Die Geisterkutsche

Autor: Ueberlieferung
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Auf dem, zerfallenen Bergschloß bei Kirnbach befindet sich in einem steilen Felsen, dem Rappenstein, ein brunnenartiges Loch von unergründlicher Tiefe. Daraus steigt in den Adventsnächten eine Kutsche. Sie ist mit zwanzig grauen Geißböcken bespannt und von zwei Laternen beleuchtet. Sie wird von einem ehemaligen Grafen des Schlosses gelenkt, der, in voller Rüstung mit geschlossenem Helmvisier, allein darin sitzt. Mehr als hundert Knappen folgen ihm aus dem Felsenloch, jeder einen Speer und eine angezündete Fackel in den Händen. Wie der Blitz so schnell und mit wildem Getöse fährt der Zug den stellen Felsen in eine Schlucht hinab und macht dann unten im Tale Halt. Hier sammeln sich die Knappen um die Kutsche, der Graf steigt aus, legt an ein Rad den Hemmschuh und setzt sich wieder in die Kutsche. Unter großem Geschrei werfen nun die Knappen ihre Fackeln, die sogleich erlöschen, von sich und verschwinden mit der Hälfte der Geißböcke, die als Vorspann gedient hatten. Bei dem spärlichen Licht der zwei Laternen kehrt der Graf hierauf mit den übrigen zehn Böcken und mit gesperrtem Rade nach dem Felsenloch zurück und fährt dabei den Weg ebenso schnell hinauf, als er ihn mit dem starken Vorspann und ohne Hemmschuh herabgekommen ist.

Oft sind schon Leute dem Zug begegnet. Wer schnell Platz machte, dem geschah kein Leid, wer aber nicht rasch auf die Seite sprang, wurde niedergeworfen und überfahren, wenn er auch weiter von dem leichten Fahrzeug nicht beschädigt wurde.