Neue Feindseligkeiten Marokkos

Der Grund für diesen ungeahnten Wiederausbruch der Feindseligkeiten suchte man in dem Umstand, dass Hamburg es versäumt hatte, dem neuen Kaiser von Marokko zu seiner Thronbesteigung Glück zu wünschen. So berichtete sowohl Stöcqueler aus Lissabon wie auch später der sehr gut orientierte Chiappa, der als Konsul von Genua *) und Ragusa in Tanger residierte und an den der hamburgische Konsul in Cadiz, Fester, sich um Rat wandte. Chiappa meinte aber ferner, dass die marokkanische Regierung, die im übrigen ganz friedlich gesinnt sei, die Hansestädte durch jene Kaperei nur zwingen wolle, mit ihr formell Frieden zu schließen.

Zu einem solchen verspürte man nun in Hamburg sehr wenig Lust; „un tel traité de paix a beaucoup d'incouveniens et cause beaucoup de fraix tant pour sa conclusion que pour son exécution“ , schrieb der hamburgische Syndicus Sieveking an Stöcqueler. Chiappa schätzte den Preis, um den man einen formellen Frieden mit Marokko haben könne, auf einen recht ansehnlichen Betrag; für Geschenke allein bedürfe es, meinte er, 20 — 25.000 Piaster. Ohne Tributzahlung hielt Chiappa den Frieden für nicht erreichbar, wenigstens unter den damaligen Umständen nicht und in Anbetracht, dass selbst Dänemark und Schweden nur vermittelst Tribut an Geld und Kriegsmaterial den Frieden aufrecht erhielten.


Andererseits musste Hamburg an einem Frieden mit Marokko mehr denn je gelegen sein. Nicht, als ob etwa ein direkter Schifffahrtsverkehr mit Marokko in Betracht kam; nur 1798 kam, wie aus der nun schon zur Verfügung stehenden Schifffahrtsstatistik sich ergibt, ein Schiff aus Mogador an. Aber dies letzte Dezennium des Jahrhunderts hatte den Hansestädten und namentlich Hamburg einen starken Aufschwung des Verkehrs mit Amerika gebracht, womit verbunden war eine erfreuliche Zunahme desjenigen mit Portugal. „Notre commerce avec le Portugal et avec l`Amérique, qui occupent la plus part de nos navires, s'est beaucoup augmenté depuis l`an 1780 et est aujourd'hui très considérable“, schrieb Syndicus Sieveking an Stöcqueler**); und deshalb war es, wie es ebendaselbst heißt, „fort important pour nous, de mettre nos navires à l'abri des corsaires Maroquins“ .

*) „Ligurische Republik.“ Chiappa ist mit dem gleichnamigen, von 1772 — 1797 in Marokko residierenden venezianischen Konsul (vgl. Mar ehest a. a. O.S. 67 ff. 72) nicht zu verwechseln; ein dritter Chiappa war Sekretär des Auswärtigen beim Kaiser von Marokko (nach Brief des holländ. Vize-Konsuls van Nieuwerkerke in Tanger, 1785. 8. Oktober).

**) Am 7. Dez. 1798; vgl. auch meine Beiträge z. Gesch. der Handelsbezieh. zw. Hamb. u. Amerika S. 66 ff.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hansestädte und die Barbaresken