Die Hansa und die Union der drei nordischen Reiche

Die größte Bedeutung für die Hansa, den nunmehr vollendeten Bund der norddeutschen Städte, behielt das Verhältnis; zu Dänemark und den nordischen Reichen. Bis zum Jahre 1370 hatte der Bund in Verbindung mit dem kriegerischen und staatsklugen Geschlechte der holsteinischen Grafen, die durch Waldemar IV. wieder erneuerte dänische Eroberungspolitik nachhaltig über den Haufen geworfen, den südlichen Teil der dänischen Halbinsel, das Herzogtum Schleswig oder Südjütland mit der Grafschaft Holstein verbunden, die Halbinsel Schonen in Besitz gebracht, die Regierung und Politik des dänischen Reiches vom eigenen Willen abhängig gemacht und den dänischen Einfluss über die deutsche Ostseeküste gänzlich gebrochen. Nach Waldemars Tode führte die Königswahl veränderte Verhältnisse und neue Verwickelungen herauf. Waldemar hinterließ von sechs ehelichen Kindern nur eine einzige Tochter, Margarethe, Gemahlin des Königs von Norwegen, Mutter des vierjährigen Prinzen Oluf. Von der älteren Tochter Ingeborg, der Gemahlin Heinrich des Hängers von Mecklenburg, war Albrecht mit wohlbegründeten Ansprüchen auf die dänische Königskrone vorhanden. Für ihn erhob sich jetzt, da sein Vater schon gestorben war, der Großvater Herzog Albrecht, warb in Dänemark eine Partei, verband sich mit den Grafen von Holstein, doch bevor er seine einleitenden Schritte beendigt hatte, war Margarethe, die norwegische Königin, selbst nach Dänemark gekommen und hatte die Wahl Olufs im März 1376 durchgesetzt. Auch von der Hansa, ohne deren Willen der Nachfolger Waldemars nicht gewählt werden sollte, gewann sie die Anerkennung, und Herzog Albrecht musste, nachdem seine wohlgerüstete Flotte Schiffbruch gelitten hatte, einstweilen die Ansprüche seines Enkels fallen lassen.

Das dänische Reich war damals wieder in dem Zustande der größten politischen Unmacht und Verwirrung. Schleswig und Schonen waren in deutschen Händen, das übrige Reich durch Parteiung zerrissen, alle Bande des Gehorsams gelöst, die Meere ringsum durch zahllose Seeräuberbanden unsicher. Da die Hansa vor Allem den Seeräubereien, die hauptsächlich von den dänischen Küsten und Schlössern aus betrieben wurde, ein Ende gemacht wissen wollte, versuchte Margarethe eine Kriegsmacht dagegen aufzubringen, doch vermochte sie nur mit größter Mühe eine Flotte von neun kleinen Schiffen aufzustellen. Dieser Zustand währte indes nur kurze Zeit, und bald gelang es der klugen Fürstin, Erfolge zu erringen. Zuerst erwarb sie gegen Erneuerung aller Handelsfreiheiten von der Hansa die schottischen Schlösser zurück, brachte durch Güte und Gewalt Schonen zum Gehorsam, ordnete das Verhältnis zu den holsteinischen Grafen in einer für sie vorteilhaften Weise, und richtete dann einen ewigen Frieden, ein Bündnis zur Wahrung der Ruhe zu Land und Meer auf. In öffentlicher Feier wurde die Belehnung vollzogen, und damit der Keim zu Jahrhunderte langen noch nicht beendigten Verwickelungen zwischen Dänemark und Deutschland gelegt. „Nun aber,“ sagt die Lübische Chronik, „ward sie mit ihrem Sohne des ganzen Reiches so mächtig binnen eines Vierteljahres, dass ihr im ganzen Reiche nichts abging.“


