Die ersten Kampfe der norddeutschen Städte gegen Dänemark und die nordischen Reiche
Wenn wir die Kriegsgeschichte des hansischen Bundes in den Ereignissen, die auf seine Entwickelung unmittelbaren Einfluss geübt haben, darstellen wollen, müssen wir alle jene unzähligen Einzelfehden ausschließen, welche die Bundesglieder für sich oder im Sonderbunde mit den nächsten Städten und Landesherren, gegen die räuberischen Wegelagerungen des kleineren Adels, seltener gegen nebenbuhlerische Schwesterstädte geführt haben. Diese nahmen nie einen so ausgedehnten und gefährlichen Charakter an, dass der ganze Bund oder nur eine der großen Gruppen als solche mit tatsächlicher Teilnahme wäre hineingezogen worden, blieben stets in der Nachbarschaft der einzelnen Städte und verließen nie, ausgenommen etwa in den großen Seeräuberkriegen, den Boden des deutschen Reiches. Gegen die Feinde im Innern des Reiches, gegen Reichsfürsten und Glieder, als ganzer Bund und politische Macht aufzutreten und mit gesamter Bundeskraft einen Bürgerkrieg auf des Reiches Boden zu führen, blieb der Hansa erspart, wenn auch kein Bundesglied mit Einzelfehden zur Notwehr und Befriedung der Landstraßen verschont wurde. Solche Fehden führte Lübeck teils allein, teils im Bund mit Hamburg und benachbarten Fürsten und Herren gegen die Ansprüche der Grafen von Holstein, gegen den sachsen-lauenburgischen, holsteinischen und mecklenburgischen Adel, der von seinen Raubburgen gerade die wichtigsten Handelsstraßen am unsichersten machte, Lüneburg, Braunschweig und Goslar gegen die Herzoge von Braunschweig, die mecklenburgischen Städte gegen die benachbarten Landesherren; aber alle diese und andere blieben ohne unmittelbaren Einfluss auf die Entwickelung des großen Bundes und gehören in die Geschichte der einzelnen Städte.
Von ganz anderer Bedeutung sind die Kriege, welche diese Städte teils im engeren, teils im gesammten Verein als Vertreter und Träger einer deutsches Handelspolitik im Norden Europas gegen die nordischen Reiche und insbesondere gegen Dänemark zu führen hatten. Dänemarks Einfluss erstreckte sich unter den beiden kriegerischen und begabten Königen Waldemar I. und II. die Elbe herauf weit in das deutsche Reich herein, und sein Hauptstreben war, längs der südlichen Ostseeküste im Gleichschritte und Widerkampfe mit der vordringenden deutschen Macht seine Eroberung nach Osten möglichst weit auszudehnen. Die hohenstaufischen Kaiser Friedrich I. und II., in Italien von politischen und kriegerischen Aufgaben festgehalten, übersahen die Gefahr, welche dem nördlichen Teile des Reiches vom wachsenden Dänemark damals schon drohte, achteten die mächtigen Dänenkönige als Freunde und Verbündete gegen die Großen des eigenen Reiches, insbesondere gegen Heinrich den Löwen, und erlaubten ihnen, nicht nur festen Fuß auf deutschem Reichsboden zu fassen, sondern gaben selbst an Dänemark das deutsche Land bis zur Elbe als Reichslehn. Mit Heinrich dem Löwen fiel die letzte Aussicht auf ein großes norddeutsches Herzogtum, und da durch Friedrichs II. italienische Kriege und die seinem Tode folgende unheilvolle Zwischenregierung, die kaiserlose, doch an Herren überreiche Zeit, des Reiches und Kaisers Ansehen auf immer hinter das der großen Landesherren zurücktreten musste, so ging die Pflicht, das deutsche Reich nach Norden zu verteidigen, seine Grenzen gegen die dänischen Ein- und Übergriffe zu bewahren, seinen staatlichen Einfluss auf die deutschen Meere und über dieselben auszudehnen, auf die norddeutschen Städte über, welche unterdessen bereits begonnen hatten, dem deutschen Handels- und Gewerbefleiß die nordischen Reiche zu erobern. Diese unabweisbare Aufgabe verwickelte in Kriege mit Dänemark, Schweden und Norwegen zuerst die, hervorragenden, endlich alle norddeutschen Städte und wurde die vornehmste Ursache für die Ausdehnung des Städtebundes zu einer nordeuropäischen See- und Großmacht. Dass das deutsche Reich vom 13. bis zum 16. Jahrhundert in diesem Teile Europas einen politisch vorwiegenden Einfluss ausüben und auf die entgegenliegenden Nachbarstaaten erstrecken konnte, das verdankte das Reich fast allein der unerschrockenen Kriegs- und Seetüchtigkeit, der staatsklugen und weitsichtigen Politik der Hansa.
Doch dürfen wir uns die Macht und die inneren Zustände der drei nordischen Reiche in jenen Zeiten nicht zu glänzend vorstellen. Selbst Dänemark, so kriegsgewaltig und glücklich es aufzutreten vermochte, lag zu anderen Zeiten wieder, und mitunter wenige Jahre nach glänzendem Aufschwunge, ermattet und zerrissen am Boden, so dass es kaum einem einigen Königreiche und europäischen Kulturstaate ähnlich sah. In allen drei Reichen war das Königtum noch durchaus unbefestigt. Nach jedem Sterbefalle eines Herrschers machte sich das Wahlrecht der landbesitzenden, geistlichen und weltlichen, Stände, das Interesse der im blutigsten Hasse entzweiten Parteien geltend und hob oft gerade den unbedeutendsten, weil ungefährlichsten, Königssprossen auf den Thron. Sobald der kräftige Herrscherwille, dem die Parteien sich beugen mussten, fehlte, entflammte in jedem Reich ihr Kampf, verwüstete und legte alle Kräfte nach außen völlig lahm. Die Kronprätendenten überboten sich in Zersplitterung der Reichsmacht und suchten durch Versprechungen, Vergabungen und Verpfändungen ihren Anhang in möglichster Weise zu vergrößern, der landbesitzende Adel beutete diese Verhältnisse überall und stets zu eigenem Vorteil aus, vergrößerte Machtfülle und Landbesitz auf Kosten des Reiches, erhob seinen politischen Einfluss durch artikelreiche Kapitulationen weit über den des Königtums, und so war zuletzt selbst ein kräftigerer König, wenn er endlich als einiger Herrscher den Platz behauptete, von allen Seiten behindert und gefesselt und kaum im Stande, ein äußerliches königliches Ansehen aufrecht zu erhalten. Dazu hatte man in keinem Reiche im Mittelalter, am wenigsten aber in den nordischen, eine geordnete Geldwirtschaft. Geldnot war die erbliche, unheilbare Krankheit des mittelalterlichen Fürstentums, und um dieselbe für den Augenblick zu erleichtern, versetzten und verkauften die Könige des Nordens, was versetzbar und verkaufbar war, Freiheiten und Rechte, grade und ungrade Einkünfte, Schlösser, Städte, Landgüter und ganze Provinzen, Kronen und Reichsinsignien. So mussten sie oft selbst bei glücklichsten Erfolgen und ausgedehnten Eroberungen ein Besitztum nach dem andern in die Hände von Günstlingen oder gegnerischen Parteigenossen übergehen sehen. Die Geldmittel fehlten stets, wenn sie am notwendigsten waren, wenn auswärtige Kriege begannen, und damit, da man stehende, aus einheimischer Bevölkerung ausgehobene, durch den Fahneneid dem König als Kriegsherrn verpflichtete Heere nicht kannte, die Mittel, um mit ausreichender Söldnermacht jede günstige Gelegenheit benutzen zu können. Diese Verhältnisse wussten die Städte, Lübeck voran, in ebenso geschickter und berechnender Weise auszubeuten, wie ihre kriegerischen Erfolge. Die Bürgermeister und Ratsherren die die politischen Angelegenheiten leiteten, hatten meistens in jenen Reichen längeren Aufenthalt gehabt, kannten die maßgebenden Persönlichkeiten, alle Verhältnisse und Bedürfnisse der Regierenden und Regierten und gebrauchten die Geldmittel ihrer Städte, um weniger glückliche Erfolge des Krieges damit auszugleichen, und die glücklicheren zu vervollständigen, um durch ununterbrochene Einwirkung auf die Parteien der Städte Einfluss auf das ganze Reich stets lebendig zu erhalten. Diese Staatskunst der Hansa dürfen wir bei der Erklärung ihres schnellen und weltgreifenden Wachstums nie außer Acht lassen.
Die kriegerischen Verwickelungen der hansischen Städte mit Dänemark waren die ersten und blieben auch für die Folgezeit die wichtigsten, während die Kriege mit Norwegen und Schweden erst hervortraten, als die Städte Handel und Handelspolitik schon weiter ausgedehnt hatten. Auch standen diese meistens im Zusammenhang mit den Verhältnissen der Städte zu Dänemark. Dieses Reich, das mit der offenen und günstigsten Seite seines Inselkörpers der Ostsee und der deutschen Ostseeküste zugewendet lag, machte sich zur vornehmsten Aufgabe, hierher seine erobernde Politik und Kraft zu richten und auf diesem Binnenmeere die erste und maßgebende Stellung anzustreben. In diesem Streben erkannte es alsbald die Bedeutung des Teiles der deutschen Ostseeküste, welcher, im Südwesten tief in das deutsche Reich einschneidend, durch Trave und Stecknitz mit der Elbe und dem Herzen des Reiches unmittelbar in Verbindung steht. Hier aber blühte Lübeck, bestimmt sich in ungemein raschem Aufschwunge zur Herrscherin der Travelandschaft, zur Trägerin der sich hier begegnenden Handelsströme, zum Haupte des großen norddeutschen Städtebundes emporzuarbeiten, hier musste die dänische Macht und Eroberungslust mit den deutschen Städten und deren Handelspolitik in die ersten und ernstesten Berührungen, in einen Kampf auf Leben und Tod geraten. Durch Waldemars II. Siegerschwert mit den holsteinischen Landschaften, den mecklenburgischen und pommerschen Küstengebieten in dänische Abhängigkeit gezwungen, war Lübeck, damals fast das jüngste der städtischen Gemeinwesen, sogleich bereit, die vom gefangenen Waldemar erpresste Befreiung gegen den befreiten Gegner mit Aufbietung aller Kräfte auf dem Schlachtfelde zu behaupten, und entsandte zu dem Heere der verbundenen deutschen Fürsten ihr städtisches Aufgebot, das unter der ruhmvollen Führung Alexanders von Soltwedel nicht wenig zu dem glücklichen Ausgange der Befreiungsschlacht bei Bornhövede im Jahre 1227 beitrug. Die Folge dieser Schlacht war die Zurückweisung des dänischen Einflusses jenseits der Eider, die Selbstständigkeit der holsteinischen, sachsen-lauenburgischen und mecklenburgischen Lande und für Lübeck die Reichsfreiheit.
