Kapitel Drei

So lange der Waldboden in der Gefahr schwebt, aus Ursache seiner geringeren Erträglichkeit einer anderen Kulturgattung zugeführt zu werden, ist es allerdings unbedingtes Erfordernis, dass, sofern sich die Waldrodung als dem Gemeinwesen abträglich erweist, das Vetorecht des Staates für die Walderhaltung eintrete. Die Einschränkung der Dispositionsbefugnis bezüglich eines Eigentums ist aber prinzipiell niemals etwas Anderes, als die Auferlegung eines Opfers. In der Nötigung des Waldbesitzers, einen Waldgrund, der ihm als Feld oder Weingarten einen namhaft höheren Ertrag verspricht, als Wald zu erhalten, liegt der Zwang dazu, der Allgemeinheit ein Opfer zu bringen. Durch jene Einschränkung wird die natürliche Entwicklung, der Holzpreise auf dem Wege der Selbstregelung von Angebot und Nachfrage einigermaßen gehemmt; denn aus derselben folgt die Aufrechterhaltung des status quo im Punkte des Angebots. Die Preissteigerung erfolgt daher langsamer, weil nur einseitig im Verhältnis der Konsumsteigerung — jedenfalls ein Nachteil für den Holzproduzenten. Ein anderer Nachteil liegt im geringeren Bodenwert und demzufolge auch in der geringeren Kreditfähigkeit des gebundeneren Besitzes. Jede Leistung im öffentlichen Interesse nun hat Anspruch auf billige Entschädigung, und sofern der Waldbesitz dem Staate einen mit Opfern verbundenen Dienst erweist, so muss sich ihm der Staat seinerseits wieder zu Gegenleistungen verpflichtet halten, selbst dann, wenn dies auch für ihn Opfer involvieren sollte.

In Österreich war bisher von solchen Gegenleistungen noch wenig zu spüren. In der forstlichen Unterrichtsfrage haben wir es eben erst zum Anfang gebracht, auf Grund und Boden lastet eine hohe Steuer, derselbe genießt noch nicht die Wohltat eines Arrondierungs- und Kommassationsgesetzes und das Waldeigentum entbehrt noch zumeist jenes Maßes von Rechtsschutz, dessen sich anderes Eigentum erfreut. Dies sind aber gerade Hauptpunkte einer erfolgsverheißenden Forstwirtschaftspolitik, da sie die natürliche Lebenspotenz des Waldes aufs Innigste berühren und die Gewähr für deren Forderung in Form von Gegenleistungen teils materieller, teils moralischer Natur in sich enthalten. Auch nur unter der Voraussetzung, dass die Forderungen, welche der Wald in der Richtung dieser und wohl auch noch anderer Punkte an den Staat zu stellen berechtigt erscheint, lässt sich die Einschränkung der Dispositionsbefugnis als gerechtfertigt erkennen.


Eines der materiellen Opfer darf dem Staate zunächst in Bezug auf den forstlichen Unterricht nicht zu schwer fallen. Es ist doch gewiss des Staates eigenste Pflicht, die für die rationelle Waldbewirtschaftung nötige Intelligenz zu schaffen. Der Staat liefert der Bevölkerung wohlausgebildete Juristen, Ärzte, Lehrer und Techniker, er erzieht sie auf seine Kosten, indem er für diese Berufszweige eine bedeutende Anzahl kostspieliger Bildungsstätten erhält und sie zu vermehren nicht aushört. Warum soll er nicht auch Lehranstalten in genügender Anzahl erhalten, an denen tüchtige Forstwirte erzogen werden, und zwar nicht nur für den eigenen, sondern auch für den Privatforsthaushalt? — Die forstliche Unterrichtsfrage bildet ebenfalls noch einen Zankapfel in unseren Fachkreisen. Sie ist aber von der Freiburger Versammlung deutscher Forstwirte in sehr erfreulicher Weise entschieden worden. Erfreulicher noch für Österreich ist die Tatsache, dass sich die Regierung durch die Einverleibung der Mariabrunner Forstakademie in die Wiener Hochschule für Bodenkultur mit den in Freiburg zur Geltung gebrachten Grundsätzen in Übereinstimmung gezeigt hat. In diesem Schritte lässt sich auch ganz unzweifelhaft die volle Erkenntnis des wahren Bedürfnisses merken. Diese gewiss dankenswerte, dem geistigen Fortschritt von Wissenschaft und Wirtschaft Rechnung tragende Institution ist zwar von verschiedenen Seiten, sogar auch von Männern, welche sich gerne zum allgemeinen Fortschritt bekennen, befeindet und in einer völlige Unkenntnis in der Frage verratenden Art und Weise bekritelt worden. Es hätte dies nichts auf sich, wenn dadurch nicht die öffentliche Meinung irregeleitet und eine dem heutigen Standpunkt der Forstwissenschaft nicht entsprechende Anschauungsweise ins Volk getragen würde.

