Die Anfänge der Stadt unter den Erzbischöfen

Die Anfänge der Stadt unter em Erzbischöfen bis zur Begründung der innern Selbständigkeit ihres Gemeinwesens oder der Zusammenfassung des ältesten Stadtbuches. (1270.)

So lange es sesshafte Bewohner im Norden der Elbe gegeben hat, muss Hamburg oder vielmehr die Stätte, welche es einnimmt, ein vielbesuchter Ort gewesen sein; denn seine Lage selbst ladet dazu ein, und macht jene Stätte zu einer von den Herzueilenden nicht zu umgehenden; es musste hier eben mit der fortschreitenden Zivilisation der Bewohner notwendig eine Stadt entstehen. Um jene Lage sich zu vergegenwärtigen, ist Alles das hinweg zu denken, was spätere Kunst, in der Notwehr gegen das Andringen der Gewässer und zum Schutz der Ansiedelungen entstehen ließ. Die Alster, noch nicht durch zwei Mühlendämme (bei der Mühlenbrücke und der Schleusenbrücke) aufgestaut und weit wasserreicher als jetzt, aus den vielen seine Ufer bekränzenden Waldhügeln genährt, strömte damals in ununterbrochenem raschen Schlängellaufe, mehrere Inseln bildend, und von weiten, sich beiderseits zu den gleich zu beschreibenden Höhenrücken hinziehenden Sumpf- oder Moorwiesen umsäumt, die allwinterlich bei der Schneeschmelze unter Wasser stehen mussten, ungehindert in die Elbe, und erreichte dieselbe da, bis wohin sehr merkbar die Hochflut des Meeres sich zeigen konnte. Von Osten her kam die Bille, längs des Höhensaumes, wie er sich bis Lauenburg erstreckt, und ergoss sich, das spätere Bett der Mittelwetterung etwa einnehmend, in mehreren Armen, ungefähr bei der späteren Neuenburg, in die Alster. In jenen Zeiten hat denn auch der Teil der Niederelbe, welcher zwischen dem Stadtdeich und dem Grafbrook zur Stadt rinnt, als solcher noch nicht existiert, obschon ein schmaler, in diesen Niederungen ungewisser Priel den späteren Hauptstrom schon anzeigen mochte. Die Elbe selbst, an keiner Stelle eingedeicht, muss bei Hochwasser alle Inseln, die damals eine ganz andere Gestalt hatten, und alles Vorland bis zu den Geesthöhen überschwemmt haben. Letztere ziehen sich nun ununterbrochen von Lauenburg, in dessen Nachbarschaft sich der einzige und berühmteste Elbübergang bei Artlenburg (Ertemborch) findet, bis zur Talsenkung, welche die Alster etwa beim jetzigen Hamburg durchbricht, und sind von jeher die Träger der ältesten Landwege gewesen. Mehrere solcher Landwege lassen sich noch jetzt erkennen, hinführend auf die Stelle der Alster, wo in der Gegend der vielen Inseln und vorliegenden Sandbänke eine Furt das Passieren des Flusses erlaubte. Man denke sich diesen Übergang etwa da, wo nachher die Mühlenbrücke gelegen. Hier stießen nun die beiden Landstraßen zusammen, die eine von Norden längs der Alster auf dem waldigen, sie begleitenden Höhenrücken, dem jetzigen St. Georg, hinlaufend, den Eilbeck überschreitend und die Teiche und Moorwiesen, welchen derselbe entquoll, vermeidend, die andere von Osten her über den ebenfalls dichtbewaldeten Höhenrücken der Bille entlang streichend. Beim jetzigen Speersort etwa mögen diese Landwege sich vereinigt haben, auf einer Höhe von ca. 40 Fuß über der Elbe. Der so vereinigte Weg überschritt nun die obengedachte Alsterfurt, zog in der Richtung des Burstah über mehrere kleine Alsterabflüsse und gewann, etwa unfern der jetzigen Constantinsbrücke, wieder das trockene Hochland, wo sich alsbald der vom nordwestlichen Alsterhöhenzuge herablaufende Landweg mit ihm vereinigte. Dann ging die Heerstraße durch dichte Waldung, besonders von Eichen, auf den Höhen längs der Elbe weiter, mehrere Bäche überschreitend, den Blankeneser Dünenhügeln zu. Wald und Sumpf kennzeichneten die ganze Gegend, jener aus mächtigen Eichen und Buchen eine Fortsetzung des großen Sachsenwaldes bildend, dieser reichlich genährt durch die vielen auf der Hochfläche zerstreuten Teiche und Moore. Während die Gegend um die St. Georgskirche und die von der Alster nach dem Grindel (eine alte Waldbenennung) stark bestanden waren, mag sich eine Lichtung zwischen ihr und dem Eichwalde aus der Elbhöhe des Thonplateau des Michaelis-Kirchspieles und der sandigen Gegend der späteren Sternschanze hinangezogen haben, ebensalls von einzelnen Teichen und Moorflächen durchbrochen, aus welcher Höhe die Wasserscheide zwischen den kleineren Bachzuflüssen der Alster und der Elbe, sowie deren Ursprungsstätte, zu suchen ist. Es waren dies, zur Alster eilend der Teilbeck, weiter auswärts der durch die Grindelhölzung in zwei Armen fließende Hundebeck. Die Isebeck, von den Bahrenfelder Sandhügeln herabkommend, bildete ein eigenes Quertal, nach Osten zur Alster streichend, während ein auf der Hochfläche des Michaelisplateau aus mehreren Teichen entspringender Bach, der spätere Pepermühlenbeck, in einem Bogen nach Westen und dann im raschen Laufe durch ein dichtes Waldtal (etwa die Grenze zwischen Altona und Hamburg) südwärts der Elbe zulief.


Es konnte nicht fehlen, dass an der häufig besuchten Alsterfurt der nordelbischen Sachsen, die als älteste Bewohner dieser Gegend genannt werden, sich nach der Weise dieses Volkes erst einzelne Meierhöfe und dann ein Ort bildeten, den man durch Wall und Graben notdürftig gegen die dort hausenden Feinde, die Menschen und das Alsterwasser, sichern mochte. In der Tat wird von den ältesten Geschichtsschreibern die Hammaburg (von Hamm, Wald, unstreitig so benannt) als ein Ort der nordelbischen Sachsen, den Karl der Große schon vorgefunden, namhaft gemacht. Denn erst mit diesem Frankenkönige beginnt für unsere Gegenden die eigentliche Geschichte. Der Sachsenstamm, in Westphalen, Engrer, Ostphalen und Nordliudi (Nordleute) zerfallend, geriet bekanntlich nach langen harten Kämpfen unter die Herrschaft der Franken, welche erst 804 durch den Frieden von Selz zum Ziele kamen, nachdem Karl der Große in immer wiederholten Raubzügen das Land verheert und mit Hilfe der wendischen Nachbarstämme die besten Kräfte des Sachsenvolkes teils aufgerieben, teils in andere Gegenden seines weiten Reiches verpflanzt hatte. Mit dem Schwerte der Franken ging der Religionseifer der Mönche zusammen, die unter dem Kaiserschutze überall ihre Taufkirchlein und ihre Missionsanstalten, Klöster und deren Schulen, in der Regel in oder bei den fränkischen Wehrburgen errichteten. Eine solche Burg nebst Taufkirchlein ließ nun auch Karl der Große 804 auf der alten Stätte Hammaburg, wo Bille und Alster zusammenflossen, errichten und übergab die geistlichen Interessen der Landschaft Stormarn, in welcher die Burg gelegen, der Pflege des Frankenpriesters Heridac. Erst 811 konnte die der Gottesmutter gewidmete Kirche geweiht und mit den Einkünften des Klosters Renai in Flandern dotiert werden. In der Nähe Hammaburgs wurden noch andere Burgen errichtet, so an der Elbe Hochbuki, eine zweite an der Alster und eine dritte bei Esesfleth (nachher Itzehoe). Das Marienkirchlein der Hammaburg lag wohl an der alten Heerstraße, die zur Alster ging, an der Stätte des nachherigen Domes, die älteste Burg etwas westlich davon am Alsterabhange. Die neuangelegte Stätte ward aber schon 810 von den Wilzen, einem wendischen Stamme, verbrannt und die kaiserliche Besatzung unter Graf Utho verjagt, der aber bereits im folgenden Jahr zurückkehrte. Die stürmischen Zeiten, welche die ersten Regierungsjahre Ludwigs des Frommen erfüllten, ließen die neue Missionsanstalt auch nicht zur Reise kommen: der Kaiser hatte genug mit den Normannen zu tun, Heridac war schon sechs Jahre nach seiner Einsetzung gestorben, und einstweilen musste der Bremer Bischof das Missionsgeschäft im Norden der Elbe besorgen. Erst 831 griff der Kaiser den Plan seines großen Vaters, in Hammaburg ein eigenes Bistum zu errichten, wieder auf, und fand glücklicherweise in dem Neucorveyer Mönche Ansgar, welchen sein Glaubenseifer bereits nach Dänemark und Schweden geführt hatte, das rechte Werkzeug für seine königlichen Pläne. Um Weihnachten des genannten Jahres ward Ansgar durch die Erzbischöfe von Metz, Reims, Trier und Mainz, mit Zustimmung der Bischöfe von Bremen und Verden, zum Erzbischof von Hammaburg geweiht und Papst Gregor IV. erteilte mit dem Pallium dem glaubenseifrigen Manne die Würde eines Legaten für die dänischen, schwedischen und slavischen Lande des Nordens. Der Kaiser wies dem neuen Erzstift als Zuflucht und zum Unterhalt des Klosters und seiner Schule die Abtei Torout in Westflandern an. Ansgar predigte mit Eifer und Erfolg unter Dänen und Slawen das Evangelium, und kaufte ihnen eine Anzahl Knaben ab, die er zum Dienste Gottes bestimmte, und teils in seiner Klosterschule erzog, teils nach Torout zur weitern Ausbildung sandte. Er vergrößerte und schmückte die Domkirche, errichtete ein Benediktiner-Kloster nebst Schule und der Kaiser schenkte der letzteren einige Bücher. Die kleine Stadt mag sich damals ungefähr aus den Umsang des Petri-Kirchspiels beschränkt haben, ein Graf Bernhard befehligte die Besatzung der Alsterburg, von Steingebäuden war noch keine Spur und Alles nur vom Holze der umgebenden Wälder errichtet. Doch gab es schon damals neben der kaiserlichen Burg, dem Kloster und der Domkirche eine eigentliche Vorstadt und in ihr sind wohl die Anfänge eines städtischen Verkehrs zu suchen.

Der Tod des Kaisers Ludwig (840) gab den umwohnenden Heiden das Signal zum Angriff aus die ihnen verhasste Zwingburg und die noch verhasstere Stätte des fremden, ausgedrungenen Glaubens. Plötzlich erschien an einem Abend eine Normannenschar in ihren Raubschiffen von der Elbseite her, die Stadt heimzusuchen. Die Einwohner derselben waren gänzlich überrascht und ohne kriegskundige Führung, indem Graf Bernhard sich nicht zur Stelle befand und die kleine. Besatzung nebst der schwachen Bürgerschar wenig für die Abwehr der wilden Heiden versprach. Dennoch ward der Widerstand versucht gegen die sich stetig mehrenden Seeräuber, welche in ihren kleinen Schiffen von allen Seiten her in die seichten Flussarme eindrangen. Doch bald sah Ansgar ein, dass der fruchtlose Kampf nur mit gänzlicher Vernichtung seiner Pflegbefohlenen enden würde: er gab den Rat zu fliehen und was in der späten Abendstunde noch entrinnen konnte, zerstreute sich in den umliegenden Wäldern. Die Normannen erstiegen die Wälle der Stadt und der Burg, vertilgten, was sich noch an wehrhaften Männern, Greisen, Weibern und Kindern vorfand, mit der Schärfe des Schwertes, plünderten die in Brand geratene Stadt aus und verweilten noch eine Nacht, den folgenden Tag und die zweite Nacht aus der Brandstätte; gegen Morgen zogen sie erst ab, ihren Raub, die Kirchenschätze und die gemachten Gefangenen, mit sich führend. Ansgar, welcher mit wenigen Begleitern nur die wertvollsten Reliquien seiner Kirche gerettet hatte, gewann nach vielen Umwegen das Elbufer oberhalb der Stadt, von wo aus er sich nach Bremen zum Bischof Leuderich begab. Dieser, eifersüchtig aus das neue Erzstift Hammaburg, versagte dem Geflüchteten Schutz und Aufenthalt, und derselbe irrte lange in den öden Haidegegenden des jenseitigen Elbufers umher, mühsam das gerettete Leben fristend. Da erbarmte sich seiner eine fromme Edelfrau in Bardengaue, Namens Jkia, welche ihm den Meierhos Ramsola (Ramesloh) an der Seeve, drei Meilen von Hammaburg etwa entfernt, schenkte, wo Ansgar sofort ein Kloster gründete, die geretteten Heiligtümer zu bergen und die umherirrenden Gefährten zu sammeln. Von hier aus fuhr der fromme Mann häufig über die Elbe, die verlassene Gemeinde, die sich allmählich aus den Trümmern ihrer alten Wohnstätte sammeln mochte, im Glauben an das Evangelium zu erhalten.

Zu diesem heimischen Unglücke kamen die Zerwürfnisse im Frankenreiche, der Zwist der Söhne Ludwigs nach dessen Tode, welcher, vom Erzbischof Ebo von Rheims und anderen ehrgeizigen Großen genährt, die Kräfte des Reiches verzehrte, dasselbe nach Außen des Schutzes beraubte und die Wiederherstellung des Erzstiftes Hamburg verhinderte. Als es endlich dem Papste Sergius gelang, jenen unseligen Bruderzwist beizulegen, fiel bei der Reichsteilung das Kloster Torout an König Carl von Gallien, wodurch dem Ansgar, der alsbald von fast allen seinen Mönchen verlassen ward, alle Subsistenzmittel entzogen wurden. Aber es erbarmte sich seiner und des Erzstiftes nach Leuderichs 847 Erfolgten Tode König Ludwig der Deutsche. Aus dem Mainzer in diesem Jahre gehaltenen Konzil ward beschlossen, die Bistümer Bremen und Verden so wieder herzustellen, wie sie unter Ludwig dem Frommen gewesen und dem Ansgar zu seinem Hammaburgischen auch noch den Bremischen Sprengel zuzuweisen, während ein Teil des Ersteren jenseits der Elbe dem Erzstifte Verden zugelegt wurde. Einen Widerspruch des Erzbischofs Günther von Köln gegen diese Anordnungen beseitigte ein 858 vom Könige erwirkter Machtspruch des Papstes Nicolaus.

Ansgar ging nun rüstig, gesichert durch die Freundschaft des mächtigen Dänenkönigs Horich, in dessen Stadt Sliaswic er eine Kirche gründete und durch dessen Schutz er in Schweden das begonnene Missionswerk fortzusetzen vermochte, an den Wiederausbau der zerstörten Hammaburg. Burg, Kirche, Kloster und Schule erhoben sich verschönert wieder aus den Ruinen und alsbald bauten sich auch die geflüchteten Einwohner wieder aus der alten Stätte an. Fortan waltete der fromme Ansgar hier in gewohnter segensvoller Weise weiter. Er kaufte viele Gefangene von den Heiden los und schenkte ihnen die Freiheit, Andere ließ er zum Dienst der Kirche unterweisen; er verfasste mehrere Erbauungsschriften, von denen eine unter dem Namen Pigmenta (Würze) sich erhalten hat; während er Psalmen sang, pflegte er Netze zu stricken. Seine Mildtätigkeit für die Armen war ohne Grenzen. So legte er das Armenspital St. Jürgen in Bremen an und dotierte es mit dem Zehnten einiger Dörfer; seinen Zehnten im ganzen Stifte, sowie den vierten Teil der in den Klosterkirchen einlausenden Gaben verwandte er ebenfalls aus die Unterstützung der Armen. Der ihn verehrende Volksglaube erzählte von einem so frommen und mildtätigen Manne Wunderwerke und als er 865 in seinem 64. Jahre der Ruhr erlag, hat ihn Papst Nicolaus heilig gesprochen. Sein Bild, früher im Dom, kam später in die Petrikirche. Als Stiftungen hinterließ der fromme Erzbischof, welcher seine Ruhestätte vor dem Marienaltar der Bremer St. Petrikirche fand, außer dem erwähnten Armenspital in Bremen die Klöster zu Ramesloh, zu Bremen und ein Nonnenkloster in Bassum.

