Die Große Sibirische Eisenbahn
Pariser Weltausstellung des Jahres 1900
Autor: Herausgegeben von der Kanzlei des Ministercomites, Erscheinungsjahr: 1900
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Russland, Transsibirische Eisenbahn, Umsiedler, Sibirien, Reiseweg, Transportweg, Handelsweg, Landesgeschichte,
Unter Sibirien versteht man den zum Bestände des Russischen Reichs gehörenden ganzen nördlichen Teil des Asiatischen Festlandes, welcher sich vom 45° bis 77° nördlicher Breite und vom 60° bis 190° östlicher Länge (vom Meridian von Green wich) erstreckt. Die Grenzen Sibiriens sind im Westen — das Uralgebirge und der Uralfluss, welche die Grenzscheide gegen das Europäische Russland bilden, im Norden — das Eismeer, im Osten — der Stille Ozean mit dem Behringsmeer, dem Ochotskischen und dem Japanischen Meer; im Süden grenzt Sibirien zunächst an die Zentralasiatischen Besitzungen Russlands, sodann an das Chinesische Reich und endlich auf einer kurzen Strecke an Korea. Diese Grenzen umschließen 14 1/2 Millionen Quadratkilometer, d. i. einen Flächenraum, der 1/9 alles festen Landes auf der Erde und über 1/4 von ganz Asien ausmacht, somit das Europäische Russland 2 ½ Mal und ganz Europa 1 1/2 Mal an Größe übertrifft. Durch diese ungeheure Ausdehnung des sibirischen Territoriums ist auch die außerordentliche Mannigfaltigkeit seiner natürlichen Verhältnisse bedingt. In kolonisatorischer Hinsicht treten in Sibirien zwei von Westen nach Osten verlaufende und sich schroff von einander unterscheidende Zonen hervor. Die eine dieser Zonen umfasst den jetzt von der Eisenbahn durchschnittenen und verhältnismäßig am stärksten bevölkerten südlichen Teil des Landes, wo die klimatischen und Boden-Verhältnisse der Entwickelung landwirtschaftlicher Kultur und Kolonisation durchaus günstig sind. Die andere Zone schließt die ausgedehnten nördlichen Gebiete Sibiriens in sich, die Region der menschenleeren „Tundren“ oder Polarmoore, mit ihrem ewig vereisten Untergrunde und rauen Klima, in Folge dessen diese unwirklichen Gegenden für den Ackerbau völlig ungeeignet erscheinen. Zwischen diesen beiden Zonen erstreckt sich die Region der sogenannten „Taiga“ oder „Urmane“. Es ist dies ein breiter Landstrich, in dem teils Nadelholz-Urwälder, teils hochstämmige, verhältnismäßig junge Laubholz-Waldungen mit Sumpfmooren abwechseln, während ostwärts vom 90. Längengrade Gegenden mit alpinem Charakter dazwischenliegen. Auch hier sind in der letzten Zeit große Strecken mit Erfolg für die Kolonisation nutzbar gemacht worden.
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Inhaltsverzeichnis
- Die Inangriffnahme des Baues der Sibirischen Eisenbahn bildet eines der glorreichsten Ereignisse der verflossenen Regierung und krönt in würdigster Weise die Aufklärungspolitik des Kaisers Alexander III.
- Die Sibirische Bahn hat das Tor geöffnet, durch das sich ein breiter Strom Einwanderer in das Land ergoss.
Seiner geographischen Lage nach kann Sibirien eingeteilt werden: in Westsibirien, mit den Gouvernements Tobolsk und Tomsk, sowie den Steppengebieten von Akmolinsk, Semipalatinsk, Turgai und Uralsk, in Mittelsibirien, welches die Gouvernements Jenisseisk und Irkutsk in sich schließt und in Ostsibirien, nämlich das Gebiet Jakutsk und das Amurland, zu dem das Transbaikalische, das Amurund das Küstengebiet, sowie die Insel Sachalin gehören. Westsibirien umfasst die weite Ebene, welche durch das Flussgebiet zweier mächtiger Sibirischen Ströme, des Ob und des Irtysch, gebildet wird und nur in ihrem südlichen Teile von Gebirgszügen bedeckt ist. Die zentrale Ackerbauregion dieses ausgedehnten Territoriums dient schon seit langer Zeit als hauptsächlichstes Kolonisationsgebiet für Einwanderer aus dem Europäischen Russland, denen sich hier günstige, mit den natürlichen Bedingungen Mittelrusslands große Ähnlichkeit aufweisende, klimatische und Boden-Verhältnisse darbieten. Eine besondere Anziehungskraft übt auf diese Einwanderer der Altai-Bergwerksbezirk aus, welcher den südlichen Teil des Gouvernements Tomsk ausfüllt und Privatbesitz S. M. des Kaisers ist. Im südöstlichen Teile dieses Bezirks, mit seinen bis über 10.000 Fuß ansteigenden und von Tälern durchschnittenen Gebirgsrücken, finden sich die größten Mineralschätze Westsibiriens vereinigt: Goldsandlager, Silber, Blei- und Kupfererze, Fundstätten von edlen Gesteinsarten und von Eisenerzen; auch sind daselbst überaus reichhaltige Steinkohlenlager entdeckt worden.
