Der Finkenhabicht oder Sperber (Astur nisus, Linné).

Kleiner Stößer oder Stoßvogel (Falco oder Accipiter nisus und Nisus communis).

Der Sperber ist ein Hüherhabicht im Kleinen. Auch er schleicht bald wie ein Dieb, bald streicht er blitzschnell über die Felder und durch die Büsche hin, durch den langen Schwanz und die kurzen Flügel von den übrigen „kleinen“ Raubvögeln leicht zu unterscheiden.


Auch der Sperber ändert in „Größe“ und Färbung in ähnlicher Weise wie der Hühnerhabicht, so dass französische und andere Forscher einen „Großsperber“ (Astur major, Degland) als Unterart von dem Sperber trennten. Das alte Weibchen hat fast genau die Färbung des alten Hühnerhabichts. Das Männchen ist viel kleiner und oberseits schön schiefergrau, hat unten statt der bräunlichgrauen Bänderung des Weibchens eine solche von roströtlicher Färbung, welche in den Seiten sehr reichlich auftritt. Auge, Ständer, Fänge und Wachshaut gelb. Bei Jungen ist die Farbe der letztgenannten Teile grünlich, die Federn rostfarb gekantet. Die Länge des Männchens beträgt etwa 32 cm, seine Flugbreite 60, das Weibchen ist durchschnittlich 38, oft aber bis 40 cm lang, bei 70 bis 75 cm Flugbreite. Verwechselungen mit anderen Raubvögeln können kaum stattfinden, denn sein echt habichtsartiger Bau kennzeichnet ihn vor allen anderen kleineren Verwandten; der lange Schwanz und die kurzen Flügel bedingen, dass der Abstand der Flügelspitzen vom Schwanzende ein ganz bedeutender ist, wodurch er sich von allen übrigen deutschen Raubvögeln geringerer Größe unterscheidet, da bei ihnen allen die Flügelspitzen dem Schwanzende sehr nahe kommen, oder dasselbe bei einigen Arten sogar überragen; durch dasselbe Kennzeichen ist auch der Hühnerhabicht von allen größeren Arten zu trennen.

Der Sperber ist in Deutschland überall anzutreffen. Längs der Hecken und Zäune sieht man ihn über die Erde streichen, er holt sich aus Dörfern und Vorstädten, ja selbst mitten aus den Städten vor den Augen von hundert Zuschauern die Sperlinge von den Promenaden, wo sie ihre lauten Konzerte in dichtbelaubten Bäumen abzuhalten pflegen, raubt in den entlegensten Wäldern Alles, was er bewältigen kann und ist der Schrecken der Singvogelwelt. Natürlich kann er nicht so starkes jagdbares Wild bewältigen, wie der Hühnerhabicht, aber dafür schlägt er eine solche Menge unserer allernützlichsten und geliebtesten Singvögel, dass er sich den Hass aller Vogelfreunde zugezogen hat. Das bedeutend stärkere Weibchen tut indessen auch ziemlich großen Vögeln Abbruch. Es schlägt Rebhühner und Tauben, junge Fasanen, eine Menge Drosseln und Lerchen; mehrfach, einmal auch von mir selber, ist sicher beobachtet worden, dass er alte Haushühner bewältigte, welche er nicht (wie sogar noch eine zahme Taube) durch die Luft tragen kann, sondern hinter einen Zaun oder Busch schleift und hier zu kröpfen beginnt. Auch reißt er häufig den klagenden Vogel aus den Dolmen, wie von Riesenthal berichtet, und Hintz hat beobachtet, dass er aus einem Rebhuhnneste ein Ei nach dem anderen davonschleppte! Aus Allem geht hervor, dass der Waidmann ihn auf jegliche Art verfolgen muss, was leider nicht überall nachdrücklich genug geschieht. — Oft macht ihn der Hunger tolldreist, so dass er durch Scheiben und offene Türen schießt und sich so selbst ins Unglück stürzt; auch lässt er sich beim Kröpfen überraschen und streicht dann wohl vor des Jägers Füßen plötzlich ab, um wie der Blitz aus dem Bereich des Feuergewehres zu entschwinden, was ihm um so öfter gelingt, als er fast immer gänzlich unvermutet kommt. Kürzlich ging es mir so, als ich unmittelbar vor dem Festungstore eine Elster erlegen wollte. Ich hatte die Flinte gespannt im Arm, aber der Räuber strich gerade auf einige harmlose Spaziergänger zu und mitten zwischen diesen hindurch, so dass ich unmöglich schießen konnte. Hinter dem Weidenbusch vor mir hatte er aufgehakt und eine Goldammer gekröpft, wie die herumliegenden Federn und Flügel bewiesen — Kopf und Füße kleiner Vögel verschluckt er gewöhnlich ganz. Nach dem Uhu kommt der Sperber nur wenig. In Habichtskörben, Stoßnetzen und Tellereisen kann man ihn fangen, wenn man nicht zu große Vögel als Köder benutzt. Namentlich aber miss man danach trachten, die Horste zu zerstören. Sie horsten meist in geringerer Höhe in dichten Schonungen, besonders der Rottanne. Der Horst ist häufig ein altes Krähennest oder Hähernest, sonst den ersteren ähnlich gebaut, aber weniger fest. Man findet die Eier meist ziemlich spät im Mai oder in den ersten Junitagen — wenigstens in Norddeutschland. Meist sind es vier bis sechs, selten sieben an der Zahl. Sie messen 43:35 bis 36:29 mm, sind frisch etwas grünlich angeflogen, in der Sammlung weiß und mit meist großen dunkelbraunen oder rotbraunen Flecken und Punkten geziert, welche nur sehr selten ganz fehlen oder sparsam sind. Das Weibchen soll allein brüten; es ist sehr besorgt um seine Brut und kann häufig am Horst erlegt werden, seltener das Männchen. Vermutlich kann man ihn auch ähnlich, wie den Hühnerhabicht am Horste fangen. Die Eier werden drei Wochen lang bebrütet. Die Nestjungen sind mit weißen Dunen bekleidet und haben vor anderen jungen Raubvögeln eine sehr lange Mittelzehe voraus.

Auch der Sperber ist das ganze Jahr über bei uns und die hochnordischen beehren uns auch noch im Winter mit ihrer Anwesenheit, die wir ihnen freilich wenig gönnen. Das Männchen scheint gegen Kälte und Schnee empfindlicher zu sein, als das Weibchen und wandert daher eher südwärts — gleichviel, Räuber von der schlimmsten Sorte sind es beide und wir wollen sie mit allen Kräften verfolgen.

Noch nie in Deutschland beobachtet und daher für uns von geringerem Interesse ist der sehr ähnliche Nisus oder Astur brevipes, welcher kürzeren Ständer, stärkeren Schnabel, dunklere Farbe hat und im Südosten u. a. O. lebt und ebenfalls ein gewaltiger Räuber ist.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Feinde der Jagd
Der Finkenhabicht oder Sperber (Astur nisus, Linné).

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