Wenige Jahre darauf sollte Lübeck seine junge Selbstständigkeit abermals in einem noch ungleicheren Kampfe gegen denselben Feind, dem sich, aus Hass gegen die aufstrebende Stadt und vergessend der von ihr erhaltenen Hilfe, auch Graf Adolf IV. von Holstein, zugesellt hatte, behaupten. Der König sperrte die Trave durch feste Türme, versenkte Schiffe und Ketten in der Mündung und belagerte mit dem Grafen die Stadt zu Land und Wasser, mußte aber nach misslungenem Unternehmen mit Verlust abziehen. Diesen Kampf, im Jahre 1234, hat die Sage zu einem glänzenden, nach tagelanger Schlacht errungenen Seesieg umgebildet, der freilich nicht in seinen Einzelzügen, doch in dem Erfolge, in Lübecks bewahrter Selbstständigkeit und Reichsfreiheit gegen Dänemark und Holstein, feststeht.
Nach Waldemars Tode folgte in Dänemark wieder eine Zeit der größten innern Zerrüttung. Seine Söhne Erich, Abel und Christoph standen in blutigen Bruderkriegen gegen einander, und von seinen nächsten vier Nachfolgern starb keiner eines natürlichen Todes. Die deutschen Ostseeküsten und insbesondere Lübeck wurden, ohne gerade in gefährlicher Weise von diesen schwachen Königen bedroht zu sein, doch vielfach in die dänischen Verwickelungen hineingezogen und zur Teilnahme an den inneren Kriegen dieses Reichs gezwungen. Erich, von der verhassten Pflugsteuer, die er seinem Volke aufzwang, Pflugpfennig genannt, bekriegte seinen Bruder Abel, der Südjütland als Erbe erhalten und sich mit Christoph den holsteinischen Grafen angeschlossen hatte. Die Lübecker ergriffen der Letzteren Partei, da sie einsehen mussten, dass ein Sieg Erichs den kaum befreiten nordelbischen Gebieten neue Gefahr bereiten würde, hatten in Folge davon an ihren Schiffen und Kaufleuten manche Gewalttat zu erdulden, verwüsteten dafür die dänischen Küsten und nahmen 1248 im siegreichen Seezuge die Stadt Kopenhagen mit dem Schlosse, das sie bis auf den Grund zerstörten. In demselben Jahre eroberten und verbrannten sie auch die Stadt Stralsund, die damals noch dem dänischen König untertan war. Der König musste Frieden schließen und seinen Brüdern das Erbe bestätigen. Im folgenden Jahre ward Erich auf Anstiften Abels ermordet, und zwei Jahre später kam auch dieser, der mit Kraft und Verstand die Regierung in die Hände nahm, auf einem Kriegszuge gegen die Friesen gewaltsam ums Leben. Ihm folgte Christoph I., Waldemars des Siegers dritter Sohn, der sein Reich durch den dreifachen Kampf, den Krieg um das Herzogtum Schleswig, den Kampf gegen den Erzbischof von Lund und den Bauernkrieg, an den Rand des Abgrundes brachte. An dem ersten Kriege, der dem Erbe des Abelschen Mannsstammes galt, nahmen 1253 auch die Lübecker mit den Holsteinern Anteil, und da zu gleicher Zeit eine schwedisch-norwegische Flotte die dänischen Küsten bedrängte, musste auch Christoph seine Ansprüche auf den südlichen Teil der Halbinsel aufgeben. Bald darauf starb er, wahrscheinlich durch Gift. Sein Nachfolger, Erich Glipping, durch rücksichtslose Ausschweifungen und tückischen, unzuverlässigen Charakter dem Adel verhasst, endete ebenfalls gewaltsam im Jahre 1286, von siebenzig Dolchstichen seiner adeligen Widersacher durchbohrt. In den Kriegen dieses Königs gegen Erich II. von Norwegen standen Lübeck und die wendischen Städte schon zu engerem Bunde vereint auf der Seite des Dänen, um mit seiner Hilfe ihre in Norwegen bedrohten Handelsfreiheiten wiederzuerwerben. Unter Lübecks Führung bedrängte die vereinte Flotte Lübecks, Wismars, Rostocks, Stralsunds, das sich seit jener Eroberung ganz den Nachbarstadien und deren deutscher Politik angeschlossen hatte, Greifswalds, Rigas und des deutschen Wisbys die norwegischen Küsten, schnitt dieselben von jedem Handel und Zufuhr an Getreide und Brot, Bier und Wein gänzlich ab und zwang dadurch das norwegische Reich zu dem Frieden von Calmar im Jahre 1285. Erich II. musste alle in Bergen mit Beschlag belegten deutschen Handelsschiffe zurückgeben, eine Entschädigungssumme von 6.000 Mark zu zahlen versprechen und den vereinten Städten wie auch den mit ihnen befreundeten niederländischen Kampen, Stavern und Groningen alle vorenthaltenen Handelsfreiheiten erneuern. Auch Hamburg, Bremen, Stettin, Demmin, Elbing und Reval wurden in den Frieden eingeschlossen. So erscheinen jetzt schon die bedeutendsten der norddeutschen Städte zu demselben Kriege vereinigt, — nur Bremen stand auf gegnerischer Seite — durch dieselbe Handelspolitik gegen die nordischen Reiche tatsächlich, wenn auch noch nicht in Bundesform, verbunden. Erich II. erkannte sogar drei von diesen Städten als Schiedsrichter zwischen sich und dem dänischen König an. Doch war trotz des Erfolges diese handelspolitische Einigung noch keine nachhaltige. Die Feindseligkeiten mit Norwegen brachen von Neuem aus und die beiden bedeutendsten Nordseestädte. Bremen und Hamburg, suchten wieder durch eine gegnerische Politik abgesonderte Vorteile vom nordischen König. Dennoch erreichten die vereinigten Städte am 29. Juni 1294 vom König Erich die Bestätigung des calmarischen Friedens und neue Freiheiten, während auch Hamburg im Jahre 1296 in Folge seiner neutralen Stellung besondere Rechte erwarb.
So lange die dänischen Könige, der Politik der Waldemare getreu, die Ausbreitung ihres Reiches längs der deutsch gewordenen Ostseeküste erstrebten, war die Nordseeküste einer unmittelbaren Gefahr weniger ausgesetzt, und es bedurfte erst eines entschiedenen Angriffs auf die immer mehr ineinander gehenden Handelsinteressen dieser Städte, um sie zu einem Gesamtunternehmen und Gesamtbunde zu vereinigen. Die dänischen Herrscher von Waldemars II. Tode bis zu Waldemar IV. hatten zu solchem Wagnis weder Macht noch Fähigkeit und waren zufrieden, sich in ihrem Reiche behaupten und die stets von Neuem zerstreuten Besitzungen zusammenhalten zu können. Längs der Südküste der Ostsee blieb der dänische Einfluss trotz aller inneren Zerrüttungen immer bedeutend. Ein Teil von Vorpommern und die Insel Rügen gehörten ganz zum dänischen Reiche und in Liv- und Estland waren große Landstriche dänisches Eigentum. Die Deutschen an der Ostseeküste waren ohne Einigung, im Osten standen der livländische und der deutsche Orden gleichfalls vereinzelt, an den übrigen deutschen Küsten waren Fürsten und Städte ohne gemeinsames Band und oft in feindlicher Gegenüberstellung. Die wendischen Städte allein vermochten nicht, im Einzelkampfe ihre gesamte Existenz dem dänischen Reiche entgegenzustellen, zumal sie in ihrem wichtigsten Handelszweige, der Heringsfischerei auf der Halbinsel Schonen, ganz vom dänischen Könige abhingen. Es blieb ihnen, da Erich Menved in vorsichtiger, langsam vorgehender Weise die Politik der Waldemare wieder aufnahm, nichts übrig, als nachzugeben und zuzuwarten, umso mehr, da sie auch mit dem eigenen Landesherrn in gefährliche Verwickelungen geraten waren. So vermochte dieser König die mecklenburgischen Lande von Neuem unter dänische Lehnsoberherrlichkeit zu bringen, den Widerstand Rostocks durch eine Burg in der Warnow zu brechen, über Stettin und Pommern seine Oberhoheit zu erstrecken und Lübeck, das er gegen holsteinische Übergriffe schützte, im Jahre 1307 zur Anerkennung einer königlich dänischen Schirmvogtei und zu einem jährlichen Schutzgelde von 750 Mark lübisch zu zwingen. „Sollte der König,“ heißt es im Vertrage, „vom deutschen Reiche die gänzliche Abtretung der Herrschaft über die Stadt Lübeck erlangen, so will diese auch dagegen nichts einwenden.“ Nach Ablauf der ersten zehn Jahre wurde der Vertrag auf weitere vier Jahre erneuert. Rostock, Stralsund, Wismar fühlten noch schwerer die Macht des dänischen Königs. Als Erich zur Ordnung seiner mecklenburgischen und pommerschen Angelegenheiten den Fürsten und Herren einen Tag nach Rostock bestimmt hatte, verschloss diese Stadt, aus Furcht vor der großen Menge der Fürsten und ihres kriegerischen Gefolges, die Tore. Einen ähnlichen Schimpf hatte Heinrich von Mecklenburg vor Wismar erfahren, als er, um in ihren Mauern Hochzeit zu halten, Einlass begehrte, und der pommersche Herzog Wizlav vor Stralsund. Die Erbitterung darüber hatte einen allgemeinen Bund dieser und der ihnen verpflichteten Fürsten und Herren zur Folge, mit keiner andern Absicht, als die drei verbundenen Städte auf immer der fürstlichen Macht zu unterwerfen. Die Städte, denen noch Greifswald beitrat, begannen selbst den Krieg, zerstörten das königliche Schloss an der Warnow und verwüsteten die dänischen Küsten und Inseln, soweit sie dringen konnten. Da legte sich Erich im Jahre 1312 mit stärkerer Macht vor Rostock, baute die Burg neu und fester, belagerte die Stadt mit Hilfe Heinrichs von Mecklenburg von allen Seiten und zwang sie im folgenden Jahre, sich dem Herzog zu unterwerfen und 14.000 Mark Silber zu zahlen. Auch Wismar musste sich dem Herzog unter schweren Bedingungen ergeben. Als Sieger zog nun im Jahre 1316 Erich Menved mit einem glänzenden Heere von 7.000 Mann und 80 großen und vielen kleinen Schiffen, einem Heere, wie es jene Zeiten und jene Gegenden noch nicht gesehen hatten, von den Fürsten von Schleswig-Holstein, Sachsen-Lauenburg und Mecklenburg unterstützt, vor Stralsund. Doch hatte sich diese Stadt mit dem Adel des rügischen Landes, mit dem Herzog Wartislav von Pommern und dem Markgrafen Waldemar von Brandenburg so vorsichtig und eng verbunden, dass die Belagerung bald aufgehoben wurde, Stralsund mit neubefestigten Freiheiten in das alte Verhältnis zu Herzog Wizlav von Pommern zurücktrat und nur auf drei Jahre den besonderen Schutz des dänischen Königs anerkannte.