Die mittelsibirischen Gouvernements Jenisseisk und Irkutsk liegen im Stromgebiet des Jenissei und sind, im Gegensatz zu dem vorwiegend ebenen Territorium Westsibiriens, von niedrigen Ausläufern des die Grenzscheide zwischen Russland und China bildenden Sajan-Gebirges durchzogen. Das Klima ist in diesen Gouvernements etwas rauer als in Westsibirien. In seinem östlichen Teile grenzt das Gouvernement Irkutsk an den Baikal-See, das größte Süßwasserbecken der alten Welt, welches an Längenausdehnung (660 Km) dem Adriatischen Meer gleichkommt und 35 bis 90 Km breit ist, somit einen Flächenraum von 34.000 Quadrat-Km bedeckt. Der Angarafluss, welcher den westlichen Ausfluss dieses Sees bildet verbindet denselben mit dem Jenissei. Die eben erwähnten Gouvernements sind reich an Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Nephrit usw. Das ungeheure Jakutskische Gebiet, welches das Flussgebiet der Lena umfasst, ist sehr gebirgig und zeichnet sich durch ein raues Klima aus das den Ackerbaubetrieb nur in dem südlichem Teile des Gebiets und auch dort nur sporadisch aufkommen lässt. Zu den Mineralschätzen des Gebiets Jakutsk, an denen hier kein Mangel ist, gehören Silber-Bleierze, Eisen, Steinkohle, farbige Steine, Steinsalz und namentlich Gold.
Das Amurland oder vielmehr das Amur- und Küstenterritorium umfasst das gesamte zu Russland gehörende linke Flussgebiet des Amur, sowie den Küstenstrich am Japanischen, Ochotskischen und Behringsmeer, mit Einschluss der großen Halbinsel Kamtschatka und der Insel Sachalin. Von den drei administrativen Bezirken, in die dieses Lind zerfällt, weist das von Gebirgszügen bedeckte Transbaikalien ein vollständig kontinentales Klima auf, das dort rauer ist, als in den diesseits des Baikalsees gelegenen Teilen Sibiriens; trotzdem finden sich in den südlichen Distrikten Transbaikaliens (ungefähr bis zum 53° nördl. Breite) von der russischen Bevölkerung gut kultivierte und durch die Flüsse des Baikal- und Amurrayons reichlich bewässerte Täler vor, sowie auch Steppen, die für die Herden der dortigen Nomadenvölker (Burjaten und Tungusen), und russischer Kosaken (die in den China benachbarten Grenzgebieten angesiedelt wurden) vorzügliche Weideplätze liefern. Transbaikalien besitzt große Mineralschätze wie namentlich Goldlager, Silber-, Blei- und Kupfererze, auch Zinn- und Quecksilberlager, sowie Steinkohlenflötze; überdies kommen hier vielfach Mineralquellen vor. Von den übrigen Landstrichen des Amur- und Küstenterritoriums weist das Amurgebiet, sowie der südliche Teil des Küstengebiets denselben Gebirgscharakter wie Transbaikalien auf, hat aber in Folge der Nähe des Stillen Ozeans ein milderes, feuchteres und dem Ackerbau durchaus günstiges Klima. Die Kolonisierung dieses Landes, besonders im Stromgebiet des Ussuri, des wichtigsten Nebenflusses des Amur, geht durchaus erfolgreich vor sich und liefert ausgezeichnete Resultate. Was sodann die im Norden des Küstengebiets gelegenen Bezirke von Ochotsk und Kamtschatka betrifft, so macht hier, wie auch auf der Insel Sachalin, die Ungunst der klimatischen Verhältnisse jede Entwicklung der Landwirtschaft unmöglich.
