Schwedische Reklamationen
Die schwedische Regierung war die erste, die den hamburgischen Modus des Sklavenloskaufs angriff. Im Jahre 1731 berichtete der schwedische Konsul in Algier nach Hause, dass 10 — 12 Sklaven schwedischer Nationalität, die auf hamburgischen Schiffen gedient hätten, teilweise seit langer Zeit, einige über 20 Jahre, in algerischer Gefangenschaft schmachteten und von Hamburg bei der Lösung stets übergangen würden Der schwedische Minister in Hamburg, v. Strahlenheim, forderte am 31. August von dem Rat mit Berufung auf den seit „undenklichen Jahren her“ bei allen ,,Puissancen, Republiquen und ansehnlichen Handels-Städten“ üblichen Brauch die Lösung auch der schwedischen Sklaven.
Syndicus Lipstorp erwiderte hierauf am 17. September: in Hamburg sei stets nach der von Strahlenheim verlangten Weise verfahren, nie sei aber üblich gewesen und die Sklavenkasse sei auch dazu nicht im Stande, dass die ganze Ranzion für Sklaven aus öffentlichen Geldern bezahlt werde. Verhalte es sich so, wie der Konsul behaupte, so solle jenen Sklaven das Übliche aus der Sklavenkasse zu Teil werden.
Damit gab sich die schwedische Regierung aber nicht zufrieden; sie verlangte, Hamburg müsse die Sklaven ebenso ranzionieren, wie Schweden in demselben Falle tue, nämlich durch Zahlung der ganzen Summe
Wirklich stellte es sich heraus, dass von den 9 Sklaven 1 im Jahre 1711: 2, 1712: 2, 1719 und je einer 1725, 26, 27, 31 in Gefangenschaft geraten waren*). Doch blieb im Prinzip der Rat trotz der schwedischen Drohungen fest; für jeden dieser Sklaven bewilligte die Admiralität die üblichen l00 Thaler.
Zwei Jahre darauf berichtete der Konsul Logie wieder über das Elend der in Algier sitzenden Sklaven. Strahlenheim erhielt Befehl, dem Rat ernsthafte Vorstellungen zu machen, und gab im September 1734 letzterem zu verstehen, „dass, widrigenfalls und daferne innerhalb dieses Jahres Verlauf es mit solcher Rantzionirung zu keiner Werkstellung kommen sollte, Ihro Königl. Majestät allen dero Untertanen verbieten werden, nicht weiter in hamburgische Dienste zu gehen“.
Der Rat erklärte hierauf, dass der Steuermann schon befreit sei und auch mit den Übrigen es sich wohl ebenso verhalte, jedenfalls habe ein Jeder aus der Kasse 6 — 700 Mark erhalten, und die Admiralität wolle jedem noch nicht Gelösten weitere 100 Thaler geben. Strahlenheim ließ aber nicht ab, wiederholte seine frühere Drohung und wollte mit jenem Geldanerbieten sich „der ordinären Stadtverfassung ohngeachtet“ nicht zufrieden geben. Erst als der Rat anordnete, dass jeder der in Algier sitzenden schwedischen Sklaven, wenn er an Christenseite und noch nichts erhalten habe, weitere 500 Mark haben solle, erklärte sich die schwedische Regierung für befriedigt, doch drückte Strahlenheim am 23. Mai 1735 die Hoffnung aus, „dass zu sothaner Sklaven vollkommenen Rantzion auf alle tunliche Art und Weise durch Kirchenkollekten oder sonsten beygetragen werden möge“.
Die schwedischen Reklamationen waren damit nicht zu Ende. Im Januar 1745 ersuchte der schwedische Agent König um Ranzionierung von 2 schwedischen Matrosen, die auf einem hamburgischen Schiff in die Sklaverei geraten seien. Der Rat erklärte sich zu Allem, was möglich, bereit, empfahl aber, wie früher geschehen, auch eine Kollekte in Schweden, indem die Admiralität die Lösung nicht allein übernehmen könne, zumal da diese Leute sich in die hiesige Sklavenkasse nicht einzeichnen ließen.
Nachdem König auf wiederholte ähnliche Forderungen dieselbe Antwort vom Rat erhalten hatte, drohte er im Oktober 1746 wieder mit dem oben erwähnten Verbot. Als der Rat aber dann vorstellte, dass die Admiralität zur Zeit unvermögend sei, weitere Gelder anzuschaffen, erging an den König am 18. Februar 1747 ein Schreiben der schwedischen Reichskanzlei, dass S. Majestät „es dabey gnädigst beruhen lassen“; es wurde nun in Schwedisch-Pommern und Wismar für diese Sklaven gesammelt.