Hiernach wandte sich die Königin zur Befriedung der Straßen und Meere und schloss zur Vertilgung der adligen Seeräuber zu Wardingborg einen Bund mit der Hansa. Da drohte der Plötzlich eingetretene Tod des siebenzehnjährigen Oluf die Fürstin um die Früchte ihrer umsichtigen Tätigkeit zu bringen. Bald aber zeigte es sich, dass Margarethe in der Liebe des Volkes und in dem Vertrauen aller Parteien sich bereits in dem Maße befestigt hatte, dass ihr jetzt, der Königin von Norwegen und Schweden, auch das dänische Reich als der Herrin und dem wahren Könige huldigte. Mit Zustimmung des Reiches nahm sie im Jahre 1388 als Thronerben den sechsjährigen Schwestertochtersohn, Erich von Hinterpommern, an. Unterdessen hatte in Schweden König Albrecht, der Mecklenburger, durch Begünstigung des deutschen Elementes, die Parteien gegen sich aufgebracht, so dass der Adel jetzt der in Dänemark und Norwegen so glücklichen Margaretha die Regierung über Schweden antrug und ihr, die Wahl des Nachfolgers gänzlich überließ. Albrecht sammelt sogleich ein, Heer in Mecklenburg, wurde aber im Frühjahr des folgenden Jahres beim Schlosse Axelwalde, unweit Falköping, von dem Heere der Königin geschlagen und gefangen genommen. Dadurch kam Schweden bis auf Stockholm in die Hand der Königin und es entstand jetzt um den Besitz dieser Stadt und die Herausgabe des Gefangenen ein jahrelanger blutiger Krieg.

Für den Gefangenen kämpften die Stadt Stockholm, Herzog Johann von Mecklenburg und Rostock und Wismar. Ein großer Teil der Bürgerschaft von Stockholm bestand aus Deutschen, welche unter diesen Parteikämpfen die Oberhand gewannen und aufs Hartnäckigste und Erfolgreichste die Stadt gegen die belagernden Dänen und Schweden verteidigten. Unterstützt wurden sie durch die sogenannten Vitalienbrüder, Seeräuberscharen, welche von den mecklenburgischen Herzogen und beiden Städten Kaperbriefe erhielten und überall und gegen jeden den frechsten Seeraub begingen, den Namen aber erhielten, weil sie die belagerte Stadt mit Lebensmitteln, Vitalien, versorgten. Sie verheerten die Küsten Dänemarks und Norwegens, plünderten und verbrannten die Städte Bergen und Malmoe, behinderten nach allen Richtungen den Handel und machten Gothland mit Wisby zu ihrem Hauptsitz. Margarethe vermochte gegen sie nichts auszurichten, denn die dänische und norwegische Seemacht war so herabgekommen, dass die Königin in England drei Schiffe mieten musste, um nur die nächsten Küsten zu schützen. Die Macht der Hansa, welche für die Sicherheit dieser Meere am meisten wachte, war gelähmt, weil Rostock, Wismar und Herzog Johann mit den Seeräubern im Einverständnis waren. Auch der Herzog unternahm im Bunde mit den beiden Städten einige Kriegszüge gegen die Königin, aber Sturm und Ungemach anderer Art vereitelten jeden Erfolg. Nachdem der Krieg sieben Jahre lang durch gegenseitige Seeräuberzüge und zwar zum größten Nachteile des hansischen Handels fortgeführt worden war, erhob sich endlich der Bund der Hansa mit Ernst zur Beilegung desselben. Er sprach gegen Rostock und Wismar die Drohung aus, sie mit Krieg überziehen zu wollen, wenn sie sich nicht dem Gesamtinteresse des Bundes fügen würden, und beschloss die Ausrüstung einer Flotte gegen die Königin Margarethe. Sowohl dadurch, als durch nachdrückliche Vorstellungen erreichte er es, dass ein dreijähriger Waffenstillstand zu Stande kam. Den Bestimmungen desselben gemäß ward nicht nur die Belagerung von Stockholm aufgehoben, sondern es erhielt auch der bis dahin gefangen gehaltene König Albrecht, dem Gothland und Wisby zugesprochen worden war, seine Freiheit zurück. Endlich war festgesetzt worden, dass die noch bestehenden Streitpunkte innerhalb dieser drei Jahre beigelegt werden sollten. So war es dem hansischen Bunde gelungen, ohne Kriegsführung den Ausschlag zu geben.

Margarethe aber behielt die Aufgabe, die sie sich gestellt hatte, unverrückt im Auge. Sie wollte unter dem Szepter Erichs des Pommers die drei nordischen Reiche zu einem einzigen vereinigen, und es wurden ihre Bestrebungen in der Tat mit Erfolg gekrönt.

