Einzelheiten des Vertrags

Betrachten wir nun den Vertrag*) selbst etwas näher. Auffallend ist er zunächst durch saß was in ihm nicht steht und doch die Hauptsache war. Von den materiellen Leistungen an Algier, einmaligen und jährlichen, zu denen sich Hamburg verpflichtete, findet sich in dem Vertrage keine Spur einer Erwähnung. Die Abmachung hierüber war nicht in den öffentlichen Vertrag aufgenommen. Später, im Dezember des Jahres, wird im Ratsprotokoll einmal der „Geheimen Articul“ erwähnt, über deren Verheimlichung die französische Regierung verstimmt war. In welcher Form diese Artikel abgefasst gewesen, muss dahingestellt bleiben. Übrigens findet sich auch in den Verträgen der anderen Staaten, die gleich Hamburg bestimmte Geld- und Materiallieferungen an Algier zu machen hatten, hierüber nichts. Das hatte, wenigstens damals, wohl weniger seinen Grund in einer zarten Rücksichtnahme auf die öffentliche Meinung, als in der Erwägung, dass man das Wichtigste bei einem Geschäft nicht Jedermann zur Kenntnis zu bringen für gut hielt.

Die einzige Bestimmung in dem Vertrage, die auf jene Leistungen indirekt hindeutet, ist die im Art. 2 enthaltene, dass Waren, die man Contrebande nenne, d. h. Kriegs-, Schiffs- und Baumaterialien zollfrei eingehen sollten. So macht denn der Vertrag auf den mit jenen Leistungen unbekannten Leser einen merkwürdigen Eindruck. Von gegenseitigen Prästationen [Abgaben] ist in dem Vertrag fast gar nicht die Rede; den Hamburgern werden eine Reihe mehr oder weniger bedeutender Konzessionen und Versprechungen gemacht; sie selbst gewähren dafür nichts, gar nichts. Es scheint ein vollkommen einseitiger Vertrag. Stets wird nur gesprochen von Verhältnissen der Algierer zu den Hamburgern auf See und in Algier, nie in Hamburg. Das ist natürlich, denn dass algerische Untertanen oder gar Schiffe nach Hamburg kamen, konnte als Eventualität kaum in Betracht kommen.


Auch in dieser Beziehung gleicht, wie überhaupt, der Vertrag den anderen von den Barbaresken abgeschlossenen Verträgen jener Zeit. Bei dem hamburgischen scheint speziell der algerisch dänische von 1746 als Vorbild gedient zu haben; nur ist ersterer etwas ausführlicher. Doch fehlt in dem Vertrag mit Hamburg eine prinzipiell wichtige Bestimmung, die sich sowohl in dem dänischen Vertrage wie auch in anderen Barbareskenverträgen findet; das ist die im 8. Artikel des letzteren enthaltene Bestimmung, nach der es keinem algerischen Schiffe erlaubt sein sollte, „im Gesichte einigen Landes zu segeln, noch in einigen Hafen einzulaufen, so Dänemark und Norwegen zugehörig ist, weil solches Gelegenheit zu Missverständnis geben könnte.“

*) Gedruckt bei Martens, Supplement au recueil d. princip. traités II. 1, ff bei Tönnies, Merkantilisch-geschichtl. Darstellung der Barbaresken-Staaten (Hamb. 1826) S. 118 ff. und Gaedechens a. a, 0. S. 47 ff.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hansestädte und die Barbaresken