Am Körper befestigte Schmuckstücke

Der eigentlichen Körperplastik nahe verwandt ist das Befestigen von festen Schmuckgegenständen am Körper, da es mit einer Verletzung und zum Teil auch Formveränderung einzelner Körperteile verbunden ist.

Die Körperteile, an denen mit Vorliebe feste Schmuckstücke angebracht werden, sind die Ohren, die Nase und die Lippen, in seltenen Fällen auch die äußeren Geschlechtsteile.


Auch hierbei ist auffallend, dass die Verzierungen der Nase und der Lippen nur bei solchen Volksstämmen gefunden werden, bei denen eine breite Nase und dicke wulstige Lippen zu den Rassencharakteren gehören. Wir haben also auch hier das Bestreben, das Rassenmerkmal künstlich zu erhöhen.

Fig. 048 zeigt eine Kanietfrau von den Anachoreteninseln, die Dr. Thilenius an Ort und Stelle aufgenommen hat. Hier ist der Nasenpflock in einer Form angebracht, welche an eine moderne Schnurrbarttracht in Europa erinnert. Bei den Kanietfrauen ebenso wie bei den Australierinnen und anderen Schönen, die dieser Sitte huldigen, dient aber das angeborene Rassenmerkmal zur Entschuldigung.



Fig. 048. Kanietfrau mit Nasenpflock. (Phot. Dr. Thilenius.)

In veredelter Form finden sich diese Nasenringe auch heute noch bei den Frauen niederer Klasse im englischen Indien, offenbar als ein Überrest einer in den tieferen Schichten der Hindus aufgelösten Urrasse und der ihr eigentümlichen Kultur (Fig. 49).

In Fig. 49 sehen wir einen derartigen Zierat bei Mutter und Tochter; zugleich erkennt man an der Bildung der Gesichtszüge die Anklänge der Urrasse, die für Hindus sehr breite Nase, die starken Augenbrauenwülste, die dicken Lippen und vorstehenden Kauwerkzeuge.

Fig. 049. Hindufrau und Mädchen von niederer Kaste mit Nasenringen.

Das kleine Mädchen ist zugleich ein gutes Beispiel für die Befestigung der Ohrringe und der dadurch bewirkten Reckung des Ohrläppchens. Ganz ähnlich ist diese Verunstaltung bei dem Kajanmädchen (Fig. 041) zu sehen.

Ein weiteres Beispiel ungewöhnlich starker Ausziehung des Ohrläppchens durch schwere Belastung ist ein Mädchen von der Insel Ruk (Fig. 050), bei dem, ebenso wie bei dem Kajanmädchen, die Haut zu einem langen Ringe ausgespannt ist.

Fig. 050. Mädchen von der Insel Ruk (Karolinen) mit schweren Ohrringen. (Album Godefroy.)

Von allen diesen am Körper befestigten Schmuckgegenständen haben sich nur die Ohrringe bis in die höchsten Kulturstadien hinein erhalten, die Nasenringe und die Lippenpflöcke sind verschwunden.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Frauenkleidung und ihre natürliche Entwicklung
048. Kanietfrau mit Nasenpflock

048. Kanietfrau mit Nasenpflock

049. Hindufrau und Mädchen von niederer Kaste mit Nasenringen

049. Hindufrau und Mädchen von niederer Kaste mit Nasenringen

050. Mädchen von der Insel Ruk (Karolinen) mit Ohrringen

050. Mädchen von der Insel Ruk (Karolinen) mit Ohrringen

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