So hatte Erich Menved, keineswegs ein bedeutender oder besonders glücklicher König, sondern unstät im Handeln wie in seinen Plänen, dennoch den dänischen Einfluss an den deutschen Küsten in Folge der Zwietracht zwischen den deutschen Fürsten und Städten in gefahrvollster Weise erneuert. Es wäre in der nächsten Zeit ein schwerer Krieg oder gänzliche Unterwerfung dieser Länder unter die dänische Oberhoheit unausbleiblich gewesen, wenn sich nicht nach dieses früh gealterten Königs Tode, im Jahre 1319, sogleich wieder die Parteiungen der Fürsten und des Adels mit vermehrter Heftigkeit erhoben hätten. Unter den Königen Christoph II. und Waldemar III. brachten sie das dänische Königtum aufs Neue zu gänzlicher Machtlosigkeit herunter, zerrütteten das Reich durch innere Fehden und Kriege gegen die nordischen Mächte und ruhten nicht, bis aus diesen Zuständen der deutsche Einfluss siegreich hervorgegangen war und dessen Träger, der holsteinische Graf Gerhard der Große, der größte Feldherr und Staatsmann seiner Zeit, Dänemark tatsächlich, wenn auch nicht mit königlichem Namen beherrschte. In Folge dieser Verhältnisse blieben die deutschen Städte in den nächsten Jahrzehnten unbelästigt von dänischer Eroberungslust und konnten ihre Bundes- und Handelsverhältnisse ruhig festhalten und fortbilden, wenn sie auch einzeln oder in größerer Anzahl an den Parteiungen und Fehden Dänemarks in mancher Weise teilzunehmen gezwungen wurden. Die größere Gefahr drohte ihnen jetzt von den durch Magnus Smäk seit dem Jahre 1319 vereinigten Reichen Norwegen und Schweden. Sogleich nach der Thronbesteigung versuchte dieser König den deutschen Handel in seinen Reichen und auf der neuerworbenen Halbinsel Schonen durch Verbote und Behinderungen aller Art zu erdrücken. Trotz aller Gesandtschaften und Vorstellungen der wendischen Städte verweigerte Magnus aufs Entschiedenste jede Bestätigung der deutschen Handelsfreiheiten. Aber auch hier kam die Zwietracht im feindlichen Reiche den Städten zu Hilfe. Der Gegensatz zwischen den Bewohnern Norwegens und Schwedens brach bald in blutige Kriege aus und entzweite auch den König mit seinen Söhnen, die er als Mitregenten angenommen hatte, aufs Heftigste. Dazu kamen unglückliche Kriege gegen Russland und Dänemark, der schwarze Tod wütete mörderisch auch in Schweden und Norwegen, und die Aussicht auf eine wirkungsvolle Einigung der skandinavischen Reiche ging auf lange zu Grunde. Die Städte benutzten diese Verhältnisse sogleich und erreichten im Jahre 1343 durch Unterstützung des bedrängten Königs die Bestätigung ihrer Freiheiten, bis die heimliche Abtretung Schwedens an Dänemark neue Verwickelungen hervorrief.
Unterdessen hatten sich aber in Dänemark die Verhältnisse in einer Weise umgestaltet, welche den deutschen Städten eine ebenso große Gefahr wie Anregung zur Vollendung ihres Bundes bringen sollte. Nach den Zeiten der schlimmsten Zerrüttung hatte Waldemar IV. Attertag (Wieder ein Tag!), so genannt, weil er nie einen Plan aufgab und, was heute misslungen war, morgen bei besserer Gelegenheit von Neuem versuchte, den Thron bestiegen. Seine Jugendzeit hatte er unter den Parteikämpfen, die das Reich seiner Väter auf das Blutigste zerrissen, verlebt, die einzelnen Parteien und ihre Absichten und Mittel aus unmittelbarer Nähe kennen und danach seine Stellung zwischen ihnen bemessen gelernt. Frühzeitig war in ihm die überlegende, umschauende Klugheit, die zähe, stets zuwartende, nie loslassende Willenskraft zur Reife gekommen, welche ihm während seiner langen Regierung hauptsächlich die glücklichen Erfolge gewinnen sollte. Freilich besaß er dabei auch jene angeborenen Eigenschaften des dänischen Hauses Estrithsons, die den meisten frühen und gewaltsamen Untergang bereitet hatten, einen hochfahrenden, leidenschaftlichen, zu Gewalttätigkeit stets geneigten, vor Verbrechen nie zurückschreckenden Sinn und jene kalt berechnende Rücksichtslosigkeit, welche nie prüft, ob das Mittel gerecht und gut ist, sondern nur, ob es zum Ziele führt. Diese letzteren Eigenschaften brachen in der späteren Zeit seiner Regierung in gewaltsamen Taten hervor und sollten alle von ihm gewonnenen außerordentlichen Erfolge zum Schluss seines Lebens wieder in Nichts auflösen. Seine nächste Absicht nach der Thronbesteigung (1340) ging dahin, das durch Verpfändungen, Verleihungen und gewaltsame Entreißungen zersplitterte Reich wieder zu vereinigen, alle entfernteren und nur mit kostspieligem Kraftaufwand haltbaren Besitzungen wegzugeben und dann dem neu verdichteten und gestärkten Reiche um so ausgiebiger das alte Ansehen auf der Ostsee herzustellen. Dabei kam ihm zu Hilfe, dass sein größter und gefährlichster Gegner, Gerhard der Große, in dem Jahre der Thronbesteigung von seinen persönlichen Feinden, als er hilflos krank danieder lag, erschlagen und dadurch dem Übergewicht Holsteins die Spitze gebrochen wurde. Mit welchen Mitteln und Wechselfällen Waldemar oft zurückgewiesen, doch stets zu dem misslungenen Plane zurückkehrend, seine Absichten verfolgte, wie er durch Einlösung der verpfändeten Schlösser und Güter, durch Tausch, Kauf und Verkauf, worunter der Verkauf von Estland im Jahre 1347 an den deutschen Orden um 19.000 Mark Silbers der bedeutendste war, durch Kriege und Fehden bald glücklich, bald unglücklich, doch nie besiegt oder abgeschreckt, unter Verwickelungen nach allen Seiten endlich doch wieder als der mächtigste Fürst in diesem Teile Europas dastand, gehört in die Geschichte Dänemarks. Für die Hansa wurden Waldemars Pläne erst verhängnisvoll, als er die pommerschen und mecklenburgischen Lande mit ihren Fürsten, Herren und Städten zur Anerkennung der dänischen Lehnsoberherrlichkeit gezwungen, den holsteinischen Einfluss trotz des heldenmütigen Widerstrebens der kriegstüchtigen Söhne Gerhards, Heinrichs des Eisernen und Klaus des Einäugigen, über die Eider zurückgewiesen hatte und nun, nachdem er das Reich der alten Waldemar aus der Zerrüttung und Zersplitterung neu aufgerichtet hatte, seine Absichten und Kräfte gegen den Bund der deutschen Seestädte wandte.
Die Bedeutung Gothlands und der Stadt Wisby für den Handel und die Handelspolitik dieser Städte kennen wir. Alle Fäden des weitverzweigten deutschen Ostseehandels liefen hier in einen großen Knoten zusammen. Die Hälfte der Stadt bestand aus der deutschen Gemeinde, die mit den norddeutschen Städten in enger Hansa verbunden war und deren Glieder mit den Handelshäusern dieser in viel verschlungenen Handels- und Verwandtschafsverbindungen standen. Hier hatten Alle Warenniederlagen und Handelsdiener teils um den hier stattfindenden Tauschhandel selbst betreiben, teils um von hier aus den vielen Gefahren ausgesetzten Verkehr nach Nowgorod und Russland führen zu können. Nirgends außerhalb Deutschlands war damals ein so weit greifender, so eng mit dem Handelsstande des Reiches verbundener Mittelpunkt, nirgends war dieser Handelsstand des Ostsee- und Nordseegebietes so tief und empfindlich, so gleichmäßig zu verletzen, als durch einen Angriff auf diese Stadt und Insel. Dennoch und vielleicht eben deswegen richtete Waldemar seine rücksichtslose, rasch zufahrende Eroberungslust gerade hierher. „Ich will Euch in ein Land führen,“ sprach er zu seinen Söldnern,“ wo Goldes und Silbers die Fülle ist und selbst die Schweine aus silbernen Trögen fressen.“
Im Juli 1361 setzte er mit seinem Heere nach Gothland über, schlug in drei Tagen drei siegreiche Schlachten, deren letzte vor den Mauern Wisbys 1.800 zur Hälfte deutschen Bürgern das Leben kostete, und hielt dann durch die niedergerissenen Mauern mit seinem 11 Glieder breit aufmarschierenden Heere den Einzug. Eine vollständige Plünderung folgte und der König nahm für sich eine unermessliche Beute von Gold, Silber, edlem Pelzwerk und anderen Waren. Plünderung und Zerstörung waren so gründlich, dass sich die Stadt nie wieder erholte und seitdem, da bald eine Feuersbrunst das noch Übrige einäscherte, unter die Handelsstädte niederen Ranges auf immer zurücktrat.
Auf die schnell verbreitete Nachricht von solcher Gewalttat belegten die Städte sogleich in der Ostsee alle dänischen Waren und Güter mit Beschlag und beschlossen auf einem Tage zu Greifswald, dass Niemand weiter auf dänischen Gebieten Handel treiben dürfe, bei Verlust seines Lebens und Gutes. Dann schlossen sie mit den Königen Magnus von Schweden und Hakon von Norwegen, die selbst nach Greifswald kamen, ein Bündnis und verpflichteten diese, 2.000 Ritter und Knechte mit den nötigen Schiffen zum gemeinsamen Kriege gegen Dänemark zu stellen und die Halbinsel Schonen nach der Eroberung nie wieder ohne Rat und Einwilligung der Städte zu verpfänden. Lübeck versprach sechs Koggen und sechs Sniggen mit 600 Bewaffneten, Hamburg, das dem Zweck und Grund dieses Krieges ferner stand, 2 Koggen mit 200 Bewaffneten, Wismar und Rostock zusammen soviel wie Lübeck, ebensoviel Stralsund und Greifswald, dasselbe Kolberg, Stettin und Anklam. Bremen stellte eine Kogge mit 100, Kiel ein Schiff mit 30 Bewaffneten. Alle wollten für einen Mann stehen und keinen Frieden schließen, es sei denn die ganze Sache zu glücklichem Ende vollbracht. Nach der Volkssage wurde ihr Absagebrief von 77 Städten unterschrieben, worauf aber König Waldemar die spottende Antwort erteilte:
Seven und seventig hensen
heft seven und serentig gensen,
wo mi te gensen nich enbieten,
na der hense frage ick nich en schiten.