Die Angliederung Sibiriens an das Russische Reich begann am Ende des XVI. Jahrhunderts während der Regierung Johanns des Schrecklichen, als Russland, das kurz vorher die Tatarenreiche Kasan und Astrachan erobert und von dem ausgedehnten Stromgebiet der Wolga mit dem daran stoßenden Uralgebirge Besitz ergriffen hatte, bereits zu großer politischer Macht gelangt war. Der Ruhm des ersten Eroberers Sibiriens gebührt dem Volkshelden Jermak, welcher im Jahre 1581 mit einer Schar von 500 Kosaken den Ural überschritt, den Tatarenchan Kutschuin aufs Haupt schlug, seine Residenz Isker oder Sibir besetzte und die Tataren in die südlichen Steppen vertrieb. Als die Nachricht von der Eroberung des Sibirischen Reichs nach Moskau gelangte, wurde von dort aus ein Wojewode mit einem größeren Heer Jermak zu Hilfe ausgesandt. Nach dem Tode Jermaks, der 1584 in den Fluten des Irtysch umkam, setzten diese Truppen das von ihm begonnene Werk fort und gründeten die ersten russischen Städte in Sibirien, nämlich Tjumen am Turafluss und Tobolsk am Irtysch. Bei ihrem weiteren Vordringen nach Osten bis zum Amur (wohin sie bereits gegen Mitte des XVII Jahrhunderts gelangten) stießen die Russen fast auf keinen ernsthaften Widerstand mehr. Bei dem ersten Zusammentreffen mit ihnen unterwarfen sich die eingeborenen Stämme, meist ohne jeden Kampf, der Herrschaft des mächtigen russischen Zaren und wurden tributpflichtig gemacht. Zur Festigung der Bande zwischen dem Moskauischen Zarenreich und den neuerworbenen Gebieten errichtete die Regierung nach und nach eine ganze Reihe befestigter Stützpunkte, die in der Folge zu Städten heranwuchsen. In kurzer Zeit — vom Ende des XVI. bis zur Mitte des XVII. Jahrhunderts — gehen die Flussgebiete der drei mächtigsten sibirischen Ströme, des Ob, des Jenissei und der Lena, allmählich in den Besitz Russlands über und die Grenzen Sibiriens erweitern sich immer mehr und mehr nach Osten hin. Das schnelle Vordringen der Russen in das Innere Sibiriens wurde durch die natürlichen orographischen Verhältnisse dieses Landes — durch das Fehlen hoher, schwer übersteigbarer Bergrücken und durch den Überfluss an zweckentsprechend gelegenen Wasserläufen — nicht wenig begünstigt. Als Vorläufer dieser Bewegung erscheinen kleine Trupps freier Kosaken, die meist von den Wojewoden der neuentstandenen Festungen ausgesandt werden, um die eingeborenen Stämme tributpflichtig zu machen. Diese in gänzlich unbekannte Gegenden vordringenden Kosakenscharen legten eine Staunenswerte Tatkraft und Unternehmungslust bei der Erfüllung der ihnen zu Teil gewordenen historischen Aufgabe der Erweiterung der Grenzen des Russischen Reichs an den Tag. Bereits im XVII. Jahrhundert gelangen sie nach der einen Seite zum Nördlichen Eismeer und erforschen seine Küsten, wobei sie auf dem Seewege durch die von ihnen zuerst entdeckte Behringsstraße bis Kamtschatka vordringen (Deshnews Expedition), nach der anderen Seite erreichen sie das Ochotskische Meer und den Amurstrom (die Expeditionen Pojarkows und Chabarows). Im Jahre 1697 wurde durch den Kosaken Atlassow Kamtschatka dem Russischen Reiche einverleibt. Im XVIII. Jahrhundert nehmen nach und nach die nomadisierenden Kirgisenstämme der Steppengebiete die russische Untertanschaft an; gegen Mitte des XIX- Jahrhunderts wird von dem Kapitän Newelski die Mündung des Amur entdeckt und erfolgt durch den Generalgouverneur von Ostsibirien Murawjew (den späteren Grafen Murawjew-Amurski) die Annexion des Amurgebiets, welches auf Grund des 1860 vom Grafen N. Ignatjew abgeschlossenen Pekinger Vertrages seitens der Chinesischen Regierung definitiv an Russland abgetreten wird. Die Einverleibung dieses Gebiets war für Russland von hoher Bedeutung, da es dadurch freien Zutritt zum Japanischen Meer erlangte. Endlich erwarb Russland auf Grund der 1875 mit Japan abgeschlossenen Konvention die Insel Sachalin, die hiernach als Internierungsort für besondere schwere Verbrecher diente.
Gleichzeitig mit der Eroberung Sibiriens geht auch die Kolonisierung dieses Landes durch Einwanderer aus dem Europäischen Russland vor sich. Die ersten Ansiedler waren dieselben freien Kriegsleute, denen die Besitzergreifung dieses Landes zu verdanken ist und die, nachdem sie sich hier niedergelassen hatten, das Sibirische Kosakenheer bildeten. Um die Besiedelung Sibiriens durch russische Kolonisten erfolgreicher zu gestalten und die Verschmelzung dieses Landes mit den übrigen Teilen des Reichs zu beschleunigen, bringt die Moskauer Regierung sogleich nach der Eroberung Sibiriens verschiedene Mittel zur Anwendung, angefangen von der Deportation von Sträflingen, Kriegsgefangenen u. s. w. bis zur Aufstellung einer ganzen Reihe von Begünstigungsmaßregeln für die freiwilligen Ansiedler. Die Zahl der zwangsweise nach Sibirien verschickten Personen ist im Vergleich zur Anzahl der freiwilligen Ansiedler während der ganzen Zeit, in der die Deportation zu Recht bestanden hat, recht gering. Jetzt nach dem Ausbau des Sibirischen Schienenweges, durch den Sibirien engen Anschluss an das Europäische Russland gewinnt, hat die Russische Regierung sich entschlossen, die Deportation nach Sibirien im Interesse der sozialen Entwickelung dieses Landes aufzugeben.
