Misslingen der Mission Richauds

Da Hamburg ein Staat sei, der auf alle Mächte Rücksicht zu nehmen habe, so dürfe die Gratifikation nur in klingender Münze gezahlt werden. Kriegs- oder Schiffsmaterialien könnten in Hamburg kaum unter anderen Bedingungen erworben werden wie in Algier; ferner seien diese Artikel in Kriegszeiten Contrebande, deren Versendung Schwierigkeiten machen könne. Die Geldleistung dürfe nicht zu hoch sein, denn 1) habe Hamburg keine Kolonien, treibe fast nur Küstenschifffahrt und meist mit fremder Schiffsbesatzung; es sei nur eine Stadt und fast ohne Gebiet. 2) Werde sein Handel durch diesen Frieden keinen Zuwachs erhalten. Seit 28 Jahren sei von den Algierern keine hamburgische Prise genommen; der hamburgische Handel fahre eben unter fremder, den Algierern befreundeter Flagge. Einen Frieden erstrebe Hamburg nur zum Zweck der Erhaltung seiner geringfügigen Schifffahrt mit Portugal, den atlantischen und Mittelmeerhäfen. Sei der Friede nicht erreichbar, so werde Hamburg, wie seit fast 30 Jahren, während welcher man seine Flagge im Mittelmeer nicht gesehen habe, sich fremder Flaggen bedienen, eventuell auch für die Fahrt nach Portugal. Algier würde also, wenn es den Frieden nicht einginge, keinen Vorteil davon haben.

So hatte der Senat seinen Unterhändler instruiert


Richaud fand in Algier die Unterstützung des genannten Residenten Kercy. Über die Einzelheiten seiner Unterhandlung sind wir leider ganz im Dunkeln. Sein Bericht,*) so interessant er für die Beurteilung der damaligen Verhältnisse Algiers ist, lässt uns über die Verhandlung fast ganz im Unklaren. Eines Tages ließ der Dey ihm sagen, er könne abreisen, sobald er wolle.

Am 16. April 1787 teilte der Senat den Kommerzdeputierten diesen Misserfolg mit, er bedauerte dies und meinte, vorläufig müsse man das Projekt ganz aufgeben.

Ein Trost war es immerhin, dass wenigstens Portugal standhaft blieb und mit Algier, namentlich, weil es ihn nicht erkaufen wollte, einen Vertrag nicht einging.**) Da Portugal stets einige Kriegsschiffe vor der Meerenge kreuzen ließ, war diese Feindschaft mit Algier für die Hansestädte äußerst wertvoll.

Zu dem Misserfolg Hamburgs in Algier hat vielleicht auch beigetragen die Tatsache, dass der Dey gegen die Hamburger damals besonders gereizt war, weil sie unter fremder Flagge, namentlich dänischer, sich seinen Raubschiffen vielfach zu entziehen wussten. Schon 1753 hatte, wie wir sahen, der Dey deshalb den holländischen Konsul gewarnt. Mit mehr Berechtigung warnte er jetzt den dänischen Konsul und erklärte ihm, dass alle Schiffe, die in Hamburg, Danzig und Lübeck u. s. w. mit dänischen Pässen versehen würden, von den Algierern aufgebracht werden würden.***)

Es verflossen nur wenige Jahre, und von Neuem erschien das Schreckgespenst einer portugiesisch-algerischen Verständigung. Im September des Jahres 1793 vermittelte nämlich England einen einjährigen Waffenstillstand zwischen Portugal und Algier; er hatte zur unmittelbaren Folge, dass algerische Raubschiffe in den Ozean hineinfuhren und die Schifffahrt hier äußerst unsicher machten.

*) Beilage Nr. VI.

**) Com. Dep. Prot. 1787, April 12 nach Brief Stöcqnelers. Der holländische Konsul in Algier schrieb am 26. Juni: „Den Dey willende absoluyt niet hooren spreeken van een vreede met Portugal te sluyten.“

***) Konsul Fraissinet 1785. Juni 11; 1786. Jan. 27; August 28. (R. A. Haag).



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hansestädte und die Barbaresken