Marokkanische Pässe für Preussen

Caille war inzwischen nicht müßig gewesen und konnte mit dem, was er erreicht hatte, zufrieden sein. Er hatte sogar die Regierung Friedrichs des Großen zu Unterhandlungen gebracht*). Noch im Frühjahr 1780 hatte Graf Finkenstein die Emdener Kaufleute, die dringend einen Vertrag mit den Barbaresken wünschten, abgewiesen. Am 30. August desselben Jahres schrieb Caille direkt an den Grafen und stellte sich ihm als Friedenskonsul vor. Die preussische Regierung beschloss hierauf in Korrespondenz mit Caille zu treten; allerdings enthielt schon die Kabinettsorder des Königs vom 2. Oktober die prophetischen Worte: „Mais la fin de toutes ces peines sera, que S. M. Maroccaine demandera une somme d'argent, pour prix de ses engagements; et il n' y a point d'exemple, où elle en ait contactés sans quelque largesse de la part de la partie contractante. Il en est dans ce païs de l’or, comme dans bien d'autres païs où Ton en fait son idole et où il fait le maitre ressort de tous les mouvements.“

Die preussische Regierung unterhandelte mit Caille durch ihren Konsul in Cadiz, Silvester de Livron. Am 15. März 1781 schrieb dieser, die preussische Flagge könne sich ungefährdet an der marokkanischen Küste zeigen. Caille und Duquela schrieben an Finkenstein, und ersterer drückte den Wunsch aus, preussischer Konsul zu werden. Mit den von Caille eingeschickten vier Pässen wusste man preussischerseits zuerst nichts Rechtes anzufangen. Das bekannte David Splitgerber'sche Haus schrieb am 5. Mai 1781: „Unser Handel auf Spanien und Portugal ist der Zeit von zu geringem Belang, um Schiffe dahin zu senden, und die wenige, welche wir in See haben, werden auch durch den Transport französischer Produkte hinlänglich beschäftiget.“ Die Handlung von Friedrich Schütze meinte allerdings, sie könne keinen Gebrauch von den Pässen machen, bat aber doch, ihr einen aufzubewahren. Dann kamen jedoch aus den Seestädten Nachfragen; Johann Simson in Memel verlangte und erhielt einen; er wollte für die Seehandlung eine Ladung Salz aus Portugal holen; ebenso bekam das Stettiner Handlungshaus Knudt Olsen u. Sohn zwei Pässe;*) dagegen konnten die Colberger keinen Gebrauch von ihnen machen. Den vierten und letzten erhielt im August 1781 die Seehandlung. Weitere Anträge auf Pässe aus Memel und Ostfriesland mussten unbefriedigt bleiben. Obwohl nun die Regierung meinte, es würde auch wohl ohne jene Pässe gehen, und die preussischen würden genügen, — denn wirklich schien die preussische Flagge im Mittelmeer jetzt respektiert zu werden, — wurde doch der im Sommer 1781. nach Madrid reisende Gesandte Graf Nostitz beauftragt, für neue marokkanische Pässe zu sorgen.


Bald darauf, im Februar 1782, rührten sich auch die Schlesier. Zwei Hirschberger Kaufleute, die früher lange in Holland gewesen waren, stellten dem Grafen Hertzberg vor, dass weniger die holländisch-amerikanischen Inseln als die Küsten der Berberei für schlesische Leinwand ein guter Absatzmarkt seien; man müsse nur in jenen Ländern mehr bekannt werden, namentlich auch in Algier, Tunis und Tripolis, da diese für reicher als Marokko galten und ihre Bewohner auch mehr Leinwand trügen als letzteres. Hertzberg ließ ein für Caille bestimmtes Schreiben dieser Kaufleute weiter befördern. Bald darauf sandte Caille seine erste Kostenrechnung über 377 Friedrichsd’or (= 286 Piaster) ein.

*) Vgl. auch Schmidt, Beiträge z. Gesch. des Stettiner Handels. Balt. Studien. S. 230f.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hansestädte und die Barbaresken