Nachdem sie Dänemark und Schweden zu bewegen gewusst hatte, dem 14jährigen Fürsten die Nachfolge zu sichern, gelang es ihr, die berühmte Union (13. Juli 1397) zu Stande zu bringen, der zu Folge fortan über die drei Reiche nur ein König herrschen sollte. Dadurch war Dänemark mächtiger und für die Hansa und das deutsche Reich, das sich um die nordischen Angelegenheiten nicht kümmerte, gefährlicher als je geworden. Hatte es doch unter seinen glücklichsten Eroberern nur über seine eigenen Kräfte geboten, während ihm jetzt die Macht der beiden andern nordischen Reiche dienstbar geworden war. Und an der Spitze dieser Gesamtmacht stand eine Fürstin, von der es zu erwarten war, dass sie eben so folgerecht, wie in der Vergangenheit, auch in der Zukunft vorgehen würde.

Dessen ungeachtet verhielt sich der Bund der Hansa völlig untätig; die Sache des Königs Albrechts ward gänzlich aufgegeben.

Jetzt richtete Margarethe auf die Ordnung der schleswigschen Verhältnisse ihr Augenmerk. Da der ebenso gefürchtete wie beliebte Graf Klaus noch an der Spitze des schleswigschen Grafenhauses stand, so trat sie zunächst nur gegen diesen mit dem Verlangen hervor, sich mit dem Herzogtume belehnen zu lassen. Es ward ihr willfahret, aber die Belehnung fand in einer Weise statt, die wegen ihrer mangelhaften Form Anlass zu neuen Streitigkeiten gab, indem nach dem Tode des Grafen Klaus von dänischer Seite behauptet wurde, es sei nur ein persönlicher Dienst-Vertrag, kein erblicher Lehns-Vertrag aufgerichtet worden. Da unterdessen auch der junge Herzog Gerhard im Kampfe gegen die Ditmarsen gefallen war, wusste die kluge Margarethe das Vertrauen der verwitweten Herzogin Elisabeth in dem Maße zu gewinnen, dass diese ihr die unmündigen Prinzen zur Erziehung anvertraute, ein schleswigsches Schloss nach dem andern an Margarethe verpfändete und zuletzt sich und ihr Herzogtum ganz unter Margarethes und ihres Sohnes Schutz stellte. Bald darauf jedoch kam es zwischen den beiden Fürstinnen zum Bruch, und da Margarethe sich weigerte, die verpfändeten Schlösser heraus zu geben, zu offenem Kriege, in welchem die Dänen aufs Haupt geschlagen wurden. Hiernach erfolgte ein fünfjähriger Waffenstillstand, in welchem festgesetzt wurde, dass, wenn nach Ablauf desselben keine Einigung erzielt sei, die Streitsache nach dänischem Rechte durch sechs Schiedsrichter geschlichtet werden sollte. Ein Jahr darauf starb Margarethe, und nun drängte der unruhige und unbesonnene Erich um so ungestümer zur Entscheidung.

Zunächst verfolgte der König Erich den Rechtsweg. Die dänische Reichskanzlei entschied gegen die Holsteiner und erklärte das Lehn für verwirkt. Darauf brach offener Krieg aus und Erich brachte im Jahre 1415 das ganze Herzogtum Schleswig in seine Gewalt, doch eroberten die jungen Grafen in den nächsten drei Jahren mit Hilfe ihres Oheims, des kriegerischen Bischofs Heinrich von Osnabrück, einen großen Teil des Herzogtums zurück, mussten aber die Stadt Schleswig in des Königs Erich Händen lassen. Heinrich eilte hierauf nach Hamburg, um diese Stadt und die Hansa als den natürlichen und notwendigen Bundesgenossen gegen die dänische Eroberungspolitik in Bewegung zu bringen. Er traf hier zugleich mit der Nachricht vom Falle Schleswigs ein, sprach auf offener Brücke von seinem Wagen herab — er war vom Podagra ganz gelähmt — zu dem Rat und den Bürgern, brachte alle Not und Kämpfe in Erinnerung, die jemals von Seiten Dänemarks über Hamburg und Holstein ergangen waren, schilderte die Gefahr, welche ihnen für die Zukunft von dem vereinigten nordischen Reiche bevorstehe, wenn nicht in Südjütland dem Vordringen des Reichserbfeindes eine Grenze gesetzt werde, und gewann die Stadt so sehr, dass sie eine freiwillige Kriegshilfe gegen Dänemark zusicherte, 600 Schützen sogleich nach dem bedrohten Gottorp sandte und Schiffe und Reisige in großer Zahl zu rüsten begann. Auch die Herzoge von Braunschweig und Lüneburg und Graf Otto von Hoya, im vollen Bewusstsein der ihnen von Norden her drohenden Gefahr, eilten zu Hilfe; doch führte der neu begonnene Krieg noch zu keiner Entscheidung und die Hoffnung, friedliche Zustände wieder zu erleben, zog sich mehr und mehr in die Länge.

