Die Frauenkleidung und ihre natürliche Entwicklung
Autor: Stratz, Carl Heinrich Dr. (1858-1924) deutscher Mediziner, Anthropologe und Publizist, Erscheinungsjahr: 1904
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Frauen, Frauenkleidung, Nacktheit, Scham, Schmuck, Kultur, Volkstracht, Körperschmuck, Kulturvölker, Naturvölker, Zivilisation, Mode
In seiner jetzigen Form bildet das Buch mit der „Schönheit des weiblichen Körpers“ und der „Weiblichen Rassenschönheit“ ein in gleichem Geiste bearbeitetes Ganzes, wovon jeder Band, an sich selbständig, die beiden anderen ergänzt.
Gedankengang.
Die Nacktheit wurde von den Naturvölkern niemals als solche empfunden (natürliche Nacktheit). Erst nach der Kleidung entstand das Schamgefühl als Folge der Entblößung (sinnliche Nacktheit). Mit der höchsten Kultur kam das Bewusstsein der Schönheit des nackten Körpers (künstlerische Nacktheit). (I.)
Die Körperverzierung, bestehend aus Körperschmuck und Kleidung, entspringt dem angeborenen Bedürfnis nach Schmuck und Auszeichnung, erst in zweiter Linie dem Bedürfnis nach Schutz vor Kälte. (II.) Die Rasse, die geographische Lage und die Kultur ist maßgebend für die weitere Entwicklung der Körperverzierung. (III.)
Wir haben zu unterscheiden:
Körperverzierung als Ganzes.
1. Körperschmuck, bestehend in Bemalung, Narbenschmuck und Tätowierung, Körperplastik und am Körper selbst befestigte Schmuckstücke. (IV.)
2. Kleidung.
a) Primitive Kleidung (Hüftschmuck). (V.)
b) Tropische Kleidung (Rock). (VI.)
c) Arktische Kleidung (Hose, Jacke). (VII.)
Die primitive Kleidung schließt sich an die Urrassen und die schwarze Rasse an, die tropische an die weiße und die arktische an die gelbe Rasse. Die beiden letzteren sind die Träger der Kultur.
Durch Rassenmischung und Kulturaustausch haben sich die verschiedenen Formen der Volkstracht entwickelt bei außereuropäischen (VIII) und bei europäischen Völkern. (IX.)
Ihre höchste Ausbildung hat die tropische Tracht der weißen Rasse in der modernen europäischen Frauenkleidung gefunden, die für die weiße Rasse international ist. (X.)
Missbrauch derselben führt zu Verunstaltung des normalen Körperbaues. (XI.) Verbesserungen müssen sich den Gesetzen der natürlichen Entwicklung der Frauenkleidung unterordnen und anpassen. (XII.)
Gedankengang.
Die Nacktheit wurde von den Naturvölkern niemals als solche empfunden (natürliche Nacktheit). Erst nach der Kleidung entstand das Schamgefühl als Folge der Entblößung (sinnliche Nacktheit). Mit der höchsten Kultur kam das Bewusstsein der Schönheit des nackten Körpers (künstlerische Nacktheit). (I.)
Die Körperverzierung, bestehend aus Körperschmuck und Kleidung, entspringt dem angeborenen Bedürfnis nach Schmuck und Auszeichnung, erst in zweiter Linie dem Bedürfnis nach Schutz vor Kälte. (II.) Die Rasse, die geographische Lage und die Kultur ist maßgebend für die weitere Entwicklung der Körperverzierung. (III.)
Wir haben zu unterscheiden:
Körperverzierung als Ganzes.
1. Körperschmuck, bestehend in Bemalung, Narbenschmuck und Tätowierung, Körperplastik und am Körper selbst befestigte Schmuckstücke. (IV.)
2. Kleidung.
a) Primitive Kleidung (Hüftschmuck). (V.)
b) Tropische Kleidung (Rock). (VI.)
c) Arktische Kleidung (Hose, Jacke). (VII.)
Die primitive Kleidung schließt sich an die Urrassen und die schwarze Rasse an, die tropische an die weiße und die arktische an die gelbe Rasse. Die beiden letzteren sind die Träger der Kultur.
Durch Rassenmischung und Kulturaustausch haben sich die verschiedenen Formen der Volkstracht entwickelt bei außereuropäischen (VIII) und bei europäischen Völkern. (IX.)
Ihre höchste Ausbildung hat die tropische Tracht der weißen Rasse in der modernen europäischen Frauenkleidung gefunden, die für die weiße Rasse international ist. (X.)
