Waffenstillstand mit Marokko

Inzwischen hatte aber mit Marokko die Verhandlung nicht stillgestanden. Der schon genannte Generalkonsul Drummond Hay hatte in Befolgung der ihm im März von London zugesandten Instruktion sogleich Verhandlungen mit Marokko angeknüpft*), die unmittelbar zu einem Waffenstillstand führten. Dies war geschehen, ehe er die in Folge der algerisch-französischen Ereignisse an ihn ergangene Weisung, „to proceed slowly“ , erhalten hatte. Da die Verhandlung nun einmal eingeleitet war, glaubte man sie nicht gleich wieder abbrechen zu können. Zwar lag die Sache ja hinsichtlich Marokkos im Grunde nicht anders als hinsichtlich der andern Raubstaaten; hörte die Piraterei der letzteren auf, so hoffte man dasselbe von Marokko. Aber dieses galt als sehr viel schwerer zu besiegen als Algier, da die Hauptplätze Marokkos im Innern liegen.

Nun forderte Marokko in der Verhandlung mit Hay zunächst eine Erledigung der Tributrückstände, die Hamburg angeblich noch schuldig sei. Hay wurde instruiert, auf die Beseitigung dieser Forderung hinzuwirken und im Übrigen sich zu bestreben, Zeit zu gewinnen.**) Dem Rat Colquhouns, ein Separatabkommen mit Marokko zu treffen, hielt man nicht für angemessen zu folgen, solange nicht über den künftigen Zustand der andern Raubstaaten und die etwaige Fortdauer des Raubsystems mehr Klarheit herrschte als bisher.***) Überdies sandte Hay eine Schilderung der marokkanischen Marine ein, die nur beruhigend wirken konnte; das Meiste dieser einst so gefürchteten Seemacht war verfallen, und was davon übrig geblieben, verstanden die Marokkaner ohne europäische Hilfe nicht auszurüsten.****)


Dann kam bald die Nachricht von dem am 10. bezw. 11. August von Frankreich mit Tunis und Tripolis abgeschlossenen Verträgen, nach denen die Seeräuberei usw. abgeschafft wurde.

Nun hatten die Hansestädte natürlich gar keinen Grund mehr, mit diesen Staaten Verträge zu schließen. Dänemark, das den Tripolitanern noch immer tributpflichtig war, beeilte sich, diesem Zustande ein Ende zu machen.

Mit Marokko waren aber die Beziehungen solcher Art noch immer nicht abgeschlossen. Dänemark bezahlte fortdauernd seinen Tribut in Gemäßheit des Vertrags von 1767.

*) vgl. Schäfer S. 77f.

**) Colquhoun an Hay 6. Juli 1830.

***) Senatsprot. 27. Aug.; Amsinck an Gütschow 28. Aug. 1830.

****) Hay an Colquhoun 9. August.




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hansestädte und die Barbaresken