Die Entstehung von Selbstentzündungen. - Ein Wort zur Aufklärung.

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1903
Autor: Th. Seelmann, Erscheinungsjahr: 1903

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Selbstentzündung, Heu, Sägespäne, Kohle, Feuer, Öl,
Bei der überwiegenden Mehrzahl von Schadenbränden lässt sich die Entstehungsweise leicht feststellen. Bei einer kleineren, doch immerhin nicht unbeträchtlichen Anzahl ist dieses aber nicht möglich, und man hört dann oftmals als mutmaßliche Ursache eine Selbstentzündung angeben. Auf den ersten Blick erscheint es höchst seltsam, dass sich gewisse Stoffe, ohne dass sie mit dem Feuer in Berührung gebracht werden, entzünden können, in Wirklichkeit aber steht diese Erscheinung nicht vereinzelt da, sondern bildet nur ein Glied in einer großen Kette verwandter Vorgänge. Allerdings muss aber stets bei Stoffen, die an und für sich leicht entzündlich sind, noch eine Reihe von Vorbedingungen zutreffen, damit es zu einer Selbstentzündung kommt.

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Dass Stoffe überhaupt Feuer fangen können, ohne dass sie eine Flamme beleckt, davon kann man sich durch einen kleinen Versuch leicht überzeugen. Hält man nämlich ein Streichhölzchen, von dem die Zündmasse abgekratzt ist, auf etwa zwei Zentimeter Entfernung an die Flamme eines Lichtes, so wird man bald bemerken, wie die Flamme unruhig wird, und kurz darauf das Streichhölzchen plötzlich zu brennen anfängt. Durch die Hitzeeinwirkung der Flamme verflüchtigen sich die leicht entzündlichen Stoffe des Holzes als Gase, flammen aus, und wir sehen dann das Streichhölzchen selbst brennen. Aber auch ohne dieses kleine Experiment haben wir leicht Gelegenheit, zu erkennen, dass eine Entzündung ohne die unmittelbare Mitwirkung einer Flamme möglich ist.

Wir rufen nämlich eine derartige Entzündung, bloß dass wir ihr durch die Macht der Gewohnheit keine Beachtung schenken, tagtäglich wiederholt hervor, wenn wir ein Streichhölzchen an der dazu gehörigen Schachtel anstreichen. Durch die Reibung wird Wärme erzeugt, und diese Wärme genügt, um die äußerst leicht entzündliche Zündmasse des Streichhölzchens zum Brennen zu bringen. Sowohl in dem ersten, als auch in dem zweiten Falle ist also zur Entzündung Wärme nötig, nur dass sie das eine Mal von der Flamme des Lichtes ausging, das andere Mal durch die Reibung entstand. Nun kann aber Wärme auch noch auf andere Weise erzeugt werden. So kommt es unter anderem zur Wärmeerzeugung, wenn eine Gärung eintritt. Bekanntlich vermag Stallmist durch die in ihm erfolgenden Gärungen und Zersetzungen sehr bedeutende Wärmemengen zu entwickeln, ein Vorgang, den der Gärtner zur Anlage eines Mistbeetkastens verwertet, um dessen Erdreich zu erwärmen und dadurch das Wachstum der Pflanzen zu beschleunigen. Ferner wird Wärme erzeugt, wenn sich der Sauerstoff der Luft mit anderen Stoffen verbindet, oder wenn, wie man es wissenschaftlich nennt, eine Oxydation stattfindet.

Eine solche Oxydation vollzieht sich fortwährend bei der Atmung. Hier verbindet sich der Sauerstoff der Luft in den Lungenbläschen mit dem roten Blutfarbstoff, und diesem Prozess entspringt die Eigenwärme unseres Körpers. Endlich wird Wärme entwickelt, wenn sich Gase verdichten. Diese Erscheinung benutzte man früher bei dem Döbereinerschen Platinafeuerzeug. Hier wurde ein Strom von Wasserstoffgas auf den porösen Platinaschwamm geleitet, in dessen Poren es sich verdichtete und dadurch den Platinaschwamm außerordentlich stark erwärmte.