Im Mai des nächsten Jahres 1362 zog die vereinigte städtische Flotte in einer Anzahl und Fülle, von einem Mut und einem Streben beseelt, wie bis dahin noch keine deutsche Flotte gesehen war, unter der Oberanführung des holsteinischen Grafen Heinrichs des Eisernen, die Lübecker unter der Führung ihres Bürgermeisters Wittenberg, gegen Seeland. Kopenhagen wurde genommen und geplündert, das Schloss zerstört. Da aber innere Unruhen und Geldnot den Königen die Erfüllung ihres Versprechens unmöglich machten, wartete man vergeblich an der holsteinischen Küste auf die zugesagten 2.000 Schweden und Norweger. Ungeduldig verließ das Heer die Flotte und belagerte das Schloss Helsingborg. Sogleich erschien der schlaue Waldemar mit seinen Schiffen und führte eine große Anzahl der unbewachten hansischen hinweg. Das abgeschnittene Heer musste um freien Abzug mit dem König kapitulieren und auf den übriggebliebenen Schiffen schmachvoll nach Hause zurückkehren. Johann Wittenbergs Haupt fiel als Opfer für die unglückliche Schlacht auf dem Markte zu Lübeck dem Zorn seiner Mitbürger, und viele hansische Bürger saßen schwergefangen auf dem Turm von Wordingborg, auf dessen Dachspitze der König, um seinen Spott zu vollenden, eine Gans hatte aufrichten lassen. Die ungeheuren Kriegskosten — Lübeck, Stralsund, Rostock, Wismar schlugen ihren Verlust allein auf 250.000 Mark Pfennige an — waren verloren, die mächtigste Flotte größtenteils vernichtet, von einer Entschädigung für den gothländischen Verlust war keine Rede und für die nächste Zeit Lust zu einem einigen großartigen Unternehmen der Städte vollständig versiegt. Unter Erneuerung der vor dem Kriege bestandenen Handelsfreiheiten schlossen sie bereitwillig einen Waffenstillstand und erweiterten ihn im Jahre 1364 zu einem allgemeinen Frieden, mit Verzichtleistung auf jeden Ersatz für den gothländischen Raub. Waldemar war aus diesem ersten einigen Kampf der Hansa als entschiedener Sieger hervorgegangen.
Aber sein unruhiger, sich nie begnügender Sinn ließ ihn auch jetzt nicht, trotz vielfacher anderweitiger Verwickelungen, gegen die Städte Ruhe halten. Bald hatte er die meisten der Friedensbedingungen verletzt. In kluger Berechnung verheiratete er seine Tochter Margarethe mit Hakon von Norwegen und begann nun von Neuem auf Schonen Erpressungen gegen die deutschen Kaufleute anzustellen. Die Beschwerden der Städte beantwortete er hochfahrend und höhnisch, und alle Verhandlungen führten um so weniger zu einem Ziel, da jetzt auch der König von Norwegen, der Graf Adolf von Holstein und der Herzog Erich von Sachsen-Lauenburg zu ihm standen. Die Städte, zum Äußersten gebracht, hielten vom 11. bis 19. November 1367 die Tagfahrt zu Köln, die wichtigste für diesen ersten Zeitraum ihrer Geschichte. Sämtliche Städte der deutschen Ostsee- und Nordseeküste beschlossen hier einmütigen Krieg gegen die beiden Könige und ihre Verbündeten. Die wendischen mit den livländischen und den dazu gehörigen Städten hatten 10 große Koggen, jede zu 100 Mann, mit Schnigge und Schuyte stellen, die 6 preußischen 5 Koggen, die Süderseestädte Dortrecht, Amsterdam, Staveren, Harderwick und die anderen je eine Kogge mit 100 Mann, unter ihnen 20 Armbrustschützen, Kampen zwei Rheinschiffe und 150 Mann, die Städte von Seeland 2 Koggen zu stellen. „Nach Ostern des nächsten Jahres soll sich die Flotte im Oresund vereinigen und bis dahin kein Kauffahrer durch den Sund segeln; wer in den Dienst des Königs tritt oder der Feinde Land mit Handel und Zufuhr besucht, ist friedlos ewig in allen Städten.“ Die Kriegskosten sollten durch eine allgemeine Abgabe von Gut und Schiff nach dem Pfunde des Wertes, dem sogenannten Pfundgelde, aufgebracht werden.
Mittlerweile hatten sich auch die Verhältnisse in Dänemark und Schweden zum Nachteil Waldemars geändert. Volk und Reichsrat erhoben sich gegen den schwedischen König Magnus, sprachen seine Entsetzung aus und wählten, mit Hilfe der wendischen Städte, den jungen Herzog Albert von Mecklenburg, des Magnus Schwestersohn, auf den Thron. Dadurch wurde die Verbindung Schwedens mit Dänemark gelöst und jenes Reich mit den Städten gegen Waldemar verbunden. Auch in Dänemark hatten sich die Parteien gegen Waldemars Willkürherrschaft empört. Der jütische Adel hatte sich dem Herzoge Heinrich von Schleswig angeschlossen und war mit den holsteinischen Grafen Heinrich und Claus mehr als je einem Bündnis mit den Städten zugeneigt. Die Lage der Parteien war also für einen neuen Krieg den Städten äußerst günstig. Albert von Schweden und mit ihm die Herzoge von Mecklenburg, die Grafen Heinrich und Claus von Holstein, der Herzog Heinrich von Schleswig und der vereinigte jütische Adel standen mit ihnen gegen Waldemar, der sich allein auf die Hilfe Hakons von Norwegen, Erichs von Sachsen-Lauenburg und des Grafen Adolf von Holstein beschränkt sah. Im Februar 1368 einigten sich jene Fürsten mit den Städten zu einem festen Bunde, berieten und beschlossen auf verschiedenen Tagfahrten das Notwendige, knüpften auch Hamburg, das aus Furcht vor einem dänischen Angriff in der Elbe dem Kölner Bunde sich gern entzogen hätte, wieder fester an denselben und bereiteten Alles zu einem gewaltigen und einmütigen Kriege vor. König Waldemar erkannte bald die Unmöglichkeit eines Widerstandes gegen solche Verbindung und entzog sich dem gewaltig aufziehenden Gewitter durch die Flucht, um dann hinter sich den Sturm, wie er könnte und möchte, austoben zu lassen. Nachdem er seinen Marschall Henning Podebusk (Pudbus) zum Reichsvorsteher bestellt und ihm und dem Reichsrat die nötigen Vollmachten zur Unterhandlung mit den Städten ausgefertigt hatte, nahm er von seinen Schätzen, soviel er fortzuführen vermochte, und suchte in Brandenburg bei den befreundeten Markgrafen eine Zufluchtsstätte. Dänemark war auf Gnade und Ungnade dem Zorn des deutschen Städtebundes hingegeben und schon vor Beginn des Krieges der vollständigste Sieg gewonnen. Im Mai erreichten das Heer und die Flotte Seeland, plünderten Kopenhagen, nahmen das Schloss, Helsingör, Nyköping, Skanör, Falsterbode, verheerten und verwüsteten überall, ohne Widerstand zu finden. König Albert besetzte dann Schonen und bestätigte hier den Städten sämtliche Handelsfreiheiten, indessen sich die Grafen von Holstein mit Hilfe des jütischen Adels Jütlands bemächtigen und nach der Weise Gerhards des Großen dieses Land als Eigentum behandelten. Der Winter verging mit Belagerung der königlichen Schlösser, insbesondere Helsingborgs, und für den nächsten Sommer wurde ein neuer ernstlicher Kriegszug vorbereitet. König Albert sollte tausend Ritter und Knechte stellen, ohne die Städte innerhalb zwei Jahren keinen Frieden schließen und ihnen die eroberten Schlösser im Lande zur Hälfte überlassen, bis sie vollen Ersatz aller Kriegskosten erhalten hätten. Auf Schonen wurden ihnen durch königliche Urkunde, ebenso auf Gothland alle Freiheiten und Gerechtigkeiten bestätigt, welche der gemeine Kaufmann vor der dänischen Eroberung gehabt hatte. „Wollte Gott, dass wir Kopenhagen gewönnen,“ hieß es im Bund, „so wollen wir das Schloss daselbst gänzlich brechen und zerstören.“
Dem gebrochenen und verlassenen Dänenreiche blieb nichts übrig, als um jeden Preis schleunigst Frieden zu schließen, denn der jetzt im deutschen Reich umschweifende König konnte auch nicht die geringste tatsächliche Hilfe gewinnen. Bevor sich die städtische Flotte im Oresund wieder versammelte, eröffnete Henning Podebusk und der Reichsrat die Unterhandlungen, denen am 30. November 1370 die schlussgültige, zu Stralsund aufgestellte Friedensakte zwischen dem dänischen Reichsrat und den verbundenen deutschen Städten folgte.
Sie bestimmte, dass die Städte zum Ersatz für die mancherlei Schäden und Kriegskosten fünfzehn Jahre lang zwei Drittel aller Einnahmen und Nutzungen aus den schonischen Schlössern und Vogteien Helsingborg, Ellenbogen (Malmöe), Skanör und Falsterbode beziehen und diese Schlösser ebensolange mit ihrem gesammten Gebiete, die Kirchenlehen ausgenommen, in Händen haben sollten. „Dieser Friede soll vom König Waldemar, falls er bei seinem Reiche bleiben und keinem andern Herrn das Reich gestatten will, und von den Herren und Knechten, welche die Städte dazu ausersehen, besiegelt werden. Will König Waldemar sein Reich Dänemark bei seinem Leben einem andern Herrn übergeben, dem soll und will der Reichsrat das nur gestatten mit dem Rate der Städte und nachdem er deren Freiheiten bestätigt hat. Ebenso soll man es halten, wenn der König stirbt. Auch soll der Reichsrat keinen Herrn empfangen, es sei mit dem Rat der Städte und nach Besiegelung ihrer Freiheiten.“ — So hatte der Städtebund durch diesen ruhmvollen Krieg, der ihn als die erste maßgebende Macht des Nordens hinstellte, Alles, was er bezweckte, Genugtuung und Entschädigung für den Raub auf Gothland, Bestätigung der Freiheiten auf Schonen mit einem fast ungeschmälerten Besitz dieses Landes auf fünfzehn Jahre und das unbedingte Übergewicht in den inneren Angelegenheiten des dänischen Reiches. König Waldemar, der vom Kaiser Karl IV. nichts erreichen konnte, als ohnmächtige Befehle gegen den Städtebund, der doch nur zum Vorteile des deutschen Reiches Dänemarks gefährlichen Einfluss und Eroberungslust gebrochen hatte, musste sich diesen Friedensbedingungen unterwerfen, und auch König Hakon von Norwegen, der nach Magnus Tode gegen Albrecht Ansprüche auf Schweden erhob, bequemte sich zu einem Waffenstillstande auf vier Jahre.
