Sturz der begünstigten Stellung in Dänemark-Norwegen und England

Dem Verlust des Ostseehandels folgte alsbald der Sturz der begünstigten Stellung in Dänemark-Norwegen und England. Längst wusste man es auch in den Städten, dass man dort allein und ausschließlich von der Gnade der Landesherren lebe. Diese Gnade war aber wohl noch bei keinem nordischen Herrscher weniger gefunden worden als bei Christian IV. mit seinen Ideen vom dominium maris Baltici. Ihm war schon die bloße selbständige Existenz der Städte mit ihrem bürgerlichen Elemente ein Dorn im Auge. Er hätte gern gesehen, wenn ein allgemeines Zugreifen der Fürsten, eines jeden nach dem nächstliegenden, stattgefunden und dem städtischen Wesen ein Ende gemacht hätte. Das dominium maris Baltici legte er dahin aus, dass er in vollem Frieden mit Lübeck dessen Kauffahrteischiffe bis uns die Rhede von Travemünde verfolgen und auf der Stadt Strome Gewalt üben ließ; die Privilegien der Hanse erklärte er einfach für aufgehoben.

Und mit dem letzteren Schritte folgte er nur der Bahn, die Königin Elisabeth, auf deren Vorgang er sich ausdrücklich berief, gewiesen hatte. Sie nahm ein von den Hansestädten erwirktes, selbstverständlich tatsächlich bedeutungsloses kaiserliches Mandat, das die Niederlassungen englischer Kaufleute in den Hansestädten untersagte, zum Anlass, die Rechte der Hansen in England für erloschen zu erklären. Bedenkt man, dass Antwerpen, der Erbe von Brügges Handel, nach hartem Kampfe den Spaniern in die Hände gefallen, damit die andere Stütze des hansischen Handels gesunken und zugleich der natürliche Vorzug der holländischen Lage noch mehr zur Geltung gelangt war, so begreift man, wie mit dem Ablauf des 16. Jahrhunderts die Hansen vollständig aufhörten, als Vermittler des Verkehrs zwischen Ost- und Westeuropa eine Rolle zu spielen. Und damit sank ihre Tätigkeit in den Lokalverkehr hinab, der sich ihnen als den natürlichen und unvermeidlichen Ein- und Ausfuhrhäfen Deutschlands, wenigstens der Weser-, Elb- und Odergebiete, nicht nehmen ließ. Wenn man es ihnen neuerdings zum Vorwurf gemacht hat, dass sie auf Wallensteins Luftschlösser einer germanischen Seemacht nicht eingingen, so erwägt man nicht, dass des Friedländers maritime Pläne doch nur demjenigen lebensfähig erscheinen können, der an die Möglichkeit einer kräftigen und dauernden politischen Einigung Deutschlands unter Habsburgs Führung zur Zeit des dreißigjährigen Krieges glaubt. Wer diesen Glauben nicht teilt, der kann hier nur entwickelungsunfähige Keime einer neuen deutschen partikularistischen Bildung erblicken.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hanse und ihre Handelspolitik