Was die freiwillige Kolonisierung Sibiriens anbelangt, so ließ die Moskauer Regierung, um die Versorgung dieses Landes mit eigenem Getreide sicherzustellen, bereits seit 1590 an die nicht hörigen, d. h. dem Gutsherrn gegenüber nicht fronpflichtigen Bauern der an Sibirien angrenzenden Gebiete des Europäischen Russlands vielfach die Aufforderung zur Übersiedelung ergehen. Daneben wird der Besiedelung der Verkehrswege und — mit dem im XVIII. Jahrhundert beginnenden Aufschwünge des Bergbaus in Sibirien — auch der Vermehrung der Bevölkerung in den sibirischen Bergwerksdistrikten ernste Fürsorge gewidmet. Eine ungleich größere Bedeutung, als die von der Regierung in Angriff genommene Kolonisation Sibiriens, hatte aber der heimliche Zuzug von Ansiedlern aus der Zahl der ihren Gutsherrn entlaufenen Fronbauern, die nach Freiheit und Unabhängigkeit strebten. Der Umfang der freiwilligen Kolonisation Sibiriens lässt sich daraus ermessen, dass zu Beginn des XIX. Jahrhunderts allein in Westsibirien die russische Bevölkerung bereits über 600.000 Menschen betrug, von denen die weitaus überwiegende Mehrzahl eigenmächtig, ohne Zutun der Regierung, übergesiedelt war. Im XIX. Jahrhundert trat in dem Gange der Übersiedelungsbewegung ein bedeutender Umschwung ein, dank der großen Reform des Zar-Befreiers Alexander II., der 1861 die Leibeigenschaft abschaffte. Seit dieser Zeit bilden das Hauptkontingent der Übersiedelnden die früher gutsherrlichen Bauern aus den am dichtesten bevölkerten und vorzugsweise ackerbautreibenden Gegenden des Europäischen Russlands, wo unter dem Einfluss eines starken natürlichen Bevölkerungszuwachses und in Folge des extensiven Charakters des bäuerlichen Wirtschaftsbetriebes die den Bauern bei ihrer Befreiung zum Eigentum überwiesenen Landanteile sich bald als unzulänglich erwiesen. Die Zersplitterung des bäuerlichen Grundbesitzes in diesen Gegenden, in Verbindung mit dem hier— im Gegensatz zu den Fabrikbezirken des Reichs — auftretenden Mangel an gewinnbringendem Nebenverdienst, sowie der Unmöglichkeit eines schnellen Überganges zu intensiverem bäuerlichen Wirtschaftsbetriebe, bildet noch heute den wichtigsten Faktor der Übersiedelungsbewegung. Im Laufe der beiden Dezennien von 1860 bis 1880 siedelten gegen 110.000 Menschen nach Sibirien über, in den dreizehn Jahren von 1880 bis 1892 dagegen über 440.000. Der große Umfang, den die Übersiedelungsbewegung in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts annahm, und deren elementarer Charakter bewog die Regierung, die Notwendigkeit einer Regelung und geordneten Leitung dieser wichtigen Erscheinung des Volkslebens ins Auge zu fassen. 1885 wurde zum ersten Mal in Westsibirien eine besondere Abteilung aus Topographen und Landanweisungsbeamten speziell zur Einrichtung von Ansiedelungsgrundstücken gebildet und 1889 ein allgemeines Gesetz über die Besiedelung der sibirischen Kronsländereien erlassen, dessen Hauptgrundsätze noch bis jetzt zu Kraft bestehen. Den mit Genehmigung der Regierung nach Sibirien übersiedelnden Kolonisten soll Land im Umfange von 15 Dessjatinen *) auf jede Person männlichen Geschlechts zu ständiger Nutznießung angewiesen werden, unter Befreiung von allen Abgaben im Laufe der ersten 3 Jahre nach erfolgter Ansiedelung und mit Herabsetzung der Abgabenlast in den 3 nächstfolgenden Jahren bis auf die Hälfte, sowie mit Gewährung eines dreijährigen Aufschubs bei der Ableistung der allgemeinen Wehrpflicht. Abgesehen von der Einwanderung nach Sibirien auf dem Landwege über den Ural, wurde von der Regierung auch der Transport der Übersiedler nach dem Süd-Ussurigebiet zur See auf den Schiffen der Freiwilligen Flotte organisiert. Auf diesem Wege wurden in dem Zeitraum von 1883 bis 1892 insgesamt 17.000 Menschen befördert. Den in das Amur- und in das Küstengebiet Übersiedelnden werden besondere Vergünstigungen gewährt, wie namentlich: Anweisung von 100 Dessjatinen Land für jede Familie, Befreiung von allen Abgaben und sonstigen Leistungen für den Staat auf die Dauer von 20 Jahren u. dgl. m. Im J. 1893, nach Errichtung des Komites der Sibirischen Eisenbahn, wurde das ganze Kolonisationswesen Sibiriens mit dem Bau dieser Bahn in engsten. Zusammenhang gebracht und die Oberleitung dieser Angelegenheiten in die Hände des genannten Komites gelegt.
*) Dessjatine = l, 09251 Hectar.
