Einleitung.
Deutschlands mächtiger Aufschwung in den letzten Jahrzehnten vor dem Weltkriege beruhte, um mit Friedrich Liszt zu reden, auf seiner Umwandlung von einem Agrikultur-Manufaktur in einen Agrikultur-Manufaktur-Handelsstaat. Sein gewaltig anschwellender Außenhandel beschäftigte einen immer größeren Teil seiner Bevölkerung, versorgte die heimische Industrie mit den Rohstoffen fremder Länder und erschloss ihre Absatzgebiete in den entferntesten Weltteilen. Ermöglicht wurde diese weltumspannende Tätigkeit des deutschen Kaufmanns durch den Rückhalt, den er jederzeit an den starken Machtmitteln des Deutschen Reiches fand und durch die Sicherheit und Stetigkeit der internationalen Rechtsbeziehungen, welche ihm die von der deutschen Regierung abgeschlossenen Handelsverträge gewährten. Durch den Krieg und noch mehr durch den „Friedensvertrag wurden diese Grundlagen des deutschen Außenhandels zerstört. Macht- und rechtlos, ohne die geringste Möglichkeit einer Vergeltung sieht sich der deutsche Kaufmann allen Schikanen seiner ehemaligen Feinde preisgegeben, von denen einige immer noch in unbegreiflicher Verkennung der primitivsten Wirtschaftsvorgänge ihren Interessen am besten zu dienen glauben, indem sie Deutschlands Außenhandel erdrosseln. Deutschland kann aber nicht mehr seine Volkswirtschaft auf den Status eines geschlossenen Handelsstaates zurückschrauben, ohne dass es Millionen seiner Bewohner zur Auswanderung zwingt oder, da diese nur wenigen möglich, der Verelendung preisgibt. Es muss daher, will es vor weiteren politischen und sozialen Unruhen bewahrt bleiben, mit allen Mitteln bestrebt sein, Rohstoffe und Lebensmittel zu annehmbaren Preisen aus dem Ausland zu verschaffen und dort den deutschen Industrieerzeugnissen wieder lohnende Absatzgebiete zu erschließen.
Mit Westeuropa und Amerika konnten teils aus den angeführten, teils aber aus valutarischen Gründen bisher keine befriedigenden Resultate erzielt werden. Insbesondere wird eine Verbilligung der Lebenshaltung und damit auch eine soziale Beruhigung erst dann eintreten können, wenn als Lieferanten wieder die valutaschwachen osteuropäischen Länder auftreten werden. Unter ihnen kommt Russland die größte Bedeutung zu. Bis zum Kriege war es unser größter Getreidelieferant und einer der wichtigsten Abnehmer unserer Industrieerzeugnisse, ebenso stand Deutschland in den Export- und Importziffern Russlands weitaus an erster Stelle. Die Bedeutung beider Länder füreinander ist heute noch größer als vor dem Kriege. Denn Deutschland kann sich jetzt, nachdem es wichtige landwirtschaftliche Gebiete hat abtreten müssen, weniger denn je selbst ernähren, und Russlands Industrie ist in einem derartigen Zustande, dass sie noch für lange Jahre hinaus nur einen sehr geringfügigen Teil des russischen Bedarfes wird decken können. Von einer feindseligen Handelspolitik Russlands wird um so weniger die Rede sein, als Deutschlands Industrie von jeher auf die russischen Bedürfnisse eingestellt war und am ehesten imstande ist, dieselben zu befriedigen. Im Gegenteil ist vorauszusehen, dass die gemeinsame Not beider Länder und ihre vielfach parallellaufenden Interessen nicht nur zu einer wirtschaftlichen, sondern über kurz oder lang auch zu einer politischen Annäherung führen werden. Das ist es aber, was die Entente mit allen Mitteln verhindern will. Ihre Gewaltpolitiker befürchten nicht zu Unrecht, dass der durch den Diktatfrieden geschaffene unnatürliche Zustand nicht lange vorhalten wird, wenn Deutschlands und Russlands vereinigte wirtschaftliche und politische Kräfte dagegen anstemmen werden, Clemenceau sprach es in seiner letzten Rede als Ministerpräsident offen aus, dass man zwischen Deutschland und Russland Drahtverhaue legen müsse . . . Ob dieser Plan aber gelingen wird, ob es überhaupt in menschlicher Macht liegt, die Verbindung zweier mächtiger, von Natur aus aufeinander angewiesener Länder auf die Dauer zu unterbinden, darüber mag uns ein Überblick über den Werdegang der deutsch-russischen Handelsbeziehungen Aufschluss geben.
Mit Westeuropa und Amerika konnten teils aus den angeführten, teils aber aus valutarischen Gründen bisher keine befriedigenden Resultate erzielt werden. Insbesondere wird eine Verbilligung der Lebenshaltung und damit auch eine soziale Beruhigung erst dann eintreten können, wenn als Lieferanten wieder die valutaschwachen osteuropäischen Länder auftreten werden. Unter ihnen kommt Russland die größte Bedeutung zu. Bis zum Kriege war es unser größter Getreidelieferant und einer der wichtigsten Abnehmer unserer Industrieerzeugnisse, ebenso stand Deutschland in den Export- und Importziffern Russlands weitaus an erster Stelle. Die Bedeutung beider Länder füreinander ist heute noch größer als vor dem Kriege. Denn Deutschland kann sich jetzt, nachdem es wichtige landwirtschaftliche Gebiete hat abtreten müssen, weniger denn je selbst ernähren, und Russlands Industrie ist in einem derartigen Zustande, dass sie noch für lange Jahre hinaus nur einen sehr geringfügigen Teil des russischen Bedarfes wird decken können. Von einer feindseligen Handelspolitik Russlands wird um so weniger die Rede sein, als Deutschlands Industrie von jeher auf die russischen Bedürfnisse eingestellt war und am ehesten imstande ist, dieselben zu befriedigen. Im Gegenteil ist vorauszusehen, dass die gemeinsame Not beider Länder und ihre vielfach parallellaufenden Interessen nicht nur zu einer wirtschaftlichen, sondern über kurz oder lang auch zu einer politischen Annäherung führen werden. Das ist es aber, was die Entente mit allen Mitteln verhindern will. Ihre Gewaltpolitiker befürchten nicht zu Unrecht, dass der durch den Diktatfrieden geschaffene unnatürliche Zustand nicht lange vorhalten wird, wenn Deutschlands und Russlands vereinigte wirtschaftliche und politische Kräfte dagegen anstemmen werden, Clemenceau sprach es in seiner letzten Rede als Ministerpräsident offen aus, dass man zwischen Deutschland und Russland Drahtverhaue legen müsse . . . Ob dieser Plan aber gelingen wird, ob es überhaupt in menschlicher Macht liegt, die Verbindung zweier mächtiger, von Natur aus aufeinander angewiesener Länder auf die Dauer zu unterbinden, darüber mag uns ein Überblick über den Werdegang der deutsch-russischen Handelsbeziehungen Aufschluss geben.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Entwicklung der deutsch-russischen Handelsbeziehungen
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