Da nahm sich der Bund der Hansa — am tätigsten zeigten sich dabei die wendischen Städte, die am meisten bei der gänzlichen Niederlegung des Seehandels durch die Seeräubereien zu leiden hatten — der Sache an. Lübeck, Rostock, Wismar und Lüneburg vermittelten zunächst einen Waffenstillstand auf ein Jahr, der nach Ablauf dieser Zeit auf zwei Jahre erneuert wurde. Der Einfluss der Hansen war so entscheidend, dass ihnen der König als Pfand bis zu erfolgtem Schiedsrichterspruch die eroberte Stadt Schleswig überließ, welche sie aber, da die Feindseligkeiten nicht aufhörten, den Holsteinern zurückgaben. Um so gewaltiger rüstete (1420) der dänische König, verheerte die Insel Femarn, erlitt aber auf dem Festlande von den holsteinischen Grafen eine große Niederlage. Aufs Neue wurde durch Lübeck ein einjähriger Waffenstillstand vermittelt. Im Februar 1424 begab sich König Erich zum Kaiser Sigismund nach Krakau und unternahm von hier aus, nachdem er sich des kaiserlichen Spruches versichert zu haben glaubte, eine Pilgerfahrt nach Jerusalem. Im Juni 1424 erfolgte der kaiserliche Spruch, dahin lautend, dass ganz Südjütland, mit Schleswig, Gottorp, dem dänischen Walde, der Insel Alsen und der Provinz Friesland mit allen Rechten und Zubehör dem Könige und dem Reiche Dänemark gehört habe und gehöre und den holsteinischen Grafen kein Lehnrecht daran zustehe. Die Grafen, mit diesem Urteil höchst unzufrieden, gingen von dem Kaiser an den Papst. Dieser mahnte zum Frieden, fand jedoch auf beiden Seiten kein Gehör. Im Frühling des Jahres 1426 stand Erich wieder mit großer Kriegsmacht vor Schleswig, doch sein dreifaches Reich war, wenn auch nicht an Mannschaft, doch an Geld- und Kriegsmitteln durch die langen erfolglosen Kriege erschöpft. Er musste, um sein Heer zu erhalten, dem Lande unerschwingliche Steuern auflegen, verringerte den dänischen Münzfuß, der schon um die Hälfte leichter war, als der Lübische, noch um drei Vierteile und gebot bei Verlust des Vermögens jedem Untertan, solche fast wertlose Münze zu vollem Nennwerte anzunehmen und allein im Verkehre zu gebrauchen. Die Folge war, dass der Einfuhrhandel der Fremden und insbesondere der hansischen Städte sofort aufhörte und nur Ware gegen Ware getauscht wurde. Darüber kam es mit der Hansa und Lübeck, das im engsten Verkehr mit Dänemark stand, zu mancherlei Verhandlungen, die aber so wenig wie die wiederaufgenommenen Friedensunterhandlungen zu einem Ergebnis führten.

Auch im Felde hatte der König Unglück. Sechshundert der Seinigen fielen mit ihren Kaperschiffen von ihm ab, während er vor Schleswig lag, und raubten seine eigene Transportflotte. Seine nordische Kriegsflotte erlitt vor der Schlei empfindliche Verluste. Dazu kam, dass jetzt auch die Lübecker durch Herzog Heinrich für den Krieg gegen das gefährliche Unionsreich gewonnen wurden und, da ihre und der übrigen wendischen Städte Forderung, Südjütland an die Holsteiner als Lehn zurückzugeben, abgewiesen wurde, diese Städte mit Hamburg und Lüneburg auf dem Tage zu Rostock den Bundeskrieg gegen den König Erich beschlossen. An einem Tage trafen verabredetermaßen alle Absagebriefe beim Könige, jeder durch einen besonderen Boten, zugleich ein und alsbald warf sich auch der kriegerische Herzog Heinrich mit Ungestüm auf die dänischen Befestigungen und Heeresteile. Seine nächste Absicht ging dahin, mit der dänischen Flotte vereint Flensburg zu erobern. Doch Regen und widrige Winde hinderten für dieses Jahr — denn es war schon Spätherbst — die im Hafen von Wismar versammelte Flotte von 100 Schiffen mit 6.000 Bewaffneten am Auslaufen. Im April des folgenden Jahres 1427 ging die Bundesflotte in See, plünderte die dänischen Inseln und legte sich vor Flensburg, während die Holsteiner die Stadt von der Nordseite einschlossen. Als aber Herzog Heinrich ums Leben kam, kehrte die Flotte, ohne etwas ausgerichtet, oder auch nur unternommen zu haben, trotz der flehenden Bitten des Herzogs Adolf, zurück. Die Städte waren aufs Heftigste erzürnt über eine derartige Kriegführung. Die Hamburger schlugen ihrem Ratsherrn Johannes Pletzke, dem sie den Oberbefehl anvertraut hatten, das Haupt ab.