Die nächste Folge der Übersiedelungsbewegung nach Sibirien war die Besetzung durch russische Einwanderer des zur landwirtschaftlichen Benutzung geeigneten südlichen Landstriches, welcher sich vom Ural bis zum Baikalsee und jenseits desselben durch das Stromgebiet des Amur bis zum Japanischen Meer erstreckt. In der Verteilung der Bevölkerung auf die einzelnen Gebiete macht sich eine große Ungleichmäßigkeit bemerkbar, was sowohl durch die lokalen Verhältnisse dieser Rayons, als auch durch ihre größere oder geringere Entfernung vom Europäischen Russland bedingt wird. Nach den Ergebnissen der Volkszählung vom Jahre 1897 entfiel von der 8.188.368 Einwohner betragenden Gesamtbevölkerung Sibiriens mehr als ein Drittel (3.367.576 Menschen) auf die beiden westsibirischen Gouvernements (Tobolsk und Tomsk); die vier Steppengebiete zählten 2.461.278 Einwohner, die Gouvernements Irkutsk und Jenisseisk — 1.066.419, das Amurland nebst der Insel Sachalin — 1.031.364 und endlich das Gebiet Jakutsk— 261.731 Einwohner.
Was den Bestand der sibirischen Bevölkerung in Bezug auf ihre Abstammung anbetrifft, so zeichnet sich derselbe durch große Mannigfaltigkeit aus, im Hinblick auf die große Anzahl der dortigen Fremdvölker, die teils zu den Urbewohnern des Landes gehören, teils aber aus der benachbarten Mongolei noch vor der Besitzergreifung Sibiriens durch Russland dorthin eingewandert waren; die zahlreichsten dieser Volksstämme sind die Kirgisen und die Tataren in Westsibirien, die Burjaten und die Tungusen in den mittelsibirischen Gouvernements und in Transbaikalien. Ungeachtet dessen weist Sibirien heut zu Tage den Charakter eines vollständig russischen Landes auf, dank dem bedeutenden Überwiegen des russischen Elements, welches z. B. in der Agrikulturzone Westsibiriens bis 96%, in Mittelsibirien — bis 84% und in Transbaikalien — 70%, der Gesamtbevölkerung ausmacht; die eingeborene Bevölkerung überwiegt nur in dem polaren Tundrengebiete, das an dem Kulturleben Sibiriens gar keinen Anteil nimmt, und in der Kirgisensteppe, wo die Kopfzahl der russischen Ackerbauer kaum 25% der Gesamtbevölkerung erreicht.
Die mittelsibirischen Gouvernements Jenisseisk und Irkutsk liegen im Stromgebiet des Jenissei und sind, im Gegensatz zu dem vorwiegend ebenen Territorium Westsibiriens, von niedrigen Ausläufern des die Grenzscheide zwischen Russland und China bildenden Sajan-Gebirges durchzogen. Das Klima ist in diesen Gouvernements etwas rauer als in Westsibirien. In seinem östlichen Teile grenzt das Gouvernement Irkutsk an den Baikal-See, das größte Süßwasserbecken der alten Welt, welches an Längenausdehnung (660 Km) dem Adriatischen Meer gleichkommt und 35 bis 90 Km breit ist, somit einen Flächenraum von 34.000 Quadrat-Km bedeckt. Der Angarafluss, welcher den westlichen Ausfluss dieses Sees bildet verbindet denselben mit dem Jenissei. Die eben erwähnten Gouvernements sind reich an Gold, Silber, Kupfer, Eisen, Nephrit usw. Das ungeheure Jakutskische Gebiet, welches das Flussgebiet der Lena umfasst, ist sehr gebirgig und zeichnet sich durch ein raues Klima aus das den Ackerbaubetrieb nur in dem südlichem Teile des Gebiets und auch dort nur sporadisch aufkommen lässt. Zu den Mineralschätzen des Gebiets Jakutsk, an denen hier kein Mangel ist, gehören Silber-Bleierze, Eisen, Steinkohle, farbige Steine, Steinsalz und namentlich Gold.
Das Amurland oder vielmehr das Amur- und Küstenterritorium umfasst das gesamte zu Russland gehörende linke Flussgebiet des Amur, sowie den Küstenstrich am Japanischen, Ochotskischen und Behringsmeer, mit Einschluss der großen Halbinsel Kamtschatka und der Insel Sachalin. Von den drei administrativen Bezirken, in die dieses Lind zerfällt, weist das von Gebirgszügen bedeckte Transbaikalien ein vollständig kontinentales Klima auf, das dort rauer ist, als in den diesseits des Baikalsees gelegenen Teilen Sibiriens; trotzdem finden sich in den südlichen Distrikten Transbaikaliens (ungefähr bis zum 53° nördl. Breite) von der russischen Bevölkerung gut kultivierte und durch die Flüsse des Baikal- und Amurrayons reichlich bewässerte Täler vor, sowie auch Steppen, die für die Herden der dortigen Nomadenvölker (Burjaten und Tungusen), und russischer Kosaken (die in den China benachbarten Grenzgebieten angesiedelt wurden) vorzügliche Weideplätze liefern. Transbaikalien besitzt große Mineralschätze wie namentlich Goldlager, Silber-, Blei- und Kupfererze, auch Zinn- und Quecksilberlager, sowie Steinkohlenflötze; überdies kommen hier vielfach Mineralquellen vor. Von den übrigen Landstrichen des Amur- und Küstenterritoriums weist das Amurgebiet, sowie der südliche Teil des Küstengebiets denselben Gebirgscharakter wie Transbaikalien auf, hat aber in Folge der Nähe des Stillen Ozeans ein milderes, feuchteres und dem Ackerbau durchaus günstiges Klima. Die Kolonisierung dieses Landes, besonders im Stromgebiet des Ussuri, des wichtigsten Nebenflusses des Amur, geht durchaus erfolgreich vor sich und liefert ausgezeichnete Resultate. Was sodann die im Norden des Küstengebiets gelegenen Bezirke von Ochotsk und Kamtschatka betrifft, so macht hier, wie auch auf der Insel Sachalin, die Ungunst der klimatischen Verhältnisse jede Entwicklung der Landwirtschaft unmöglich.