Auf dem Erzstuhle folgte ihm Rimbert aus Torout, der langjährige Freund und Gehilfe des Verstorbenen, welcher vor Allem bemüht war, die vorhandenen frommen Stiftungen zu bestätigen und zu erweitern. Auch er predigte unablässig das Evangelium in den nordelbischen Landen und in Schweden, und verband mit der Milde seines Vorwesers, in dessen Fußstapfen er trat, eine größere Festigkeit des Charakters. Seine Regierungszeit war übrigens eine sehr stürmische. Nicht allein, dass nach dem Tode Ludwigs des Deutschen, welcher mit kräftiger Hand die dänischen Seekönige abgewehrt hatte, 876 dänische und slavische Scharen ganz Sachsen verwüsteten und zum zweiten Male die Hammaburg in Asche legten, wurde dem Rimbert auch noch sein Bistum von dem Erzbischof Herrman von Köln streitig gemacht. Rimbert stiftete das Kloster Bücken in der Einöde und erlangte durch einen Freibries des Kaisers Arnulf für die Bremische Kirche das Münz- und Marktrecht nebst der Zollberechtigung, wie solche das Erzstift schon lange in Hammaburg besessen. Als Rimbert 888 aus einer schwedischen Missionsreise gestorben war, ward sein Gehilfe Adalgar sein Nachfolger, welcher den Streit mit Herrman von Köln fortsetzen musste, aber nach mancherlei Misshelligkeiten die Beilegung desselben zu seinem Gunsten durch den 905 vom Papste Sergius III. erlassenen Machtspruch erlebte. Er starb vier Jahre nachher, während unter Ludwig dem Kinde Ungarn und Slawen im Wetteifer das unglückliche Deutschland verheerten.

Der nächste Erzbischof hieß Hoger, ein Mönch aus Corvey, unter dessen Walten der Hamburgische Sprengel von den benachbarten Slawenstämmen wieder viel zu leiden hatte. Von ihm, der eifrig die Zucht seiner Mönche überwachte und deshalb häufig in der Nacht nach Ramsola über die Elbe reiste, hat sich unter den Hirten und Bauern der Umgegend noch lange die Sage erhalten, dass, wenn um das alte, jetzt protestantische, Herrenstift ein plötzlicher Windstoß über die Haide oder durch die Bäume geht, die Leute sagten: „De olle Bischof kumpt, dat Stift to visiteeren.“ Der Nachfolger Hogers ward für wenige Monate Reginward, von dem wir außer seinem Namen nichts wissen, und dann Unni, der Kaplan König Conrads, der Freund und Kanzler des mächtigen Sachsenkaisers Heinrich des Finklers. Der Letztere sicherte nach kräftigen Siegesstreichen die nördliche Vormauer Sachsens gegen die Dänen, die Mark Schleswig, und bestellte den tapfern Grafen Herrman Billung zum Hüter Nordsachsens von der Eider zur Elde, Peene und Elbe. Unni wirkte viel zur Ausbreitung der christlichen Lehre in Dänemark und besonders in Schweden, wo er auch 936 gestorben ist. Bedeutender für Hammaburg wurde sein Nachfolger Adaldag, ein Edler von Meyendorff und Günstling der Kaiserin Mathilde, sowie ihres Sohnes, des gewaltigen Kaisers Otto I., dessen Kanzler Adaldag wurde. Von ihm erhielt der Letztere nicht allein die Bestätigung für die Freiheiten des Erzstiftes und seiner Klöster, sondern auch die volle Gerichtsbarkeit über die Hörigen desselben, das Heerbannsrecht und das Recht der freien Erzbischofswahl für den Sprengel. Der Erzbischof besaß schon damals das Münz- und Marktrecht, d. h. neben der Berechtigung, Zölle und andere Verkehrsabgaben zu erheben, auch die verschiedenartigen, den Kauf und Verkauf fördernde lokale Einrichtungen, z. B. rasche Rechtspflege für Handel und Marktverkehr, zu gewähren. Für den kaiserlichen Schirmvogt trat jetzt ein erzbischöflicher Beamter ein und alle weltliche Gewalt, bis auf den Blutbann, ging auf das Stift über. Adaldag war der erste Erzbischof, welchem Bischöfe in Ripen, Schleswig und Aarhuus untergeben wurden, und die Stiftung des Bistums Oldenburg in Wagrien fällt ebenfalls in diese Zeit. Für die Sicherheit der nordischen Lande sorgte der Kaiser durch Einsetzung des tapfern Herrman Billung als Herzog in Sachsen und benutzte Hammaburg mehrfach als Verbannungsort für angesehene Gefangene. So lebte hier eine Zeit lang der aufständische Herzog Eberhard von Franken und sogar der vom Kaiser abgesetzte Papst Benedikt V. Von diesem hat die Sage Manches zu berichten. Der arme Italiener, des milden Himmels gewohnt, habe sich oftmals beschwert über unser hyperboräisches Klima und sei in Krankheit und Kummer alsbald dahingesiecht. Vieles wäre von seiner Mildtätigkeit und Frömmigkeit zu berichten und habe er einst geweissagt, dass er hier bald sterben und begraben würde, dass alsdann eine schreckliche Zerstörung und Verwüstung dem Stifte und der Stadt Hammaburg bevorstehe, dass wilde Tiere in deren Trümmern hausen würden und dass auch das ganze Land, so lange sein Leib darin begraben liege, nicht in Frieden kommen würde; dass aber, nach Versetzung seiner Gebeine in die teure Heimat, durch die päpstliche Macht die Heiden und Widersacher Hammaburgs besiegt und vertrieben, Wohlfahrt und Glück wieder zurückkehren würden. Der Papst starb 965 und ward hier im Dom bestattet, wo man ihm ein Denkmal setzte, bestehend aus einem Stein-Sarkophag mit Bildwerk und Inschriften verziert, der aber wahrscheinlich bald zerstört ward. Später wurde es durch ein Grabsteinbild an derselben Stelle ersetzt, einen Fuß über den Boden der Kirche hervorragend, den Papst mit Aposteln, Heiligen, kämpfenden Rittern umgeben darstellend, und begleitet von einer Inschrift in Mönchsbuchstaben; dieses Bild verschwand erst 1805 beim Abtragen unserer alten Domkirche.

Es ist noch zu erwähnen, dass Kaiser Otto dem Adaldag gestattete, in Bremen einen Markt zu errichten, von dem die Kirche alle Nutzungen, Bann, Zoll und Münze bekam; der Kaiser nahm hiebet die Kaufleute noch in seinen besonderen Schutz und wir wissen, dass unter den ersten sächsischen Kaisern die Norddeutschen bereits einen lebhaften Verkehr mit England unterhielten.

Die Prophezeiung des Papstes Benedikt glaubte man am Ende des zehnten Jahrhunderts eintreffen zu sehen. Zwar hatte Otto II., bis zum Ottensund vordringend, sein Reich im Norden gegen die Dänen geschützt, aber der zwölfjährige blutige Slawenkrieg, welchen unter Herzog Bernhard I. von Sachsen der Übermut der sächsischen Fürsten hervorrief, zerrüttete den ganzen Norden Deutschlands. Die Abodritenfürsten Billug und Missizla verheerten die Elbgegenden und zerstörten mit anderen Burgen an der Elbe auch die zu Hamburg. Noch schrecklicher gestaltete sich das Schicksal dieser Gegenden, als nach vorübergehenden Erfolgen Kaiser Ottos III. über einige slavische Stämme, der Abodritenfürst Mistewoi, wie wir gleich erzählen werden, die sächsische Herrschaft und zugleich das Christentum abwarf. Von Adaldag ist noch zu erwähnen, dass er eine Menge Reliquien aus seinen Römerfahrten mit heimbrachte, für die Bremer Domschule und das dortige Spital eifrigst sorgte und den Holsten, Stormarn und Hadelern ihre besonderen, vom sächsischen Rechte abweichenden Satzungen und Gewohnheiten bewahrte und bestätigte. Als Adaldag 988 gestorben war, folgte ihm der Schweizer Libentius I., ein stiller, liebreicher, aber mehr aus religiöse, als aus staatliche Interessen gewandter Mann, welcher den stürmischen Zeiten, die seiner harrten, wenig gewachsen war. Besonderes Unglück brach über unsere Gegend 994 herein, als, während der vom Dänenkönige Sven in seinem Lande angeordneten Christenverfolgung, der Libentius vergeblich durch Spenden von Geschenken zu steuern suchte, und die Kräfte des Landes sich durch die Raubzüge der Abodriten erschöpften, eine Schar dänischer Vikinger, hier Ascomannen (von ask, Schiff) genannt, die Elb- und Wesergegenden heimsuchte. Einer dieser Scharen trat freilich bei Stade ein sächsischer Heerhause entgegen, wurde aber zur Vernichtung geschlagen, bis Herzog Bernhard mit rasch gesammelten Scharen zur Abwehr herbeieilen konnte. Ein anderer Vikingerschwarm, welcher die Weser heimgesucht und das Land Hadeln geplündert hatte, ward im Glinster Moor von den nacheilenden Sachsen vernichtet. Libentius hatte in der Angst sich, seinen Kirchenschatz und alles Wertvolle von Hammaburg nach Kloster Bücken in der Hova'schen Einöde in Sicherheit gebracht. Da brachte Mistewoi, tödtlich vom Herzog Bernhard in seiner Fürsten- und Mannesehre mißhandelt, um das Jahr 1002 alle Slawenstämme gegen die Sachsen zum Ausstande, grade als das Reich durch den plötzlichen Abgang Ottos III. verwaist war und die Fürsten über seinen Nachfolger haderten. Die Slawen verheerten ganz Nordalbingien mit Feuer und Schwert, jede Spur des verhassten Christentums austilgend, zerstörten die Kirchen, mordeten unter Qualen Priester und Kirchendiener und vernichteten Kultur und Christentum überall in dieser Gegend. Hammaburg brannten sie nieder, töteten viele Geistliche und andere Einwohner und führten noch mehrere in die Sklaverei. Doch gelang es allmälig dem Herzog Bernhard von Sachsen, die Slawenstämme wieder zu bändigen und einstweilen die christlichen Stiftungen in ihren Landen herzustellen. Kaiser Heinrich II. richtete alle Marken und Bistümer Otto I. im Wendenlande wieder ein. Diesem Kaiser verdankte das Erzstift einen seiner reichsten und einflussreichsten Kirchenfürsten, den Erzbischof Unwan aus dem Geschlecht der Jmmedinger, welcher 1013 dem Libentius nachfolgte, vordem Chorherr in Paderborn. Er opferte den dritten Teil seines bedeutenden Familiengutes der Kirche, stellte Pfarrherren an und band eine Zahl Kleriker, die bisher halb als Mönche, halb als Weltgeistliche lebten, an bestimmte kanonische Regeln, wodurch er der eigentliche Gründer des Hamburgischen Domkapitels wurde. Der Erzbischof verordnete für 12 Pfründen ebenso viele Geistliche als regulierte Domherren oder Canonici, denen der Unterricht und die Erziehung der Jugend so wie der christlichen Missionaire anvertraut wurde. Denn Unwan sorgte eifrigst für die Bekehrung der Heiden: er ließ die in den dichten Wäldern an beiden Ufern der Elbe stehenden altgermanischen Opfersteine zerstören, manche heilig gehaltenen Haine durch die Axt lichten, überall unter den Nordalbingiern die noch sehr häufigen heidnischen Bräuche abstellen, und gewann durch große Freigebigkeit mit den Schätzen der Kirchen manchen Fürsten, wie den mächtigen Dänenkönig Knud, und Edle für das Missionswerk. Man tadelte an Unwan die zu große Nachsicht gegen die Geistlichen, welche unter ihm verwilderten. Aber er stiftete Frieden zwischen dem Kaiser und Herzog Bernhard, zwischen Sachsen und Slawen, und legte 1024 gemeinschaftlich mit dem genannten Herzog Hand an den Wiederausbau des seit 22 Jahren wüsten Hamburg. Die Stadt erhob sich fortan als geistliche und herzogliche Residenz aus ihren Trümmern, mit ihren Burgen, Kirchen und Kloster, freilich nur von Holz, doch gestützt durch das Walten der häufig nun in ihr weilenden höchsten Würdenträger, besonders aber durch freigebige Verwendung der Kirchenschätze des Erzstiftes. Bürger und Geistliche fanden sich wieder ein und Verkehr und Gewerbe erblühten aufs Neue. Oftmals fanden sich in der erzbischöflichen Burg der mächtige Knud, die Wendefürsten Sederich und Otto zusammen, bei dem gewandten Unwan, dem Vertrauten Heinrichs II. wie Konrads II. Unter Unwan und seinem Nachfolger wurden Kolonisten nach Hamburg herangezogen, denen man Befreiung von dem strengen Hofrecht, unter dem die früheren Bürger der Stadt gelebt hatten, gewähren musste, und während der Erzbischof die Altstadt begünstigte, suchte der Sachsenherzog diejenigen zu fördern, welche sich immer zahlreicher um seine neue Alsterburg versammelten; doch stand die Gerichtsbarkeit der Stadt beim Erzbischof. Die Hörigen des Klosters waren frei von aller Wirkung weltlicher Richter und Beamten; selbst Diebstähle durfte der weltliche Richter erst dann mit dem Tode strafen, wenn der erzbischöfliche Vogt den Verbrecher als unverbesserlich der weltlichen Macht übergeben hatte. Wollten freie Leute mit ihrer Erben Einwilligung Hörige des Klosters werden, so konnte dies die weltliche Macht nicht hindern, was um so öfter geschehen mochte, als bei der Heerfahrt und zur Reichsversammlung nur der Erzbischof über die Freien und Hörigen des Klosters gebot. Später erhielt denn auch der Kirchenfürst den Blutbann über seine Angehörigen und Schutzbefohlenen.

Nach seinem Tode ward Libentius II. durch die Gunst der Kaiserin Gisela Erzbischof (1029), ein gerader, gottesfürchtiger Mann, welcher sich viele Mühe gab, die unter Geistlichen und Domherren eingerissene Unzucht durch Strenge zu verbannen. Sein Nachfolger Herrmann, ein Halberstädler Geistlicher, war abhängig von fremden Einflüsterungen, und dem Hamburger Sprengel deshalb feind; sonst weiß man von ihm, dass er viel baute und den Bremer Kirchengesang durch den berühmten Guido von Arezzo verbessern ließ. Dem nun folgenden (seit 1035) Erzbischofe Bezelin Alebrand, einem Kölner Domherrn, hat Hamburg viel zu verdanken. Man rühmte an ihm Vorzüge aller Art, nannte ihn Vater des Vaterlandes, eine Zierde der Geistlichkeit und des Volkes Heil, einen Schrecken der bösen Machthaber, Muster den Gutgesinnten, durch Frömmigkeit Alle überragend. Er ließ das Hamburgische Kloster von Stein neu ausbauen in Gestalt eines Quadrates, mit einer abwechselnden Reihe von netzförmigen Fenstervertiefungen geschmückt, und ordnete für die Domherren eine Mittagstafel an, so dass sie außer den 30 jährlichen Mahlzeiten, die schon Libentius verordnet hatte, fortan täglich ein Weißbrot, Sonntags ein Doppelmaß Met und auch wohl etwas Wein erhielten. Dann baute er an der vom Erzbischof Herrmann begonnenen Ringmauer um die Stadt Bremen nebst einem großen Thore und dazu gehörigen Torturme aus italienische Art. In Hamburg ließ er die Marien- oder Domkirche von Steinen neu aufführen und eine Burg, mit Türmen und Bollwerken stark befestigt, ebenfalls von Stein, für sich aus mehreren kleinen Inseln der Bille südlich von Hamburg errichten. Man nannte sie die Wiedeburg, vermutlich nach den vielen Weiden, die dort am sumpfigen Flussufer wuchsen, und es bedeckte diese Burg den Raum des Schopenstehls, der kleinen Reichenstraße, vom Domstegel an bis zur Kattrepelsbrücke und dem Hopfensack. Herzog Bernhard II. aber, durch diesen Bau zum Wetteifer oder zur Eifersucht gereizt, ließ für die Seinigen auch ein festes Haus innerhalb desselben Bezirkes am Abhange des andern Ufers der Bille aufführen. Dies war der später sogenannte Schauenburger Hof in der Altstädter Fuhlentwiete, welcher sich von der Gegend der späteren Jacobikirche bis zur nachherigen Niedernstraße hinüberstreckte. Die dritte ältere Burg an der Alster lag am Abhang derselben in der Gegend des späteren Johannisklosters, und mag das Hasenmoor hinter den Häusern des Pferdemarktes ostwärts hinter der Paulstraße vom deutschen Hause nach der Stätte des alten Marstalles sich wendend, wohl der älteste Stadtgraben gewesen sein, den man später bis zum Barkhof fortführte. Ein Wall ging in einer krummen Linie von dem sumpfigen Alsteruser bis zur Bille hinab, gradeüber der Wiedeburg, und schützte die Stadt gegen Osten, die im Süden, etwa bis zur oben erwähnten alten Furt der Bille an ihrer Mündung in die Alster (die Gegend der späteren Mühlenbrücke) von der Bille geschützt ward. Von diesem Punkte an ging nach Nordosten zu in gerader Linie, die alte Alsterburg berührend, ein Wall, der Heidenwall, bis an den östlichen Wall, der Stadt als Schutz und Deich gegen das Alsterwasser zugleich dienend, unterbrochen vielleicht von einem Wassertore, dem nachherigen Alstertore. So war die Stadt von drei Seiten durch Burgen flankiert, in ihrer Mitte an öffentlichen Gebäuden den Dom nebst Kloster und vielleicht auch schon die älteste Pfarrkirche der Stadt, dem heiligen Petrus geweiht, bergend. Das in der Gegend des jetzigen Speersort belegene Tor, lange Zeit das einzige, außer dem Wassertor an der Furt der Bille und dem Alstertor, hieß das Marien- oder Schultor. Um die Dingstätte neben der Pfarrkirche bildeten sich nun die. Gassen der nach Hofrecht lebenden Handwerker, als Bäcker, Schmiede, Sattler, Riemenschneider, Knochenhauer, Pelzer, Filter, Garbrader, Beckmacher, Gerber, während allmählich die Zunft der Handeltreibenden sich längs des Wassers, etwa in der Gegend der Reichenstraße, zusammenfinden mochte. Weil Hamburg keine bleibende fürstliche Hofhaltung, folglich keine Ministerialen und kein Hofgericht enthielt, genügte statt des sonst üblichen Burggrafen die Einsetzung eines Vogtes, als einzigen herrschaftlichen Hauptbeamten. Er verwaltete im Namen seines Herrn Festung und Militärwesen und stand mit den beigeordneten Witzigsten und den Meistern der in Zünften vereinigten Bürger der Stadt vor, in welcher nur Marktsachen und niedere Polizei durch die Bürgermeister und deren Beisitzer verwaltet wurden. Der Erzbischof beabsichtigte auch, die ganze Stadt mit einer Mauer und zwölf Türmen (nebst drei Toren) zu umziehen, von denen die Hälfte den Bürgern zur Bewachung anvertraut werden sollten, die man sich als den strengen Banden des Hofrechts entwachsen, also zu einem ziemlich selbständigen Gemeinwesen bereits vereinigt, denken muss. Leider verhinderte der Tod den Erzbischof an der Ausführung dieses Planes.