Wer aber bedenkt und überlegt, dass für die Prosperität der Forstwirtschaft eine allgemeine Dienstorganisation auf Grund der möglichst höchsten Fachintelligenz unentbehrlich erscheint, und wer sich vor Augen hält, dass sich die Organisationsreform, wie sie oben gekennzeichnet worden, nach und nach ohne Zweifel faktisch vollziehen wird, der kann sich der Einsicht nicht verschließen, dass mit der Forstsektion der Hochschule für Bodenkultur eben erst der Ansang von einer notwendigen Folge gemacht worden ist.

Es lässt sich voraussehen, dass die fragliche Hochschule mit der Zeit, sobald der Grundsatz allgemeine Geltung gefunden haben wird, dass Niemand eine selbstständige Forstverwaltung übernehmen könne, der nicht eine solche Hochschule absolviert, hierauf eine gewisse Zeit praktiziert und endlich eine rigorose Staatsprüfung abgelegt hat, nicht mehr ausreichen wird, da dann eine bedeutende Frequenz zu erwarten steht; denn es wird jedenfalls ebensoviel selbstständiger Forstwirte als Ärzte und Advokaten geben, und weil zudem für Hörer aus entfernteren Provinzen die Beschränkung auf Wien allein nicht nur zu kostspielig, sondern auch zu umständlich sein muss, so ergibt sich die Notwendigkeit der weiteren Einrichtung ähnlicher Hochschulen auch in den anderen Universitätsstädten, entweder selbstständig oder, soweit der Lehrplan der Universitäten dies zulässig macht, in Verbindung mit diesen. Es sollte aber von der Regierung so viel als tunlich dahin gewirkt werden, dass obiger Grundsatz schnelleren und allgemeineren Eingang auch in die Kreise der Privatforstbesitzer fände, damit sich die angedeutete Reform rascher vollziehe.

Hierbei stellt sich nun das Eine klar, dass die für Mittelstufen zwischen dem im Sinne des Obigen ausgebildeten Forstverwalter und dem Waldheger qualifizierenden Institutionen als überflüssig aufgehoben weiden sollten. Als solche sind zu bezeichnen: die Mittelforstschulen, alle Waldbauschulen und die niedere Staatsprüfung. Die ersteren sind vermöge ihres Studienplanes nicht im Stande, die Forstmänner im Allgemeinen so weit auszubilden, als es für die Zwecke der rationellen Waldwirtschaft nach dem heutigen Standpunkte der Wissenschaft erforderlich erscheint und wie es nur die Hochschulen vermögen. Sehr wichtige Disziplinen, wie z. B. National-Ökonomie, Statik, Statistik u. s. w., werden an denselben gar nicht, andere in unzulänglicher und einseitiger Weise vorgetragen. Die bedungene Studienvorbereitung ist eine unzureichende und kann an der Forstschule unmöglich ergänzt werden. Es ist wohl nicht zu bestreikten, dass die Mittelforstschulen seit zwei Dezennien ungemein viel Gutes bewirkt haben. Es ist auch der Patriotismus zu rühmen, welcher, sich selbst schwere Opfer auferlegend, in Zeiten, da vom Staate aus für den Gesamtwald wenig gesorgt worden, jene Schulen ins Leben gerufen und damit für das allgemeine Interesse sehr viel geleistet hat. Aber gegenwärtig scheinen sich diese Anstalten überlebt zu haben, und da einmal durch den Beginn der Einrichtung von Hochschulen anerkannt worden, dass für den Forstverwaltungsdienst prinzipiell nur die Ausbildung an einer solchen besäht gen kann, und da zwischen dem Forstverwalter und dem Waldheger jede Mittelstufe überflüssig erscheint — der Assistent ist eigentlich nichts anderes, als ein Kandidat für den selbstständigen Verwaltungsdienst — so entfällt auch die Notwendigkeit von Mittelforstschulen. Die einzig und allein notwendigen Mittelschulen für die Forstwissenschaft sind ebensogut wie für Jurisprudenz, Medizin und Technik ausschließlich das Gymnasium und die Realschule.