Missbrauch derselben führt zu Verunstaltung des normalen Körperbaues. (XI.) Verbesserungen müssen sich den Gesetzen der natürlichen Entwicklung der Frauenkleidung unterordnen und anpassen. (XII.)
Inhaltsverzeichnis
- Die Nacktheit
- Die Körperverzierung
- Einfluss der Rassen, der geographischen Lage und der Kultur auf die Körperverzierung
- Der Körperschmuck
- Die primitive Kleidung (Hüftschmuck)
- Die tropische Kleidung (Rock)
- Die arktische Kleidung (Hose, Jacke)
- Die Volkstracht außereuropäischer Kulturvölker
- IX. Die Volkstrachten europäischer Kulturvölker
- Die moderne europäische Frauenkleidung
- Einfluss der Kleidung auf den weiblichen Körper
- Verbesserung der Frauenkleidung
Einleitung.
„Greift nur hinein ins volle Menschenleben,
Ein jeder lebt's, nicht jedem ist's bekannt.
Doch wo ihr's packt, da ist es interessant.“
(Goethe.)
Alle die Blätter und Blüten, die farbigen Bänder und bunten Tücher, das Gold und das Geschmeide, all der Tand und Flitter, der seit Jahrtausenden eine so wichtige Rolle im Geistesleben des schöneren Geschlechts gespielt hat, forderte von jeher den Spott und die Geringschätzung des ernsten stärkeren Geschlechts heraus. Aber trotz allem Spott und aller Geringschätzung hat doch jeder Mann, wenn seine Stunde geschlagen, das auserkorene Wesen des bezaubernden Geschlechts mit all seinen Fehlern und Torheiten bedingungslos angebetet, und zu bedauern ist, wer über dieser liebenswürdigen Schwäche sich erhaben fühlt.
Den meisten erscheint die geheimnisvolle Hülle, die den weiblichen Körper bedeckt und verziert, als ein lustiges Spiel von bunter Phantasie, in dem die weibliche Eitelkeit sich ergeht.
Wie aber nichts in dieser Welt dem Zufall überlassen ist, so ist auch die Frauenkleidung bei näherer Betrachtung natürlichen, unabänderlichen Gesetzen unterworfen, die das Spiel der Willkür zur Naturnotwendigkeit gestalten.
Diese Gesetze auf Grund zuverlässiger Angaben zu erforschen, haben wir uns zur Aufgabe gestellt.
Die Urgeschichte der Menschheit ist für uns ein geschlossenes Buch. Sie zu ergründen ist nur möglich, indem wir von den jetzt noch lebenden Naturvölkern, die unserer Beobachtung zugänglich sind, Rückschlüsse auf frühere und darum niedere Kulturzustände machen.
Die erste Basis, von der wir zur Ergründung des Wesens der Frauenkleidung ausgehen müssen, ist darum die Anthropologie und die Ethnographie.
Ihr schließt sich in zweiter Linie die geschichtliche Überlieferung an mit all den Denkmälern, die bildende Kunst und Literatur uns hinterlassen haben. Hier bewegen wir uns aber auf einem viel weniger sicheren Boden, da wir häufig nicht im stände sind, die individuellen Auffassungen früherer Künstler und Schriftsteller richtig beurteilen zu können.
Eine festere Grundlage gewinnen wir wieder in den jetzt noch erhaltenen Trachten und Kleidungsstücken der höheren Kulturvölker, in denen die Entwicklung vorläufig ihren Abschluss erreicht hat.
Bei der Betrachtung des einschlägigen Stoffes finden wir aber eine so unendliche Fülle von Einzelheiten, dass deren erschöpfende Darstellung eine Arbeit wäre, die mehr als ein Menschenleben zu füllen im stände ist, und die außerdem die Klarheit der Darstellung in einer Weise trüben würde, dass es nicht möglich wäre, die leitenden Gedanken zu verfolgen. Um diesen Fehler, der leider fast allen bisher erschienenen umfassenden Kostümgeschichten anhaftet und sich natürlicherweise mit kritikloser Kompilation*) verbindet, möglichst zu vermeiden, wurde hier die Vollständigkeit zu Gunsten der Übersichtlichkeit der Darstellung geopfert, und nur die wichtigsten Erscheinungen aus der Entwicklungsgeschichte der Frauenkleidung herausgegriffen.
*) So findet sich z. B. unter den ägyptischen Beweisstücken in der bekannten Kostümgeschichte von Hottenroth eine Kleopatra, die von Sklaven getragen wird. Die Sklaven sind Nachbildungen nach einem ägyptischen Basrelief, wo sie eine Mumie tragen; Kleopatra ist — Charlotte Wolter in dem Bühnenkostüm, in dem sie von Makart gemalt wurde.
