seine Flucht mußte das übrige Heer erschrecken und in Unruhe, schließlich ins Wanken bringen, so dass es endlich den Dänen gelang, es ganz auseinander zu sprengen. Damit war der Kampf gegen Albrecht entschieden. Der König, der mit den übrigen Herren und seinen Getreuen wohl versucht hatte, die Schlacht wiederherzustellen, war nicht geflohen; so geriet er mit seinem Sohne Erich, seinem Vetter, Bischof Rudolf von Skara und den übrigen deutschen Herren in Gefangenschaft; sein treuer Feldhauptmann Vicko von Vitzen, der Befehlshaber von Kalmar, war unter den Gefallenen; auch die Dänen hatten den Sieg mit dem Tode ihres Oberkommandanten Heinrich Parow erkauft Aber das konnte natürlich bei der Größe des Sieges nicht in Betracht kommen. Margareta eilte auf die Kunde davon von Warberg in Halland, wo sie sich seit Anfang des Kampfes aufgehalten hatte, nach Bahus, wo ihr nun die Gefangenen vorgeführt wurden. Von dem Herzoge Bogislav erlangte sie hier gegen Entlassung der pommerschen Gefangenen, dass er sie als Herrscherin Schwedens anerkannte, ja sich sogar, wenn sie es verlangen sollte, zur Stellung von Hilfstruppen verpflichtete. Auch der Bischof Rudolf und die Grafen Günther und Albrecht wurden gegen Lösegeld entlassen. Bei König Albrecht aber und seinem Sohne machte Margareta die Freilassung von ihrer Verzichtleistung auf die Krone Schweden abhängig. Da sich beide hierzu nicht verstehen wollten, blieben sie in der Gefangenschaft und wurden auf die Feste Lindholm in Schonen gebracht.

1) Am 6. Dez. ist er noch in Rostock. M. U.-B. XXI, 12034.

2) Zwischen Wener- und Wettersee.

3) Detmar II, S. 25.

4) Einst Anhänger Albrechts.

5) An der Südspitze des Wettersees.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Herrschaft der Mecklenburger in Schweden