Noch merkwürdiger und einflussreicher für Hamburgs Schicksale ward der Nachfolger Bezelins, Adalbert, geborner Graf von Wettin und Dompropst zu Halberstadt (seit 1043). Dieser, ein mit geistigen und körperlichen Vorzügen reich begabter Mann, war erfüllt von großen ehrgeizigen Entwürfen und hochfliegenden Plänen, die er mit dem Tiefsinne eines über seine Zeit weit hinausblickenden Politikers und mit der Hartnäckigkeit und der Herrschsucht eines ächten Kirchenfürsten verfolgte. Der Traum seines Lebens war die Errichtung eines nordischen Patriarchates in Hamburg, um den er sogar der Wahl zum Papste auswich, als ihn sein großer Gönner Kaiser Heinrich III. dafür bestimmte. Für jene großen Pläne lagen die Verhältnisse des Nordens anfangs günstig genug. Der Obodrite Gottschalk, am Hofe König Kanuts von Dänemark gebildet, hatte alle slavischen Stämme dieser Gegenden bezwungen und strebte darnach, ein christliches Slawenreich unter sächsischer Lehnsherrlichkeit und mit Hilfe des Erzbischofs auszurichten. Letzterer vermittelte sodann ein enges Bündnis zwischen dem gewaltigen Kaiser Heinrich III., seinem hohen Gönner, und König Sven Estrithson. Der Papst Leo IX., welcher die Tiara zum Teil der Empfehlung Adalberts verdankte, wetteiferte in dessen Begünstigung mit dem Kaiser. Überall erhoben sich im Slawenlande die zerstörten Kirchen wieder, in denen wohl Fürst Gottschalk selbst sein Volk zur Annahme des Christenglaubens zu ermahnen pflegte, und bis zur Mündung der Peene erstreckte sich der Sprengel des Bistums Oldenburg; Klöster entstanden in Lübeck, Oldenburg, Ratzeburg, Lenzen und dem slavischen Fürstensitz Mecklenburg. Adalberts Bemühungen richteten sich natürlich in erster Linie auf den Ausbau und die Sicherung seines künftigen Patriarchensitzes, Hamburg. Hier muss um diese Zeit der Altar des heiligen Petrus geweiht sein, über welchen sich neben dem Dome die eigentliche Pfarrkirche der Stadt erhob, deren älterer Teil von dem Erzbischof fortan in jeglicher Weise gefördert ward, indem derselbe Bezelins Befestigungspläne weiter auszuführen suchte. Auch Bremen erfreute sich der Sorge seines Kirchenfürsten, indem dieser daran ging, aus den Steinen der abgebrochenen Stadtmauer den Dom und das Kloster nach dem Muster der bewunderten Bauten Benevents neu zu erbauen. Die Säulen aber des nordischen Patriarchats sollten sieben reich dotierte, wohl gesicherte Propsteien werden. Zu dem Ende bestimmte Adalbert seine Brüder, die Pfalzgrafen Dedo und Friedrich, das Kloster Goseck bei Naumburg dem Bremer Kreise zu schenken; der Erzbischof dotierte drei Propsteien in Bremen, eine vierte zu Lesum und eine fünfte aus dem Süllberge unterhalb Hamburg, alle aus eignem Gute, wozu noch zwei weitere in Stade und zu Esbeck im Fürstentume Calenberg kommen sollten.

Ein solches Aufstreben der geistlichen Macht im Norden weckte aber natürlich die Eifersucht der sächsischen Großen, voran Herzog Bernhards und seiner Familie, der Billunger. Sie konnten es nicht ruhig ansehen, wie der ehrgeizige Kirchenfürst, welcher sich in Ausübung der Münze und anderer einträglicher Hoheitsrechte als wirklicher Landesfürst geberdete, darnach strebte, das Besitztum der Kirche durch Kaisergunst der weltlichen Gerichtsbarkeit des Herzogs zu entziehen und so dessen Einkünfte zu schmälern und Herzog Bernhard soll sich vermessen haben, dass so lange, wie er und seine Söhne lebten, der fremde Erzbischof keinen frohen Tag haben dürfe. Aber dem Ausbruche des Unwillens wehrte vor der Hand die Furcht vor dem gewaltigen Arme des salischen Kaisers, der ohnehin einen ererbten Zahn aus Alles hatte, was sächsisch war. Doch im Stillen arbeitete der Herzog dem Kirchenfürsten entgegen. In Hamburg verließ er die alte Burgstätte an der Bille, um sich zwischen Elbe und Alster, nahe dem Einflusse der Bille in letztere und unweit der Stelle, bis wohin die Elbflut gewöhnlich das Einlaufen von Schiffen zu begünstigen pflegte, gleichsam als Wachtposten an der alten Alsterfurt, eine Neue Burg zu bauen, wo jetzt etwa die gleichnamige Straße sich krümmt. Ihre Reste hat man 1842 noch als uralte Gewölbe unter dem Altar der abgebrannten Nikolaikirche zu entdecken gemeint. Die Schifffahrt und Fischfang begünstigende Lage der Burg zog alsbald eine Menge Ansiedler herbei, der Kern einer künftigen, mehr dem Seeverkehr zugewandten Neustadt, vom Herzog im Gegensatz zur bischöflichen Altstadt eifrigst gepflegt und begünstigt.

Höher noch stieg das Ansehen Adalberts, als Heinrich III., im Missmut über die Niederlage seiner Scharen gegen die streitbaren Liutizer, kaum im 39 sten Lebensjahre unerwartet gestorben war und der unmündige Heinrich IV. vorerst unter Vormundschaft seiner Mutter und des Bischofs Heinrich von Augsburg sein Nachfolger wurde. Die Freundschaft der königlichen Umgebung benutzte der schlaue Priester, um seinen Sprengel durch das Geschenk ganzer Grafschaften und bedeutender Abteien zu bereichern: Höfe, Forsten, ganze Gauen nebst ihrer Gerichtsbarkeit — nichts schien dem priesterlichen Ehrgeize undienlich, das Ansehen der Kirche und sein eignes zu erhöhen. Der in seiner Hofburg zu Hamburg thronende Erzbischof, wo die großen Kirchenfeste, wie Ostern, Pfingsten und die Marientage, unter großem Zulauf von Geistlichen und Laien mit nie gesehener Pracht gefeiert wurden, übte vollständig die Rechte eines Herzogs aus und ließ es sich Geld über Geld kosten, Grafen unter seinen Vasallen zu sehen. Zu diesem Zwecke wurden die Kirchenschätze verschleudert, was dem Erzbischof auch noch die Zuneigung des gemeinen Volkes entzog, die Fürsten hassten ihn längst auf das Ingrimmigste, voran die Söhne Herzog Bernhards II. und lauerten nur auf die Gelegenheit, über ihn und seine Besitztümer herzufallen. Zu dieser kam es bei der Wehrhaftmachung des jungen Königs, als diesen seine Großen, Erzbischof Hanno von Köln voran, durch Drohungen zwangen, den allgemein Verhassten vom Hofe zu entfernen. Nun fielen die sächsischen Fürsten mit Heeresmacht in die Stiftslande und erzwangen von Adalbert die Abtretung des größten Teiles; der nunmehr Verarmte ließ seine Untertanen plagen, um die Mittel zur Fortführung des glänzenden Hofhaltes zu erpressen, so dass Seuchen und Hungersnot im Stifte ausbrachen. Dazu die Erhebung aller Slawenstämme gegen den Fürsten Gottschalk und die sächsischen Dynasten, welche vergebens der Sachsenherzog Ordulf 12 Jahre lang zu bekämpfen versuchte; Nordalbingien ward nach Gottschalks Ermordung 1066 mit Feuer und Schwert von den Heiden verheert, die jede Spur des Christentums austilgten und unter Andern auch Hamburg einäscherten. Zu solchem Unglücke kam noch die Empörung der Sachsen gegen Heinrich IV., den Adalbert wieder an seinen Hof gezogen hatte und der zuletzt der Energie des Papstes weichen musste, an dem Abfall seines ehrgeizigen Sohnes aber zu Grunde ging. Nordalbingien lag während dieser Reichswirren unter der eisernen Faust der heidnischen Wenden, die hier so hausten, dass mehr als 600 sächsische Familien über die Elbe zogen und im Harzgebirge eine Zuflucht suchten. Über die Geschichte unserer Stadt schwebt in dieser Zeit eine nicht zu bannende Dunkelheit (man hört von Zerstörung und Wiederherstellung ohne genauere Angabe, wann und durch wen), das sich erst einigermaßen lichtet, als Liemar aus Baiern, einer der besten Hamburgischen Kirchenfürsten, nachdem 1072 Adalbert in Goslar arm und verlassen geendet, an das Regiment gekommen. Liemar gab in jenen verderbten Zeiten das seltene Beispiel unverbrüchlicher Treue gegen Kaiser und Reich, verteidigte kräftig die Rechte der deutschen Kirche gegen die Anmaßungen des übermütigen Gregor und suchte Frieden zwischen dem Kaiser und den Sachsen zu stiften.

Von Hamburg werden in dieser Zeit zwei interessante, aber vereinzelte Tatsachen erwähnt. Die eine ist die um das Jahr 1072 erfolgte Anlegung der Niedermühle und die damit verbundene Aufstauung der Alster beim Niederdamm, wodurch die Gestalt der Ufer und der Flussinseln eine ganz andere geworden ist, als die frühere. Das zurückgestaute Alsterwasser überschwemmte nunmehr dauernd die sumpfigen Wiesen, welche jetzt den Grund der Außenalster bilden, bis zur östlich ansteigenden waldbedeckten Kamphöhe und ebenso am westlichen Ufer; die von den Serpentinen des Flusses aber in der Nähe der Stadt gebildeten Landzungen wurden durch sich neubildende Kanäle und Priele in mehrere größere und kleinere Inseln zerrissen. Am Westufer, grade über dem Heidenwall, teilte sich die Landzunge etwa in drei Inseln, die niederen Gegenden zwischen dem späteren Neuenwall, dem Gänsemarkt, den hohen Bleichen, der aussteigenden Hügellehne der Fuhlentwiete und des Steinweges für den künftigen Anbau gleichsam vorbereitend. Am Ostufer der Alster zerriss die aufgestaute Wassermenge das Vorland von der Alsterburg zu mehreren Inseln, auf denen sich später das Marien-Magdalenenkloster und der Alte Wall nebst dem Mönkedamm erheben sollten.

Diese Veränderungen können aber nicht plötzlich, sondern erst nach und nach entstanden sein, was sich schon aus der Unsicherheit der in Nordalbingien vorwaltenden politischen Zustände hinreichend erklärt. Wir erfahren nämlich, dass die Wenden das umliegende Land mehrere Male verheert und 1072 auch die Stadt, die aber alsbald wieder ausgebaut ward, zerstört haben. Dass die Sachsenfürsten aus den besseren Schutz der Ansiedelung bedacht waren, erhellt aus der Erwähnung eines besonderen Grafen von Hammaburg, Namens Heinrich und dessen Sohnes Gottfried, welchen letzteren einige Chronisten zu einem Untergebenen des gleich zu erwähnenden christlichen Wendenkönigs Heinrich gemacht haben. Die Erhebung des letzteren im Jahre 1091 ist das zweite der oben angedeuteten für Norddeutschland und besonders für Hamburg wichtigen Ereignisse. Der Wendenfürst Kruko, des Christentums erbittertster Feind, welcher damals Nordalbingien beherrschte, ward nämlich von dem Sohne des erschlagenen Gottschalk, eben jenen Heinrich, der am dänischen Hofe erzogen war, mit List des Lebens und der Herrschaft beraubt, die nunmehr Heinrich unter Oberlehnsherrschaft des Sachsenherzogs Magnus an sich brachte. Der neue Fürst bändigte die aufständisch gewordenen Landsleute mit sächsischer Hilfe und suchte sie von seiner Residenz Bukowa (später Ljubec) an der Mündung der Schwartau in die Trave aus fortan der Zivilisation und dem Christentum zu erhalten.

Der Nachfolger Liemars im Erzstift, Humbert, war unbedeutend, zumal er schon im dritten Jahre nach seiner Ernennung starb (1104). Ihm folgte ein gewisser Friedrich, welcher sich um die hiesige Gegend große Verdienste erworben hat. Er schloss nämlich schon im zweiten Jahre seines Regiments einen Vertrag mit niederländischen Ansiedlern, welche, des Deichbaues kundig, die Elb- und Wesermarschen durch Abhaltung der Flut und Grabenziehen in Kultur legten; Friesen und Westphalen folgten alsbald ihrem Beispiele und unstreitig haben wir in ihnen die Stammeltern unserer fleißigen Vierländer zu begrüßen. Die erste Eindeichung des Billwärders, zunächst wohl nur der innern nördlich von der Bille gelegenen Landschaft, lässt sich aus diese Ansiedler zurückführen. Man möchte versucht sein, zu glauben, dass zu derselben Zeit die Hamburger den Weg von der Niedermühle am Rand der abgedämmten Alster, deren nach Süden zur Elbe laufenden Nebenkanäle aus solche Weise verschlossen wurden, bis zum hohen Alsterufer im Westen der Stadt (als bis in die Gegend des späteren Milderen Thores) erhöht haben, weil dadurch erst der neue Mühlendamm seine Bedeutung erhalten konnte und der Boden der künftigen Nicolai-Neustadt kulturfähig ward.

Das Erlöschen des Billungschen Fürstenhauses (1106) brachte Sachsen in die Hand Lothars von Supplinburg, eines gerechten und gemäßigten Regenten, unter dem der Wende Heinrich und Graf Gottfried von Hammaburg in Eintracht walteten. Aber vier Jahre nachher fand letzterer beim Nachsetzen eines Trupps nordischer Räuber in einem Hinterhalte seinen Tod, und Lothar verlieh die erledigten Grafschaften Holstein und Stormarn, wozu Hamburg gehörte, dem Edlen Adolf von Schauenburg, dem Ahnherrn eines glorreichen für Hamburg und Holstein gleichmäßig förderlichen Grafengeschlechtes, das erst im 15. Jahrhundert erlosch und wie kein zweites bestimmt war, wiederholt mit Entscheidung die Geschicke Norddeutschlands zu bestimmen. Graf Adolf I. stellte zunächst Wall und Feste Hamburgs wieder her, wo er denn auch seinen beständigen Wohnsitz nahm, er baute auch die Domkirche wieder aus, und noch vor 50 Jahren gewahrte man an dem ältesten Teile derselben jenen gräflichen Bau; des Grafen Gemahlin Hildewa aber, die in Hamburg ihr Leibgeding und ihren Witwensitz hatte, baute jenes Alsterschloss, das die Wenden zerstört hatten, aufs Neue und befestigte es zum ersten Mal mit einer Steinmauer, während vordem nur Palisaden und Planken nebst rohen Erdwällen den Ort geschützt hatten. Es ist dies unstreitig dieselbe Stelle, welche nachher das St. Johannis-Kloster eingenommen hat. Übrigens ward schon 15 Jahre später die Alsterburg geschleift und als solche nicht wieder hergestellt.

