Hoffnung auf den Bundestag

Damit tritt in die Geschichte der deutschen Barbareskenfrage ein neues Moment. Die Bundesversammlung von Frankfurt war eine Errungenschaft des 19. Jahrhunderts; sie war an die Stelle der alten Kaisergewalt getreten. Von dieser hatten die Hansestädte in den Wirren des Barbareskenunfugs nie energische Unterstützung gefunden; nur als es galt, einer Stadt, die aus eigener Tatkraft sich den jämmerlichen Zuständen zu entziehen versuchte und dabei mit einer europäischen Macht in Konflikt geraten war, aus der Patsche zu helfen, hatte der kaiserliche Hof seine großmütige Vermittlung nicht versagt. Fremde Hilfe — spanische, portugiesische — hatte den Hansestädten mehr genützt als deutsche.

Und das Kollegium der Bundesversammlung gewährte nicht den Anschein, als ob man mit ihm weiter kommen werde; im Gegenteil, es war eher schlimmer geworden. Aber versuchen musste man es doch; das gebot nicht nur der Patriotismus, das empfahl auch die Politik.


In Bremen wollte man sich zuerst überhaupt auf eine Aktion beim Bundestag beschränken*). Die Erwartungen waren hier aber gering; von dem Bundestag einen Kreuzzug gegen die Raubstaaten zu erreichen, hielt Syndikus Schöne für ganz aussichtslos**). Des letzteren Kollege, Syndikus v. Gröning, arbeitete eine Denkschrift aus, in der er u A. „einige Anheimstellungen zur Betreibung der Sache am Bundestage“ entwickelte, man dürfe, meinte er, nicht zu sehr die besonderen Vor- und Nachteile, die der Bremer Handlung und Schifffahrt durch die Beseitigung bezw. den Fortbestand der Barbareskengefahr zuwüchsen, hervorheben; denn dann würden etwaige Kosten, die für diesen Zweck aufzubringen nötig wären, nicht nach den sonst herkömmlichen Quoten unter die deutschen Staaten, sondern nach dem Interesse verteilt, und somit vorzugsweise den Hansestädten aufgebürdet werden. Außer diesen die Taktik betreffenden, nicht gerade von großer Opferwilligkeit zeugenden Bemerkungen, wies Gröning auch darauf hin, dass der dänische Gesandte am Bundestag nicht zu den ersten, sondern den letzten gehören werde, mit denen man über diese Sache verhandelte-, denn Dänemark und Schweden, auch „aller zur Schau gelegten liberaler Ideen ohnerachtet, das selbstsüchtige England“ schienen bei der möglichst langen Fortdauer des gegenwärtigen traurigen Zustandes hinsichtlich der Barbaresken interessiert.

Auch in Hamburg beschloss der Senat am 3. Januar 1817, sich außer an die großen Mächte auch an die Bundesversammlung zu wenden, um hier „etwas zum Besten des Ganzen auszuwirken.“ Die Lübecker Kommerzdeputierten drangen noch im Juni 1817 auf „eine von Seiten der Hansestädte auf den Bundestag baldigst zu bringende und mit Eifer zu verfolgende Anrege.“

*) V. Gröning an Curtius 1816. Nov. 6.

**) Bericht vom 29. Nov. 1816.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hansestädte und die Barbaresken