So lange die Organisationsreform nicht allgemein begonnen hat, wäre die sogleiche Aufhebung der Mittelforstschulen freilich nicht von Vorteil, Da nun, wie gesagt, der Staat verpflichtet ist, für die Opfer, welche ihm vom Waldbesitz gebracht werden, zu entschädigen, nicht aber die Waldbesitzer durch seine Untätigkeit zu neuen und vermehrten Opfern zu nötigen, so wäre es folgerichtig seine Pflicht, jene Forstschulen in seine Verwaltung zu übernehmen.

Die Waldbauschulen dagegen befähigen nur zur Ablegung der niederen Staatsprüfung, und diese gibt Zeugnis von der Brauchbarkeit zu untergeordneten Wirtschaftsverrichtungen. Aus dieser Sphäre gelangt nur zu oft vollständige Ignoranz in Stellungen, in denen sie das Verwaltungskosten-Kapital, da sie dennoch größere Ansprüche macht, ansehnlich steigert, ohne dafür Leistungen von höherer Qualität zu bieten, als es der Bildungsgrad des Waldhegers vermag. Diese beiden Institutionen entsprechen dem Geiste der Wissenschaft in keiner Hinsicht, sie sind dem allgemeinen Fortschritt nur hinderlich und ihre sofortige Aufhebung wäre dringend wünschenswert. Die Waldbauschulen hätten nur dann einen Sinn, wenn sich der Kleinwaldbesitzer für sich selbst und für seinen kleinen Wald an einer solchen ausbilden wollte, etwa wie der Landmann an einer Ackerbauschule. Ein solches Opfer wird sich aber keinem Kleinwaldbesitzer lohnen und es kann für das fragliche Bedürfnis weit besser an den Ackerbauschulen gesorgt werden.

Indem auf diese Art dem höheren Erfordernis billigerweise entsprochen und das Überflüssige und Hinderliche beseitigt sein wird, o wird sich der forstliche Unterricht, welcher nicht mit jenem der Manufakturgewerbe auf die gleiche Stufe gestellt werden darf, dem allgemeinen Unterrichtsprinzip genähert und vervollkommnet haben. Die Hebung des Unterrichtes ist eine Kardinalforderung unserer Zeit, sie kann auch und umso mehr für den Wald gelten, als der Staat in ihm eine Bedingung seiner Existenz zu erblicken hat. Wenn die Begründung höherer Unterrichtsstätten — wenn auch mit großen Kosten — die Heranbildung wahrer Intelligenz angebahnt und durchgeführt und dem altgewohnten Schablonismus den Boden unter den Füßen weggezogen haben wird, dann bietet sich uns die Aussicht dar, dass im vaterländischen Walde Kräfte schaffen werden, welchen ihre Aufgabe und die Notwendigkeit des Fortschritts voller zum Bewusstsein gelangt, und an welche die Gefahr des Verkommens in willenloser Beschränktheit und träger Machtlosigkeit weit weniger herantritt, als es gegenwärtig der Fall ist. Und nicht mir der eigenen, sondern auch der Forstwirtschaft des Privat-Großbesitzes wird damit vom Staate ein wohltätiges Reagens gegeben sein.