Von ganz anderer Bedeutung sind die Kriege, welche diese Städte teils im engeren, teils im gesammten Verein als Vertreter und Träger einer deutsches Handelspolitik im Norden Europas gegen die nordischen Reiche und insbesondere gegen Dänemark zu führen hatten. Dänemarks Einfluss erstreckte sich unter den beiden kriegerischen und begabten Königen Waldemar I. und II. die Elbe herauf weit in das deutsche Reich herein, und sein Hauptstreben war, längs der südlichen Ostseeküste im Gleichschritte und Widerkampfe mit der vordringenden deutschen Macht seine Eroberung nach Osten möglichst weit auszudehnen. Die hohenstaufischen Kaiser Friedrich I. und II., in Italien von politischen und kriegerischen Aufgaben festgehalten, übersahen die Gefahr, welche dem nördlichen Teile des Reiches vom wachsenden Dänemark damals schon drohte, achteten die mächtigen Dänenkönige als Freunde und Verbündete gegen die Großen des eigenen Reiches, insbesondere gegen Heinrich den Löwen, und erlaubten ihnen, nicht nur festen Fuß auf deutschem Reichsboden zu fassen, sondern gaben selbst an Dänemark das deutsche Land bis zur Elbe als Reichslehn. Mit Heinrich dem Löwen fiel die letzte Aussicht auf ein großes norddeutsches Herzogtum, und da durch Friedrichs II. italienische Kriege und die seinem Tode folgende unheilvolle Zwischenregierung, die kaiserlose, doch an Herren überreiche Zeit, des Reiches und Kaisers Ansehen auf immer hinter das der großen Landesherren zurücktreten musste, so ging die Pflicht, das deutsche Reich nach Norden zu verteidigen, seine Grenzen gegen die dänischen Ein- und Übergriffe zu bewahren, seinen staatlichen Einfluss auf die deutschen Meere und über dieselben auszudehnen, auf die norddeutschen Städte über, welche unterdessen bereits begonnen hatten, dem deutschen Handels- und Gewerbefleiß die nordischen Reiche zu erobern. Diese unabweisbare Aufgabe verwickelte in Kriege mit Dänemark, Schweden und Norwegen zuerst die, hervorragenden, endlich alle norddeutschen Städte und wurde die vornehmste Ursache für die Ausdehnung des Städtebundes zu einer nordeuropäischen See- und Großmacht. Dass das deutsche Reich vom 13. bis zum 16. Jahrhundert in diesem Teile Europas einen politisch vorwiegenden Einfluss ausüben und auf die entgegenliegenden Nachbarstaaten erstrecken konnte, das verdankte das Reich fast allein der unerschrockenen Kriegs- und Seetüchtigkeit, der staatsklugen und weitsichtigen Politik der Hansa.
Doch dürfen wir uns die Macht und die inneren Zustände der drei nordischen Reiche in jenen Zeiten nicht zu glänzend vorstellen. Selbst Dänemark, so kriegsgewaltig und glücklich es aufzutreten vermochte, lag zu anderen Zeiten wieder, und mitunter wenige Jahre nach glänzendem Aufschwunge, ermattet und zerrissen am Boden, so dass es kaum einem einigen Königreiche und europäischen Kulturstaate ähnlich sah. In allen drei Reichen war das Königtum noch durchaus unbefestigt. Nach jedem Sterbefalle eines Herrschers machte sich das Wahlrecht der landbesitzenden, geistlichen und weltlichen, Stände, das Interesse der im blutigsten Hasse entzweiten Parteien geltend und hob oft gerade den unbedeutendsten, weil ungefährlichsten, Königssprossen auf den Thron. Sobald der kräftige Herrscherwille, dem die Parteien sich beugen mussten, fehlte, entflammte in jedem Reich ihr Kampf, verwüstete und legte alle Kräfte nach außen völlig lahm. Die Kronprätendenten überboten sich in Zersplitterung der Reichsmacht und suchten durch Versprechungen, Vergabungen und Verpfändungen ihren Anhang in möglichster Weise zu vergrößern, der landbesitzende Adel beutete diese Verhältnisse überall und stets zu eigenem Vorteil aus, vergrößerte Machtfülle und Landbesitz auf Kosten des Reiches, erhob seinen politischen Einfluss durch artikelreiche Kapitulationen weit über den des Königtums, und so war zuletzt selbst ein kräftigerer König, wenn er endlich als einiger Herrscher den Platz behauptete, von allen Seiten behindert und gefesselt und kaum im Stande, ein äußerliches königliches Ansehen aufrecht zu erhalten. Dazu hatte man in keinem Reiche im Mittelalter, am wenigsten aber in den nordischen, eine geordnete Geldwirtschaft. Geldnot war die erbliche, unheilbare Krankheit des mittelalterlichen Fürstentums, und um dieselbe für den Augenblick zu erleichtern, versetzten und verkauften die Könige des Nordens, was versetzbar und verkaufbar war, Freiheiten und Rechte, grade und ungrade Einkünfte, Schlösser, Städte, Landgüter und ganze Provinzen, Kronen und Reichsinsignien. So mussten sie oft selbst bei glücklichsten Erfolgen und ausgedehnten Eroberungen ein Besitztum nach dem andern in die Hände von Günstlingen oder gegnerischen Parteigenossen übergehen sehen. Die Geldmittel fehlten stets, wenn sie am notwendigsten waren, wenn auswärtige Kriege begannen, und damit, da man stehende, aus einheimischer Bevölkerung ausgehobene, durch den Fahneneid dem König als Kriegsherrn verpflichtete Heere nicht kannte, die Mittel, um mit ausreichender Söldnermacht jede günstige Gelegenheit benutzen zu können. Diese Verhältnisse wussten die Städte, Lübeck voran, in ebenso geschickter und berechnender Weise auszubeuten, wie ihre kriegerischen Erfolge. Die Bürgermeister und Ratsherren die die politischen Angelegenheiten leiteten, hatten meistens in jenen Reichen längeren Aufenthalt gehabt, kannten die maßgebenden Persönlichkeiten, alle Verhältnisse und Bedürfnisse der Regierenden und Regierten und gebrauchten die Geldmittel ihrer Städte, um weniger glückliche Erfolge des Krieges damit auszugleichen, und die glücklicheren zu vervollständigen, um durch ununterbrochene Einwirkung auf die Parteien der Städte Einfluss auf das ganze Reich stets lebendig zu erhalten. Diese Staatskunst der Hansa dürfen wir bei der Erklärung ihres schnellen und weltgreifenden Wachstums nie außer Acht lassen.
Die kriegerischen Verwickelungen der hansischen Städte mit Dänemark waren die ersten und blieben auch für die Folgezeit die wichtigsten, während die Kriege mit Norwegen und Schweden erst hervortraten, als die Städte Handel und Handelspolitik schon weiter ausgedehnt hatten. Auch standen diese meistens im Zusammenhang mit den Verhältnissen der Städte zu Dänemark. Dieses Reich, das mit der offenen und günstigsten Seite seines Inselkörpers der Ostsee und der deutschen Ostseeküste zugewendet lag, machte sich zur vornehmsten Aufgabe, hierher seine erobernde Politik und Kraft zu richten und auf diesem Binnenmeere die erste und maßgebende Stellung anzustreben. In diesem Streben erkannte es alsbald die Bedeutung des Teiles der deutschen Ostseeküste, welcher, im Südwesten tief in das deutsche Reich einschneidend, durch Trave und Stecknitz mit der Elbe und dem Herzen des Reiches unmittelbar in Verbindung steht. Hier aber blühte Lübeck, bestimmt sich in ungemein raschem Aufschwunge zur Herrscherin der Travelandschaft, zur Trägerin der sich hier begegnenden Handelsströme, zum Haupte des großen norddeutschen Städtebundes emporzuarbeiten, hier musste die dänische Macht und Eroberungslust mit den deutschen Städten und deren Handelspolitik in die ersten und ernstesten Berührungen, in einen Kampf auf Leben und Tod geraten. Durch Waldemars II. Siegerschwert mit den holsteinischen Landschaften, den mecklenburgischen und pommerschen Küstengebieten in dänische Abhängigkeit gezwungen, war Lübeck, damals fast das jüngste der städtischen Gemeinwesen, sogleich bereit, die vom gefangenen Waldemar erpresste Befreiung gegen den befreiten Gegner mit Aufbietung aller Kräfte auf dem Schlachtfelde zu behaupten, und entsandte zu dem Heere der verbundenen deutschen Fürsten ihr städtisches Aufgebot, das unter der ruhmvollen Führung Alexanders von Soltwedel nicht wenig zu dem glücklichen Ausgange der Befreiungsschlacht bei Bornhövede im Jahre 1227 beitrug. Die Folge dieser Schlacht war die Zurückweisung des dänischen Einflusses jenseits der Eider, die Selbstständigkeit der holsteinischen, sachsen-lauenburgischen und mecklenburgischen Lande und für Lübeck die Reichsfreiheit.
Wenige Jahre darauf sollte Lübeck seine junge Selbstständigkeit abermals in einem noch ungleicheren Kampfe gegen denselben Feind, dem sich, aus Hass gegen die aufstrebende Stadt und vergessend der von ihr erhaltenen Hilfe, auch Graf Adolf IV. von Holstein, zugesellt hatte, behaupten. Der König sperrte die Trave durch feste Türme, versenkte Schiffe und Ketten in der Mündung und belagerte mit dem Grafen die Stadt zu Land und Wasser, mußte aber nach misslungenem Unternehmen mit Verlust abziehen. Diesen Kampf, im Jahre 1234, hat die Sage zu einem glänzenden, nach tagelanger Schlacht errungenen Seesieg umgebildet, der freilich nicht in seinen Einzelzügen, doch in dem Erfolge, in Lübecks bewahrter Selbstständigkeit und Reichsfreiheit gegen Dänemark und Holstein, feststeht.