Die Angliederung Sibiriens an das Russische Reich begann am Ende des XVI. Jahrhunderts während der Regierung Johanns des Schrecklichen, als Russland, das kurz vorher die Tatarenreiche Kasan und Astrachan erobert und von dem ausgedehnten Stromgebiet der Wolga mit dem daran stoßenden Uralgebirge Besitz ergriffen hatte, bereits zu großer politischer Macht gelangt war. Der Ruhm des ersten Eroberers Sibiriens gebührt dem Volkshelden Jermak, welcher im Jahre 1581 mit einer Schar von 500 Kosaken den Ural überschritt, den Tatarenchan Kutschuin aufs Haupt schlug, seine Residenz Isker oder Sibir besetzte und die Tataren in die südlichen Steppen vertrieb. Als die Nachricht von der Eroberung des Sibirischen Reichs nach Moskau gelangte, wurde von dort aus ein Wojewode mit einem größeren Heer Jermak zu Hilfe ausgesandt. Nach dem Tode Jermaks, der 1584 in den Fluten des Irtysch umkam, setzten diese Truppen das von ihm begonnene Werk fort und gründeten die ersten russischen Städte in Sibirien, nämlich Tjumen am Turafluss und Tobolsk am Irtysch. Bei ihrem weiteren Vordringen nach Osten bis zum Amur (wohin sie bereits gegen Mitte des XVII Jahrhunderts gelangten) stießen die Russen fast auf keinen ernsthaften Widerstand mehr. Bei dem ersten Zusammentreffen mit ihnen unterwarfen sich die eingeborenen Stämme, meist ohne jeden Kampf, der Herrschaft des mächtigen russischen Zaren und wurden tributpflichtig gemacht. Zur Festigung der Bande zwischen dem Moskauischen Zarenreich und den neuerworbenen Gebieten errichtete die Regierung nach und nach eine ganze Reihe befestigter Stützpunkte, die in der Folge zu Städten heranwuchsen. In kurzer Zeit — vom Ende des XVI. bis zur Mitte des XVII. Jahrhunderts — gehen die Flussgebiete der drei mächtigsten sibirischen Ströme, des Ob, des Jenissei und der Lena, allmählich in den Besitz Russlands über und die Grenzen Sibiriens erweitern sich immer mehr und mehr nach Osten hin. Das schnelle Vordringen der Russen in das Innere Sibiriens wurde durch die natürlichen orographischen Verhältnisse dieses Landes — durch das Fehlen hoher, schwer übersteigbarer Bergrücken und durch den Überfluss an zweckentsprechend gelegenen Wasserläufen — nicht wenig begünstigt. Als Vorläufer dieser Bewegung erscheinen kleine Trupps freier Kosaken, die meist von den Wojewoden der neuentstandenen Festungen ausgesandt werden, um die eingeborenen Stämme tributpflichtig zu machen. Diese in gänzlich unbekannte Gegenden vordringenden Kosakenscharen legten eine Staunenswerte Tatkraft und Unternehmungslust bei der Erfüllung der ihnen zu Teil gewordenen historischen Aufgabe der Erweiterung der Grenzen des Russischen Reichs an den Tag. Bereits im XVII. Jahrhundert gelangen sie nach der einen Seite zum Nördlichen Eismeer und erforschen seine Küsten, wobei sie auf dem Seewege durch die von ihnen zuerst entdeckte Behringsstraße bis Kamtschatka vordringen (Deshnews Expedition), nach der anderen Seite erreichen sie das Ochotskische Meer und den Amurstrom (die Expeditionen Pojarkows und Chabarows). Im Jahre 1697 wurde durch den Kosaken Atlassow Kamtschatka dem Russischen Reiche einverleibt. Im XVIII. Jahrhundert nehmen nach und nach die nomadisierenden Kirgisenstämme der Steppengebiete die russische Untertanschaft an; gegen Mitte des XIX- Jahrhunderts wird von dem Kapitän Newelski die Mündung des Amur entdeckt und erfolgt durch den Generalgouverneur von Ostsibirien Murawjew (den späteren Grafen Murawjew-Amurski) die Annexion des Amurgebiets, welches auf Grund des 1860 vom Grafen N. Ignatjew abgeschlossenen Pekinger Vertrages seitens der Chinesischen Regierung definitiv an Russland abgetreten wird. Die Einverleibung dieses Gebiets war für Russland von hoher Bedeutung, da es dadurch freien Zutritt zum Japanischen Meer erlangte. Endlich erwarb Russland auf Grund der 1875 mit Japan abgeschlossenen Konvention die Insel Sachalin, die hiernach als Internierungsort für besondere schwere Verbrecher diente.