Noch im Juli desselben Jahres ging eine neue Bundesflotte in See, wozu diesmal nur die Städte Lübeck, Stralsund, Wismar, Hamburg und Lüneburg ihre Schiffe vereinigt hatten. Sie bestand aus 36 so großen und trefflich gerüsteten Schiffen, dass der Chronist sie neben den feindlichen dänischen mit Kirchen neben Kapellen vergleicht, war mit 4.000 Bewaffneten bemannt und stand unter dem Befehl des Lübecker Bürgermeisters Tidemann Steen. Ihre Hauptbestimmung war, die hansischen Handelsflotten, welche um diese Zeit von zwei Seiten her den Sund passieren mussten, — die sogenannte preußische von Osten her mit den Erzeugnissen der preußischen und russischen Länder, die Bay- oder biscayische Flotte von Westen her mit den Waren des südlichen Europas — gegen die im Sunde liegende dänische Kriegsflotte zu schützen. Der Führer sollte in dem Sunde weilen, bis jene Handelsflotten denselben passiert hätten. Doch bevor die Handelsschiffe sich sehen ließen, stieß die hansische Kriegsflotte im Sunde auf die dänische, die aus 33 wohlbemannten Fahrzeugen bestand, teilte sich in zwei Teile, deren einen die Hamburger, den andern die Lübecker führten, und begannen den Kampf. Die Hamburger gerieten mit ihren größeren Schiffen in dem engen seichten Wasser auf den Grund, wurden abgeschnitten, überwältigt und mussten sich trotz der tapfersten Gegenwehr mit ihrem Bürgermeister Heinrich Hoyer ergeben. Erst nach mehreren Jahren wurden die Gefangenen aus dem Turm zu Kopenhagen, um 1.000 Mark Lübisch, gelöst. Die Lübecker kämpften zuerst glücklicher und zwei Lübecker Schiffe nahmen ein dänisches und schwedisches: als aber Tidemann Steen mit seinem Schiff vor einem angreifenden dänischen auswich, folgten auch andere Schiffe diesem Beispiele und die dadurch entstandene Verwirrung zwang den Führer, das Zeichen zum Rückzug zu geben. Wenige Stunden darauf erschien die reich befrachtete Flotte aus der Nordsee, segelte im Vertrauen auf das zugesagte Geleit in den Sund, wurde sogleich von den Dänen angegriffen und musste nach hartnäckiger Verteidigung 40 Schiffe, zwei Dritteile der ganzen Flotte, in feindlicher Gewalt zurücklassen.

Diese erfolglosen Anstrengungen, verbunden mit dem schweren Verlust, der den gesamten norddeutschen Handelsstand traf, erregten die Bürgerschaften in den einzelnen Städten zu dem heftigsten Zorn gegen ihre Räte, die sie des verräterischen Einverständnisses mit den Dänen beschuldigten. In Lübeck wandte sich die Volkswut gegen Tidemann Steen, der nur mit Mühe durch den Bischof vor dem Schicksale Pletzkes bewahrt wurde. In Rostock vertrieben die Bürger ihre Bürgermeister und entsetzten ihren Rat. In Stralsund entging der Rat nur mit Mühe und Not der beschlossenen Ermordung. In Wismar wurden der erste Bürgermeister und ein Ratsherr hingerichtet. Es war die wohlbegründete Furcht, die sich hier Luft machte, dass dieser Städte Freiheit und Handelsherrschaft, da sie beim deutschen Reiche nicht die mindeste Stütze fanden, dem Einflusse eines großen Dänenreiches anheimfallen müssten, sobald sie selbst versäumten, durch Vereinigung ihrer Streitkräfte zur See und einen Bund mit den Holsteinern auf Tod und Leben dem Unionsreiche die sichere Grenze zu setzen.