Eine Differenz schwebte dann noch zwischen dem Rat und dem Agenten über den Termin der Zahlung des Lösegeldes. In Hamburg galt schon seit langer Zeit die Praxis, dass die Lösungsgelder erst ausgezahlt wurden, wenn Nachricht da war, dass die Sklaven auf Christenseite angekommen waren. Das geschah in der Erwägung, dass solche Gelder andernfalls ganz verloren wären, wenn ein oder der andere Sklave vorher starb, und dass dann Schwierigkeiten in Betreff der Sklavenbücher usw. entstehen könnten. König verlangte aber sofortige Zahlung, wurde auch in dieser Forderung von der schwedischen Reichskanzlei unterstützt; letztere beauftragte am 29. April 1747 den Agenten, eventuell die mehrerwähnte Drohung abermals zu wiederholen. Darauf drückte am 1. Juni der Rat der Admiralität seine Ansicht dahin aus, „dass das gewöhnliche Quantum, welches die löbl. Admiralität zur Lösung der unter hiesiger Stadtflagge von den türkischen See-Räubern genommenen und zu Sklaven gemachten Personen auszuwerfen pfleget, sogleich ausgezahlt würde, sobald als der zu Algier seiende schwedische Konsul hinlänglich attestieret, dass dieser oder jener schwedische Untertan auf freien Fuss gestellt worden“. Und darnach scheint sich die Admiralität in der Folgezeit gerichtet zu haben.
Mit Schweden sind späterhin keine weiteren Differenzen mehr über die Ranzionierungsfrage entstanden. Die Erfahrungen, die Schweden in dieser Beziehung mit und in Hamburg machte, sind wohl nicht ohne Einfluss auf die schwedische Praxis gewesen. Am 1. Juli 1748 wurde eine königliche Verordnung**) erlassen, die die „Ranzion der schwedischen unter fremden Flaggen dienenden Seeleute“ betraf; in dieser heißt es ausdrücklich, „dass, wann ein schwedischer Untertan unter fremder Flagge aufgebracht und gefangen wird, derselbe es sich selbst zu danken habe, wann er sich bey der Reederei, in deren Dienst er gebraucht wird, nicht eine freye Ranzion vorbehalten“; alle schwedischen Untertanen wurden vor Annahme fremden Dienstes gewarnt, weil, im Fall sie dabei in Sklaverei gerieten, sie nicht ohne viele Schwierigkeit auf andere Weise könnten ranzioniert werden, als insoweit sie sich jene Ranzion vorbehalten hätten.
Das bedeutete im Wesentlichen einen Verzicht der schwedischen Regierung auf weitere Verwendung für ihre Untertanen, soweit diesen nicht ein privater oder gesetzlich anerkannter Anspruch zur Seite stand. —
*) Im Konvoyprotokoll 1741. Mai 26 wird aber auch ein hamburgischer Sklave erwähnt, der schon 23 Jahre in algerischer Gefangenschaft saß.
**) Gedruckt im Hamb. Relationscourier 1748. Juli 26. No. 116.
Syndicus Lipstorp erwiderte hierauf am 17. September: in Hamburg sei stets nach der von Strahlenheim verlangten Weise verfahren, nie sei aber üblich gewesen und die Sklavenkasse sei auch dazu nicht im Stande, dass die ganze Ranzion für Sklaven aus öffentlichen Geldern bezahlt werde. Verhalte es sich so, wie der Konsul behaupte, so solle jenen Sklaven das Übliche aus der Sklavenkasse zu Teil werden.
Damit gab sich die schwedische Regierung aber nicht zufrieden; sie verlangte, Hamburg müsse die Sklaven ebenso ranzionieren, wie Schweden in demselben Falle tue, nämlich durch Zahlung der ganzen Summe
Wirklich stellte es sich heraus, dass von den 9 Sklaven 1 im Jahre 1711: 2, 1712: 2, 1719 und je einer 1725, 26, 27, 31 in Gefangenschaft geraten waren*). Doch blieb im Prinzip der Rat trotz der schwedischen Drohungen fest; für jeden dieser Sklaven bewilligte die Admiralität die üblichen l00 Thaler.
Zwei Jahre darauf berichtete der Konsul Logie wieder über das Elend der in Algier sitzenden Sklaven. Strahlenheim erhielt Befehl, dem Rat ernsthafte Vorstellungen zu machen, und gab im September 1734 letzterem zu verstehen, „dass, widrigenfalls und daferne innerhalb dieses Jahres Verlauf es mit solcher Rantzionirung zu keiner Werkstellung kommen sollte, Ihro Königl. Majestät allen dero Untertanen verbieten werden, nicht weiter in hamburgische Dienste zu gehen“.