Der Nachfolger des Erzbischofs Friedrich ward 1123 Adalbero, ein Günstling Lothars, dem das Hamburgische Domkapitel und das dazu gehörige Benediktiner-Kloster seine Wiederherstellung und eine reiche Ausstattung verdankten. Er schenkte demselben nämlich Höfe in Eppendorf, Rellingen, Barmstedt, die Mühle in Eppendorf, die Kirche in Meldorf mit den Zehnten von Weddingstedt, Büsum, Strandmannshöft, Lunden, Hettstädt, Herzhorn, Middelfeld, Marne, Flede, Volkswurth, Barlte, Kuden und Hanerau, ein Talent von der Heiligenstädter Kirche, Zehnten von Hude, Junim, Büngen, Bargfeld, Buxberg, Kudensee, Tellingstedt und Barmstedt, von Hutfleth, Eddelak und den zur Insel Gorrieswärder gehörigen Grafbrook. Nachdem Graf Lothar Kaiser von Deutschland geworden, belehnte er den Welfen Heinrich von Baiern mit Sachsen, während der Däne Knud Laward, nach der Ermordung jenes Wendenfürsten Heinrich und der Besiegung seiner Söhne Pribislav und Niklot, um Geld vom neuen Kaiser die nordische Königskrone erwarb. Aus Graf Adolf I. war sein Sohn gleiches Namens 1130 gefolgt, der eine geistliche, oder wie es damals hieß, gelehrte Erziehung erhalten hatte, weil man ihn ursprünglich für den Priesterstand bestimmte. Als treuer Anhänger des Welfenherzogs Heinrich musste er vor Albrecht dem Askanier, welchen Kaiser Conrad III. unterstützte, und dessen Statthalter, Graf Heinrich von Badewide, dem Zerstörer der gräflichen Alsterburg, eine Zeit lang aus Holstein und Hamburg weichen, doch ward er alsbald von dem Welfen mit gewaffneter Hand wieder eingesetzt und das Erbe Heinrichs des Löwen, der 1139 seinen Vater verlor, schirmte die Treue der Vasallen, voran Graf Adolfs, gegen den ländersüchtigen Askanier. Man rühmt von diesem Grafen die umsichtige Kolonisation und Verwaltung in dem durch die wendischen Grenzkriege ganz verödeten östlichen Holstein, wozu Anbauer aus Flandern und Westphalen berufen wurden, die besonders die sumpfigen sehr ergiebigen Gegenden urbar machten, neben ihren mitgebrachten heimischen Sitten ihre persönliche Freiheit bewahrten und an ihren Ländereien, von denen nur mäßige Abgaben, keine Frohnden, entrichtet wurden, ein volles veräußerbares Eigentum erlangten. Unstreitig sind unsere Marschen an der Elbe damals zuerst kultiviert worden und auch die ältesten Einwohner der Gegenden an der Trave mögen zu jenen Kolonisten gehört haben. Wenigstens hat Graf Adolf II. das neue Lübeck aus dem Wärder Bucu erbaut und die Oldesloer Saline angelegt, über welche beide Anlagen er mit Heinrich dem Löwen noch in Streit geriet.

Nachfolger Adalberos im Erzbistum wurde 1148 Hartwig, ein Graf von Stade, der Gründer des Klosters Jerichow im Stifte Havelberg, unter welchem der glaubenseifrige Vicelin, zum Bischof von Oldenburg erhoben, das Christentum in Wagrien und den angrenzenden slavischen Landschaften dauernd befestigte, und das Bistum Ratzeburg entstand, dem ein Teil der Wilhelmsburg, die Insel Grevenhof nebst dem Remerswerder zugeteilt wurden. Die Hamburgische Kirche erwarb von Hartwig das Recht, diesseits der Elbe Provinzialsynoden halten zu dürfen, und Papst Victor bestätigte die Metropolitanrechte des Hamburgischen Erzstiftes über Oldenburg, dessen Bischof alsbald nach dem neugebauten Lübeck übersiedelte, über Mecklenburg und Ratzeburg. Die Elbe und Bille galten fortan vermöge erzbischöflicher Bestimmung als Grenze des Ratzeburger Bistums, das die Bergedorfer Kirche begriff, zu deren Sprengel diejenigen Eingepfarrten gehörten, die in dem Marschlande zwischen Elbe und Bille wohnten. Dabei ward der westliche Arm der Bille als deren Hauptstrom angenommen; der Reitbrook und Ochsenwärder (wo Nieder-Avenberg schon 1142 eine Kirche hatte), welche früher zu Verden gehört hatten, kamen nun zu Bremen, Billwärder für kurze Zeit an das Bistum Ratzeburg. Der Gorrieswerder umfasste damals den ganzen Inselkomplex zwischen Moorwärder, Stillhorn, Altenwärder und Finkenwärder.

Nachdem Graf Adolf II. in der Wendenschlacht bei Verchem unweit Demmin 1164 gefallen war, kam die Grafschaft an seinen noch unmündigen Sohn, Adolf III., welcher erst unter Vormundschaft seiner Mutter Mechtild und des holsteinischen Overboden Markward, sodann eines Heinrich von Buzeburg, dem von Heinrich dem Löwen eingesetzten Verweser Holsteins, gestellt ward. In diese Zeit ungefähr fällt auch die Anweisung des Platzes der Neuen Burg aus der Alsterinsel zum Anbau vermutlich an jene fremde Kolonisten und die Gründung einer Kapelle daselbst, dem Heiligen Nicolaus, als Schutzpatron der Schiffer, geweiht, nebst einer Schule.

Erzbischof Hartwig folgte durch Heinrich des Löwen Einfluß im Erzstifte Balduin (1163), ein Propst aus Halberstadt und geborner Graf von Holland, während im Bremer Domkapitel die kaiserliche Partei den Sohn des Askanischen Markgrafen, Namens Siegsried, gekoren hatte, der bislang Domherr in Magdeburg gewesen war. Nach der Absetzung Balduins durch den Papst gelangte Siegfried I. zur Herrschaft, welcher nach der Verbannung des Welfenherzogs Heinrich durch den Kaiser die Grafschaft Stade für das Stift gewann und unter Anderm der Hamburger Domschule eine Rente von seinem Hofe Groß-Borstel zuwies. Aus der Länderbeute des Sachsenherzogs erhielt Bernhard von Anhalt Sachsen und gründete Lauenburg, wo er fortan residierte; ihm musste Graf Adolf III. 1183 die Lehnshuldigung, wiewohl unwillig, aber vom Kaiser dazu gezwungen, leisten.

Unter der Herrschaft des Erzbischofs Hartwig II. (seit 1184) aus dem Geschlechte derer von Utlede, früheren Geheimschreibers des Welfenherzogs Heinrich und Bremer Domherrn, dem Stifter des Klosters Osterholz, welcher sich eifrigst bemühte, das verschleuderte Kirchengut wieder an das Erzstift zu bringen, vollzog Graf Adolf III., ehe er mit Kaiser Friedrich seinen Kreuzzug nach Palästina antrat, 1189 eine für Hamburgs Emporkommen hochwichtige Regierungshandlung. Nachdem er den Bürgern die Eichelmast und Weidegerechtigkeit in den waldbedeckten Höhen besonders gegen Westen zu verliehen hatte, beschloß er, aus dem Grunde seiner Neuen Burg, wo etwas oberhalb der Mündung der Alster in die Elbe die Flutströmung der letzteren den Schiffen einen bequemen Anlauf gewährte, eine Handelskolonie und einen Elbhafen anzulegen, um durch den damals wohl als Abgabe aus fremde Kaufmannsgüter gelegten Zoll, welcher Jahrhunderte lang noch unfern der Zollenbrücke erhoben ist, seine Einkünfte zu vermehren. Unter den Anbauern, welche die Wohlbelegenheit des Ortes für Handelszwecke großenteils von Lübeck wahrscheinlich hierher gezogen hatte, stand ein gewisser Wirad von Boizenburg voran und mit ihm schloß der Schauenburger Graf den denkwürdigen Vertrag, damit den ersten Grundstein für die künftige Handelsstadt an der Elbe legend. Dem Wirad und seinen Genossen in der Neustadt Hamburg überließ nun der Graf erblich die Stadt Hamburg an der Alster mit dem Gebiete bis zur Mitte des Flusses unter Marktrecht zur Anlegung eines bequemen Hafens und freie Bauplätze ohne Erb- und Worthzins nach den Gerechtsamen der Lübecker nebst dem benachbarten Brook (etwa die Gegend der Deichstraße) und den Alsterwärdern (Rödingsmarkt und Herrlichkeit). Auch zwei Jahrmärkte und fast alle Bußen wurden dem Wirad und seinen Nachfolgern gewährt. Außerdem erhielten sie Zollfreiheit in allen Schauenburgischen Landen. Bei vorfallenden Vergehen in der Neustadt sollte das Lübische Recht maßgebend sein, die Justizverwaltung erhielten die Ansiedler, Hals- und Handvergehen ausgenommen, auf drei Jahre frei; nach dieser Zeit sollten sie alle Brüche beziehen, von den aus Halsvergehen gesetzten aber ein Dritteil. Der Ort lag für den Flussverkehr günstiger, als die höhere Altstadt, indem die größeren Schiffe hier besser zu landen vermochten, auch wohl der die Alster stauende Mühlendamm hinderlich war. Kaufleute bebauten nun die neuen Plätze, und die Anlegung des Elbhafens führte dazu, dem Heiligen Nikolaus, als Schutzpatron der Schiffer, eine Kapelle zu errichten. Schon damals scheinen auch adelige Geschlechter die Gegend des Catharinen-Kirchspiels bebaut zu haben, namentlich den die Catharinenstraße umfassenden Cremon, den Grimm, den Klingenberg und den Hüxter. Auch entstand wohl die Mauerbefestigung gen Süden (die Mühren) während Alles jenseits derselben belegene, der Hofterbrook, unter erzbischöflichen Beamten stand. Die Grenze der städtischen Gerichtsbarkeit war die Mitte der kleinen Alster und das Milderen Thor am Grafkeller. Eine andere Neustadt erwuchs nach und nach beim Schauenburger Hofe, der alten gräflichen Gerichtsstätte und dem Spitalerthore, aber wohl außerhalb der Mauer und der Befestigung der Altstadt, die sich vom Schul- oder Marien-Thore zwischen dem Pferdemarkt und den Dom-Curien nach der Alster am Heidenwall hinunter erstreckte. Der Graf schenkte den Platz zum Wiederausbau der alten Nikolaus-Kapelle und überließ alle Gerechtsame, die er an derselben hatte oder haben könnte, da dies ohne Zustimmung des Domkapitels, zu dessen Sprengel die Gegend gehörte, nicht geschehen konnte, der heiligen Marie, zum Nutzen der Kanoniker, welche dort den Gottesdienst halten würden und zu deren ewigem Besitz. Der Erzbischof erteilte diesem Schenkungsakt seine Zustimmung, indem das Kapitel, ohnehin aus die Mühlenanlage des Grafen, durch welche die Ländereien an der Alster litten, und dagegen aufgebracht, dass man eine geistliche Stiftung gemacht habe, ohne die Geistlichkeit vorher zu fragen, Miene machte, zu widersprechen. Den erwähnten Alsterschaden vergütete der Graf durch Geschenk von 6 Mispel Weizen aus der Mühle, zur Hälfte für den Bau der Domkirche, zur andern Hälfte für die Präbenden der Domherren zu verwenden. Damit der Dom zwei Geistliche zum Chordienste in der neuen Kapelle anstellen könne, wies der Graf noch, bis andere Güter zur förmlichen Dotierung zweier Präbenden ausfindig gemacht seien, einstweilen die Zehnten der Dörfer Arnesfelde und Bargfelde dazu an.

Um noch mehr die Zuneigung der Bürger an sich zu fesseln, erwirkte er am 5. Mai desselben Jahres für sie vom Kaiser Friedrich I. folgendes Privilegium: die Hamburger sollten das Recht haben, mit eigenen Schiffen, Menschen und Waren zoll- und ungeldfrei vom Meere bis zur Stadt zu fahren; von fremdem Gute, das sie einführten, sollten sie nach eidlicher Deklaration in Stade Zoll entrichten, wären aber sodann im ganzen gräflichen Gebiete frei von jeglicher Abgabe; im Umkreise von zwei Meilen dürfe Niemand ohne der Hamburger Einwilligung eine Feste anlegen, den Fischfang in der Elbe hätten sie ganz, in der Bille eine Meile weit frei, dann das Weidenrecht von Morgen bis Abend und das Holzschlags- und Fruchtsammlungsrecht; sei in Bier, Brot oder Fleisch unrechtes Maß oder Gewicht gegeben, so sollten zwei Dritteile der dafür verwirkten Bußen an den gräflichen Richter fallen, an die Gemeinde aber der Rest; jeder Hamburger dürfe in der Stadt Geldwechselei treiben, nur nicht vor dem Münzhause des Grafen, doch könnten die Hamburger Gewicht und Gehalt der Münzen prüfen; die Bürger seien frei von aller Heeresfolge und Kriegspflicht; die Preise der Lebensmittel wären fortan durch eigene von den Bürgern dazu erkorne Männer zu bestimmen.

Natürlich konnten diese der Stadt Hamburg verliehenen Vorrechte nicht umhin, selbige in Ausnahme zu bringen und manche Ansiedler zur Niederlassung in derselben zu bewegen, zumal die Wohlgelegenheit des damals einzigen Elbhafens die größten Vorteile bot, und in der Tat datiert sich aus dieser Zeit der Ansang des Hamburgischen Handels- und Seeverkehrs.

Kaum war Graf Adolf mit dem Kreuzheere nach Palästina gezogen, so glaubte der in England verbannt lebende Heinrich der Löwe die Zeit gekommen, sich seiner früheren Besitzungen wieder zu bemeistern. Nachdem er sich unter Vorschub des Bremer Erzbischofs Stades und Dithmarschens bemächtigt hatte, nahm er Hamburg, Jtzehoe und Plön und zerstörte das ihm- widerstrebende Bardowiek, von dem nur die Kirchen stehen blieben. Von den Steinen der verwüsteten Stadt soll Hamburg einen Teil gekauft und damit den Quaderquai vom Oberbaum am Winserthor längs des Dovenfleets, bei St. Catherinen vorbei und längs der Mühren und Kajen bis zum Niederbaum am Schaarthor aufgeführt haben. Die Sage will auch wissen, dass die Bardowieker dafür 300 M Silber und ein Haus unweit der Catherinen-Kirche zu ewigen Tagen gegen billige Miete als Gemüselager erhalten hätten. Uns dünkt die ganze Erzählung eine Erfindung späterer Zeiten zu sein, weil schwerlich damals die Hamburger schon daran dachten, die ganze Elbseite ihrer Stadt in der angegebenen Weise zu befestigen und die südlich von der Altstadt belegenen Inseln oder Wärder erst im folgenden Jahrhunderte angebaut worden sind. Nicht besser steht es um die angeblichen Privilegien, welche Heinrich der Löwe der Stadt in Bezug aus die Befreiung ihres Elbverkehrs von Abgaben und der Krämer- und Wandschneider-Innung hieselbst erteilt haben soll, da diese letzteren erweislich viel später entstanden sind. Auch dauerte die Gewalt des Herzogs nicht eben lange. Denn schon im Spätherbste des folgenden Jahres (1190) kehrte Graf Adolf heim und nahm Hamburg vertragsweise wieder, unterstützt von den askanischen und brandenburgischen Fürsten. Unserer Stadt, die schon damals einen Geleitsvertrag mit Lübeck für den beiderseitigen Landverkehr geschlossen, bestätigte der Graf nochmals das kaiserliche Privilegium, ber welcher Gelegenheit zum ersten Male Ratmänner erwähnt sind, neben denen ein gewisser Willebrand als gräflicher Vogt fungierte. Fünf Jahre nachher ward auch der Petrikirche, der Pfarrkirche der Altstadt neben dem Dome, zum ersten Male gedacht, welcher der Propst Herrman eine bedeutende, später vom Papste bestätigte Schenkung zuwandte; die Kirche gehörte zum Dome und ihr Sprengel umfasste noch bis zur Reformationszeit alles westlich von der Stadt belegene Land bis Othmarschen. Die von den Kaufleuten der Neustadt begehrte Nikolai-Kapelle, zu deren Sprengel nachher die Elbgegend bis zum Teilbeck etwa gehörte, übertrug der Graf endgültig ebenfalls dem Domkapitel. Der Gorrieswerder kam damals in die Gewalt des Schauenburgers, und die von Niederländern eingedeichten Inseln Kirchwärder und Gamme erhielt er für 700 M Silber vom Pfalzgrafen Heinrich zu Lehn. Eine Stiftung des Grafen, welche unstreitig auch in diese Zeit zu setzen ist, war das Georgsspital tom Stege, für Aussätzige bestimmt, in dem dichten Walde, der damals die Alstergegend der jetzigen Vorstadt noch bedeckte, von dem Stege oder Pfade so genannt, der in jener Zeit durch die Rodung vom Schul- oder Marien-Thor dahin führte. Die dort zugleich gestiftete Kapelle widmete Adolf III. dem heiligen Georg, als Schutzpatron der Kreuzfahrer; auch soll damals schon die Länge des Todesweges Christi mit seinen drei Kreuzesstationen von der Ecke der Papentwiete bis zur späteren Georgsweide abgemessen und mit Kreuzesbildern, von denen das letzte noch in der Vorstadt zu sehen ist, bezeichnet worden sein.