Ein zweites materielles Zugeständnis an den Wald besteht in einer Herabminderung der Steuer. Noch mehr als der einfache Gewerbemann unter der Erwerbsteuer seufzt die Bodenproduktion unter der Last der Grundsteuer, und das angesichts der kolossalen Werbung des Kapitals, welches sich (etwa von Kreditpapieren abgesehen) der Besteuerung zu entziehen weiß. Zur Bemessung der Grundsteuer, resp. zur Ermittlung der Durchschnittserträge, nimmt man im Walde ganz einfach die Rechnung des Landwirts zur Hand, der in einem und demselben Jahre säet, erntet und versilbert und glaubt den Jahresertrag einfach durch Subtraktion aller im Laufe des Umtriebes erfolgten Ausgaben von der Summe aller Einnahmen, unbekümmert um die Zeit des Ein- oder Ausganges, zu finden. Gerade hier war die Berechnung der Erträge auf Grundlage der Zinseszinsrechnung geboten, weil doch nur die wahre, mathematisch richtig berechnete Boden-Nettorente zur Besteuerung gelangen kann und darf. Was wäre hiernach, genau betrachtet, der steuerbare Ertrag des Waldbodens?

Nehmen wir einen Fichten-Nutzholzbestand sehr guter Bonität im 90jährigen Umtrieb, der pro Hektar erntekostenfrei
im 25. Jahre 13 fl. im 55. Jahre 56 fl.
im 35. Jahre 48 fl. im 65. Jahre 50 fl.
im 56. Jahre 75 fl. im 48. Jahre 48 fl.
an Vorerträgen, und im 90. Jahre 2.680 fl. an Haupt- oder Abtriebs-Ertrag abwirft. Alle diese Erträge, zu nur 3 % aufs Umtriebsende prolongiert, summieren sich auf 3.597,23 fl. Hätten die Kulturkosten nur 18 fl. betragen, auf das Umtriebsende prolongiert also 257,41 fl., und wäre die (negative) Jahresrente der Verwaltungs- und Schutzkosten — 2 fl., für 90 Jahre summiert also 886,69 fl., so wäre der neunzigjährige Ertrag der Wirtschaft = 2.453,13 fl., daher (nach entsprechender Formel oder durch Division dieses Betrages durch den Renten-Endwertsfaktor berechnet) der wirkliche noch steuerbelastete Jahresertrag oder die wahre Bodenrente pro Hektar = 5,53 fl. Belastet man diesen Ertrag mit einer Steuer von 1,80 fl., welche sich mit den Bezirks-, Gemeinde- und Schulfonds Umlagen auf 2 fl. erhöht, so bleiben dem Eigentümer nicht mehr als 3.50 fl. Rechner man aber mit 4 % so restringiert sich die mit der Steuer noch zu belastende Rente auf 2,10 fl. Im ersteren Falle beträgt die Steuerlast 36 % vom Reinertrage, im anderen aber bleiben dem Besitzer 10 kr. pro Hektar, und man bedenke, was aus einer solchen Rechnung für schlechte Standorte hervorgeht!

Als die Börsenmänner nach dem Krach, der auch die daran ganz unschuldige Bodenproduktion und dabei auch die „Lunge des Volkslebens", den Wald, traf, mit langen Gesichtern ins Leere starrten, da schrien sie nach Staatshilfe. Wenn eine neue Eisenbahn mit problematischem Gründergewinn angelegt wurde, da verlangte die Unternehmung vom Staate die Garantie entsprechender Verzinsung. Beiderlei ist geschehen. Es wäre allerdings zum mindesten absurd, wollten die Waldbesitzer an den Staat, der an der Erhaltung des Waldes ein besonderes Interesse hat, herantreten und sagen: „Leiste auch uns entsprechende Zinsengarantie!" — Dass aber
die Waldkapitalverzinsung durch die Steuer so herabgedrückt werde, dass der Wirtschaftszinsfuß weit hinter den bescheidensten Ansprüchen der genügsamsten Bodenkapitalwerbung zurückbleibt, ist doch ebenso wenig gerechtfertigt. Die finanzielle Lage Österreichs ist allerdings keine leichte und fordert den Patriotismus zur Opferwilligkeit auf. Anstatt aber durch die Heranziehung der reichen Industrie und des Börsenkapitals zur Beitragspflicht den Staatseinnahmen nachzuhelfen, verfiel man, da jahrelanger Fleiß, saure Mühe und bedeutender Geldaufwand im Allgemeinen ausgedehnte Bodenmeliorationen bewirkt hatten, auf das Mittel einer gerechteren Verteilung der Grundsteuer. Man fühlt sich beinahe versucht, mit Gutzkow aufzuseufzen: „Es ist wenig Heil noch auf Grund und Boden! Die Masse der Lasten drückt zu sehr! Wo der Staat etwas gewinnen will, da denkt er immer sogleich an das Erdreich und an den, der es anbaut. Immer den Zollstab an die Erde gelegt! Warum nicht an den Handel? — Die Kaufleute, die jetzt die Welt regieren, die wissen sich zu schonen. Da sie nicht von den Handwerkern leben, so schützen sie diese allenfalls noch eine Zeit lang und auch mit Recht. Da jedoch dem gefräßigen modernen Staat die Mittel der Existenz immer knapper werden, so sagen die regierenden Kaufleute und Börsenmänner: Haltet euch an Grund und Boden! Grund und Boden sind ewig!"

