Die Fortschritte im Schiffsbauwesen
Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1871
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Schiffbau, Schiffbaukunst, Kriegskunst, Dampfschiffe, Entdeckungen, Fortschritt, Technik, Erfindungen, Dampfkraft, Kriegswerkzeuge, Erfindungen, Krimkrieg
Wenn wir auf die jüngst vergangenen sechzig Jahre zurückblicken, so sehen wir als die Früchte der langen friedlichen Entwicklung, deren wir uns erfreuen durften, auf allen Gebieten menschlicher Tätigkeit eine Menge von Fortschritten und gewaltigen Verbesserungen, deren Umfang und Bedeutung eigentlich nur diejenigen genau bemessen und richtig werten können, deren Geburtsjahr noch in das vorige Jahrhundert fällt. Nach der Beendigung der Napoleonischen Kriege waren die Völker des Schlachten- und Waffenlärms müde, sehnten sich nach Ruhe und verlegten sich emsig auf die Künste des Friedens, was uns die Hoffnung gibt, dass es nun auch für die nächste Zukunft ebenso sein werde. Die drei Jahrzehnte nach Napoleons I. Sturz zeichneten sich durch eine lange Reihe wunderbarer mechanischer und naturwissenschaftlicher Entdeckungen und Erfindungen aus, welche zumeist friedlicher Natur und von ungeheurer Tragweite waren — wir erinnern nur an die Dampfkraft, Dampfschiffe und Eisenbahnen.
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Seit Anfang der Fünfziger Jahre wandte der rastlose Erfindungsgeist sich auch der Kriegskunst zu, und dieselben Entdeckungen, welche dem Gewerbe- und Verkehrswesen einen solch gewaltigen Umschwung geliehen hatten, dienten jetzt dazu, auch die Kriegswerkzeuge gewaltiger und zerstörender zu machen. Das Perkussionsgewehr, welches das alle Steinfeuerschloss verdrängt hatte, musste der Zündnadel und anderen Hinterladern weichen, die Kriegsschiffe wurden durch Dampf bewegt, und die Erfindung des Dampfhammers erlaubte Schiffspanzerplatten herzustellen und ebenso die Riesenkanonen aus Gussstahl, deren Geschosse Hinwiederum im Stande waren, jene Schiffspanzer zu durchbohren. So war es denn vorzugsweise die Dampfkraft, welche in Schifffahrt und Schiffsbaukunst eine vollständige Umwälzung hervorgebracht und seit dem Krimkrieg zu Veränderungen auf diesem Gebiete geführt hat, welche tiefgehender und umfassender sind, als die Umwandlungen des Schiffsbauwesens in den drei vorangegangenen Jahrhunderten. Im Krimkrieg bewährte sich die Überlegenheit der kleineren Kriegsdampfer über die riesigen Linienschiffe und Fregatten, diese ungeschlachten schwimmenden Kasernen und hölzernen Festungen; im Krimkriege erprobten sich die schwereren Kaliber mit konisch-zylindrischen Geschossen; im Krimkrieg erging der erste Anstoß zum Bau der Panzerschiffe und zur allgemeinereil Umwandlung der Räderdampfboote der Kriegsschiffe in Schraubendampfer.
Nichts vermag vielleicht die Überlegenheit der neueren Kriegsschiffe über die älteren deutlicher Hervorzuheben, als unser Bild auf S. 469, worin zwei Repräsentanten des alten und des neuen Stils der Schiffsbaukunst so neben einander gestellt sind, dass sie gegenseitig verglichen werden können.
Das abgetakelte Schiff zur Linken, das jetzt als Gefangenen-, Kasernenschiff oder Proviantmagazin verwendet wird, ist ein Linienschiff ersten Ranges, der „Herzog von Wellington“, einer jener riesigen Dreidecker, wie sie noch vor 25—30 Jahren in England als das Nonplusultra der Schiffsbaukunst hergestellt wurden. Der „Herzog von Wellington“ mit seinen 132 Kanonen würde damals verächtlich auf das harmlos aussehende Schiff zur Rechten herabgeschaut haben, das, wenn es keine Kanonen führte, höchstens einem Kauffahrteischiffe zweiten Ranges geglichen hätte. Würde aber die gepanzerte Dampffregatte zur Rechten einmal mit einem jener schwerfälligen dreideckigen Segel-Linienschiffe in ernstem Kampf zusammengeraten, so ist Tausend gegen Eins zu wetten, dass das riesige Linienschiff trotz seiner 132 Kanonen binnen einer halben Stunde voll den 24—28 schweren Kanonen der Dampffregatte so furchtbar zugerichtet würde, dass es in den Grund gebohrt wäre. Allein abgesehen davon, hat schon die ungemeine Schnelligkeit und Beweglichkeit und die hierdurch gesteigerte Manövrierfähigkeit der Kriegsdampfer, deren Boote und Schaluppen sogar mit Dampfkraft bewegt werden, wie auf unserem Bilde zu sehen, denselben einen solch ungeheuren Vorsprung vor den schweren Segelkriegsschiffen gesichert, dass man heutzutage mit 10 Kriegsdampfern unendlich mehr ausrichtet, als ehedem mit 25—30 Linienschiffen und Fregatten.
_ O. M.
Nichts vermag vielleicht die Überlegenheit der neueren Kriegsschiffe über die älteren deutlicher Hervorzuheben, als unser Bild auf S. 469, worin zwei Repräsentanten des alten und des neuen Stils der Schiffsbaukunst so neben einander gestellt sind, dass sie gegenseitig verglichen werden können.
Das abgetakelte Schiff zur Linken, das jetzt als Gefangenen-, Kasernenschiff oder Proviantmagazin verwendet wird, ist ein Linienschiff ersten Ranges, der „Herzog von Wellington“, einer jener riesigen Dreidecker, wie sie noch vor 25—30 Jahren in England als das Nonplusultra der Schiffsbaukunst hergestellt wurden. Der „Herzog von Wellington“ mit seinen 132 Kanonen würde damals verächtlich auf das harmlos aussehende Schiff zur Rechten herabgeschaut haben, das, wenn es keine Kanonen führte, höchstens einem Kauffahrteischiffe zweiten Ranges geglichen hätte. Würde aber die gepanzerte Dampffregatte zur Rechten einmal mit einem jener schwerfälligen dreideckigen Segel-Linienschiffe in ernstem Kampf zusammengeraten, so ist Tausend gegen Eins zu wetten, dass das riesige Linienschiff trotz seiner 132 Kanonen binnen einer halben Stunde voll den 24—28 schweren Kanonen der Dampffregatte so furchtbar zugerichtet würde, dass es in den Grund gebohrt wäre. Allein abgesehen davon, hat schon die ungemeine Schnelligkeit und Beweglichkeit und die hierdurch gesteigerte Manövrierfähigkeit der Kriegsdampfer, deren Boote und Schaluppen sogar mit Dampfkraft bewegt werden, wie auf unserem Bilde zu sehen, denselben einen solch ungeheuren Vorsprung vor den schweren Segelkriegsschiffen gesichert, dass man heutzutage mit 10 Kriegsdampfern unendlich mehr ausrichtet, als ehedem mit 25—30 Linienschiffen und Fregatten.
_ O. M.