Gegen den Schauenburger Grafen zog nunmehr ein Ungewitter herauf, welches bestimmt zu sein schien, seinem Hause den Untergang in den nordelbischen Gegenden zu bereiten, das aber aus anfänglicher Hoffnungslosigkeit den Schauenburgischen Thron zu einer ungeahnten Bedeutsamkeit für den ganzen Norden erhoben hat, und mittelbar die Veranlassung ward zur Erwerbung der gemeindlichen und später staatlichen Selbständigkeit für die Stadt Hamburg. Es ist dies die Unterjochung Holsteins durch die Dänenkönige Knud und Waldemar, und der momentane Sturz des Grafenhauses durch dieselben mit Hilfe des aufrührerischen Landesadels. Nach der verlornen Schlacht bei Stellau (September 1201), wo sich besonders der Abfall des Adels bemerkbar machte, musste Adolf III. vor den Dänen nach Hamburg entweichen; indessen auch unsere Stadt vermochte er nicht zu behaupten, da in derselben Viele für die holsteinisch-dänische Partei sich erklärten, und er entwich nach Stade. Die Dänen legten einstweilen hieher eine Besatzung unter einem Holsteinischen Edlen, Namens Rudolf. Als nun zu Ende November d. J. der Graf mit verstärkter Macht wieder über die Elbe gekommen war, gelang es ihm mit Hilfe seiner Partei unter dem niedern Bürgerstande, die Stadt zu überrumpeln und die schwache dänische Besatzung hinaus zu werfen; er suchte den Ort zu verproviantieren und durch Befestigung desselben ihn zum Stützpunkt für seine ferneren Kriegsoperationen diesseits der Elbe zu machen. Aber dazu ließ ihm der rüstige Waldemar keine Zeit, welcher sofort die Stadt umlagerte, und als der Wintersrost die Gewässer mit haltbarem Eise überzogen, um Weihnachten mit stürmender Hand eroberte. Der Graf fiel dabei in dänische Gefangenschaft und wurde gezwungen, um seine Freiheit zu erlangen, eidlich allen Ansprüchen aus Holstein zu entsagen und zur Sicherheit dem Könige als Bürgen zwei seiner Söhne nebst zehn seiner Verwandten und Dienstleute aus zehn Jahre zu überliefern. Ganz Holstein nebst Dithmarschen und Lübeck und allen andern festen Orten, gehorchte nunmehr dem König Waldemar, und auch Hamburg stand bis 1225 unter dänischer Oberhoheit, zunächst aber unter dem Statthalter Graf Albrecht von Orlamünde, während Adolf III. den Rest seines Lebens aus der Schauenburg an der Weser verbrachte.

Die dänische Zwischenherrschaft hatte für unsere Stadt offenbar keine nachteilige Folgen, im Gegenteil tat der Orlamünder Alles, um die ihm so wertvolle Stadt zu größerer Blüte zu bringen und sich die Zuneigung der Bürger, besonders der reicheren handeltreibenden, zu sichern, was ihm auch gelang. Dass Hamburgs Handel damals nicht unbedeutend gewesen und die Neustadt lebhafte Verbindungen mit dem Auslande unterhielt, erhellt aus mehreren Tatsachen. So aus der Teilnahme der Hamburger an der Gründung Rigas, das sogar mit Hamburger Stadtrecht bewidmet wurde, ferner aus dem merkwürdigen Verbündnisse, welches 1210 Vogt, Ratmänner und Gemeinde zu Hamburg mit denen von Lübeck stifteten, kraft welcher die Bürger beider Städte, wenn sie mit Waren nach der andern Stadt kämen, dort gleichen Frieden und gleiche Rechte genießen sollten mit den Einheimischen, endlich aus einem Befehl des Königs Heinrich III. von England an seine Baillifs der Hafenstädte von 1224, welcher beweist, dass unsere Stadt, den Spuren der Kölner und Bremer folgend, schon damals im lebhaften Handelsverkehr mit England gestanden hat.

Auch der Anbau der Stadt muss in dieser Zeit zugenommen haben und besonders war es die Neustadt aus der Insel am Ausflusse der Alster in die Elbe, welche sich darin hervortat. Darauf deutet die Austiefung des durch die Niedermühle verschlammten Alsterarmes im Westen der Neustadt, wahrscheinlich das Rödingsmarktfleet, das damals zur Begrenzung und Befestigung der Neustadt vom Milderen (mittlern) Thore, etwa beim Grafkeller bis zur Strandgegend an der Elbe (dem Schaar) hergerichtet ward.

Bedeutend sind noch in jener Zeit die geistlichen Angelegenheiten für Hamburg geworden, da sie eine größere Unabhängigkeit unseres Domstiftes vom Bremer Stuhle herbeiführten und die Kirchen förmlich von einander trennten. Erzbischof Hartwig, welcher aus die Klage der Hamburger Geistlichen dieselben vom Missbrauch der Gottesurteile durch weltliche Richter befreite, war 1207 nach einer unruhigen und in mehrfacher Beziehung für das Stift verderblichen Regierung gestorben. Über seine Nachfolge erhoben sich Streitigkeiten. Die Bremer Domherren wählten Bischof Waldemar von Schleswig, während der Dompropst Burchard von Stumpenhusen mit seinem Anhange nach Hamburg entwich und sich zum Erzbischof erwählen ließ, geschützt von König Waldemar, welcher ihm die Investitur und die früheren erzbischöflichen Rechte auf die Hamburgische Altstadt erteilte. Dies gefiel den Hamburgern schlecht und sie wandten sich an Albrecht von Orlamünde, welcher nicht säumte, den Bürgern der Neustadt ihre Gerechtsame, namentlich die zweier Märkte und die Übung des lübischen Rechtes, zu bestätigen. Dem Bischof Burchard ließ König Waldemar, welcher den Ehrgeiz seines Verwandten, Bischof Waldemars, fürchtete, der sich in Bremen festgesetzt und sogar, von den Stedinger Marschbauern und den Hohenstaufen unterstützt, der Grafschaft Stade bemächtigt hatte, es an Unterstützung nicht fehlen; denn er hals Burchard bei der Wiedereroberung Stades, ließ eine Brücke über die Elbe schlagen und Hamburg stärker befestigen. Aber der Papst versagte Waldemar und Burchard die Bestätigung ihrer Würde, worauf die Burchard'sche Partei den Osnabrücker Domherrn Gerhard, einen Grafen von Oldenburg, zum Erzbischof erkor, dem Papst Innoncenz denn auch später das Pallium erteilte (1210). Damals ließen sich zuerst Franziskanermönche, vom Volke die grauen Brüder genannt, in Hamburg nieder und bauten sich auf der Stätte des alten gräflichen Schlosses an der Alster ein Kloster zu Ehren des heiligen Johannes. Sechs Jahre später sind auch die Dominikaner, die schwarzen Mönche, hierher gekommen. Der neugewählte Erzbischof Gerhard I., welcher seine Tätigkeit besonders der Bekehrung und Kolonisierung Livlands zugewandt hatte, und die von Bischof Waldemar verschleuderten Kirchengüter wieder an das Stift zu bringen suchte, starb schon 1219, und über die Wahl und Gerechtsame seines Nachfolgers Gerhard II., eines gebornen Grafen zur Lippe, entspann sich ein Streit zwischen der Hamburger und Bremer Geistlichkeit, welche letztere an ihrem Waldemar festhielt. Gerhard begünstigte sichtlich das Hamburger Kapitel und suchte dessen Streben nach Unabhängigkeit vom Erzstifte in jeder Weise zu fördern. Den Streit selbst erledigte 1223 der Spruch des Papstes, nachdem zwei Jahre vorher die Kapitel zu Hildesheim sich verglichen hatten. Der Papst bestätigte die Rechte des Hamburgischen Kapitels, dessen Zehnten aus Arnesfelde, Bargfelde, Hotflet und der Hamburger Niedermühle und den Besitz der Nikolaikirche, ernannte Richter zur Untersuchung des Streites und bestätigte das Hildesheimer Übereinkommen, nach welchem die Provinzialsynoden abwechselnd in beiden Städten zu halten seien und die Bremer Geistlichen die den Hamburgern vorenthaltenen Privilegien wieder herausgeben sollten. Endlich, nachdem beide Parteien sich an den Kaiser gewandt, machte Gerhard II. dem Streite durch den Bremervörder, später vom Papste bestätigten Schiedsspruch ein Ende. Die erzbischöfliche Würde nebst Titel sollten bei der Bremer Kirche verbleiben, die geistliche Gerichtsbarkeit aber über die nordalbingischen Landschaften, unter Vorbehalt der Appellationen, sollten der Hamburgischen Propstei zufallen; nur Kiel blieb unmittelbar dem Erzbischof untergeben. Das Hamburger Kapitel sollte endlich durch drei Deputierte an der Erzbischofswahl teilnehmen, so dass im Übrigen die Trennung beider Kirchen, deren jede fortan für sich Provinzialsynoden halten durfte, zur Tatsache ward.

Von Graf Albrecht von Orlamünde wird noch berichtet, dass er 1208 der Gemeinde zu Bergedorf die Bille überließ, behufs Erbauung einer Mühle daselbst, deren Ertrag den dortigen Geistlichen zugewiesen ward. Als vier Jahre später der Hamburgische Vogt Ritter Reinhard von Pinnow für die von ihm gestiftete Seelenmesse eine Kornrente aus seiner neuentstandenen Elbinsel Neuganun, die er von Graf Albrecht erkauft hatte, verschrieb, erhielt die Hamburger Domkirche eine Rente aus dem Geesthachter gräflichen Zolle und die Zehnten von Schiffbeck, Oldenburg, Steinbeck und aus der Marsch bei Steinbeck, bei welcher Gelegenheit wahrscheinlich auch die Billkirche entstanden ist.

Als Friedrich, der erste Hohenstaufenkaiser, dem mit ihm gegen den Welfen Otto IV. verbündeten König Waldemar das ganze Reichsgebiet jenseits der Elbe und Elde übertragen hatte (1214), ward der sächsische Kaiser veranlaßt, im Bunde mit Bischof Waldemar seine Waffen über die Elbe zu tragen. Er bemächtigte sich im folgenden Jahre auch Hamburgs ohne Mühe, wahrscheinlich mit Hilfe eines Teiles der Bürger, denen er sogar die Reichsunmittelbarkeit versprach, musste aber alsbald vor dem anrückenden Dänenheer wieder entweichen. Waldemar ließ Hamburg aushungern, indem er durch eine Burg am Feendsberge im Eichholze an der Elbe, die mit Pfählen und Ketten verrammelt ward, und durch eine zweite Burg unweit Schiffbeck die Zufuhr absperrte. Nach sechs Monaten war die Hungersnot so sehr gestiegen, dass die Stadt sich ergeben musste, wo die Vornehmeren dänisch gesinnt waren, und es kam zu einer die Schonung der Einwohner verbürgenden Kapitulation. Diese hielt aber der König nicht, sondern gab die Stadt der Plünderung Preis und verkaufte die ausgeraubte Stätte an Albrecht von Orlamünde zum erblichen Eigentum für 700 Mark Silber. Zu diesem Unglücke kam noch die große drei Jahre hinter einander wiederkehrende Wasserflut (1216—1219), die alle umliegenden Marschen verheerte und an 30.000 Menschen das Leben raubte. Graf Albrecht suchte nach Kräften die Wunden seiner nunmehr erbeignen Stadt zu heilen: er bestätigte den Bürgern, damit sie aufatmen, möchten vom Joche der Unterdrückung, über welches sie geklagt, die von den sächsischen Herzögen und den Schauenburgern verliehenen Rechte und Freiheiten, die Befreiung von Ungeldern und Zoll, wie von dem in Geesthacht, und bestätigte die durch seinen Mundschenk Theodorich der Domkirche gemachte Schenkung einer Hufe in Kirchwärder. Auch das Spital tom Stege erfreute sich seiner Fürsorge. Der Graf bestätigte 1220 die Gerechtsame des Hospitals und des Priesters zu St. Georg, schenkte dem ersteren drei an der Alster belegene Äcker (vielleicht der südwestlich von der Kirche liegende Teil des Hospitalgebietes, zu denen die Papenhude und der Papenwärder gehört haben mögen). Die damaligen Grenzen der Vorstadt nebst dem Burg- und Hohenfelde fallen übrigens mit den Weichbildsgrenzen der Stadt zusammen, wie sie 1258 bestimmt wurden. Sie gingen von der Mündung des Schürbeck in die Alster nach der Gegend der spätern Landwehr, längs derselben bis zum Steilabhang der Geest gegen den damals noch gräflichen Hammerbrook und dann zur Stadtmauer in der Gegend des Dovenfleetes.

Nordalbingien ging aber alsbald einer totalen Umgestaltung entgegen durch die Bemühungen der Schauenburgischen Partei, von welcher auch Hamburg ersaßt wurde. Dem holsteinischen Adel mochte das straffe dänische Regiment des Despoten Waldemar schlecht gefallen und er sah sich nach Mittel um, sich vom Joche der Dänen zu befreien. Die Sage berichtet, dass seine Verschwörung in einer Freifrau von Deest, Herrin aus Kellingdorp bei Wilster, den Mittelpunkt gesunden habe. Die Aufständischen nahmen den zwölfjährigen Sohn des verbannten Schauenburgers, der heimlich in der Marsch erzogen ward, zum Herrscher an, und bemächtigten sich 1206 der Sumpffeste Jtzehoe, welche mit Glück gegen die Dänen gehalten wurde. Aber lange Zeit blieben die Aussichten für Wiederherstellung der Schauenburger trübe: die dänische Gewalt schien zu fest begründet, zumal der Hohenstaufe mit Waldemar im Bunde stand, und der Statthalter Graf Albrecht waltete mit Kraft und Milde im Lande. Da sollte ein Akt der Privatrache den Holsteinern zur Befreiung von den Dänen verhelfen. Graf Heinrich der Schwarze von Schwerin überfiel nächtlich im Mai 1223 den König Waldemar und dessen Sohn aus der Insel Lyö und führte beide gefangen in seinen Seekerker nach Schwerin. Die Dänen ernannten Albrecht von Orlamünde zum Reichsverweser, ein Sühnetag zu Dannenberg ward durch die nunmehr austauchende Schauenburgische Partei vereitelt und das Schwert musste über den Besitz Nordalbingiens entscheiden. Die holsteinischen Edlen, unter der Aegide des Erzbischofs von Bremen, traten nun in offnen Bund mit dem jungen Adolf IV. und dem Schweriner Grafen, Jtzehoe ward mit Hilfe der Landleute der dänischen Besatzung abgezwungen, der Schweriner belagerte das feste Lauenburg. Graf Albrecht von Orlamünde, welcher sich zunächst nach Hamburg gewandt hatte, suchte und fand hier die Mittel zur Kriegsrüstung; um die wichtige Stadt nicht als Feindin zurück zu lassen, bestätigte er den Bürgern, weil sie klagten, von vielem Ungelde und andern Unzuträglichkeiten heimgesucht zu sein, aus das Feierlichste die früheren Privilegien der sächsischen Herzöge und Grafen. Dagegen mussten die reicheren Bürger Geld zu der Kriegsfahrt hergeben und eidlich mit dem Rat geloben, die Stadt in der Treue des Grafen halten zu wollen.