Es wäre für die Walderhaltung eben jetzt von großer Wichtigkeit, dafür zu sorgen, dass die Waldgrundsteuer durch die im Zuge befindliche Steuerregulierung in keinem Falle eine Erhöhung erfahre, da sonst die waldwirtschaftlichen Verhältnisse Zuständen entgegengehen würden, welche die Sorge um die Walderhaltung weit schwieriger gestalten könnten, als die gegenwärtigen. Denn der Waldwirt müsste dann, um seine Bedürfnisse doch noch zu befriedigen, oder wenn er sich nicht mit einem geringen Verzinsungsprocent begnügen will oder kann, zu niedrigen Umtriebszeiträumen greifen und nach und nach der Waldplünderung verfallen. Wenigstens sollte auf jene Wälder, deren Erhaltung unbedingtes Erfordernis oder deren Eigentumsrecht einer Freiheitseinschränkung unterliegt (die „inkatastrierten" im Sinne des weiter unten Gesagten), Bedacht genommen und eine Entschädigung für die durch die Beschränkung eventuell erlittenen Ertragsausfälle in einer billigeren Besteuerung zugestanden werden.

Man halte sich mehr an Industrie und Kapital! Industrie und Kapital sind gegenüber dem Grund und Boden, was die Steuer anbelangt, unbestreitbar bevorzugt, obgleich, wie der preußische Oberappellationsrat Leuthe in der Sitzung des sechsten Kongresses der deutschen Landwirte in Berlin am 22. Februar 1875 ganz richtig betont hat, gerade die industriellen Fabriken das Proletariat schaffen, welches die Landwirte tragen helfen müssen.

Die Ersprießlichkeit so mancherlei anderer materiellen Unterstützung, z. B. der Steuerfreiheit für kultivierte Öden*), Aufforstung^ Subventionen und Prämien, Flussregulierungen und Begünstigung und Förderung von Triftanstalten u. s. w., ist so in die Augen springend, dass ihre Erörterung hier übergangen werden kann. Sehr wichtig aber ist noch die moralische Unterstützung, die der Staat dem Walde namentlich in zweifacher Richtung angedeihen lassen muss: einmal ein wirklich ausreichender Schutz des Waldeigentums, zum anderen eine zweckmäßige Regelung der gegenseitigen Lage der einzelnen Besitzstände.

*) Es ist wohl die Steuerfreiheit für neue Kulturanlagen auf 25 Jahre gesetzlich festgestellt, sie wäre aber beim Hochwald billigerweise bis zum Eingang der ersten Nutzung auszudehnen.