Ausgehend von dem Begriffe der Nacktheit, die sich neben der Kleidung bis in unsere Tage erhalten hat, werden wir sehen, wie aus den ersten Anfängen des Körperschmucks allmählich die Kleidung entstanden ist und schließlich die Formen annahm, unter denen wir sie heute besitzen.
„Greift nur hinein ins volle Menschenleben,
Ein jeder lebt's, nicht jedem ist's bekannt.
Doch wo ihr's packt, da ist es interessant.“
(Goethe.)
Alle die Blätter und Blüten, die farbigen Bänder und bunten Tücher, das Gold und das Geschmeide, all der Tand und Flitter, der seit Jahrtausenden eine so wichtige Rolle im Geistesleben des schöneren Geschlechts gespielt hat, forderte von jeher den Spott und die Geringschätzung des ernsten stärkeren Geschlechts heraus. Aber trotz allem Spott und aller Geringschätzung hat doch jeder Mann, wenn seine Stunde geschlagen, das auserkorene Wesen des bezaubernden Geschlechts mit all seinen Fehlern und Torheiten bedingungslos angebetet, und zu bedauern ist, wer über dieser liebenswürdigen Schwäche sich erhaben fühlt.
Den meisten erscheint die geheimnisvolle Hülle, die den weiblichen Körper bedeckt und verziert, als ein lustiges Spiel von bunter Phantasie, in dem die weibliche Eitelkeit sich ergeht.
Wie aber nichts in dieser Welt dem Zufall überlassen ist, so ist auch die Frauenkleidung bei näherer Betrachtung natürlichen, unabänderlichen Gesetzen unterworfen, die das Spiel der Willkür zur Naturnotwendigkeit gestalten.
Diese Gesetze auf Grund zuverlässiger Angaben zu erforschen, haben wir uns zur Aufgabe gestellt.
Die Urgeschichte der Menschheit ist für uns ein geschlossenes Buch. Sie zu ergründen ist nur möglich, indem wir von den jetzt noch lebenden Naturvölkern, die unserer Beobachtung zugänglich sind, Rückschlüsse auf frühere und darum niedere Kulturzustände machen.
Die erste Basis, von der wir zur Ergründung des Wesens der Frauenkleidung ausgehen müssen, ist darum die Anthropologie und die Ethnographie.
Ihr schließt sich in zweiter Linie die geschichtliche Überlieferung an mit all den Denkmälern, die bildende Kunst und Literatur uns hinterlassen haben. Hier bewegen wir uns aber auf einem viel weniger sicheren Boden, da wir häufig nicht im stände sind, die individuellen Auffassungen früherer Künstler und Schriftsteller richtig beurteilen zu können.
Eine festere Grundlage gewinnen wir wieder in den jetzt noch erhaltenen Trachten und Kleidungsstücken der höheren Kulturvölker, in denen die Entwicklung vorläufig ihren Abschluss erreicht hat.
Bei der Betrachtung des einschlägigen Stoffes finden wir aber eine so unendliche Fülle von Einzelheiten, dass deren erschöpfende Darstellung eine Arbeit wäre, die mehr als ein Menschenleben zu füllen im stände ist, und die außerdem die Klarheit der Darstellung in einer Weise trüben würde, dass es nicht möglich wäre, die leitenden Gedanken zu verfolgen. Um diesen Fehler, der leider fast allen bisher erschienenen umfassenden Kostümgeschichten anhaftet und sich natürlicherweise mit kritikloser Kompilation*) verbindet, möglichst zu vermeiden, wurde hier die Vollständigkeit zu Gunsten der Übersichtlichkeit der Darstellung geopfert, und nur die wichtigsten Erscheinungen aus der Entwicklungsgeschichte der Frauenkleidung herausgegriffen.
*) So findet sich z. B. unter den ägyptischen Beweisstücken in der bekannten Kostümgeschichte von Hottenroth eine Kleopatra, die von Sklaven getragen wird. Die Sklaven sind Nachbildungen nach einem ägyptischen Basrelief, wo sie eine Mumie tragen; Kleopatra ist — Charlotte Wolter in dem Bühnenkostüm, in dem sie von Makart gemalt wurde.
Ausgehend von dem Begriffe der Nacktheit, die sich neben der Kleidung bis in unsere Tage erhalten hat, werden wir sehen, wie aus den ersten Anfängen des Körperschmucks allmählich die Kleidung entstanden ist und schließlich die Formen annahm, unter denen wir sie heute besitzen.