Im Januar 1225 ward Graf Albrecht von den Scharen des Schweriner Grafen bei Mölln geschlagen und gefangen genommen; nun erhoben sich auch die streitbaren Lübecker zur Befreiung und verjagten ihre dänische Besatzung, wie die Sage will, im lustigen Maienspiel und unter Führung des Alexander von Soltwedel, und halfen sodann dem Grafen Adolf bei der Belagerung Ratzeburgs, welcher nun vor Hamburg rückte, die Stadt zur Übergabe auffordernd und ihr die Zufuhr abschneidend. In derselben tauchte die Besorgnis auf, der Graf möchte die eben noch bestätigten Freiheiten nicht schonen, die beiden dänischen Zwingburgen drohten und die Meinungen der Bürger gingen auseinander. Der Rat und die Reicheren hielten sich durch ihre dem Grafen Albrecht geleisteten Eide gebunden und widerstrebten der Übergabe, wurden aber von der Gemeinde zum Nachgeben gezwungen. Die Sage berichtet von weitläufigen Unterhandlungen, in Folge welcher der Graf das Gelöbnis mit Handschlag erteilte, die Freiheit der Stadt unangetastet zu lassen und als Freund und Schirmherr für die Erhaltung ihrer Gerechtsame zu wachen. Die beiden dänischen Zwingburgen wurden gebrochen und am 9. Februar 1225 zog der Graf in die Stadt ein. So blieb Hamburg frei; die reicheren, dem Orlamünder durch Eidschwur zur Treue verbundenen Bürger aber stellten sich hernach demselben zur Haft und mussten mit 1500 Mark aus dem gemeinen Säckel gelöst werden. Daraus hat denn die Sage die Deutung gemacht, Hamburg hätte damals seine Gemeinfreiheit um die genannte Summe zurückerkauft. Adolf IV. bestätigte der Stadt sofort die von seinem Vater und von Kaiser Friedrich erlangten Privilegien und Freiheiten.

König Waldemar erlangte durch den Vertrag vom 17. November zwar seine Freiheit wieder gegen hohes Lösegeld und Zurückgabe aller deutschen und slavischen Länder zwischen Eider, Elbe und der Ostsee, ließ sich aber im folgenden Jahre vom Papste seines Eides entbinden und zog mit Otto von Lüneburg aus, das Verlorene wieder zu gewinnen. Gegen ihn standen mit Adolf IV. die Grafen von Schwerin, die mecklenburgischen Fürsten, der Erzbischof von Bremen und Herzog Albrecht von Sachsen. Die Hamburger stellten eine auserlesene Kriegerschar als Leibwache des Grafen und gaben 1200 M Silber zur Heeresrüstung, die Lübecker führte Alexander von Soltwedel. Ein Vorspiel war es, dass die Hamburger Otto von Lüneburg, welcher den Gorrieswerder genommen hatte, den Zug über die Elbe verwehren wollten und dabei eine Schlappe erlitten, die viele Bürger in Gefangenschaft brachte. Die Entscheidungsschlacht aber fiel am 22. Juli (dem Marien-Magdalenentage) 1227 aus den Feldern von Bornhöved an der Schwentine; sie ward gewonnen von dem Schauenburger durch die in dem Kampfe dem dänischen Heere in den Rücken fallenden Dithmarschen, welche die Lübecker zum Abfall beredet hatten; 4000 Dänen blieben auf dem Felde und den verwundeten König rettete kaum ein deutscher Ritter nach Lübeck. In demselben Jahre wurde endlich Jtzehoe genommen mit Hilfe der Hamburger und 1229 ward ein Friedens- und sogar ein Freundschaftsvertrag mit dem Dänenkönig geschlossen, welcher durch die Verlobung der Tochter Adolfs IV. mit Abel, dem zweiten Sohne Waldemars, seine Besiegelung erhielt.

Über Hamburg waltete noch bis 1239 Graf Adolf IV., welcher nach einem livländischen Heidenzuge und nachdem ihn der Papst entsühnt hatte, mit Genehmigung seiner Frau in den Orden der Minoriten trat und den Rest seines Lebens als Mönch verlebte. Herzog Abel, sein Schwiegersohn, ward der Pfleger seiner Nachfolger und Söhne, Johann I. und Gerhard I.

Interessant sind mehrere Verfügungen Graf Adolfs und seiner Familie in Bezug aus Stiftungen geistlicher Art in Hamburg geworden. So gab der Schauenburger 1227 seine Alsterburg in Hamburg zum Bauplatz eines Dominikanerklosters her, dem heiligen Johannes gewidmet; die Mönche, welche sich erst 1235 hier niederließen, haben dasselbe wahrscheinlich auf Kosten ihres Ordens gebaut, obschon die Sage wissen will, dass das beregte Grundstück einem Bürger Hans Reder gehörte, welcher, durch ein Wunderzeichen bewogen, dasselbe zum Klosterbau dem Grafen verkauft habe. Die Dominikanermönche Burchard Hiddinga, ein Friese, und Otto von Meding fanden übrigens ein Hindernis im Klosterbau an dem Widerstreben des auf sein geistliches Ansehen Eifersüchtigen Hamburgischen Kapitels, bis die Mönche gelobten, bei Strafe der Verjagung aus der Stadt kein Geld für ihre geistlichen Verrichtungen nehmen, auch Niemand Schaden zufügen zu wollen. Dem Hamburger Kapitel schenkte der Graf behufs Errichtung einer Präbende Zehnten in Schiffbeck, Oldenburg, bei Reinbeck und im Hammerbrook, sowie 2 Mark Rente aus dem Hamburger größeren Zolle, ferner das halbe Dorf Wellinghusen, und bestätigte den Verkauf des Dorfes Wulfsdorf. Ferner bestätigte er dem Kapitel das demselben von seinem Vater überlassene Anrecht an die Nikolai-Kapelle und verglich sich mit den Domherren wegen einer von Adolf III. beabsichtigten, nicht zur Ausführung gelangten Schenkung. Eine fernere Stiftung des Grafen war die des Marien-Magdalenen-Klosters zum Andenken an den bei Bornhöved erfochtenen Sieg. Im Namen seiner Söhne traf er noch eine Vereinbarung mit dem Hamburger Kapitel, wegen des dem letzteren durch Erbauung der neuen Mühle (bei der späteren Kunst) wegen Zerstörung der Mühle an der Tarpe (bei Eppendorf) und an den Gütern des Domhofes zu Eppendorf verursachten Schadens. Wie haben nämlich oben erwähnt, wie bereits früher die s. g. Herren- oder Nieder-Mühle aus dem Verbindungswege zur Neuen Burg entstanden war. Durch die Aufstauung der Alster zu Gunsten dieser Mühle wurden die Ländereien und Wiesen des Kapitels überschwemmt und verdorben. Zur Entschädigung dafür hatte Adolf III. dem Kapitel sechs Wispel Roggen jährlich aus der Mühle zugewiesen. Nun baute 1245 Adolf IV. die neue Mühle am Oberdamm, welcher zur Zeit der Erbauung des Marien-Magdalenen-Klosters gezogen sein muss, staute dadurch die Alster zum zweiten Male und zwar jetzt zu einem weiten Landsee aus, wodurch abermals den Kapitelsländereien am Flusse Schaden zugefügt wurde. Dafür erhielt nun das Kapitel eine jährliche Getreidelieferung aus der Mühle zur Entschädigung; durch die Anlegung jenes Dammes hat aber die Alster erst ihre jetzige der Stadt so sehr zur Zierde gereichende Gestalt erlangt. Das Domkapitel wandte damals einen Teil der ihm geschenkten Einkünste dazu an, das Dormitorium (die Schlafstätte) und den Ambitus (Umgang) des Klosters zu erweitern. Der Ambitus, besonders zu Prozessionen benutzt, stieß an zwei Seiten an den Domkirchhof, mit der dritten an die Kirche selbst und mit der vierten an die sogenannte Annenkapelle, woselbst, wie im Umgange, dem späteren Schappendom, allerlei Kramwaren feilgeboten zu werden pflegten. Eine weitere Stiftung aus dem Jahre 1276 verdankt Adolf IV. und seiner Gemahlin Heilwig ihre Entstehung. Es ist dies das Kloster Herwardershude, das wir aber für jene Zeit nicht im jetzigen Harvestehude zu suchen haben, sondern in St. Pauli, in dem Häuserquarre nach der Kirche, welcher Platz noch später zum Johannis-Kloster gehört hat. Das Hamburger Kapitel genehmigte nämlich auf die Fürbitte Graf Adolfs IV. und seiner Gemahlin die Anlegung eines Zisterzienser-Nonnenklosters in seinem Sprengel und Markgraf Otto III. von Brandenburg übertrug den Nonnen seine dortigen Besitzungen in dem schon existierenden Dorfe Herwardershude mit der angrenzenden Wassermühle. Von den bewaldeten Höhen des Grindels kam damals ein lebhaft fließender Bach herunter, die Alte Aue genannt, der dicht vor seinem Ausflusse in die Elbe eine Mühle trieb. Seinen Lauf bezeichnet ungefähr noch der s. g. Pepermühlenbeck oder der jetzige Altonaer Grenggraben und noch Jahrhunderte später war die ganze Gegend so wasserreich, dass z. B. in der Gegend der Thalstraße ein Teich, der Nobisteich genannt, sowie ein zweiter, aus welchem der Fischfang bedeutenden Nutzen abwarf und dessen Uferbefestigungen den Hamburgern nicht allein viele Sorge machten, sondern auch den Grund zu vielen nachbarlichen Streitigkeiten abgaben, gefunden worden. Später, besonders durch das Ausroden des Waldes, welcher die Anhöhen bedeckte, versiegten die reichen Quellen, deren kümmerlichen Überreste noch lange zu dem sogenannten Feldbrunnen benutzt wurden, und so kam es, dass allmählich die Teiche zugeworfen, der Mühlbach aber in jene Weichende, übelriechende Grenzpfütze umgewandelt ward. Von der Alten Aue diesseits des Dorfes Totensen (Ottensen), das älter ist als unsere holsteinische Nachbarstadt, hat letztere den Namen Altona erhalten; das brandenburgische Besitztum in jener Gegend, wahrscheinlich aus den Billung'schen Erbschaftsgütern herstammend, hat vielleicht noch in der Benennung Brandenburger Hafen eine Spur hinterlassen. An der Alten Aue lag also die Hude (Weidetrist), vielleicht eines Hamburgers Herward, an dessen Besitztum sich eine kleine Dorfschaft anlehnte, die natürlich den Namen des ältesten Meierhofes Herwardershude annahm. Gewiß ist, dass das Viereck zwischen der Kirchen- und Langenstraße, dem Tatergang und dem Pinnasberge zu den Gütern des Johannisklosters aus der Erbschaft der Harvestehuder Nonnen im Frauenthale, wie das Kloster genannt ward, gehörte und dass also hier die Stätte des später, wie wir sehen werden, an die Alster verlegten Zisterzienstiftes zu suchen ist. Die Gräfin Heilwig, eine geborne v. d. Lippe, wohnte übrigens dicht beim Marien-Magdalenen-Kloster in Hamburg und ließ ihre Stiftung durch ihren Sohn Graf Johann bestätigen, als ein gewisser Ritter Georg, wahrscheinlich gräflicher Vogt, demselben eine Schenkung gemacht hatte, dotierte dieselbe mit ihren Erbgütern reichlich und sorgte für Schutz und Bestätigung abseiten der geistlichen und weltlichen Obern.


Erwähnt wird auch in dieser Zeit des Spitals zum heiligen Geist, am Thore der Stadt gegen Westen belegen, wahrscheinlich eine von frommen Kreuzfahrern zu Gunsten der Aussätzigen und Siechen gemachte Stiftung.

Die Regierung der Söhne Adolfs, anfangs unter Vormundschaft des Herzogs Abel, dem aber der Mönch gewordene Schwiegervater beratend zur Seite stand, brachte den Hamburgern manchen Vorteil. Sie ließen sich bereits 1239 die vom Kaiser Friedrich in den gräflichen Landen erhaltenen Freiheiten bestätigen und erwarben von den jungen Grafen 1246 zur besseren Befestigung ihrer Stadt das Wasser vom Marien-Magdalenen-Kirchhof bis zum Milderen (mittleren) Thore, das damals am Ausgange des s. g. Schliekut beim Grafkeller lag, mithin die sogenannte kleine Alster, jenes zwischen beiden gräflichen Mühlen aufgestaute Wasser; doch sollten sie durch Anlagen und Bauten die alte Mühle nicht behindern und habe die Gräfin Heilwig das Recht, ihre beim Kloster gelegene Curie, wahrscheinlich aus derselben Alsterinsel, bis zur anzulegenden Befestigung der Stadt zu erweitern; doch solle die öffentliche Straße innerhalb derselben nicht behindert werden durch solche Erweiterung. Diese Befestigung war der s. g. Alte Wall mit seinem bekannten Blauen Turme nahe dem Plane, unweit der Johannisschule, oder vielmehr dessen unterer Teil, der Mönkedamm, aus welchem ein kleines Thor, der Schliekut, nach dem Mildernthore führte. Es ward ausgemacht, dass die sich aus dem nunmehr durch Dämme geschützten Alsterwerder Anbauenden die Rechte der Bewohner der Nikolai-Neustadt genießen sollten, woher es denn auch kommt, dass später der Scheelengang und die Mönkedammstwiete die Grenze zwischen dem Nikolai- und Petri-Kirchspiel bildeten. Die Eindeichung machte noch Schwierigkeiten, weshalb man erst später zur Bebauung des Buerstade gelangen konnte. Vor dem Milderen Thore lagen damals schon einige Höfe und Häuser, was eine Brückenverbindung bei der Gegend des jetzigen Grafkellers voraussetzt. Von der Bebauung und dem Umfange der damaligen Stadt geben die im ältesten Stadterbebuche aufgeführten Straßennamen den besten Begriff. Es sind dies: Bei St. Peter, die Mühlenbrücke, das Haus zum heiligen Geist, Rödingsmarkt, Grimm (wo Kornspeicher aufgeführt worden), die Knochenhauerstraße, die Gegend bei St. Catharinen, die Bäckerstraße, eine Weberstraße, die Gegend vor dem großen Thore (Mildernthor), das Schafferhaus im Neß, die Wiedenburg, der alte Markt (Fischmarkt, wo das Rathaus der Altstadt lag und Brot feilgeboten wurde), die Straße bei St. Johann, der Berg, die Deichstraße, der Fleischmarkt in der Gegend des alten Schrangen, der Hopfenmarkt, auch neue Markt genannt, der Bäckermarkt (wahrscheinlich beim Hadeler Thore unsern der Zollenbrücke, wo das Schauenburgische Zollhaus stand), der Cremon, welcher zugleich die spätere Catharinenstraße in sich begriff. Wir ersehen daraus, dass sich die Stadt nach Westen und Süden mächtig erweitert und zu einem doppelten Umfange gegen früher vergrößert hatte. Man hatte nicht nur die Alsterwerder westlich von den Klöstern gegen die Fluten zu sichern und zu bebauen angefangen, sondern es waren auch südwärts die Inseln, welche die Bille vor ihrem Einflusse in die Alster bildete und aus denen sich das St. Catharinen-Kirchspiel erheben sollte, zum Teil, wahrscheinlich von Fischern, bewohnt. Außerdem breitete sich die Neustadt über die beiden größten Alsterinseln aus und erstreckte sich schon südlich bis zum Ausfluss der Alster in die Elbe, in der Gegend des späteren Niederbaumes und Schaarthores, welches letztere wohl seinen Namen vom Schaare, d. h. Strand, trägt. Die holsteinischen Grafen übertrugen 1254 den Beguinen, blaue Süstern genannt, einen Bauplatz zu ihren Gebäuden von ihrem Apfelgarten, welcher in der Steinstraße, der nachherigen Jacobikirche gegenüber aus dem Grunde der Schauenburgischen Hofburg lag; das daneben liegende Beguinenkloster soll ebenfalls eine Stiftung Adolfs IV. gewesen sein: es wurden darin besonders verlassene Mädchen und Frauen ausgenommen, Kranke gepflegt und Kinder erzogen. Unstreitig bildete diese Ansiedelung den Kern des späteren St. Jakobi-Kirchspiels, dessen erste Anbauer Landleute und Gärtner gewesen sein sollen. Hamburg hatte in dieser Zeit bereits ein eigenes Recht und jeder Teil der Stadt sein Rathaus und Gericht für sich, wie daraus schon hervorgeht, dass die holsteinischen Grafen andere Städte mit dem Hamburger Rechte bewidmeten, oder ihnen das Zugrecht dahin erteilten. Die Verwaltung der Altstadt war noch von der der Neustadt getrennt; es gab einen Büttel für die Alt- und einen andern für die Neustadt, zwei Weinkeller, zwei Salzhäuser, einen alten und einen neuen Markt, eine alte und eine neue Schmiedestraße, zwei Waagen und zwei Schlachthäuser. Zu den Handels-Monopolen des Rates gehörten nämlich damals die Salz- und Wein-Niederlagen, die Salzkannen waren verpachtet, und lag die altstädtische im Schopenstehl; der Weinkeller der Altstadt lag in der Garbraderstraße, der der Neustadt am kleinen Burstah, damals kleine Schmiedestraße geheißen. Für den Vertrieb und den Wechsel des Geldes gab es damals eigene Wechselbänke, einer Gesellschaft oder Zunft gehörig, der man wohl auch die Verwaltung der Stadtmünze vertraute. An die Stelle der oben erwähnten Burmeister und deren Beisitzer war seit Gründung der Nikolai-Neustadt der Rat mit erweiterten Befugnissen getreten. An die Spitze des über Leben und Eigentum entscheidenden alten Volksgerichtes stand der Vogt, doch über die Markt- und rein bürgerlichen Streitigkeiten neben den Verlassungen, ehe sie 1248 an den Rat kamen, wird von den Wittigsten, (später solche Ratmannen, die freilich ausgetreten, wegen ihrer im Amte erprobten Weisheit in wichtigen Fallen mit beraten wurden; im Anfange wohl Vögte, Kirchengeschworene und Werkmeister der Altstadt) gewillkürt sein. In Folge des dem Rate von dem Grafen zugebilligten Anteiles an den Bußen traten fortan dem Vogt zwei seines Mittels, die Nichteherren, zur Seite, wodurch jener sehr an Ansehen verlor, besonders seit von seinem Spruche die Appellation an den Rat ging. Bereits im zwölften Jahrhundert besaß Hamburg ein fest ausgebildetes Recht, dessen älteste Auszeichnungen jedoch verloren sind. Es war alte Sitte, dass der Rat sich selbst aus der Gilde der Reichen oder Kaufleute erwählte; er bestand aus 20 Personen, mit Einschluss der beiden Bürgermeister, welche jährlich am 22. Februar zusammentraten und 16 Ratmannen wählten, worunter zwei, die früher nicht im Rate gewesen; diese 16 wählten nunmehr 4 aus den bisher nicht wieder erwählten sechs oder mehreren alten Ratmannen. Der Bürgermeister und sein Bruder durften erst im siebenten Jahre zu diesem Amte wieder gewählt werden und gab es drei Klassen von Ratmannen: die Regierenden, die Neuhinzugezogenen und Nichtregierenden oder Ausgeschlossenen. Unfreie und Nichtechtgeborne, Handwerker, solche, die nicht Erb und Eigen binnen der Stadtmauer haben und Lehnsmänner der Herren durften nicht in den Rat gewählt werden. Mit den verwandtschaftlichen Beziehungen unter seinen Mitgliedern nahm man es noch nicht so strenge, wie nachher. Die städtische Verwaltung war so weit geordnet, dass die Auflassungen von Grundstücken und Berechtigungen regelmäßig vom Rate in das Stadterbebuch eingetragen wurden.