Der Wald, der dem Diebstahl am meisten zugängliche, am leichtesten zu beschädigende und am schwierigsten, oft mit Gefahr fürs Leben zu schützende, genießt zum Teil noch immer einen geringeren Rechtsschutz als anderes Eigentum. Der Wert der Forstprodukte hat doch schon eine nicht unbedeutende Höhe erreicht, so zwar, dass auch schon in dieser Richtung über Teuerung geklagt wird. Dem widerspricht, als ob der Wert ein viel zu geringer, kaum zu taxierender wäre, der im Gesetze ausgesprochene Grundsatz der Qualifikation der Entwendung von mancherlei Forstprodukten, z. B. Stockholz, Gipfeln, Ästen, Besenreis, Reifstecken, Bodenstreu, Moos u. s. w. als etwas Geringeres denn eine Übertretung. Abgesehen davon, dass diese Entwendung ebenso gut wie der Holz- und anderer Diebstahl alle Merkmale des §. 171 des Strafgesetzes in sich vereinigt, ist sie nur zu häufig geeignet, dem Waldbesitzer einen noch viel größeren Schaden zuzufügen, als die Entwendung von Holz. Man betrachte einmal ein durch frevelhafte Schneitelung misshandeltes Jungholz („Entwendung von Ästen“) — einen durch unausgesetzten Streudiebstahl entnervten Boden („Entwendung von Bodenstreu") — die Verstümmelung ganzer Birkenbestände („Entwendung von Besenreis") — gewiss ein Anblick, der den Gedanken an die Möglichkeit einer Holzproduktion und Walderhaltung auf den betreffenden Standorten kaum aufkommen zu lassen vermag. — Der dem böhmischen Landtage in der Session 1875 vorgelegte Forstgesetzentwurf hat die bisher in dieser Hinsicht bestehenden Unzukömmlichkeiten zu beseitigen getrachtet, und es wäre sehr wünschenswert, dass der betreffende Gesetzesabschnitt in der Fassung des Entwurfes zur Geltung gelange; d. h. es muss jede Entwendung von Forstprodukten ohne Unterschied, sofern der §. 171 des Strafgesetzes darauf Anwendung findet, als Übertretung, resp. Verbrechen des Diebstahls behandelt werden.

Der Umstand, dass die Überlieferung von der ursprünglichen Gemeinschaft des Waldes im Volke noch fortbesteht, und die Ansicht, dass die harten Folgen, welche nach dem Strafgesetze die wiederholte Bestrafung wegen Diebstahls nach sich zieht, bei Walddiebstählen in keinem Verhältnis zur Kulpabilität stehen, haben außerdem zu einer viel zu nachsichtigen Gerichtspraxis geführt. Es lässt sich gegenteilig behaupten, dass die vollzogene Bestrafung größtenteils in gar keinem Verhältnis zu dem Schaden steht, welcher dem Waldbesitzer zugefügt worden. Daraus und aus der stetigen Steigerung der Forstproduktenpreise, welche einen immer verlockenderen Gewinn in Aussicht stellt, resultiert, dass der Walddiebstahl in bedrohlicher Weise überhand nimmt. Man wandere in Waldgegenden durch die Dorfschaften. Wer wird da nicht staunen über die Holzmassen, die sich da aufgespeichert finden? Wie viel davon ist gekauft und bezahlt worden? Es ist nichts Seltenes, dass die Dorfbewohner nach der nahen Stadt einen förmlichen Holzhandel treiben; und doch besteht ihr Betriebskapital in nichts Anderem als in Axt und Säge.

Wir verkennen keineswegs die Berechtigung des Prinzips der Humanität in der Rechtspflege; allein dasselbe muss nicht ad absurdum geführt werden, was in der Tat geschieht, wenn der Gestrafte hintendrein den Beschädigten auszulachen Grund genug bekommt. Es sei nur beispielsweise auf Sachsen hingewiesen; dort sind auf den Walddiebstahl, wie auf den Diebstahl überhaupt, strenge Strafen gesetzt, derselbe ist aber ganz auffallend gering und Niemandem wird es einfallen, dem sächsischen Strafrecht Inhumanität vorzuwerfen. Warum sollte dieselbe Strenge nicht auch in Österreich gelten, wo die geistige Entwicklung der untersten Volksklasse hinter jener in Sachsen doch noch weit zurücksteht? — Beim Walde gilt es zu bedenken, dass der Schaden in der Regel nicht auf den absoluten Werth des Entwendeten beschränkt bleibt, sondern auch auf die fernere Zukunft nachzuwirken vermag, dass ferner der Walddiebstahl fähig ist, den Abgang an Holzmasse den Zuwachs eines Bestandes übersteigen zu lassen und den Kronenschluss nach und nach so zu unterbrechen, dass eine formliche Bodendevastation daraus hervorgeht, so dass sich die Notwendigkeit des Abtriebes lange vor Eintritt des wirtschaftlichen Haubarkeitsalters einstellt.

