Zweite Fortsetzung

Bis zum Vertrage von Peking wurde der Handel mit China ausschließlich in Kjachta und kurz vor dem in Kuldscha und Tschugutschok betrieben. Über Kjachta erhielt man bloß Tee auf dem Wege des Eintausches desselben gegen russische Waren und Kjachta versorgte die chinesischen Märkte, hauptsächlich die im Norden, mit russischen Erzeugnissen. In Kuldscha und Tschugutschok wurde ebenfalls Tauschhandel getrieben, wenngleich derselbe verhältnismäßig unbedeutend war. Der Pekinger Traktat bewirkte eine große Umwälzung im russischen Binnenhandel, indem Kjachta durch dasselbe sehr an seiner Bedeutung für den Handel zwischen den Russen und den Chinesen einbüßte. Der Verfall Kjachtas war vorauszusehen. Schon in den 50-er Jahren nahm die Nachfrage nach russischen Waren ab und die Kaufleute waren gezwungen, den Tee mit Gold und Silber zu bezahlen. Kjachta hatte hauptsächlich für die siansinschen Kapitalisten eine große Bedeutung gehabt, welche dort seither als Hauptgeschäftsleute figuriert hatten. Dieses ersteht man daraus, dass die Siansinzen, als sie von den Unterhandlungen in Peking erfuhren, eine Deputation an die Regierung schickten mit der Petition, die früheren Handelsgebräuche mit Russland aufrecht zu erhalten, was ihnen jedoch verweigert wurde. Von nun an sehen wir den russischen Handel mit Benutzung anderer Straßen durch die Mongolei, zum Teil auch des Meeres, seinen Weg nach den Seehäfen Tientsin, Honkong und Futschau nehmen; der Absatz von Manufaktur- und Fabrikerzeugnissen in den nördlichen Provinzen hörte auf, da in Kjachta sehr wenige chinesische Handelsfirmen zurückgeblieben waren. Wie auch nicht anders zu erwarten war, die russischen Waren in den chinesischen Seestädten stießen auf Konkurrenz und wurden durch englische, amerikanische und deutsche Handelsprodukte verdrängt, in Folge dessen die Durchfuhr durch Kjachta mit jedem Jahre abnahm. So wurden z. B. im Jahre 1882 Manufaktur- und Fabrikerzeugnisse im Werte von 1.738.987 Rbl., im Jahre 1883 aber — bloß für 1.111.635 Rbl. ausgeführt, folglich hatte sich die Ausfuhr um 626.352 Rbl. Vermindert*). Die Einfuhr dagegen hat um 3.048.513 Rbl. zugenommen: es wurde nämlich im Jahre 1882 aus China für 15.638.485 Rbl., im Jahre 1883 aber schon für 18.681.938 Rbl. eingeführt. Eine solche Differenz zu Gunsten der Einfuhr aus China hat die anormale Lage des Handels zur Ursache, namentlich werden die Teeeinkäufe vermittelst europäischer Bankinstitute mit barer Münze und nicht mit russischen Waren gedeckt. Zudem vergrößerte noch der Kurs auf Gold und Silber den Teepreis für die Konsumenten.

In der Reihe der Artikel, welche über die Grenze ausgeführt werden, erscheint auch chinesisches Barrensilber im Werte von 3.000.000 Rbl.; dasselbe wird in der westlichen Mongolei, den tianschanschen Städten und den mittelasiatischen chinesischen Besitzungen gegen russische Waren eingetauscht.


So sehen wir, dass der russische Binnenhandel mit China bis jetzt sehr wenig befriedigende Resultate aufzuweisen hat. Es lässt aber nicht verkennen, dass die Nachbarschaft dieses länderreiche dichtbevölkerten und von der Natur mit so vielen Gaben reich ausgestatteten Staates auf jeden Fall für einen bedeutenden Absatz der russischen Manufaktur- und Fabrikerzeugnisse und für ein ersprießlichen Handelsverkehr überhaupt volle Gewähr leistet.

Der Vertrag von St. Petersburg eröffnet der russischen kommerziellen Tätigkeit bedingungslos das ganze Innere und den hinter der Mauer befindlichen Teil Chinas samt seinen Vasallenstaaten.

*) Die angeführten Zahlen beziehen sich, wie gesagt, nur auf Manufaktur- und Fabrikerzeugnisse. Die gesamte Ausfuhr über Kjachta bezifferte sich im Jahre 1882 auf 6.369.036 Rbl., im Jahre 1883 auf 3.939.744 Rbl. und überragte die gesamte Einfuhr die ganze Ausfuhr im Jahre 1882 um 9.271.449 Rbl., im Jahre 1883 um 14.745.253 Rbl.