Gleichzeitig mit der Eroberung Sibiriens geht auch die Kolonisierung dieses Landes durch Einwanderer aus dem Europäischen Russland vor sich. Die ersten Ansiedler waren dieselben freien Kriegsleute, denen die Besitzergreifung dieses Landes zu verdanken ist und die, nachdem sie sich hier niedergelassen hatten, das Sibirische Kosakenheer bildeten. Um die Besiedelung Sibiriens durch russische Kolonisten erfolgreicher zu gestalten und die Verschmelzung dieses Landes mit den übrigen Teilen des Reichs zu beschleunigen, bringt die Moskauer Regierung sogleich nach der Eroberung Sibiriens verschiedene Mittel zur Anwendung, angefangen von der Deportation von Sträflingen, Kriegsgefangenen u. s. w. bis zur Aufstellung einer ganzen Reihe von Begünstigungsmaßregeln für die freiwilligen Ansiedler. Die Zahl der zwangsweise nach Sibirien verschickten Personen ist im Vergleich zur Anzahl der freiwilligen Ansiedler während der ganzen Zeit, in der die Deportation zu Recht bestanden hat, recht gering. Jetzt nach dem Ausbau des Sibirischen Schienenweges, durch den Sibirien engen Anschluss an das Europäische Russland gewinnt, hat die Russische Regierung sich entschlossen, die Deportation nach Sibirien im Interesse der sozialen Entwickelung dieses Landes aufzugeben.
Was die freiwillige Kolonisierung Sibiriens anbelangt, so ließ die Moskauer Regierung, um die Versorgung dieses Landes mit eigenem Getreide sicherzustellen, bereits seit 1590 an die nicht hörigen, d. h. dem Gutsherrn gegenüber nicht fronpflichtigen Bauern der an Sibirien angrenzenden Gebiete des Europäischen Russlands vielfach die Aufforderung zur Übersiedelung ergehen. Daneben wird der Besiedelung der Verkehrswege und — mit dem im XVIII. Jahrhundert beginnenden Aufschwünge des Bergbaus in Sibirien — auch der Vermehrung der Bevölkerung in den sibirischen Bergwerksdistrikten ernste Fürsorge gewidmet. Eine ungleich größere Bedeutung, als die von der Regierung in Angriff genommene Kolonisation Sibiriens, hatte aber der heimliche Zuzug von Ansiedlern aus der Zahl der ihren Gutsherrn entlaufenen Fronbauern, die nach Freiheit und Unabhängigkeit strebten. Der Umfang der freiwilligen Kolonisation Sibiriens lässt sich daraus ermessen, dass zu Beginn des XIX. Jahrhunderts allein in Westsibirien die russische Bevölkerung bereits über 600.000 Menschen betrug, von denen die weitaus überwiegende Mehrzahl eigenmächtig, ohne Zutun der Regierung, übergesiedelt war. Im XIX. Jahrhundert trat in dem Gange der Übersiedelungsbewegung ein bedeutender Umschwung ein, dank der großen Reform des Zar-Befreiers Alexander II., der 1861 die Leibeigenschaft abschaffte. Seit dieser Zeit bilden das Hauptkontingent der Übersiedelnden die früher gutsherrlichen Bauern aus den am dichtesten bevölkerten und vorzugsweise ackerbautreibenden Gegenden des Europäischen Russlands, wo unter dem Einfluss eines starken natürlichen Bevölkerungszuwachses und in Folge des extensiven Charakters des bäuerlichen Wirtschaftsbetriebes die den Bauern bei ihrer Befreiung zum Eigentum überwiesenen Landanteile sich bald als unzulänglich erwiesen. Die Zersplitterung des bäuerlichen Grundbesitzes in diesen Gegenden, in Verbindung mit dem hier— im Gegensatz zu den Fabrikbezirken des Reichs — auftretenden Mangel an gewinnbringendem Nebenverdienst, sowie der Unmöglichkeit eines schnellen Überganges zu intensiverem bäuerlichen Wirtschaftsbetriebe, bildet noch heute den wichtigsten Faktor der Übersiedelungsbewegung. Im Laufe der beiden Dezennien von 1860 bis 1880 siedelten gegen 110.000 Menschen nach Sibirien über, in den dreizehn Jahren von 1880 bis 1892 dagegen über 440.000. Der große Umfang, den die Übersiedelungsbewegung in der zweiten Hälfte des XIX. Jahrhunderts annahm, und deren elementarer Charakter bewog die Regierung, die Notwendigkeit einer Regelung und geordneten Leitung dieser wichtigen Erscheinung des Volkslebens ins Auge zu fassen. 