Indes hatte der König Erich es erlangt, dass der Kaiser einen Commissarius nach Lübeck und Holstein sandte, um abermals zu untersuchen und ein Urteil zu sprechen. Während Letzterer aber noch durch kaiserliche Briefe von der deutschen Partei Gehorsam gegen ein Urteil, dessen Entscheidung jeder voraus wusste, forderte, erschien schon eine neue Flotte der Städte aus 260 Schiffen mit 12.000 Bewaffneten, unter alleiniger Führung des Grafen Gerhard, in See und legte sich vor Kopenhagen. Zugleich sollte sie das feste Schloss Helsingör zerstören, von wo aus der dänische König die Schifffahrt durch Sundzölle brandschatzte. Die Flotte erschien, bevor die dänische hatte auslaufen können und belagerte diese im Hafen von Kopenhagen. Es entspann sich zwischen den Kriegführenden ein langer und heftiger Kampf, wie das Mittelalter bis dahin noch keinen gesehen hatte. Mehr als 200 Stücke Geschütz donnerten gegen einander. Die Hansen zimmerten aus gekappten Masten ein großes Floß, besetzten es mit Kanonen und Wurfgeschütz, legten sich mit demselben unmittelbar vor den Hafen und vernichteten eine Menge dänischer Schiffe, vermochten es jedoch nicht, in den Hafen einzudringen. Da beschlossen sie, denselben durch Versenkung von Schiffen auf immer unbrauchbar zu machen und die dänische Flotte darin einzusperren. Aber auch bei diesem Vorhaben verfolgte sie Unglück oder Ungeschick. Während die Hamburger und Lübecker mit Steinen schwer beladene Schiffe zur Rechten und Linken richtig der Quere nach versenkten, ließen die Wismarer in der Mitte ihre Schiffe der Länge nach auf den Grund, so dass beim nächsten günstigen Zeitpunkte die ganze dänische Flotte auslief und die Umgebungen des Hafens so sicherte, dass die Hansischen alle weiteren Versuche gegen sie aufzugeben sich genötigt sahen. Dafür plünderten sie nun aber die Küsten und entsandten den Bartel Voet mit einer Flotte von Vitalienschiffen nach Bergen, wo sich die Engländer während des Krieges festgesetzt und zum großen Verdrusse und Nachteile der Hansen Fischfang und Handel trieben. Bergen wurde erobert, ausgebrannt und geplündert und im nächsten Jahre durch dieselbe Flotte das Zerstörungswerk vollendet, wodurch die Bürgerschaft von Bergen in Armut und in vollständige Abhängigkeit von den Hansen gebracht wurde. Die hansische Flotte gewann in den Jahren 1428 und 1429 ein solches Übergewicht, dass Erich es kaum wagen durfte, irgendwo offenen Widerstand zu versuchen; eine unermessliche Beute jeder Art fiel in die Hände der Hansa und der Vitalier.

Das Unionsreich neigte zum Frieden, ebenso die Gesamtheit der wendischen Städte, die, trotz der letzten Erfolge, immerhin herbe Verluste zu beklagen hatten. Ihr Seehandel lag darnieder und während sie in schweren Kriegen ihre Mittel erschöpften, gewannen die Handelsstädte der Nordsee auf den unfreiwillig verlassenen Handelsmärkten die Oberhand. Da nun auch der deutsche Orden vermittelnd eintrat, so kam unter der Bedingung, dass Herzog Adolf Schleswig als erbliches Lehn behalte, im August 1432 ein fünfjähriger Waffenstillstand zu Stande, dem im Jahre 1435 der Friede mit allen drei nordischen Reichen folgte. Die vier Städte Lübeck, Hamburg, Wismar und Lüneburg erhielten alle Freiheiten, welche sie vor hundert Jahren besessen hatten, in den drei Reichen bestätigt und jede Erhöhung des Sundzolles und anderer Zölle wurde abgeschafft. Von gegenseitiger Kriegsentschädigung war keine Rede und Erich verzichtete auf alles Recht, welches das Urteil des Kaisers ihm geben könnte. Adolf behielt, aber nur unter dem Namen eines Grafen, was von Schleswig in seiner Gewalt war, dazu Femarn und Friesland als Lehn zu friedlichem Besitz. Zwei Jahre nach seinem Tode aber möge jeder Teil sich von Neuem seines Rechtes bedienen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Hansa als deutsche See- und Handelsmacht