Nach Waldemars Tode folgte in Dänemark wieder eine Zeit der größten innern Zerrüttung. Seine Söhne Erich, Abel und Christoph standen in blutigen Bruderkriegen gegen einander, und von seinen nächsten vier Nachfolgern starb keiner eines natürlichen Todes. Die deutschen Ostseeküsten und insbesondere Lübeck wurden, ohne gerade in gefährlicher Weise von diesen schwachen Königen bedroht zu sein, doch vielfach in die dänischen Verwickelungen hineingezogen und zur Teilnahme an den inneren Kriegen dieses Reichs gezwungen. Erich, von der verhassten Pflugsteuer, die er seinem Volke aufzwang, Pflugpfennig genannt, bekriegte seinen Bruder Abel, der Südjütland als Erbe erhalten und sich mit Christoph den holsteinischen Grafen angeschlossen hatte. Die Lübecker ergriffen der Letzteren Partei, da sie einsehen mussten, dass ein Sieg Erichs den kaum befreiten nordelbischen Gebieten neue Gefahr bereiten würde, hatten in Folge davon an ihren Schiffen und Kaufleuten manche Gewalttat zu erdulden, verwüsteten dafür die dänischen Küsten und nahmen 1248 im siegreichen Seezuge die Stadt Kopenhagen mit dem Schlosse, das sie bis auf den Grund zerstörten. In demselben Jahre eroberten und verbrannten sie auch die Stadt Stralsund, die damals noch dem dänischen König untertan war. Der König musste Frieden schließen und seinen Brüdern das Erbe bestätigen. Im folgenden Jahre ward Erich auf Anstiften Abels ermordet, und zwei Jahre später kam auch dieser, der mit Kraft und Verstand die Regierung in die Hände nahm, auf einem Kriegszuge gegen die Friesen gewaltsam ums Leben. Ihm folgte Christoph I., Waldemars des Siegers dritter Sohn, der sein Reich durch den dreifachen Kampf, den Krieg um das Herzogtum Schleswig, den Kampf gegen den Erzbischof von Lund und den Bauernkrieg, an den Rand des Abgrundes brachte. An dem ersten Kriege, der dem Erbe des Abelschen Mannsstammes galt, nahmen 1253 auch die Lübecker mit den Holsteinern Anteil, und da zu gleicher Zeit eine schwedisch-norwegische Flotte die dänischen Küsten bedrängte, musste auch Christoph seine Ansprüche auf den südlichen Teil der Halbinsel aufgeben. Bald darauf starb er, wahrscheinlich durch Gift. Sein Nachfolger, Erich Glipping, durch rücksichtslose Ausschweifungen und tückischen, unzuverlässigen Charakter dem Adel verhasst, endete ebenfalls gewaltsam im Jahre 1286, von siebenzig Dolchstichen seiner adeligen Widersacher durchbohrt. In den Kriegen dieses Königs gegen Erich II. von Norwegen standen Lübeck und die wendischen Städte schon zu engerem Bunde vereint auf der Seite des Dänen, um mit seiner Hilfe ihre in Norwegen bedrohten Handelsfreiheiten wiederzuerwerben. Unter Lübecks Führung bedrängte die vereinte Flotte Lübecks, Wismars, Rostocks, Stralsunds, das sich seit jener Eroberung ganz den Nachbarstadien und deren deutscher Politik angeschlossen hatte, Greifswalds, Rigas und des deutschen Wisbys die norwegischen Küsten, schnitt dieselben von jedem Handel und Zufuhr an Getreide und Brot, Bier und Wein gänzlich ab und zwang dadurch das norwegische Reich zu dem Frieden von Calmar im Jahre 1285. Erich II. musste alle in Bergen mit Beschlag belegten deutschen Handelsschiffe zurückgeben, eine Entschädigungssumme von 6.000 Mark zu zahlen versprechen und den vereinten Städten wie auch den mit ihnen befreundeten niederländischen Kampen, Stavern und Groningen alle vorenthaltenen Handelsfreiheiten erneuern. Auch Hamburg, Bremen, Stettin, Demmin, Elbing und Reval wurden in den Frieden eingeschlossen. So erscheinen jetzt schon die bedeutendsten der norddeutschen Städte zu demselben Kriege vereinigt, — nur Bremen stand auf gegnerischer Seite — durch dieselbe Handelspolitik gegen die nordischen Reiche tatsächlich, wenn auch noch nicht in Bundesform, verbunden. Erich II. erkannte sogar drei von diesen Städten als Schiedsrichter zwischen sich und dem dänischen König an. Doch war trotz des Erfolges diese handelspolitische Einigung noch keine nachhaltige. Die Feindseligkeiten mit Norwegen brachen von Neuem aus und die beiden bedeutendsten Nordseestädte. Bremen und Hamburg, suchten wieder durch eine gegnerische Politik abgesonderte Vorteile vom nordischen König. Dennoch erreichten die vereinigten Städte am 29. Juni 1294 vom König Erich die Bestätigung des calmarischen Friedens und neue Freiheiten, während auch Hamburg im Jahre 1296 in Folge seiner neutralen Stellung besondere Rechte erwarb.
So lange die dänischen Könige, der Politik der Waldemare getreu, die Ausbreitung ihres Reiches längs der deutsch gewordenen Ostseeküste erstrebten, war die Nordseeküste einer unmittelbaren Gefahr weniger ausgesetzt, und es bedurfte erst eines entschiedenen Angriffs auf die immer mehr ineinander gehenden Handelsinteressen dieser Städte, um sie zu einem Gesamtunternehmen und Gesamtbunde zu vereinigen. Die dänischen Herrscher von Waldemars II. Tode bis zu Waldemar IV. hatten zu solchem Wagnis weder Macht noch Fähigkeit und waren zufrieden, sich in ihrem Reiche behaupten und die stets von Neuem zerstreuten Besitzungen zusammenhalten zu können. Längs der Südküste der Ostsee blieb der dänische Einfluss trotz aller inneren Zerrüttungen immer bedeutend. Ein Teil von Vorpommern und die Insel Rügen gehörten ganz zum dänischen Reiche und in Liv- und Estland waren große Landstriche dänisches Eigentum. Die Deutschen an der Ostseeküste waren ohne Einigung, im Osten standen der livländische und der deutsche Orden gleichfalls vereinzelt, an den übrigen deutschen Küsten waren Fürsten und Städte ohne gemeinsames Band und oft in feindlicher Gegenüberstellung. Die wendischen Städte allein vermochten nicht, im Einzelkampfe ihre gesamte Existenz dem dänischen Reiche entgegenzustellen, zumal sie in ihrem wichtigsten Handelszweige, der Heringsfischerei auf der Halbinsel Schonen, ganz vom dänischen Könige abhingen. Es blieb ihnen, da Erich Menved in vorsichtiger, langsam vorgehender Weise die Politik der Waldemare wieder aufnahm, nichts übrig, als nachzugeben und zuzuwarten, umso mehr, da sie auch mit dem eigenen Landesherrn in gefährliche Verwickelungen geraten waren. So vermochte dieser König die mecklenburgischen Lande von Neuem unter dänische Lehnsoberherrlichkeit zu bringen, den Widerstand Rostocks durch eine Burg in der Warnow zu brechen, über Stettin und Pommern seine Oberhoheit zu erstrecken und Lübeck, das er gegen holsteinische Übergriffe schützte, im Jahre 1307 zur Anerkennung einer königlich dänischen Schirmvogtei und zu einem jährlichen Schutzgelde von 750 Mark lübisch zu zwingen. „Sollte der König,“ heißt es im Vertrage, „vom deutschen Reiche die gänzliche Abtretung der Herrschaft über die Stadt Lübeck erlangen, so will diese auch dagegen nichts einwenden.“ Nach Ablauf der ersten zehn Jahre wurde der Vertrag auf weitere vier Jahre erneuert. Rostock, Stralsund, Wismar fühlten noch schwerer die Macht des dänischen Königs. Als Erich zur Ordnung seiner mecklenburgischen und pommerschen Angelegenheiten den Fürsten und Herren einen Tag nach Rostock bestimmt hatte, verschloss diese Stadt, aus Furcht vor der großen Menge der Fürsten und ihres kriegerischen Gefolges, die Tore. Einen ähnlichen Schimpf hatte Heinrich von Mecklenburg vor Wismar erfahren, als er, um in ihren Mauern Hochzeit zu halten, Einlass begehrte, und der pommersche Herzog Wizlav vor Stralsund. Die Erbitterung darüber hatte einen allgemeinen Bund dieser und der ihnen verpflichteten Fürsten und Herren zur Folge, mit keiner andern Absicht, als die drei verbundenen Städte auf immer der fürstlichen Macht zu unterwerfen. Die Städte, denen noch Greifswald beitrat, begannen selbst den Krieg, zerstörten das königliche Schloss an der Warnow und verwüsteten die dänischen Küsten und Inseln, soweit sie dringen konnten. Da legte sich Erich im Jahre 1312 mit stärkerer Macht vor Rostock, baute die Burg neu und fester, belagerte die Stadt mit Hilfe Heinrichs von Mecklenburg von allen Seiten und zwang sie im folgenden Jahre, sich dem Herzog zu unterwerfen und 14.000 Mark Silber zu zahlen. Auch Wismar musste sich dem Herzog unter schweren Bedingungen ergeben. Als Sieger zog nun im Jahre 1316 Erich Menved mit einem glänzenden Heere von 7.000 Mann und 80 großen und vielen kleinen Schiffen, einem Heere, wie es jene Zeiten und jene Gegenden noch nicht gesehen hatten, von den Fürsten von Schleswig-Holstein, Sachsen-Lauenburg und Mecklenburg unterstützt, vor Stralsund. Doch hatte sich diese Stadt mit dem Adel des rügischen Landes, mit dem Herzog Wartislav von Pommern und dem Markgrafen Waldemar von Brandenburg so vorsichtig und eng verbunden, dass die Belagerung bald aufgehoben wurde, Stralsund mit neubefestigten Freiheiten in das alte Verhältnis zu Herzog Wizlav von Pommern zurücktrat und nur auf drei Jahre den besonderen Schutz des dänischen Königs anerkannte.