Für die Erweiterung der Hamburgischen Gerechtsame war das gräfliche Privilegium von 1256 sehr bedeutsam. Die Grafen traten nämlich damals der Stadt für immer ihren Anteil am Grundzins und dem bei Verlassung der Grundstücke zu entrichtenden Freischilling ab und überließen ihr die Felder zwischen dem Eilenbeck und Hamm, sowie die in Papenhude (bei der Kuhmühle) belegenen zur Stadtweide. Zu gleicher Zeit erhielt Hamburg gesichert die von zwei Edlen Holsteins erkauften Güter und das Eigentum in Heimichhude, d. h. in der Gegend beim jetzigen neuen Jungfernstieg und Dammthore, etwa bis zum alten Raben, an dem später zugeworfenen Hundebeck, ferner das Gericht vom alten Mühlendamme, dem Einfluß der Ulster in die Elbe bis zu dem Orte, wohin die Flut steigt, in der Gegend des spätern Catharinen-Kirchspiels, auch das Zollhaus an der darnach benannten Brücke und die zwei Schlachthäuser an der Alster in der Gegend des nachherigen Breitengiebels. Damals wird auch zuerst des Hopfenmarktes und der Mühlenbrücke gedacht. Sehr wichtig war ferner für die Stadt die gräfliche Verleihung von 1258, wahrscheinlich zum Ersatz der in der Barmstedter Fehde gehabten Kriegskosten. Die Grafen erweiterten nämlich das Weichbild der Bürger bis zum nachherigen Altonaer Grenzgraben und bis zum Hundebeck; die Hamme ward zur Gemarkung Hamburgs ausgeschieden und fortan lies die Grenze der letzteren an der Alster hinaus, bis zur Mündung des Schürbeck, Lübschen Baum etwa und Landwehr und längs der Weiterung bis zur Stadtmauer. Die Vogtei blieb zwar noch in den Händen eines gräflichen Gaugrafen, verlor aber allmählich jede praktische Bedeutung, indem die beiden Ratmänner, welche auch hier neben dem Vogt zu Gericht saßen, fortan als die eigentlichen Richter erschienen und jenem wenig mehr zu tun übrig ließen, als die dem Grafen gebührenden Anteile an den Brüchen und Bußen zu erheben. Um dieselbe Zeit wird auch der Eindeichung der am Ausflusse der Alster in die Elbe belegenen Inseln gedacht, wo der große Deich (Deichstraße) die Ansiedlungen gegen die Elbfluten sicherte, und die Verbindung derselben mit den bereits angebauten Südteilen der Neustadt durch eine Hohe Brücke von Deich zu Deich vermittelt ward. Fromme Schiffer hatten dort am Schaare (Strande) ein Marienbild errichtet, vor dem sie ihre Gelübde wegen glücklicher Heimkehr aus den Gefahren der See abzulegen pflegten: St. Maria tom Schaare hat dieser ganzen Gegend den Namen gegeben, besonders seit das einfache Holz- oder Steinbild der Gottesmutter, welches sich eine Zeit noch mit einer einfachen Mauernische begnügen musste, eine förmliche Kapelle, die spätere Schaarkirche, erhielt. Die Nikolai-Neustadt hat in der Zeit bis 1270, welches Jahr die eigentliche kommunale Selbstständigkeit unseres Gemeinwesens bezeichnet, auffallend zugenommen und östlich von der Stadt bildete sich um die alsbald errichtete Jakobi-Kapelle gleichzeitig ein neuer Stadtteil, welcher dann als Neustadt galt, als das Nikolai-Viertel mit der alten bischöflichen Stadt zu einem Gemeinwesen verschmolz. Um das Jahr 1263 kommen zuerst Juraten an der Nikolai-Kirche vor, deren Sprengel westlich bis zu den Bächen Herwerdershude und Hundebeck ging, während die Gegend bis Othmarschen nördlich von diesen Bächen zu St. Petri und die Ostgegend, Schiffbeck und Steinbeck eingeschlossen, zu dem neuen Sprengel St. Jakobi gerechnet ward. Bei Gelegenheit der Bestätigung der Kaiserprivilegien der Neustadt durch Graf Gerhard, 1264, schenkte dieser der Stadt das Wasser vom Minoriten-Kirchhof bis zum Mittleren Thore, die s. g. kleine Alster, wodurch die Mönkedammsgegend in den Kreis der städtischen Bebauung gezogen wurde. Damals finden wir zuerst zwei Kämmereiherren des Rates, welche die Stadtlade verwahrten und das städtische Bauwesen leiteten, zwei andere Ratsmitglieder waren Vorsteher des Heiligengeist-Spitales, und aus die zunehmende Selbstständigkeit der Stadtgemeinde, die bereits eine Apotheke anlegte, deutet die Errichtung des steinernen Roland an der darnach benannten Brücke, das Zeichen der selbstständigen Stadtgerichtsbarkeit.

Durch Graf Gerhard kam auch die neue Wassermühle beim Alsterdamm an die Stadt, indem er dieselbe 1266 dem Heyno Reese für eine Geldzahlung und Getreidelieferung überließ; es wurde bei diesem Kaufe ausgemacht, dass Reese die Erde und das Holz zum Ausbessern des Dammes aus gräflichem Gebiete nehmen dürfe und den Aalsang haben solle bei den Curien der Domherren. Wider Reeses Willen dürften die Bürger auf dem Damme der Alster kein Holz lagern, doch könnten sie Bauholz aus der von Rese zu bereitenden Schleifbahn hinüberziehen. Mit dem Müller Reese, dessen Namen noch der Alsterdamm trägt, schloß nun vier Jahre später der Rat einen förmlichen Kontrakt des Inhaltes: Reese und seine Nachkommen sollten stets auf ihre Kosten einen Wächter halten, ebenso die Stadt einen zweiten, aus dem Thurm, Borgfrede genannt, welcher sich zu äußerst aus dem Mühlendamm erhob; ferner ward der Müller verpflichtet, den hohen Stadtwall, welcher mit einem Zaun gegen das Vieh zu sichern sei, hinter seiner über der Mauerpforte belegenen Wohnung zu erhalten, nebst dem Pfahlwerk, das ihn gegen den Andrang des Alsterwassers sicherte, wogegen Reese für sein Vieh das auf dem Walle wachsende Graf haben solle. Die nach der Mühle führende Mauerpforte dürfe nur bei Notzeiten des Staates geschlossen werden; aus dem Damme könnten die Bürger nur mit Erlaubnis des Müllers großes Holz legen, kleines nur zwei Tage lang.

Wir haben eben des alten städtischen Rathauses am Ende des Schopenstehls und Fischmarktes gedacht; auch die Neustädter dachten 1266 an die Erbauung eines solchen, um sich einen eignen Rat und ein eignes Dinggericht zu wählen; aber als sie den Platz zur Hinüberführung der Trostbrücke erhöhen wollten, vereinbarten sich mit ihnen die Altstädter, das neue aus ihrem Grunde hart an der Grenze der Neustadt zu erbauende für das gemeinsame beider Städte, die damit zu einem Gemeinwesen zusammenschmolzen, ansehen zu wollen.

Wir werfen jetzt einen Blick auf die allmählich heranreisende Handelstätigkeit unserer Stadtgemeinde und ihren zu diesem Zwecke mit dem Auslande eingegangenen Verbindungen in der Zeit von der Wiedereinsetzung der Schauenburger bis zum Jahre 1270. Es ist hier daran zu erinnern, dass Hamburg unter allen deutschen Städten sich des ältesten Schiffsrechtes erfreuet. Die ältesten urkundlichen Beweise eines Seeverkehres deutscher Städte mit England sind uns aus der sächsischen Kaiserzeit von Köln überliefert; vermutlich hat hier die Verschwägerung deutscher Fürsten mit englischen fördernd eingewirkt. Im Anfang des 13. Jahrhunderts sind die Bremer, welche seit 1206 in England Handelsfreiheit besaßen, und sogar später einen daraus bezüglichen Vertrag schlossen, in diese Verkehrsbahn eingetreten. Die Zusammengehörigkeit zu dem Bremer Erzstifte und die Verbindung Heinrichs des Löwen mit England mochte auch Hamburger daraus bringen, den Spuren ihrer Schwesterstadt, mit welcher gemeinsam sie auch den Ostseestrand Rigas in den deutschen Kultur- und Verkehrskreis gezogen haben, zu folgen. So wird unter Heinrich III. von England (1224) eines Hamburger Schiffes, das einem Gottschalk gehörte, erwähnt, welches zu Portsmouth der König durch seine Baillifs mit Bremer, Staverner, Groninger, Kölner und Emdener Fahrzeugen zum Dienst des Reichs hatten anhalten lassen und nunmehr, wie andere deutsche, insbesondere sächsische Schiffe, mit ihrem Wareninhalt wieder loszulassen befahl. Zu bemerken ist, dass im 13. Jahrhundert die Easterlinge (Sterlinge), deren 12 den englischen Schilling ausmachten, als ursprünglich sächsische Münzwährung, aus der ganzen Ost- und Nordsee als Zoll- und Handelsgeld kursierten.

Die Braunschweiger Kaufleute, denen vier Jahre später derselbe König seinen Schutz verlieh, haben sich unstreitig bei ihren Fahrten Hamburgischer Schiffe bedient. Die Vergrößerung der alten Kölner Gildehalle zu London zu einem die andern deutschen, namentlich ostwärts (Oesterlinge) wohnenden Genossen beherbergenden Stahlhof, mag in dieser Zeit auch, ihren Anfang genommen haben. Die Hamburger besaßen dort ihren eigenen Alderman und vertrieben dahin vornämlich das vorzüglich in dem nun mehr angebauten Rödingsmarkt fabrizierte Bier; König Heinrich III. gestattete den Hamburger Kaufleuten aus Vermittlung des Herzogs von Braunschweig, mit dem sie befreundet waren, ihre Hanse oder organisierte Gesellschaft mit eigener Gerichtsbarkeit in seinem Reiche zu halten, doch sollten sie, wie die Braunschweiger, dem Könige dafür das Gebührliche und Herkömmliche leisten. Der Handelszug der Hamburger nach Westen und Norden ging damals besonders lebhaft über Braunschweig, weshalb wir schon sehr häufig von Verträgen mit dieser Stadt und ihren Herzögen, so wie mit dem für Hamburg seines Salzhandels wegen hochwichtigen Lüneburg vernehmen. Herzog Otto, früher Bundesgenosse König Waldemars und Feind unserer Stadt, befreite 1240 die Hamburger von allen ihr vordem auferlegten Abgaben widerrechtlicher Natur, wogegen die Lüneburger im Holsteinischen Gebiet ähnlich begünstigt wurden; ein Zwist mit der Stadt Braunschweig wurde alsbald in Freundschaft beigelegt. Die Welfenstadt sicherte den Hamburgern und ihren Waren sogar Schutz für den Fall eines Krieges mit dem Landesherzog zu, was der letztere genehmigte. Die Kaufleute von Braunschweig, Magdeburg und den benachbarten Städten erhielten eine Tarifserleichterung bei dem in Hamburg erhobenen gräflichen Zoll. Von Braunschweig gingen die Handelsfahrten gemeinsam mit den Lübeckern nach Holland, Dortrecht, Cleve und besonders Utrecht, an welchen beiden Stellen die Hamburger sich den vertragsmäßigen Schutz von den dortigen Landesherren zu verschaffen wußten. Durch eigene Gesandtschaften der Hamburger und Lübecker im Namen aller Kaufleute des römischen Reiches, die Gothland besuchten, ward ihr Verhältnis zu den hochwichtigen flandrischen Stapelplätzen, besonders Brügge und Damme, geordnet und der dortige Zoll festgesetzt; mit den Herzögen von Lothringen und Brabant ward freies Geleit und eine Zollordnung zu Antwerpen verabredet und Vorkehrung getroffen, die Landstraße über Minden nach Gent von Räubern frei zu halten. Für den Verkehr mit Flandern muss damals der Lederhandel besonders ergiebig gewesen sein, weshalb auch unser Rat den Schustern hier 1262 eine Herberge gewährte und ein Lagerhaus am Fischmarkt, die Helle genannt, welches später zu einer Domkurie ward. In Zieriksee, Campen, Stavern hatten die Hamburger Kaufleute Schutz, Niederlage und wie im ganzen Gebiete der holländischen Grafen Gerichtsbarkeit, sogar für Streitfälle mit den Heimischen. Auch in Brügge, dem Emporium des ganzen Welthandels, finden wir sie bereits angesiedelt, wie die Flanderer ebenfalls häufig mit Schiffen und Waren aus die Elbe kamen und hier frei verkehrten und Schutz wie die Hamburger genossen; doch durften sie keinen Detailhandel treiben. Eine wertvolle Erwerbung der Hamburger für ihren Seehandel war die Erwerbung der Hälfte der Insel Neuwerk (1246) nebst der dortigen Fischereinutzung; unsere Stadt richtete dort ein Feuerzeichen ein, um die Elbmündung kenntlich zu machen. Der nach Osten gehende Verkehr der Hamburger bewegte sich über Lübeck der Ostsee zu nach Gothland, der großen Handels-Niederlage aller sächsischen Kaufleute und von dort nach Skandinavien und den baltischen Gestaden, an denen Riga seine Entstehung sogar wesentlich Hamburgischen und Bremischen Kauffahrern verdankte. Südwärts waren die Handelsfahrten durch die sächsischen Lande und ins Brandenburgische elbaufwärts ins Reich gerichtet. In ersterer Beziehung war vor allen Dingen das früh geknüpfte und engbewahrte Band mit der Schwesterstadt Lübeck, schon zur Befriedung der Landstraße nach der Ostsee, für die damals ihre Waren selbst begleitenden Kauffahrer von höchster Wichtigkeit. Mit dem seit 1235 ganz frei gewordenen Lübeck schloß Hamburg schon 1241 zwei Verträge, in denen man sich gelobte, die Straße zwischen Trave und Elbe und aus derselben bis zur See auf halbschiedliche Kosten vor Räubern sicher stellen und die aus einer Stadt Verwiesenen in die andere nicht ausnehmen zu wollen, ferner Alles, was zu beiderseitiger Wohlfahrt diensam, künftig in Gemeinschaft beschließen, und Freiheiten und Privilegien mit einander schützen zu wollen. Die holsteinischen Grafen nahmen alle Kaufleute des römischen Reiches deutscher Nation besonders auf der Landstraße zwischen beiden Städten in ihren Schutz. Im Jahre 1255 verglichen sich die letzteren über den Gehalt der gemeinschaftlich zu schlagenden Pfennige und die holsteinischen Grafen verhießen keine andern, als die gegenwärtig und mit Zustimmung Hamburgs und dem Willen des ganzen Landes bestimmten neuen Pfennige, für ihre Lebenszeit schlagen zu lassen. Das Band, das beide Städte vereinte, knüpfte sich aber noch enger durch ihren zu Oldesloe aus drei Jahre aus Handschlag und Wort von den Ratmannen gestifteten Vertrag zu Schutz und Trutz gegen alle Feinde, vom 25. Juni 1255, der nachher immer erneuert und erweitert worden ist. Eine Folge dieser, die Solidarität beiderseitiger Interesse verbürgenden Verbindung war der nun vorgenommene Austausch der in beiden Städten allmählich durch Gebrauch ausgekommenen Schiffergewohnheiten, unter denen die für Bergelohn, Strandungsfälle, Seewurf, Ansegelung, Schiffsbefrachtung und das Rechtsverfahren in Frachtsachen in Hamburg üblichen in Lübeck, das sein Seerecht noch nicht so ins Detail ausgebildet zu haben schien, großes Interesse finden; beide Städte glichen nunmehr ihre abweichenden Rechtsgewohnheiten durch Verhandlungen gegen einander aus, und waren eifrig bestrebt, auch die Wasserstraßen aus gemeinsame Kosten zu befrieden, was bei der Berechnung darüber freilich nicht immer ohne Streit abging. Manches hatte der Elbhandel von dem räuberischen Strandrechte der dort wohnenden friesischen Stämme zu leiden, der Wurster, Hadeler, Kehdinger und Dithmarschen, und gegen sie mussten alle weltlichen und geistlichen Autoritäten ausgeboten werden, sogar die Macht des Papstes, als dieser seinen Legaten Guido nach Norddeutschland entsandt hatte. Mit den Bewohnern des Landes Wursten vereinbarten die Hamburger schon 1238 einen Vertrag über Strandungsfälle, die Rechte der Kaufleute, Versicherung der Klagen und Beschränkung der Pfändung aus die Hauptgläubiger: dass kein Hamburger, ohne ausdrücklich von ihm übernommene Verpflichtung, für die Schulden eines Landsmannes mit Person und Gut verantwortlich gemacht werden dürfe. Bald daraus gaben die Strandsriesen im Utlande (Nordfriesland) das Versprechen, dass sie mit allen Kaufleuten, insbesondere mit den Hamburgern, Frieden und Eintracht halten wollten. Auch die Dithmarschen, welche seit dem Falle König Waldemars dem Bremer Erzstifte, freilich in ziemlich losem Verbande mit letzterem, unterstanden, schlossen 1265 eine Sühne mit den Hamburgern über das beiderseitig in Forderungs- und Schädigungsfällen zu beobachtende Rechtsverfahren; auch die Handelsfreunde der Hamburger sollten mit diesen in Dithmarschen gleichen Schutz und gleiches Recht genießen.