Die drei zuletzt angeführten Momente, die Gärungen, die Oxydation und die Gasverdichtung, bilden nun die Ursache für die eigentlichen Selbstentzündungen. Es kommt nur darauf an, dass die durch diese Vorgänge erzeugte Wärme unter Mitwirkung besonderer Umstände die erforderliche Temperatur erreicht; dann beginnen die Stoffe, in denen sich der eine oder andere dieser Prozesse abspielt, sich
zu entzünden, genau so wie das Hölzchen durch die Wärmeeinwirkung der Kerzenflamme oder die Streichholzzündmasse durch die Reibung an der Schachtel und die darauf beruhende Wärmeerzeugung aufflammt.

Gärungen geben den ersten Anstoß zu den Selbstentzündungen von Heuhaufen. Gewöhnlich lässt man
das gemähte Gras zunächst in Schwaden liegen und wirft es dann nach einiger Zeit zu kleineren Haufen, den sogenannten Windhaufen, zusammen. In diesen Windhaufen findet nun eine ziemlich bedeutende Wärmeentwicklung statt, die auf die letzten Lebensvorgänge in dem frischen Grase zurückzuführen ist und eine Höhe von 40 bis 50 Grad Celsius erreicht. In diesem Zustande qualmen, wie man sagt, die Heuhaufen, da das in ihnen enthaltene Wasser durch die erzeugte Wärme verdampft und als Wasserdampf entweicht. Gleichzeitig trocknet das Heu aus. Man wirft nun das Heu, um es abzukühlen, auseinander und schichtet es dann später zu Schobern oder Diemen auf oder bringt es auf den Heuboden. Zuweilen lässt man aber dem Heu infolge der Ungunst der Witterung oder anderer Umstände nicht diese regelrechte Bearbeitung zu teil werden, sondern schichtet es, bevor noch die Windhaufen gehörig aufgequalmt haben, in den Schobern oder auf dem Boden auf. Und nun beginnt jener Prozess, der schließlich zur Selbstentzündung führt.

An dem Grase und dem Heu haften nämlich stets Kleinpilze, die man als Heubazillus bezeichnet hat. Die in der großen Heumasse noch vorhandene Wärme bildet nun die geeignete Temperatur zu einer schnellen Entwicklung dieser Heubazillen. Sie wachsen und vermehren sich ins Ungeheure und erregen durch ihre Lebenstätigkeit im Heu eine Art Gärung, die mit einer Wärmeentwicklung bis zu 60 Grad Celsius verbunden ist. Die erzeugte Wärme im Innern der Heumasse kann, da das Heu ein schlechter Wärmeleiter ist, nicht entweichen und zersetzt darum die Grasfasern, so dass sie anfänglich zu einer braunen Masse und zuletzt zu Graskohle umgewandelt werden. Diese Graskohle ist nun außerordentlich porös, sie saugt die bei der Zersetzung entstandenen Gase in sich auf, so dass sie sich verdichten und nun aufs neue Wärme erzeugt wird. Endlich steigt die Temperatur so hoch, dass der Zutritt von Luft oder im Besonderen von Sauerstoff den heißen, verkohlten Heukern sich entzünden lässt, und die Flammen aufzüngeln. Der Zutritt der Luft kann auf verschiedene Weise erfolgen. Zuweilen bleiben Hohlräume in der Heumasse, oder es legen sich Mäuse Gänge in derselben an, oder auch der verkohlte Kern vergrößert sich bis zur Oberfläche, so dass es nun hier zuerst zur wirklichen Entzündung kommt. Wie im Einzelnen eine Heuentzündung verläuft, mag folgender Fall zeigen.