Der Rat erklärte hierauf, dass der Steuermann schon befreit sei und auch mit den Übrigen es sich wohl ebenso verhalte, jedenfalls habe ein Jeder aus der Kasse 6 — 700 Mark erhalten, und die Admiralität wolle jedem noch nicht Gelösten weitere 100 Thaler geben. Strahlenheim ließ aber nicht ab, wiederholte seine frühere Drohung und wollte mit jenem Geldanerbieten sich „der ordinären Stadtverfassung ohngeachtet“ nicht zufrieden geben. Erst als der Rat anordnete, dass jeder der in Algier sitzenden schwedischen Sklaven, wenn er an Christenseite und noch nichts erhalten habe, weitere 500 Mark haben solle, erklärte sich die schwedische Regierung für befriedigt, doch drückte Strahlenheim am 23. Mai 1735 die Hoffnung aus, „dass zu sothaner Sklaven vollkommenen Rantzion auf alle tunliche Art und Weise durch Kirchenkollekten oder sonsten beygetragen werden möge“.
Die schwedischen Reklamationen waren damit nicht zu Ende. Im Januar 1745 ersuchte der schwedische Agent König um Ranzionierung von 2 schwedischen Matrosen, die auf einem hamburgischen Schiff in die Sklaverei geraten seien. Der Rat erklärte sich zu Allem, was möglich, bereit, empfahl aber, wie früher geschehen, auch eine Kollekte in Schweden, indem die Admiralität die Lösung nicht allein übernehmen könne, zumal da diese Leute sich in die hiesige Sklavenkasse nicht einzeichnen ließen.
Nachdem König auf wiederholte ähnliche Forderungen dieselbe Antwort vom Rat erhalten hatte, drohte er im Oktober 1746 wieder mit dem oben erwähnten Verbot. Als der Rat aber dann vorstellte, dass die Admiralität zur Zeit unvermögend sei, weitere Gelder anzuschaffen, erging an den König am 18. Februar 1747 ein Schreiben der schwedischen Reichskanzlei, dass S. Majestät „es dabey gnädigst beruhen lassen“; es wurde nun in Schwedisch-Pommern und Wismar für diese Sklaven gesammelt.
Eine Differenz schwebte dann noch zwischen dem Rat und dem Agenten über den Termin der Zahlung des Lösegeldes. In Hamburg galt schon seit langer Zeit die Praxis, dass die Lösungsgelder erst ausgezahlt wurden, wenn Nachricht da war, dass die Sklaven auf Christenseite angekommen waren. Das geschah in der Erwägung, dass solche Gelder andernfalls ganz verloren wären, wenn ein oder der andere Sklave vorher starb, und dass dann Schwierigkeiten in Betreff der Sklavenbücher usw. entstehen könnten. König verlangte aber sofortige Zahlung, wurde auch in dieser Forderung von der schwedischen Reichskanzlei unterstützt; letztere beauftragte am 29. April 1747 den Agenten, eventuell die mehrerwähnte Drohung abermals zu wiederholen. Darauf drückte am 1. Juni der Rat der Admiralität seine Ansicht dahin aus, „dass das gewöhnliche Quantum, welches die löbl. Admiralität zur Lösung der unter hiesiger Stadtflagge von den türkischen See-Räubern genommenen und zu Sklaven gemachten Personen auszuwerfen pfleget, sogleich ausgezahlt würde, sobald als der zu Algier seiende schwedische Konsul hinlänglich attestieret, dass dieser oder jener schwedische Untertan auf freien Fuss gestellt worden“. Und darnach scheint sich die Admiralität in der Folgezeit gerichtet zu haben.
Mit Schweden sind späterhin keine weiteren Differenzen mehr über die Ranzionierungsfrage entstanden. Die Erfahrungen, die Schweden in dieser Beziehung mit und in Hamburg machte, sind wohl nicht ohne Einfluss auf die schwedische Praxis gewesen. Am 1. Juli 1748 wurde eine königliche Verordnung**) erlassen, die die „Ranzion der schwedischen unter fremden Flaggen dienenden Seeleute“ betraf; in dieser heißt es ausdrücklich, „dass, wann ein schwedischer Untertan unter fremder Flagge aufgebracht und gefangen wird, derselbe es sich selbst zu danken habe, wann er sich bey der Reederei, in deren Dienst er gebraucht wird, nicht eine freye Ranzion vorbehalten“; alle schwedischen Untertanen wurden vor Annahme fremden Dienstes gewarnt, weil, im Fall sie dabei in Sklaverei gerieten, sie nicht ohne viele Schwierigkeit auf andere Weise könnten ranzioniert werden, als insoweit sie sich jene Ranzion vorbehalten hätten.
Das bedeutete im Wesentlichen einen Verzicht der schwedischen Regierung auf weitere Verwendung für ihre Untertanen, soweit diesen nicht ein privater oder gesetzlich anerkannter Anspruch zur Seite stand. —
*) Im Konvoyprotokoll 1741. Mai 26 wird aber auch ein hamburgischer Sklave erwähnt, der schon 23 Jahre in algerischer Gefangenschaft saß.
**) Gedruckt im Hamb. Relationscourier 1748. Juli 26. No. 116.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hansestädte und die Barbaresken