Es ist allerdings wahr, dass eine allgemeine innere Reorganisation des Forstschutzes und Forstschutzdienstes dem um sich greifenden Übel zu steuern zu aller nächst berufen ist. Allein es ist auch nicht zu verkennen, dass der Erfolg dieser Reorganisation zum mindesten zweifelhaft bleibt, so lange die Amtshandlung der Forstschutzorgane nicht einen wirksamen Nachdruck in Gesetz und Gerichtspraxis findet. Jene Organe sollen jedenfalls mit genau denselben Rechten ausgestattet sein, wie Gendarmerie und Sicherheitswache, was namentlich auch die neuesten Bestimmungen über den Gebrauch der Dienstwaffe betrifft. Es liegt hier der Gedanke fern, diese ausgedehnteren Rechte einem Schutzpersonal, wie es heute noch in sehr häufigen Fällen, nach patriarchalisch-primitiven Begriffen organisiert, anzutreffen ist, in die Hand zu geben. Nur einer streng beaufsichtigten, gleich uniformierten, unter schwerer Verantwortlichkeit stehenden und einzig und allein diesen Namen verdienenden öffentlichen Forstwache, wie wir sie oben charakterisiert haben, können diese Rechte zuerkannt weiden, dann müssen aber diese letzteren und die dadurch der beeideten Forstwache zugestandene Autorität eine zuverlässige Promulgation unter der ländlichen Bevölkerung durch öffentliche Vorlesung und Anschlag am Gemeindehause erfahren.

In Bezug auf die zweite moralische Unterstützung des Waldbaues von Seite des Staates erkennen wir als Notwendigkeit ein durchgreifendes Arrondierungs- und Kommassations-Gesetz. Diese Notwendigkeit ist schon oft genug erörtert worden und lässt wohl keinen Zweifel zu. Dem Vernehmen nach wird auch schon von der Regierung ein bezüglicher Gesetzentwurf vorbereitet. Wir beschränken uns demnach auf die Betrachtung nur eines hier einschlägigen Gegenstandes, welcher auf die Walderhaltung einen direkten Einfluss zu üben nicht ungeeignet ist.

Es gibt sehr viele Waldwirtschaften, welche durch eine unzweckmäßige Lage einzelner ihrer Teile noch unendlich zu leiden haben. Hier mitten im Walde kleine fremde Enklaven verschiedener Benutzungsart, von ihren Besitzern entweder mit zäher Hartnäckigkeit festgehalten hauptsächlich zu dem Zwecke, den freien Eintritt in den Wald und damit die beste Gelegenheit zur Versündigung an fremdem Waldeigentum flott zu haben, oder den Waldbesitzern zu unmöglichen Preisen angeboten; dort tiefe Einbuchtungen in den Wald, zu nichts Besserem geeignet, als die vollständig eingeschlossenen Grundstücke; dafür anderwärts kleine, isolierte, domaniale Waldparzellen, vom übrigen Wirtschaftskörper durch fremde Grundstücke getrennt und mehr oder weniger weit entfernt, aber zu ihrem Schutze die Aufstellung einer eigenen, von der Bodenrente nicht zu ertragenden Forstwache bedingend und die Verwaltung erschwerend usw. — Man betrachte in dieser Beziehung beispielsweise die zerrissenen Wälder des böhmisch-mährischen Plateaus, und beobachte, welche Schwierigkeiten sich ihrer Bewirtschaftung entgegenstellen.

