Die Gründung des Klosters in Althof. 1171.

Die Geschichte Doberans beginnt im zwölften Jahrhundert, als das Christentum zuerst im Lande Mecklenburg Verbreitung fand. Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern, hatte statt nach Osten einen Kreuzzug nach Norden gegen die Wenden unternommen, um erst einmal, wie er sagte, das Heidentum im eigenen Lande auszurotten, und sodann, um deutsches Leben und Wesen in die alten germanischen Siedlungsgebiete jenseits der Elbe zurückzuführen. So kam er nach Mecklenburg.
Im Kampfe mit ihm war 1160 der Wendenfürst Niclot, der Stammvater des mecklenburgischen Fürstengeschlechts, gefallen und dessen Sohn Pribislaw nach vergeblichem Widerstande zur Übergabe und christlichen Taufe genötigt worden. Pribislaw wurde von Heinrich dem Löwen, nachdem er am 29. April 1166 im Kloster St. Michael zu Lüneburg getauft war, zum Verwalter des Landes Mecklenburg wieder eingesetzt, während er seinen Bruder Wertislaw 1164 vor der Burg Malchow hatte hängen lassen.
Pribislaw gründete nun aus Veranlassung des Bischofs Berno von Mecklenburg im heutigen Althof ein Kloster zur Betätigung und Verbreitung des neuen Christenglaubens. Er tat es um so lieber, als er seinerseits vor allen Dingen die Kulturarbeit der Mönche gewinnen und für sein Land und Wendenvolk nutzbar machen wollte. Das Kloster wurde der heiligen Jungfrau und dem heiligen Nicolaus gemeinsam geweiht und mit Mönchen aus dem Orden des heiligen Bernhard besiedelt. Dem heiligen Nicolaus musste schon ein Schutzherrenrecht mit eingeräumt werden, weil das Kloster in der Nähe der See lag und St. Nicolaus der Schirmherr der Seeleute war *).

*) Daher die vielen Nikolaikirchen in den Seestädten.

Am 1. März 1171 erschien in dieser Waldgegend eine Schar von dreizehn Männern in den langen grauen Gewändern der Zisterziensermönche. Ihre Füße bedeckten Riemenschuhe, ein Strick umgürtete ihre Lenden, und der Führer K o n r a d trug das Kreuz in seiner Hand voran. Der fromme Abt Everhelm im fernen Kloster Amelungsborn am Weserstrande hatte sie ausgesandt, und nach wochenlanger Fußwanderung, getreu nach den Ordensregeln die täglichen Gebetsstunden innehaltend, hatten sie den langen Weg bis hierher zurückgelegt. Glücklicherweise fanden sie die Heimstätte bereitet vor, erbaut von dem, der die Mönche gerufen. Aus Holz aufgeführt und mit Stroh gedeckt, erhoben sich das Bethaus, das Speisehaus, die Herberge für fremde Gäste und die Halle des Pförtners. So forderte es die Satzung des Ordens. Nur dann wurde eine neue Niederlassung gegründet, wenn zuvor die notwendigsten Gebäude dazu errichtet waren. Die Schar der Dreizehn bildete nach dem Vorbilde des Heilandes und seiner zwölf Jünger den ersten „Konvent“ des neuen Klosters zu Althof.
Das neue Kloster konnte seinen Stammbaum in gerader Linie über Amelungsborn in Braunschweig, Altencamp am Rhein und Morimont in Lothringen auf das Mutterkloster Citeaux (Cistericum) in Frankreich zurückführen.
Bald begann das Kloster zu Althof seine Arbeit, durch die sich der Zisterzienserorden so große Verdienste um die Fruchtbarmachung weiter Waldstrecken und sumpfiger Gegenden erworben hat; es entstand in wenigen Jahren eine blühende Niederlassung. Gleich in der ersten Zeit nach der Gründung starb Pribislaws Gemahlin Woizlawa, die in dem Kirchlein des jungen Klosters, ihrer Lieblingsstätte, beigesetzt wurde. Sie soll, der Sage nach, eines christlichen Königs von Norwegen Tochter gewesen sein und ihren Gemahl zur Taufe und zur Gründung von Althof mit veranlasst haben. Ihre lateinische Grabinschrift, die man aus Bruchstücken einer uralten Ziegelinschrift zusammengefügt hat, lautet in deutscher Übersetzung: „Im Jahre eintausend, zehnmal sechzehn und zwölf (1172), nachdem von der Jungfrau der große Löwe und das fromme Lamm geboren ward, ist die Gründerin des Klosters, Woizlawa, die Landesherrin, treu im Glauben hier in Frieden begraben.“ Pribislaw selber starb am 30. Dezember 1178 an einem Lanzenstich in den Kopf, den er bei einem Turnier in Lüneburg, als er auf der Rückreise vom heiligen Lande begriffen war, empfangen hatte. Er wurde vierzig Jahre später,1219, nach Doberan überführt und in der neu erbauten Doberaner Kirche beigesetzt.
Als Pribislaw gestorben war, zog für das junge Kloster eine schwere Zeit herauf. Noch einmal versuchte das Heidentum, wider den Stachel zu löcken. Es ist wahrscheinlich, dass an der Stelle des Klosters in Althof früher ein Heiligtum des Wendengötzen Radegast gestanden hat. Ein großer Opferstein mit schalenförmiger Vertiefung, der 1851 in der Nähe der Kapelle ausgegraben und jetzt vor derselben neben dem Eingange aufgestellt ist, spricht mindestens dafür. Da hatten die Radegastpriester im Stillen geschürt und die Köpfe des Volkes erhitzt. In einer Septembernacht des Jahres 1179 wurde von den ergrimmten Slawen das Kloster überfallen und in Brand gesteckt; die betenden und fliehenden Brüder, achtundsiebenzig an der Zahl, fanden den Märtyrertod. Nur einzelne entkamen, unter ihnen Abt Konrad I. Die Sonne beleuchtete am Morgen einen traurigen Trümmerhaufen von Häusern und Leichen, einen Gräuel der Verwüstung an heiliger Stätte. Die Wut der Wenden war so gewaltig, dass selbst Fürst Nicolaus zu Rostock, ein Neffe des Pribislaw und der Sohn des von Heinrich dem Löwen gehenkten Wertislaw, der sich ihnen mit seinen Mannen entgegenstellte und den Aufstand dämpfen wollte, am 11. Dezember 1179 zurückgeschlagen wurde:


„Daz Wendenfulg von Circipan
gar mechtiglich den Stryd gewann“,

so berichtet Kirchberg in seiner Reimchronik aus dem Jahre 1378.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Geschichte von Doberan-Heiligendamm.