Marokko and Preussen

In der Mitte der 70er Jahre wurden die Bemühungen Sidi Mohammeds um die europäische Freundschaft immer zärtlicher. Damals wandte er sich auch den deutschen Staaten zu, soweit sie überhaupt in Betracht kommen konnten; zunächst an Preussen. Am 4. Dezember 1776 schrieb der französische Renegat Sidi Achmet auf Befehl des Kaisers an den in Mogadar ansässigen preussischen Untertan Walther und offenbarte ihm die Absicht des Kaisers, mit Preussen einen Friedensvertrag zu schließen. Walther berichtete dies an seinen in Soest wohnenden Bruder Gerhard Arnold Walther, und dieser schrieb am 26. März 1777 an den Grafen Hertzberg: er mutmaße, dass das vor 3½ Jahren, als sein Bruder wieder nach Marokko zurückgekehrt sei, in Soest verbreitet gewesene Gerücht, dass nämlich die Seehandlung ihren Handel nach der Levante auszudehnen beabsichtige, dass dies Gerücht, über das sein Bruder wohl mit dem Kaiser gesprochen habe, Veranlassung zu diesem Antrage gegeben habe. Übrigens war Walther*) in Soest der Ansicht, „dass unsere Handlung und Schifffahrt noch nicht von der Wichtigkeit ist, solche kostbare Freundschaft zu unterhalten.“ Der Minister Graf Finkenstein trat dieser Ansicht bei, und die Sache blieb ohne Resultat.**) —

Bald nach diesem Vorgang regte sich auch in Hamburg wieder die marokkanische Frage. Portugal und Marokko schlössen damals einen Freundschaftsvertrag. Dadurch waren die portugiesischen Küsten für die nicht mit Marokko befreundeten Nationen natürlich mehr denn je gefährdet; die sehr beträchtliche hamburgische Schifffahrt nach Portugal war in Frage gestellt.


Am 18. März 1778 regte deshalb der Präses der Kommerzdeputierten, v. Spreckelsen, an, die Stadt möge dahin wirken, dass Portugal in seinen Vertrag mit Marokko die Bedingung aufnähme, dass alle hamburgischen Schiffe im Verkehr mit portugiesischen Häfen von den Marokkanern nicht belästigt werden dürften. Der Präses meinte, den portugiesischen Kaufleuten und Assekuradeuren müsse selbst an einer solchen Bedingung viel liegen; in dem darauf seitens der Kommerzdeputierten an den Senat gestellten Antrag fügten sie hinzu: „es gereiche ohnehin zur Ehre der Krone, die Handlung auf ihre Häfen frei und ungehindert zu erhalten“ . Der Senat schrieb in diesem Sinne an Konsul Stöcqueler in Lissabon.

*) Er war selbst lange in Marokko gewesen und hatte mehrere Jahre lang die dänischen Handelscomptoire in St. Crux, Saffy, Salé und Marokko geleitet

**) Geh. St. Arch. Berlin.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hansestädte und die Barbaresken