Für den Waldbesitzer ist die Erwerbung solcher zwischenliegender Grundstücke selbstverständlich unbedingt wünschenswert. Abgesehen davon, dass sie direkt schädliche Eingriffe ins Waldeigentum zu vermindern vermag, gewährt sie den Vorteil einer Vergrößerung des Waldareals ohne Erhöhung der Regiekosten, oft sogar, wenn eine Entäußerung isolierter Parcellen damit verbunden ist, mit einer Verminderung derselben.
Andererseits ist der Ertrag solcher vom Wald umschlossener Parzellen in landwirtschaftlicher Beziehung, zumal dieselben zumeist in weit entlegenen Außenfeldern bestehen, ganz gewiss weit hinter den Anforderungen des heutigen Standpunktes der Landwirtschaft zurück und sie gewähren an und für sich einen geringen Nutzen. Dennoch ist es mit den größten Schwierigkeiten und nur mit außerordentlichen Opfern für den Waldbesitzer verbunden, sie zu erwerben und sie im Walde aufgehen zu lassen. Aus diesem Grunde bleiben die fraglichen Zustände in der Regel nach wie vor dieselben und dem Diebstahl bleiben Tür und Tor angelweit offen.

Sowohl die Aufrechterhaltung fremder Enklaven mitten im Walde, als auch die Isolation kleiner Waldparzellen sind nichts Anderes, als das Prinzip der Vorschubleistung des Walddiebstahls und was zur Vernichtung der auch noch dem anspruchslosesten Maßstab geforderten Bodenrente der Druck der Schutzkosten und der Steuer nicht zu Stande bringt, das leistet der Diebstahl, der, wie schon bemerkt, mit der Steigerung der Holzpreise gleichen Schritt hält, und oft trotz aller Mühe und Anstrengung des Schutzpersonals den maßgeblich der Standortsbonität möglichen Holzmassenzuwachs auf Null herabsetzt.

Deshalb wäre es wohl ungerecht, den Forstbesitzer zwingen zu wollen, dass er von solchen isolierten Parzellen Pflug und Egge fern halte und dem Staate für die Ehre, Besitzer derselben zu heißen, außer der Steuer noch so viel zahle, als aus seiner Verlustwirtschaft an negativer Rente resultiert. Wenn es ihm jedoch der Staat möglich machen würde, dass er solche kleine Verlustwirtschaften ohne Nachteil und ohne übermäßige Opfer gegen andere, inmitten seines übrigen Forstes gelegene oder an letzteren angrenzende, für ihre Besitzer oft gleich ertragslose Außenfelder vertauschen, oder wenn er dergleichen Grundstücke auf andere Art leicht erwerben könnte, zu dem Zwecke, sie aufzuforsten, dann könnte man von ihm dort, wo es nottut und gerechtfertigt erscheint, mit größerem Rechte als gegenwärtig, fordern, dass er seinen Wald als solchen in der eben gegebenen Flächenausdehnung aufrechterhalte.

Dazu ist dort, wo ein gegenseitiger billiger Kompromiss nicht erzielbar, gesetzlicher Zwang offenbar unerlässlich. Ist es möglich, für Eisenbahnen, Straßen und andere Zwecke die Expropriation durchzuführen, so kann die zwangsweise Arrondierung den Waldungen, welche des freien Dispositionsrechtes entbehren, im Wege der Expropriation ebenfalls zur Wohltäterin werden, zumal da die Vermutung sehr nahe liegt, dass der Übergang von Enklaven und tiefen Einbuchtungen in fremdes Eigentum in den weitaus meisten Fällen in alten Zeiten auf widerrechtliche Weise erfolgte.

Füglich sollte ein diesbezügliches Gesetz einem Gesetze, welches die Einschränkung der Dispositionsbefugnis der Waldbesitzer zum Gegenstande hat, als Vorläufer dienen. Dies hat seine einfache logische Berechtigung; denn wenn irgend etwas für die Dauer zu zweckmäßigem Wirken fixiert werden soll, so verlangt es die Vernunft, dass es zuvor in seinen Zuständen, soweit diese jener Zweckmäßigkeit feindlich und abträglich sind, geregelt und geordnet werde. Gewährt ein solches Gesetz dem Waldbesitzer den für seine Wirtschaft unerlässlichen Vorteil der Arrondierung derselben, so entfällt ein wichtiger, vielleicht der wichtigste Grund, auf den er sich gegenüber dem Veto des Gesetzes in seinem Vorhaben, irgend einen Waldboden der landwirtschaftlichen Benutzung zuzuführen, stützen kann.