So hatte Erich Menved, keineswegs ein bedeutender oder besonders glücklicher König, sondern unstät im Handeln wie in seinen Plänen, dennoch den dänischen Einfluss an den deutschen Küsten in Folge der Zwietracht zwischen den deutschen Fürsten und Städten in gefahrvollster Weise erneuert. Es wäre in der nächsten Zeit ein schwerer Krieg oder gänzliche Unterwerfung dieser Länder unter die dänische Oberhoheit unausbleiblich gewesen, wenn sich nicht nach dieses früh gealterten Königs Tode, im Jahre 1319, sogleich wieder die Parteiungen der Fürsten und des Adels mit vermehrter Heftigkeit erhoben hätten. Unter den Königen Christoph II. und Waldemar III. brachten sie das dänische Königtum aufs Neue zu gänzlicher Machtlosigkeit herunter, zerrütteten das Reich durch innere Fehden und Kriege gegen die nordischen Mächte und ruhten nicht, bis aus diesen Zuständen der deutsche Einfluss siegreich hervorgegangen war und dessen Träger, der holsteinische Graf Gerhard der Große, der größte Feldherr und Staatsmann seiner Zeit, Dänemark tatsächlich, wenn auch nicht mit königlichem Namen beherrschte. In Folge dieser Verhältnisse blieben die deutschen Städte in den nächsten Jahrzehnten unbelästigt von dänischer Eroberungslust und konnten ihre Bundes- und Handelsverhältnisse ruhig festhalten und fortbilden, wenn sie auch einzeln oder in größerer Anzahl an den Parteiungen und Fehden Dänemarks in mancher Weise teilzunehmen gezwungen wurden. Die größere Gefahr drohte ihnen jetzt von den durch Magnus Smäk seit dem Jahre 1319 vereinigten Reichen Norwegen und Schweden. Sogleich nach der Thronbesteigung versuchte dieser König den deutschen Handel in seinen Reichen und auf der neuerworbenen Halbinsel Schonen durch Verbote und Behinderungen aller Art zu erdrücken. Trotz aller Gesandtschaften und Vorstellungen der wendischen Städte verweigerte Magnus aufs Entschiedenste jede Bestätigung der deutschen Handelsfreiheiten. Aber auch hier kam die Zwietracht im feindlichen Reiche den Städten zu Hilfe. Der Gegensatz zwischen den Bewohnern Norwegens und Schwedens brach bald in blutige Kriege aus und entzweite auch den König mit seinen Söhnen, die er als Mitregenten angenommen hatte, aufs Heftigste. Dazu kamen unglückliche Kriege gegen Russland und Dänemark, der schwarze Tod wütete mörderisch auch in Schweden und Norwegen, und die Aussicht auf eine wirkungsvolle Einigung der skandinavischen Reiche ging auf lange zu Grunde. Die Städte benutzten diese Verhältnisse sogleich und erreichten im Jahre 1343 durch Unterstützung des bedrängten Königs die Bestätigung ihrer Freiheiten, bis die heimliche Abtretung Schwedens an Dänemark neue Verwickelungen hervorrief.
Unterdessen hatten sich aber in Dänemark die Verhältnisse in einer Weise umgestaltet, welche den deutschen Städten eine ebenso große Gefahr wie Anregung zur Vollendung ihres Bundes bringen sollte. Nach den Zeiten der schlimmsten Zerrüttung hatte Waldemar IV. Attertag (Wieder ein Tag!), so genannt, weil er nie einen Plan aufgab und, was heute misslungen war, morgen bei besserer Gelegenheit von Neuem versuchte, den Thron bestiegen. Seine Jugendzeit hatte er unter den Parteikämpfen, die das Reich seiner Väter auf das Blutigste zerrissen, verlebt, die einzelnen Parteien und ihre Absichten und Mittel aus unmittelbarer Nähe kennen und danach seine Stellung zwischen ihnen bemessen gelernt. Frühzeitig war in ihm die überlegende, umschauende Klugheit, die zähe, stets zuwartende, nie loslassende Willenskraft zur Reife gekommen, welche ihm während seiner langen Regierung hauptsächlich die glücklichen Erfolge gewinnen sollte. Freilich besaß er dabei auch jene angeborenen Eigenschaften des dänischen Hauses Estrithsons, die den meisten frühen und gewaltsamen Untergang bereitet hatten, einen hochfahrenden, leidenschaftlichen, zu Gewalttätigkeit stets geneigten, vor Verbrechen nie zurückschreckenden Sinn und jene kalt berechnende Rücksichtslosigkeit, welche nie prüft, ob das Mittel gerecht und gut ist, sondern nur, ob es zum Ziele führt. Diese letzteren Eigenschaften brachen in der späteren Zeit seiner Regierung in gewaltsamen Taten hervor und sollten alle von ihm gewonnenen außerordentlichen Erfolge zum Schluss seines Lebens wieder in Nichts auflösen. Seine nächste Absicht nach der Thronbesteigung (1340) ging dahin, das durch Verpfändungen, Verleihungen und gewaltsame Entreißungen zersplitterte Reich wieder zu vereinigen, alle entfernteren und nur mit kostspieligem Kraftaufwand haltbaren Besitzungen wegzugeben und dann dem neu verdichteten und gestärkten Reiche um so ausgiebiger das alte Ansehen auf der Ostsee herzustellen. Dabei kam ihm zu Hilfe, dass sein größter und gefährlichster Gegner, Gerhard der Große, in dem Jahre der Thronbesteigung von seinen persönlichen Feinden, als er hilflos krank danieder lag, erschlagen und dadurch dem Übergewicht Holsteins die Spitze gebrochen wurde. Mit welchen Mitteln und Wechselfällen Waldemar oft zurückgewiesen, doch stets zu dem misslungenen Plane zurückkehrend, seine Absichten verfolgte, wie er durch Einlösung der verpfändeten Schlösser und Güter, durch Tausch, Kauf und Verkauf, worunter der Verkauf von Estland im Jahre 1347 an den deutschen Orden um 19.000 Mark Silbers der bedeutendste war, durch Kriege und Fehden bald glücklich, bald unglücklich, doch nie besiegt oder abgeschreckt, unter Verwickelungen nach allen Seiten endlich doch wieder als der mächtigste Fürst in diesem Teile Europas dastand, gehört in die Geschichte Dänemarks. Für die Hansa wurden Waldemars Pläne erst verhängnisvoll, als er die pommerschen und mecklenburgischen Lande mit ihren Fürsten, Herren und Städten zur Anerkennung der dänischen Lehnsoberherrlichkeit gezwungen, den holsteinischen Einfluss trotz des heldenmütigen Widerstrebens der kriegstüchtigen Söhne Gerhards, Heinrichs des Eisernen und Klaus des Einäugigen, über die Eider zurückgewiesen hatte und nun, nachdem er das Reich der alten Waldemar aus der Zerrüttung und Zersplitterung neu aufgerichtet hatte, seine Absichten und Kräfte gegen den Bund der deutschen Seestädte wandte.
Die Bedeutung Gothlands und der Stadt Wisby für den Handel und die Handelspolitik dieser Städte kennen wir. Alle Fäden des weitverzweigten deutschen Ostseehandels liefen hier in einen großen Knoten zusammen. Die Hälfte der Stadt bestand aus der deutschen Gemeinde, die mit den norddeutschen Städten in enger Hansa verbunden war und deren Glieder mit den Handelshäusern dieser in viel verschlungenen Handels- und Verwandtschafsverbindungen standen. Hier hatten Alle Warenniederlagen und Handelsdiener teils um den hier stattfindenden Tauschhandel selbst betreiben, teils um von hier aus den vielen Gefahren ausgesetzten Verkehr nach Nowgorod und Russland führen zu können. Nirgends außerhalb Deutschlands war damals ein so weit greifender, so eng mit dem Handelsstande des Reiches verbundener Mittelpunkt, nirgends war dieser Handelsstand des Ostsee- und Nordseegebietes so tief und empfindlich, so gleichmäßig zu verletzen, als durch einen Angriff auf diese Stadt und Insel. Dennoch und vielleicht eben deswegen richtete Waldemar seine rücksichtslose, rasch zufahrende Eroberungslust gerade hierher. „Ich will Euch in ein Land führen,“ sprach er zu seinen Söldnern,“ wo Goldes und Silbers die Fülle ist und selbst die Schweine aus silbernen Trögen fressen.“
Im Juli 1361 setzte er mit seinem Heere nach Gothland über, schlug in drei Tagen drei siegreiche Schlachten, deren letzte vor den Mauern Wisbys 1.800 zur Hälfte deutschen Bürgern das Leben kostete, und hielt dann durch die niedergerissenen Mauern mit seinem 11 Glieder breit aufmarschierenden Heere den Einzug. Eine vollständige Plünderung folgte und der König nahm für sich eine unermessliche Beute von Gold, Silber, edlem Pelzwerk und anderen Waren. Plünderung und Zerstörung waren so gründlich, dass sich die Stadt nie wieder erholte und seitdem, da bald eine Feuersbrunst das noch Übrige einäscherte, unter die Handelsstädte niederen Ranges auf immer zurücktrat.
Auf die schnell verbreitete Nachricht von solcher Gewalttat belegten die Städte sogleich in der Ostsee alle dänischen Waren und Güter mit Beschlag und beschlossen auf einem Tage zu Greifswald, dass Niemand weiter auf dänischen Gebieten Handel treiben dürfe, bei Verlust seines Lebens und Gutes. Dann schlossen sie mit den Königen Magnus von Schweden und Hakon von Norwegen, die selbst nach Greifswald kamen, ein Bündnis und verpflichteten diese, 2.000 Ritter und Knechte mit den nötigen Schiffen zum gemeinsamen Kriege gegen Dänemark zu stellen und die Halbinsel Schonen nach der Eroberung nie wieder ohne Rat und Einwilligung der Städte zu verpfänden. Lübeck versprach sechs Koggen und sechs Sniggen mit 600 Bewaffneten, Hamburg, das dem Zweck und Grund dieses Krieges ferner stand, 2 Koggen mit 200 Bewaffneten, Wismar und Rostock zusammen soviel wie Lübeck, ebensoviel Stralsund und Greifswald, dasselbe Kolberg, Stettin und Anklam. Bremen stellte eine Kogge mit 100, Kiel ein Schiff mit 30 Bewaffneten. Alle wollten für einen Mann stehen und keinen Frieden schließen, es sei denn die ganze Sache zu glücklichem Ende vollbracht. Nach der Volkssage wurde ihr Absagebrief von 77 Städten unterschrieben, worauf aber König Waldemar die spottende Antwort erteilte:
Seven und seventig hensen
heft seven und serentig gensen,
wo mi te gensen nich enbieten,
na der hense frage ick nich en schiten.
