Hansekriege mit Norwegen, Dänemark und Schweden

Im Jahre 1284 hob König Erich von Norwegen die von seinem Vater, dem friedfertigen Magnus, den Hansen verliehenen Freiheiten auf, legte Beschlag auf ihre Schiffe und ihre Warenlager zu Bergen und sperrte ihnen die Häfen seines Reichs. Aber die Hansen wussten Norwegen zu zwingen. Es ward verboten, Getreide, Malz und Bier nach Norwegen zu verschiffen, ein Geschwader in den Sund gelegt, ein anderes kreuzte an den norwegischen Küsten. „Des loveden sic tosamene de stede bi der ostersee unde bi der westersee altomal, ane de van Bremen“, sagt der Franziskaner Detmar in seiner Lübecker Chronik. Die Bremer hielten es mit König Erich und wurden dafür verhanst. Die übrigen Städte führten die beschlossenen Maßregeln so kräftig durch, dass in Norwegen Hungersnot entstand und dass König Erich nach einem Jahre unter schwedischer Vermittlung Frieden schloss. Er gab die Schiffe heraus, zahlte Schadenersatz und versprach die deutschen Kaufleute gegen alle Widersacher zu beschützen.

Noch wichtiger waren die Hansekriege mit Dänemark, namentlich mit dem Könige Waldemar Atterdag. Dieser Fürst, ein kluger, zäher, unverzagter Herr, richtete Dänemark aus tiefer Zerrüttung auf und unterhielt während dessen gutes Einvernehmen mit den Hansen: aber er änderte sein Verhalten, sobald seine Macht sich befestigt hatte. Es war ihm gelungen den Schweden die Landschaften Schonen, Halland und Blekingen wieder abzunehmen: damit waren die Gestade der Meerengen, welche den Zugang zur Ostsee bilden, gänzlich in seiner Hand: mit den Schlössern Helsingör und Helsingborg beherrschte er den Sund. Diese Machtstellung benutzte er dazu, den deutschen Kauffahrern den Sundzoll aufzuerlegen; aber es genügte ihm nicht sie zu schatzen, sondern er lauerte auf die Gelegenheit sie zu berauben. Im Sommer 1361 fuhr er mit vieler Mannschaft nach Gothland und eroberte die fast nur dem Namen nach von Schweden abhängige Stadt Wisby. Waldemar hatte seinen Leuten angekündigt, er wolle sie dahin führen, wo die Schweine aus silbernen Trögen fräßen. Fortan war es um den zum Sprichwort gewordenen Reichtum von Wisby geschehen; der Kern der Bürger ward erschlagen, die Warenlager ausgeleert, Gold und Silber geraubt, kurz die hansische Pflanzstadt so schwer heimgesucht, dass sie es nimmer hat verwinden können.


Dieser Schlag hatte die Hanse überrascht, aber sie raffte sich auf, um Genugtuung zu nehmen. Nach Beschlüssen der zu Greifswald gehaltenen Tagfahrten ward der Handel mit Dänemark verboten, der erste allgemeine Zoll ausgeschrieben, Kriegsschiffe gerüstet, Bündnisse mit den Königen von Norwegen und Schweden und den Grafen von Holstein geschlossen. Im Frühjahr 1362 ging der Lübecker Bürgermeister Johann Wittenborg mit einem starkbemannten Geschwader in See und belagerte Helsingborg. Die Erstlinge des Kriegs waren glücklich, aber nicht lange so überfiel Waldemar die Hanseflotte, schlug sie vollständig und entsetzte Helsingborg.

Nach dieser Niederlage boten die Hansestädte die Hand zum Frieden, aber eine aufrichtige Versöhnung trat nicht ein. Die Städte rüsteten zu einem neuen Waffengange. Sie schoben die Schuld des einmaligen Misslingens auf ihre Befehlshaber: die Lübecker straften den Bürgermeister, der sich hatte schlagen lassen, mit dem Tode. Und sie konnten die Sache nicht ruhen lassen, denn Waldemar hielt den Frieden so schlecht, dass, wie es in einer Klageschrift heißt, der Kaufmann des Ostens, Westens, Südens und Nordens gegen einen so maßlosen König laut aufschreien musste. Namentlich störte er die deutschen Niederlassungen in Schonen, die sogenannten Bitten, in denen seit langen Zeiten alljährlich im Spätsommer und Herbst die Hansen die Ausbeute ihres Heringsfanges einsalzten und verluden und zugleich einen großartigen Umsatz von Waren aller Art vermittelten.

Waldemar meinte sicher zu gehen. Schweden war durch eine zwiespältige Königswahl zerrüttet. Dem Könige von Norwegen vermählte er seine Tochter und zog ihn in sein Bündnis; ja er hetzte selbst den Kaiser Karl IV gegen den Städtebund auf, machte dem Papste zu Avignon den Hof und vermochte ihn, den Obrigkeiten der Seestädte mit dem Kirchenbanne zu drohen.

Aber die Hansen ließen sich nicht schrecken, sondern trafen mit Umsicht ihre Maßregeln um mit gesamter Kraft die drohende Gefahr zu bestehen. Ihre Bevollmächtigten ratschlagten im Sommer 1367 zu Stralsund, alsdann in der Woche nach Martini zu Köln. Hier ward der Krieg beschlossen, aller Handel mit Dänemark, jede Einfuhr von Mundvorrat oder Kriegsbedarf bei Strafe der Ausschließung aus der Hanse untersagt, die Rüstungen angeordnet und zur Deckung der Kriegskosten der zweite Pfundzoll ausgeschrieben, eine mäßige Abgabe von der Ausfuhr und Einfuhr zur See.

Mit regem Eifer waffneten sich die Bürgerschaften von Livland bis zu den Rheinlanden, um der genommenen Abrede gemäß Sonntag nach Ostern 1368 ihre Geschwader aus der Oster- und der Westersee zu vereinigen. Aus solche Einmütigkeit war Waldemar nicht gefasst: als Lübeck ihm die Fehdebriefe von 77 Städten übersandte und von allen Seiten die Nähe der Gefahr ihm kund ward, da begab sich am Gründonnerstage der jüngst noch so übermütige König auf die Flucht und ließ sein Reich im Stiche. Bald trafen die deutschen Flotten an den Küsten von Schonen und Seeland ein: Kopenhagen, Helsingör und eine große Zahl anderer Städte wurden erobert und alsbald auch Norwegen mit den Schrecken des Krieges heimgesucht, bis König Hakon um Waffenstillstand bat. Die Dänen, von ihrem Könige verlassen, gleichzeitig auch von den Verbündeten der Hansen, den Schweden und Holsteinern befehdet, widerstanden hartnäckig bis ins zweite Jahr, aber im November 1369 bequemten auch sie sich auf dem Hansetage zu Stralsund um Frieden zu bitten. Dieser ward am 24. Mai 1370 von dem Reichsverweser und den Großen Dänemarks mit den Sendboten der Städte abgeschlossen und im nächsten Jahre von König Waldemar selbst besiegelt und bestätigt.