Auf dem Gute L. bei München hatte man im August das Grummetheu in einer Scheune zu zwei großen Haufen aufgeschichtet, von denen der eine etwa 450 Zentner, der andere 300 Zentner enthielt. Den ganzen September hindurch wurde nur der gewöhnliche, aromatische Heugeruch wahrgenommen. Allein Mitte Oktober trat an dessen Stelle ein deutlich brenzliger, brandiger Geruch, und zwar wurde dieser nur an dem größeren Haufen beobachtet. Dies erweckte in dem Gutsverwalter den Verdacht, dass sich im Inneren des Haufens eine Selbstentzündung entwickeln könne, und man beschloss daher, den Haufen vorsichtig abzuräumen. Man begann mit dieser Arbeit in den ersten Stunden des Vormittags. Die Farbe des Heues, sowie die Temperatur waren äußerlich unverändert, doch schwitzten die oberen Partien stark, so dass förmliche Tropfen an den Grashalmen hingen. Diese Partien wurden abgetragen, bis man in einer Tiefe von etwa drei Fuß auf sehr heißes, trockenes Grummet stieß. Je tiefer man drang, desto mehr nahm die Wärme und der brandige Geruch zu. Als man eine Tiefe von ungefähr fünf Fuß erreicht hatte, kamen plötzlich Funken zum Vorschein. Gleichzeitig bemerkte man, wie auf dem Wagen, der den zuletzt abgeräumten Grummet aus der Scheune herausfahren sollte, ebenfalls an mehreren Stellen Ranch aufstieg und Feuer sprühte. Von jetzt an befand sich jede Gabel voll Grummet, die herausgeholt wurde, im glühenden Zustande. Daher konnte das Abräumen nur unter beständigem Aufgießen von Wasser fortgesetzt werden. Auch war es sehr häufig nötig, das schon auf den Wagen geladene Heu nochmals mit Wasser zu übergießen, da wiederholt sogar die Bretter des Wagens in Brand gerieten. Ja, selbst das vor der Scheune auf dem Boden ausgebreitete Heu entzündete sich oftmals von neuem, so dass es zum dritten Male gelöscht werden musste. Um den anstoßenden kleineren Heuhaufen vor dem Übergreifen des Feuers zu schützen, wurde zwischen beiden ein etwa drei Fuß tiefer Ausschnitt gemacht. Bei dieser Arbeit entströmten dem Heu so große Gasmengen, dass es keiner der Arbeiter länger als eine bis zwei Minuten aushalten konnte und sie sich stets blass und mit dem Gefühle des Erstickens zurückziehen mussten. Erst mit dem Einbruch der Dunkelheit war man mit dem Abräumen der glühenden Massen fertig. Sie hatten den Kern des großen Grummethaufens gebildet. Dieser Kern begann etwa fünf Fuß unter der Spitze des Haufens und reichte fast bis zu dessen Grundfläche hinab.

Nach derartigen Erfahrungen muss dringend angeraten werden, wenn man gezwungen ist, unvollkommen getrocknetes Heu zusammenzubringen, es nur im Freien und in kleineren Schobern aufzusetzen, damit die sich entwickelnde Wärme aus dem Inneren abströmen kann. Ferner ist es empfehlenswert, in das Heu Salz einzustreuen, da durch dieses den Bazillen die Keimfähigkeit genommen wird. Und endlich sollte man, sobald ein Schober auch nur einen leisen brenzligen Geruch ausströmt, denselben sofort auseinanderbreiten, da im Beginn der Zersetzungen eine wirkliche Entzündung oft noch vermieden werden kann.

Wie die Selbstentzündung beim Heu von einer Gärung ausgeht, so entspringt sie bei der Baumwolle, der Wolle, dem Flachs und den aus ihnen hergestellten Geweben einem Oxydationsvorgang. Keiner der genannten Stoffe ist für sich allein geeignet, sich selbst zu entzünden, wohl aber erhalten sie diese Fähigkeit, wenn sie mit einem pflanzlichen oder tierischen Öl durchtränkt werden. Besonders gefährlich ist die Durchtränkung mit Leinöl und Seehundstran. Gefördert wird dann noch das Zustandekommen einer Selbstentzündung durch warme Witterung oder das Liegen der Baumwolle und Wolle in warmen Räumen. Der Sauerstoff der Luft verbindet sich nämlich begierig mit den pflanzlichen und tierischen Ölen, und durch diese Oxydation wird Wärme erzeugt. Ist nun das Öl fein zerteilt, wie es der Fall ist, wenn es einen Baumwollbausch durchtränkt hat, so erhält dadurch der Sauerstoff Gelegenheit, sich an vielen Punkten zu gleicher Zeit mit dem Öl zu verbinden, und die Wärmeentwicklung erreicht damit einen Grad, dass sich das Öl und die Baumwollfasern entzünden. Aus diesem Grunde haben auch schon vielfach Lappen aus Baumwolle oder Wolle, die mit Öl befeuchtet waren, Veranlassung zu einer Selbstentzündung gegeben.