Der Kaiser hatte 1227 das Gebot erlassen, kein Fürst noch Adliger solle den Verkehr zwischen Hamburg und Lübeck über Ratzeburg, Wittenberge, Schwerin, durch Meklenburg irgendwie behindern. Die Brandenburgischen Markgrafen taten Alles, um den Hamburg-Lübeckschen Handel mit Salzwedel und anderen Städten der Mark zu fördern; die Brandenburger erhielten eine Herabsetzung des Schauenburgischen Zolles für ihre Waren, wogegen die Markgrafen den Hamburgern freies Geleit aus der Elbe und in ihrem ganzen Gebiete erteilten, und eine von den Ihrigen mit Hamburg geschlossene Sühne und Vereinbarung bestätigten. Wahrscheinlich hatten brandenburgische Kaufleute, Schiffer und Fischer, etwa aus Stendal, Salzwedel oder Magdeburg, aus der an der Hamburgischen Weichbildsgrenze belegenen, für die damalige Schifffahrt sehr günstigen Stelle, wo jetzt Mona liegt, an dem noch wasserreichen Bache, eine Ansiedlung besessen, welche sie hernach bei Gelegenheit der Harvestehuder Klosterstiftung ausgaben und weil ihnen die zum Elbhafen erweiterte Stadt in größerer Sicherheit dieselben Vorteile für den Verkehr ihrer Lande bieten mochte. Übrigens muss der dortige Landbesitz sehr unbedeutend gewesen sein, weshalb auch die Nonnen später daraus ohne Schadenersatz und höhere Genehmigung verzichtet haben. Die Heirat des Markgraf Otto III. mit der Tochter des Schauenburgers Johann I. erwirkte den märkischen Kaufleuten die Bestätigung ihrer Zollbegünstigungen in Hamburg; derselbe Otto nahm aus Bitten der Salzwedler die durch seine Länder reisenden Hamburger in Schutz, welche zum Einhandeln des Salzes kommen würden.

In der Nähe war das erzbischöfliche Stade mit seinem Zoll in mannigfache Beziehung zu Hamburg und den fremden hier verkehrenden Kaufleuten getreten; seine Bürger wurden schon 1238 frei vom Schauenburgischen Zoll und Ungelde, während die Hamburger seit 1189, vermöge des kaiserlichen Privilegiums, den Stader Zoll nicht mehr zu entrichten brauchten, was der Erzbischof 1267 und später seine Nachfolger bestätigten, unter Gutheißung der vornehmsten Ministerialen des Erzstiftes. Die Durchfuhr durch die sächsischen Gebietsteile erleichterten die dortigen Herzöge aus jede Weise durch Geleitserteilung und Zollbefreiung, nicht minder die mecklenburgischen Fürsten, welche den Hamburgern freie Schifffahrt aus der Elbe und Befreiung vom Boizenburger Zoll gewährten. Der den Schauenburgern so nahe verwandte Herzog Abel befreite, als er König von Dänemark geworden, die Hamburger vom lästigen Strandrechte, welchem Beispiele die schwedischen und norwegischen Herrscher folgten. Mit Riga, wohin sich viele auch von Privatleuten in frommer Absicht unternommene Heidenfahrten richteten, stand Hamburg im lebhaftesten Verkehre und auch die Rigaer Kaufleute besuchten unsere Stadt häufig, wo sie kein Ungeld und nur sehr geringen Zoll zu entrichten hatten, vermöge ausdrücklicher Zusage der Schauenburger.

Es erübrigt noch zum Schlusse dieses Abschnittes, die Verhältnisse der Hamburgischen Kirche seit ihrer Trennung vom Erzstifte zu erwähnen, und einen Blick aus die Nachfolger Adolfs IV. und ihre Tätigkeit hinsichtlich unserer Stadt zu werfen.

Der Vergleich von 1226 hatte die Streitigkeiten mit dem Erzstifte Bremen beendet und dem hiesigen Domkapitel zu größerer Selbständigkeit verholfen. Unter dem Erzbischof Gerhard, berüchtigt wegen seines Stedinger Bauernkrieges, welcher noch fortwährend leine vermeintlichen Ansprüche aus Hamburg erneuerte, fanden mannigfache Land- und Zehnterwerbungen für das hiesige Kapitel statt. So in Dockenhuden, Alsterdorf, Billwärder, Barsbüttel, Kirchwerder, Neuengamm; Präbenden wurden nach der Sitte jener Zeiten fleißig gestiftet und mit Zehnten in Schiffbeck, Oldenburg, Reinbeck, aus dem Hammerbrook und anderen Ländereien dotiert, worin das Schauenburgische Grafenhaus mit gutem Beispiele vorangegangen ist; daneben wußte das Kapitel seine Einkünfte eifrig zum Ankauf von Ländereien zu verwenden, wo sich die Gelegenheit dazu in der fortdauernden Geldbedürftigkeit des umwohnenden Adels und des Erzbischofes, selbst der Landesgrafen, fand, und die umsichtige Leitung des Propstes Bruno von Schauenburg, Sohn Adolfs IV., wirkte kräftig für das Gedeihen der Kirche. Auch die Päpste nahmen die religiösen Stiftungen unserer Stadt wiederholt in ihren Schutz, wie 1247 Herwardershude, als dasselbe den anliegenden Hof nebst Mühle des Ritters und gräflichen Vogtes Georg bekam. Um dieselbe Zeit erhielt das Heilige-Geistspital von demselben Vogt und dem Edlen von Ritzerow Besitzungen in Eilbeck mit der Fischereigerechtigkeit bei der Kuhmühle. Besondere Begünstigungen erfuhr aber durch die Vermittlung der frommen Gräfin Heilwig das Kloster Herwardershude, welche ihr ganzes Vermögen dieser Stiftung und dem Spitale St. Georg zuteilte. das u. A. Kornernten aus Winterhude, die Fischerei in der Alster und Besitzungen im Boizenwärder bekam. Erzbischof Gerhard sorgte 1253 für die hiesige Domschule durch reiche Zehntverteihungen, u. a. aus dem erzbischöflichen Hofe zu Borstel und aus einzelnen Elbmarschen. Unter den ausblühenden Landkirchen der Hamburgischen Umgegend werden die zu Ochsenwärder und an der Bille besonders genannt. Als 1258 Erzbischof Gerhard II. gestorben war, entstanden Zwistigkeiten und selbst Fehden über die Wahl seines Nachfolgers, indem der mächtige Dynast der Haseldorfer Marsch, Otto von Barmstede, sich des in Bremen erwählten Hildebold von Wunstorf gegen den von Holstein und Hamburg unterstützten Gerhard von der Lippe annahm. Der Kampf von Munderloh entschied, trotz der Anstrengung des reisigen Paderborner Simon, welcher im Felde Gerhards Sache führte, zu Gunsten Hildebolds, nicht ohne beträchtliche Einbuße der Hamburger, welche bei den Braunschweigern Hilfe gegen Otto von Barmstede nachsuchten. Hildebold erhielt die päpstliche Bestätigung und säumte nicht, alsbald die hergebrachten Ansprüche aus die Stadt Hamburg zu erneuern. Die Grafen schlossen endlich Frieden mit dem Barmstedter und seinem Erzbischof, wobei Hamburg, trotz der kräftig geleisteten Kriegshilfe und ausgewandten großen Geldsummen, die Sühne mit starken Geldopfern noch besonders erkaufen musste, da die Grafen ihre treuen Bundesgenossen in den Frieden auszunehmen vergaßen. In der damaligen Kirchengeschichte erwarb sich der Legat Guido einen Namen, welchen Papst Clemens IV., zur Schlichtung des Streites zwischen dem Dänenkönig Erich und seiner Landesgeistlichkeit, 1265 nach dem Norden Deutschlands entsendet hatte. Er schlichtete einen langjährigen Streit des hiesigen Kapitels mit den Dominikanermönchen, gab Statuten für die Geistlichkeit des Erzstiftes, und schlichtete manche Rechtsstreitigkeiten zwischen der Priesterschaft und den Laien, bestätigte Vergabungen und Schenkungen im Namen des Papstes und bemühte sich um Abschaffung des den Kaufleuten so sehr verderblichen Strandrechtes in den nordischen Landen. Durch ihn bewogen, erließ Clemens IV. 1268 zu Gunsten von Hamburgs Geistlichkeit eine ganze Reihe von Verfügungen, welche besonders die Unabhängigkeit jener vom Bremer Erzstuhle zu sichern geeignet waren. Die vom Kapitel erlangte größere Selbständigkeit machte sich auch allmählich gegen den Nat und die Bürgerschaft Hamburgs in allerlei Anmaßungen geltend, die zu Streitigkeiten und wiederholten Sühnen führten. Unter den letzteren ist die 1269 geschlossene bemerkenswert. In einem Vergleich über die Präbende eines Thider ward festgesetzt: das Haus neben der Stadtwaage, Rahmen genannt, solle zwar gebaut werden dürfen, jedoch ohne Schmutz zu verursachen.

welcher die Domherren belästigen könne. Vom St. Petrikirchhof bis zur Stadtmauer solle ein Weg offen stehen, der bequem zu passieren und mit verriegelten Toren zu versehen sei. Der öffentliche Wall (unstreitig der obengenannte Heidenwall) bleibe der Stadt und dürfe keiner der Domherren ihm durch Graben oder Brechen schaden. Zu beiden Enden des Walles solle ein Tor gemacht werden, deren Schlüssel der Rat verwahrt. Die Curien der Herren Nicolaus, Johann Coto und Petrus gehörten zu den Vicariencurien, aber sie ständen unter Jurisdiktion der Stadt, so dass, wenn dort Jemand ein Verbrechen geübt, er von der Kirche nicht geschützt werden dürfe. Die Wedeme oder das Predigerhaus des Gerhard Seghewin gehöre der St. Petrikirche. Von dem aus dem Walle erbauten Hause der Canonici solle eine passende Mauer bis zur Brücke gezogen werden, damit der Schmutz nicht zu sehen sei, wodurch die Mauer hohl gemacht werden könne, wie ein schräge hinabsteigender Bogen. Die Curien des Magisters Theodorich und des Herrn Bertold Drobin sollten ihnen aus Lebenszeit bleiben, später aber an die Stadt fallen, wenn nicht das Kapitel mit dem Rate darüber eine andere Vereinigung träfe. Alle in der Stadt Gerichtsbarkeit gelegenen Güter der Domherren sollten Schott und Sculd zahlen, wenn der Rat nicht ein Anderes gestatte, mit Ausnahme der von den Domherren bewohnten Curien und der Stiftungen des Grafen Adolf. Zum Almosen-Sammeln und Einnehmen in der Marienkirche wird einer des Rates mit Genehmigung des Kapitels gesetzt. Was letzteres ohne Nachteil der Stadt bauen würde, dem solle der Ratsherr, welcher davon in Kenntnis zu setzen, nicht widersprechen. Wollen die Domherren Jemand verklagen, so dürfen sie ihn nicht plötzlich überziehen, sondern müssen ihn vor sich laden und mit ihm nach dem bisherigen Brauche der Hamburgischen geistlichen Gerichte verfahren. Hat ein Laie einen Geistlichen benachteiligt und zwar in der Kirche oder auf dem Kirchhofe, so soll man ihn des in schuldiger Weise überführen. Wollte aber der Geistliche den Laien um Geldschuld, Erbschaft, die unter Stadtrecht gehört, oder wegen weltlicher Sachen verklagen, so muss dies vor dem Rate und dem Vogte geschehen; wenn ein Laie einen Geistlichen aber vor dem Propste Dechanten und den geistlichen Richtern.

Trotz dieses Vergleiches sehen wir den Streit über den Gerichtsstand der Geistlichen und deren angemaßte Befreiung von bürgerlichen Lasten noch in den kommenden Jahrhunderten immer wieder auftauchen, zum großen Verdruss des Rates und der Bürger, und erst die Reformation hat diesen ewigen Streitereien gründlich ein Ende gemacht.

Das Schauenburger Grafenhaus hatte durch den glücklich beendeten Dänenkrieg sehr an Unabhängigkeit und Ansehen gewonnen, seine Lehnspflicht gegen die Herzöge von Sachsen war eigentlich ohne praktische Bedeutung, indem die Grafschaft Holstein-Stormarn-Wagrien nunmehr endlich im Grafenhause verblieb. Dithmarschen, aus dem die Grafen nur einen Getreidezehnten behielten, kam mit der Haseldorfer Marsch wieder an den Bremer Erzbischof, Lübeck wusste seine eben erlangte Reichsfreiheit vor den Antastungen der Dänen wie der Schauenburger durch eigene Kraft zu sichern, Hamburg suchte in vorsichtiger Weise diesem Beispiel nachzufolgen und durch kluge Benutzung der Geldbedürftigkeit der Grafen und ihres immer mehr emporkommenden Ritterstandes Landbesitz und Privilegien zu mehren. Verderblich wirkte für die holsteinische Landesherrschaft das auskommende Prinzip der Teilung der Herrschaft. Schon Adolfs IV. Söhne, Gerhard und Johann, noch mehr aber deren Enkel, stellten eine vielfache Herrschaft dar und halfen dem Abel'schen Hause in seinen Streitigkeiten um das Herzogtum Schleswig gegen Dänemark, welches alsbald in nähere Verbindung mit Holstein treten sollte. Als Graf Johann I. von der Kieler Linie, 1263 gestorben war, folgten ihm in der Herrschaft seine Söhne Adolf V. und Johann II., zuerst unter Vormundschaft ihres Oheims Gerhard von der Jtzehoer Linie; aber 1273 kam es zur ersten förmlichen Landesteilung, in welcher Gerhard die Stammherrschaft Schauenburg an der Weser, von Holstein den nordwestlichen Teil von der Elbe bis zur Eider, im Süden aber einen Landstrich von der Elbe bei Wedel bis zur Ostsee bei Travemünde, und den nördlichen Teil von Wagrien erhielt. Das übrige Holstein teilten sodann Adolf V. und Johann II. unter sich; jener nahm zu Segeberg, dieser zu Kiel seinen Sitz; Hamburg blieb gemeinsames Eigentum des Grafenhauses.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Geschichte der Stadt Hamburg