Im Mai des nächsten Jahres 1362 zog die vereinigte städtische Flotte in einer Anzahl und Fülle, von einem Mut und einem Streben beseelt, wie bis dahin noch keine deutsche Flotte gesehen war, unter der Oberanführung des holsteinischen Grafen Heinrichs des Eisernen, die Lübecker unter der Führung ihres Bürgermeisters Wittenberg, gegen Seeland. Kopenhagen wurde genommen und geplündert, das Schloss zerstört. Da aber innere Unruhen und Geldnot den Königen die Erfüllung ihres Versprechens unmöglich machten, wartete man vergeblich an der holsteinischen Küste auf die zugesagten 2.000 Schweden und Norweger. Ungeduldig verließ das Heer die Flotte und belagerte das Schloss Helsingborg. Sogleich erschien der schlaue Waldemar mit seinen Schiffen und führte eine große Anzahl der unbewachten hansischen hinweg. Das abgeschnittene Heer musste um freien Abzug mit dem König kapitulieren und auf den übriggebliebenen Schiffen schmachvoll nach Hause zurückkehren. Johann Wittenbergs Haupt fiel als Opfer für die unglückliche Schlacht auf dem Markte zu Lübeck dem Zorn seiner Mitbürger, und viele hansische Bürger saßen schwergefangen auf dem Turm von Wordingborg, auf dessen Dachspitze der König, um seinen Spott zu vollenden, eine Gans hatte aufrichten lassen. Die ungeheuren Kriegskosten — Lübeck, Stralsund, Rostock, Wismar schlugen ihren Verlust allein auf 250.000 Mark Pfennige an — waren verloren, die mächtigste Flotte größtenteils vernichtet, von einer Entschädigung für den gothländischen Verlust war keine Rede und für die nächste Zeit Lust zu einem einigen großartigen Unternehmen der Städte vollständig versiegt. Unter Erneuerung der vor dem Kriege bestandenen Handelsfreiheiten schlossen sie bereitwillig einen Waffenstillstand und erweiterten ihn im Jahre 1364 zu einem allgemeinen Frieden, mit Verzichtleistung auf jeden Ersatz für den gothländischen Raub. Waldemar war aus diesem ersten einigen Kampf der Hansa als entschiedener Sieger hervorgegangen.
Aber sein unruhiger, sich nie begnügender Sinn ließ ihn auch jetzt nicht, trotz vielfacher anderweitiger Verwickelungen, gegen die Städte Ruhe halten. Bald hatte er die meisten der Friedensbedingungen verletzt. In kluger Berechnung verheiratete er seine Tochter Margarethe mit Hakon von Norwegen und begann nun von Neuem auf Schonen Erpressungen gegen die deutschen Kaufleute anzustellen. Die Beschwerden der Städte beantwortete er hochfahrend und höhnisch, und alle Verhandlungen führten um so weniger zu einem Ziel, da jetzt auch der König von Norwegen, der Graf Adolf von Holstein und der Herzog Erich von Sachsen-Lauenburg zu ihm standen. Die Städte, zum Äußersten gebracht, hielten vom 11. bis 19. November 1367 die Tagfahrt zu Köln, die wichtigste für diesen ersten Zeitraum ihrer Geschichte. Sämtliche Städte der deutschen Ostsee- und Nordseeküste beschlossen hier einmütigen Krieg gegen die beiden Könige und ihre Verbündeten. Die wendischen mit den livländischen und den dazu gehörigen Städten hatten 10 große Koggen, jede zu 100 Mann, mit Schnigge und Schuyte stellen, die 6 preußischen 5 Koggen, die Süderseestädte Dortrecht, Amsterdam, Staveren, Harderwick und die anderen je eine Kogge mit 100 Mann, unter ihnen 20 Armbrustschützen, Kampen zwei Rheinschiffe und 150 Mann, die Städte von Seeland 2 Koggen zu stellen. „Nach Ostern des nächsten Jahres soll sich die Flotte im Oresund vereinigen und bis dahin kein Kauffahrer durch den Sund segeln; wer in den Dienst des Königs tritt oder der Feinde Land mit Handel und Zufuhr besucht, ist friedlos ewig in allen Städten.“ Die Kriegskosten sollten durch eine allgemeine Abgabe von Gut und Schiff nach dem Pfunde des Wertes, dem sogenannten Pfundgelde, aufgebracht werden.
Mittlerweile hatten sich auch die Verhältnisse in Dänemark und Schweden zum Nachteil Waldemars geändert. Volk und Reichsrat erhoben sich gegen den schwedischen König Magnus, sprachen seine Entsetzung aus und wählten, mit Hilfe der wendischen Städte, den jungen Herzog Albert von Mecklenburg, des Magnus Schwestersohn, auf den Thron. Dadurch wurde die Verbindung Schwedens mit Dänemark gelöst und jenes Reich mit den Städten gegen Waldemar verbunden. Auch in Dänemark hatten sich die Parteien gegen Waldemars Willkürherrschaft empört. Der jütische Adel hatte sich dem Herzoge Heinrich von Schleswig angeschlossen und war mit den holsteinischen Grafen Heinrich und Claus mehr als je einem Bündnis mit den Städten zugeneigt. Die Lage der Parteien war also für einen neuen Krieg den Städten äußerst günstig. Albert von Schweden und mit ihm die Herzoge von Mecklenburg, die Grafen Heinrich und Claus von Holstein, der Herzog Heinrich von Schleswig und der vereinigte jütische Adel standen mit ihnen gegen Waldemar, der sich allein auf die Hilfe Hakons von Norwegen, Erichs von Sachsen-Lauenburg und des Grafen Adolf von Holstein beschränkt sah. Im Februar 1368 einigten sich jene Fürsten mit den Städten zu einem festen Bunde, berieten und beschlossen auf verschiedenen Tagfahrten das Notwendige, knüpften auch Hamburg, das aus Furcht vor einem dänischen Angriff in der Elbe dem Kölner Bunde sich gern entzogen hätte, wieder fester an denselben und bereiteten Alles zu einem gewaltigen und einmütigen Kriege vor. König Waldemar erkannte bald die Unmöglichkeit eines Widerstandes gegen solche Verbindung und entzog sich dem gewaltig aufziehenden Gewitter durch die Flucht, um dann hinter sich den Sturm, wie er könnte und möchte, austoben zu lassen. Nachdem er seinen Marschall Henning Podebusk (Pudbus) zum Reichsvorsteher bestellt und ihm und dem Reichsrat die nötigen Vollmachten zur Unterhandlung mit den Städten ausgefertigt hatte, nahm er von seinen Schätzen, soviel er fortzuführen vermochte, und suchte in Brandenburg bei den befreundeten Markgrafen eine Zufluchtsstätte. Dänemark war auf Gnade und Ungnade dem Zorn des deutschen Städtebundes hingegeben und schon vor Beginn des Krieges der vollständigste Sieg gewonnen. Im Mai erreichten das Heer und die Flotte Seeland, plünderten Kopenhagen, nahmen das Schloss, Helsingör, Nyköping, Skanör, Falsterbode, verheerten und verwüsteten überall, ohne Widerstand zu finden. König Albert besetzte dann Schonen und bestätigte hier den Städten sämtliche Handelsfreiheiten, indessen sich die Grafen von Holstein mit Hilfe des jütischen Adels Jütlands bemächtigen und nach der Weise Gerhards des Großen dieses Land als Eigentum behandelten. Der Winter verging mit Belagerung der königlichen Schlösser, insbesondere Helsingborgs, und für den nächsten Sommer wurde ein neuer ernstlicher Kriegszug vorbereitet. König Albert sollte tausend Ritter und Knechte stellen, ohne die Städte innerhalb zwei Jahren keinen Frieden schließen und ihnen die eroberten Schlösser im Lande zur Hälfte überlassen, bis sie vollen Ersatz aller Kriegskosten erhalten hätten. Auf Schonen wurden ihnen durch königliche Urkunde, ebenso auf Gothland alle Freiheiten und Gerechtigkeiten bestätigt, welche der gemeine Kaufmann vor der dänischen Eroberung gehabt hatte. „Wollte Gott, dass wir Kopenhagen gewönnen,“ hieß es im Bund, „so wollen wir das Schloss daselbst gänzlich brechen und zerstören.“
Dem gebrochenen und verlassenen Dänenreiche blieb nichts übrig, als um jeden Preis schleunigst Frieden zu schließen, denn der jetzt im deutschen Reich umschweifende König konnte auch nicht die geringste tatsächliche Hilfe gewinnen. Bevor sich die städtische Flotte im Oresund wieder versammelte, eröffnete Henning Podebusk und der Reichsrat die Unterhandlungen, denen am 30. November 1370 die schlussgültige, zu Stralsund aufgestellte Friedensakte zwischen dem dänischen Reichsrat und den verbundenen deutschen Städten folgte.
Sie bestimmte, dass die Städte zum Ersatz für die mancherlei Schäden und Kriegskosten fünfzehn Jahre lang zwei Drittel aller Einnahmen und Nutzungen aus den schonischen Schlössern und Vogteien Helsingborg, Ellenbogen (Malmöe), Skanör und Falsterbode beziehen und diese Schlösser ebensolange mit ihrem gesammten Gebiete, die Kirchenlehen ausgenommen, in Händen haben sollten. „Dieser Friede soll vom König Waldemar, falls er bei seinem Reiche bleiben und keinem andern Herrn das Reich gestatten will, und von den Herren und Knechten, welche die Städte dazu ausersehen, besiegelt werden. Will König Waldemar sein Reich Dänemark bei seinem Leben einem andern Herrn übergeben, dem soll und will der Reichsrat das nur gestatten mit dem Rate der Städte und nachdem er deren Freiheiten bestätigt hat. Ebenso soll man es halten, wenn der König stirbt. Auch soll der Reichsrat keinen Herrn empfangen, es sei mit dem Rat der Städte und nach Besiegelung ihrer Freiheiten.“ — So hatte der Städtebund durch diesen ruhmvollen Krieg, der ihn als die erste maßgebende Macht des Nordens hinstellte, Alles, was er bezweckte, Genugtuung und Entschädigung für den Raub auf Gothland, Bestätigung der Freiheiten auf Schonen mit einem fast ungeschmälerten Besitz dieses Landes auf fünfzehn Jahre und das unbedingte Übergewicht in den inneren Angelegenheiten des dänischen Reiches. König Waldemar, der vom Kaiser Karl IV. nichts erreichen konnte, als ohnmächtige Befehle gegen den Städtebund, der doch nur zum Vorteile des deutschen Reiches Dänemarks gefährlichen Einfluss und Eroberungslust gebrochen hatte, musste sich diesen Friedensbedingungen unterwerfen, und auch König Hakon von Norwegen, der nach Magnus Tode gegen Albrecht Ansprüche auf Schweden erhob, bequemte sich zu einem Waffenstillstande auf vier Jahre.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hansa als deutsche See- und Handelsmacht