Man gebraucht derartige Lappen bekanntlich zum Reinigen und Putzen von Maschinenteilen. In einer Breslauer Buntdruckerei wurden die Maschinen täglich mit Lappen und Öl abgerieben. Man warf diese Lappen regelmäßig in eine Ecke, in deren Nähe einige hölzerne Wandgestelle standen. Eine Arbeiterin hatte die Aufgabe, die Lappen allabendlich beim Schluss der Arbeit aus dem Maschinenraum zu entfernen. An einem Sonnabendnachmittag wurde diesem Mädchen sehr unwohl, und es musste sich infolgedessen noch vor dem gewöhnlichen Arbeitsschluss nach Hause begeben. Daher blieben die öldurchtränkten Putzlappen in der Ecke liegen. In der Nacht vom Sonntag zum Montag bemerkte nun ein Angestellter der Druckerei, als er, von einer Festlichkeit heimkehrend, seine Wohnung aufsuchte, in dem Maschinenraum einen Feuerschein. Man drang schnell in den Raum ein und fand hier den vergessenen Haufen von Putzlappen in hellen Flammen stehen, die auch bereits eines der daneben befindlichen Wandgestelle ergriffen hatten.

Schiffe, die zugleich Öl und Baumwolle geladen hatten, sind schon wiederholt dadurch arg gefährdet worden, dass zufällig die Baumwolle mit dem Öl durchtränkt, und dadurch eine Selbstentzündung verursacht wurde. Die deutsche Brigg „Falke“ hatte in St. Louis Olivenöl und Baumwolle geladen. Einige Tage nach dem Verlassen des Hafens brach ein starker Sturm aus, der das Schiff heftig hin und her warf. Infolgedessen geriet auch die Ladung in Unordnung, und eines der Ölfässer platzte. Drei Tage nach dem Sturme sah man plötzlich aus einer der Luken Rauch aufsteigen. Man eilte schnell in den Laderaum und bemerkte mit Schrecken, dass dort ein Feuer ausgebrochen war, das aber noch keinen bedeutenden Umfang erreicht hatte. Man setzte sofort die Pumpen in Tätigkeit, und nach dreistündiger harter Arbeit gelang es, das Feuer zu löschen. Eine nähere Untersuchung ergab, dass es von den Baumwollballen seinen Anfang genommen hatte, die durch das zerplatzte Fass mit Öl durchtränkt worden waren.

Eine gewisse Ähnlichkeit damit besitzt der folgende Fall. Der dänische Grönlandfahrer „Hendrik“ war auf der Rückfahrt vom nördlichen Eismeer, wo er Seehunde zur Trangewinnung gejagt hatte, begriffen. Eines Tages füllte man auf Deck auf einige Fässer Tran nach, und bei dieser Gelegenheit wurden auch einige Taue mit Tran benetzt. Da bald darauf ein heftiger Schneesturm ausbrach, so nahm einer der Matrosen diese Taue mit in seine Kabine. In der darauffolgenden Nacht erwachte er plötzlich gegen Morgen und nahm deutlich einen brenzligen Geruch wahr. Er sprang daher schnell auf und erblickte nun in der Dunkelheit auf dem Fußboden zahlreiche glimmende Funken. Als er Licht angezündet hatte, sah er zu seinem Erstaunen, dass es die Taue waren, die Feuer gefangen hatten. Es ließ sich dabei noch feststellen, dass diejenigen Teile der Taue zuerst in Brand geraten waren, welche von dem Seehundtran durchdrungen worden waren.