1885 wurde zum ersten Mal in Westsibirien eine besondere Abteilung aus Topographen und Landanweisungsbeamten speziell zur Einrichtung von Ansiedelungsgrundstücken gebildet und 1889 ein allgemeines Gesetz über die Besiedelung der sibirischen Kronsländereien erlassen, dessen Hauptgrundsätze noch bis jetzt zu Kraft bestehen. Den mit Genehmigung der Regierung nach Sibirien übersiedelnden Kolonisten soll Land im Umfange von 15 Dessjatinen *) auf jede Person männlichen Geschlechts zu ständiger Nutznießung angewiesen werden, unter Befreiung von allen Abgaben im Laufe der ersten 3 Jahre nach erfolgter Ansiedelung und mit Herabsetzung der Abgabenlast in den 3 nächstfolgenden Jahren bis auf die Hälfte, sowie mit Gewährung eines dreijährigen Aufschubs bei der Ableistung der allgemeinen Wehrpflicht. Abgesehen von der Einwanderung nach Sibirien auf dem Landwege über den Ural, wurde von der Regierung auch der Transport der Übersiedler nach dem Süd-Ussurigebiet zur See auf den Schiffen der Freiwilligen Flotte organisiert. Auf diesem Wege wurden in dem Zeitraum von 1883 bis 1892 insgesamt 17.000 Menschen befördert. Den in das Amur- und in das Küstengebiet Übersiedelnden werden besondere Vergünstigungen gewährt, wie namentlich: Anweisung von 100 Dessjatinen Land für jede Familie, Befreiung von allen Abgaben und sonstigen Leistungen für den Staat auf die Dauer von 20 Jahren u. dgl. m. Im J. 1893, nach Errichtung des Komites der Sibirischen Eisenbahn, wurde das ganze Kolonisationswesen Sibiriens mit dem Bau dieser Bahn in engsten. Zusammenhang gebracht und die Oberleitung dieser Angelegenheiten in die Hände des genannten Komites gelegt.
*) Dessjatine = l, 09251 Hectar.
Die nächste Folge der Übersiedelungsbewegung nach Sibirien war die Besetzung durch russische Einwanderer des zur landwirtschaftlichen Benutzung geeigneten südlichen Landstriches, welcher sich vom Ural bis zum Baikalsee und jenseits desselben durch das Stromgebiet des Amur bis zum Japanischen Meer erstreckt. In der Verteilung der Bevölkerung auf die einzelnen Gebiete macht sich eine große Ungleichmäßigkeit bemerkbar, was sowohl durch die lokalen Verhältnisse dieser Rayons, als auch durch ihre größere oder geringere Entfernung vom Europäischen Russland bedingt wird. Nach den Ergebnissen der Volkszählung vom Jahre 1897 entfiel von der 8.188.368 Einwohner betragenden Gesamtbevölkerung Sibiriens mehr als ein Drittel (3.367.576 Menschen) auf die beiden westsibirischen Gouvernements (Tobolsk und Tomsk); die vier Steppengebiete zählten 2.461.278 Einwohner, die Gouvernements Irkutsk und Jenisseisk — 1.066.419, das Amurland nebst der Insel Sachalin — 1.031.364 und endlich das Gebiet Jakutsk— 261.731 Einwohner.
Was den Bestand der sibirischen Bevölkerung in Bezug auf ihre Abstammung anbetrifft, so zeichnet sich derselbe durch große Mannigfaltigkeit aus, im Hinblick auf die große Anzahl der dortigen Fremdvölker, die teils zu den Urbewohnern des Landes gehören, teils aber aus der benachbarten Mongolei noch vor der Besitzergreifung Sibiriens durch Russland dorthin eingewandert waren; die zahlreichsten dieser Volksstämme sind die Kirgisen und die Tataren in Westsibirien, die Burjaten und die Tungusen in den mittelsibirischen Gouvernements und in Transbaikalien. Ungeachtet dessen weist Sibirien heut zu Tage den Charakter eines vollständig russischen Landes auf, dank dem bedeutenden Überwiegen des russischen Elements, welches z. B. in der Agrikulturzone Westsibiriens bis 96%, in Mittelsibirien — bis 84% und in Transbaikalien — 70%, der Gesamtbevölkerung ausmacht; die eingeborene Bevölkerung überwiegt nur in dem polaren Tundrengebiete, das an dem Kulturleben Sibiriens gar keinen Anteil nimmt, und in der Kirgisensteppe, wo die Kopfzahl der russischen Ackerbauer kaum 25% der Gesamtbevölkerung erreicht.
Kosaken und Tscherkessen
Garde Tscherkesse
Tarantaß - Russlands Postkutsche
Grusiner
Das heutige Russland
Im Schneesturm
Kosaken
Mutterliebe
Ganz privat - Teestunde am Samowar
Russisches Bauernmädchen
Eine Großrussin
Russischer Dorfmusikant
Auf dem Vieh- und Fleischmarkt in St. Petersburg
Eine Troika
Brennholztransport auf dem Ladoga-See. Im Hintergrund die Festung Schlüsselburg.
Personentransport im Winter
Bauernhochzeit
Mamutlokomotive
Milchverkauf am Zug
sibirischer Reisewagen