Missbrauch der holländischen Pässe

Nachdem das Ereignis von 1751 vorüber und sich über ihm und seine unmittelbaren Folgen die politischen Wogen geglättet hatten, ist längere Zeit von Algier und seinen Beziehungen zu den Hansestädten nur wenig und sporadisch die Rede.

Der Dey von Algier passte scharf auf, dass nicht etwa die Hamburger auf Umwegen die Vorteile eines Vertragsverhältnisses sich aneigneten. Schon im Januar 1751, vor Abschluss des Vertrages, hatten, wie Paravicini berichtet,*) Goverts und Genossen, um besser zum Ziel zu kommen, dem Dey nahegelegt, dass, wenn er ihre Vorschläge nicht annehme, sie für den halben Preis den Frieden erlangen könnten, indem sie von den mit Algier in Frieden lebenden Mächten Pässe kauften. Das hatte der Dey nicht vergessen, und Anfang April 1753 warnte er den holländischen Konsul: es ginge die Rede, die Holländer gäben den Hamburgern Pässe; zwar glaube er das nicht, doch solle der Konsul deshalb nach Hause schreiben.**) Es war allerdings unwahrscheinlich, dass die Holländer ihren hamburgischen Konkurrenten auf solche Weise entgegen gekommen wären. Aus den Berichten des holländischen Residenten Mauricius in Hamburg (1725—42) ergibt sich, dass schon damals die Holländer sehr sorgsam darauf achteten, dass mit ihren Pässen nicht von den Hamburgern Missbrauch beim Zusammentreffen mit den Algierern getrieben werde. Und trotzdem nahmen die Klagen der Holländer über den Missbrauch, den ihre Flagge durch Hamburger, Dänen und Schweden erfuhr, kein Ende.


An Projekten, den Hamburgern die freie Mittelmeerfahrt zu verschaffen, ist jene Zeit nicht arm. Im Sommer 1754 taucht der Vorschlag eines Juden, David Meyer Schiff,, auf.***) Er hatte mehrfach die Lösung hamburgischer Sklaven in Algier besorgt und machte sich nun anheischig, eine Konvention zwischen Algier und einer Gesellschaft hamburgischer Kaufleute behufs Erlangung von Seepässen zu Stande bringen zu wollen. Der Preis sollte sich insgesamt auf 10.000 Species-Dukaten jährlich belaufen.

Bemerkenswerter als dieses Anerbieten sind einige der Gründe, die der Senat gegen den Vorschlag anführte. Algier habe, so äußerte er sich im August 1755, kürzlich mit dem Kaiser und Holland gebrochen. Versuche, den Frieden wieder herzustellen, seien bisher gescheitert; mit Rücksicht auf den Kaiser sei deshalb eine Konvention mit Algier bedenklich. Diese Rücksichtnahme auf einen Fürsten, der bisher nicht viel Entgegenkommen in dieser Sache gezeigt hatte, ist merkwürdig. Begreiflicher ist es dagegen, dass die mit Spanien gemachte Erfahrung, die ja noch in frischer Erinnerung lebte, gegen die Konvention angeführt würde. War letztere auch nur als eine private gedacht, so musste sie hamburgischerseits doch amtlich und formell bestätigt werden; und solange nicht über die eventuelle Aufnahme Seitens Spaniens und Portugals Klarheit herrschte, musste die ganze Sache als anstößig gelten. Übrigens sprachen auch Bedenken, die in der Persönlichkeit Schiffs begründet lagen, mit. Der Vorschlag wurde abgelehnt.

*) 22. Jan. 1761.

**) Derselbe 8. April 1763.

***) Protok. der Comm. Dep.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hansestädte und die Barbaresken