Für die leichte Entzündbarkeit des Flachses spricht auch noch ein Vorkommnis, von dem ein Karussellbesitzer vor einigen Jahren in der Nähe von Basel betroffen wurde. Da die Plane seines Karussells schadhaft geworden war, so beschloss er, sich eine neue anzuschaffen. Zu diesem Zweck bestrich er mehrere lange Bahnen Drell mit Leinöl und trocknete sie dann an einem heißen Sommertag in der Sonne. Am Abend verschloss er den zusammengerollten Drell in einem Kasten seines Wohnwagens. Im Verlauf des nächsten Tages wollte er in diesen Kasten noch einen anderen Gegenstand verpacken. Als er deshalb den Kasten öffnete, strömte ihm eine auffällige Wärme entgegen, und er fand, dass die Drellrolle ganz heiß war. Er trug sie daher ins Freie, um sie abzuwickeln. Kaum aber war dieses bis zur Hälfte geschehen, als mit einem Male Rauch hervorbrach, und eine Flamme emporschlug. Nur mit Mühe gelang es, das Fortschreiten des Feuers zu
verhindern.

Übrigens vermögen sich nicht nur die genannten Webstoffe, sondern auch Sägespäne zu entzünden, wenn sie mit Öl in Berührung kommen. In einer Tischlerwerkstatt in Frankfurt warf eines Tages ein Lehrling eine Ölflasche um, die ihren Inhalt auf die am Boden liegenden Sägespäne entleerte. Die Sägespäne wurden jeden Abend von dem Lehrling auf den Speicher der Werkstatt getragen. Das tat er auch an dem Abend des erwähnten Tages. Da aber die dort angesammelten Sägespäne an Räuchereien verkauft wurden, so legte der Lehrling die von Öl durchtränkten Sägespäne getrennt von den übrigen an einer besonderen Stelle nieder, damit sie nicht den größeren Vorrat verunreinigten. Als er den nächsten Abend die Treppe zum Speicher erstieg, bemerkte er einen verdächtigen Rauch, und gleich darauf sah er einen Feuerschein aufleuchten. Der Haufen mit den öldurchtränkten Sägespänen hatte sich entzündet. Da sogleich Wasser zur Hand war, so ließ sich das Feuer schnell löschen, ehe es noch den anderen bedeutend größeren Haufen ergriffen hatte.

Eine große Neigung zur Selbstentzündung besitzen ferner Kohlen, und zwar namentlich mit Schwefelkies durchsetzte. Der Schwefel verbindet sich mit dem Sauerstoff der Luft, und der Kies wird zu schwefelsaurem Eisen umgewandelt. Durch diesen Prozess werden nun beträchtliche Wärmemengen entwickelt, die hinreichen, um die Kohlen zur Entzündung zu bringen. Besonders leicht tritt eine Selbstentzündung ein, wenn die Kohlen stark zerkleinert und angefeuchtet worden sind. Außer den Kohlenbergwerken werden von diesen Selbstentzündungen oftmals die Seeschiffe betroffen, die Kohlen nach den tropischen Ländern verfrachten. Nach einer englischen Statistik sind seit dem Jahre 1865 nicht weniger als 97 eiserne Segelschiffe durch Selbstentzündung ihrer Kohlenladung zu Grunde gegangen, wobei gegen 2.000 Seeleute ihren Tod fanden. Man bezeichnet daher auch in der Reedereisprache schwefelkieshaltige Kohlen wegen ihrer leichten Entzündbarkeit und der Gefahr, die damit für die Schiffe verbunden ist, als „Risikokohlen“.

Entzünden sich auf einem Schiff die Kohlen, so gelingt es nur in seltenen Fällen, das Schiff zu retten. Im Jahre 1894 hatte der englische Dreimaster „Derby“ Kohlen für die Reise von London nach Sansibar verladen. Während der Fahrt herrschte im Mittelmeer außerordentlich heißes Wetter. Dies machte den Kapitän des Schiffes unruhig, und er ließ die Temperatur im Laderaummessen. Sie betrug 42
Grad Celsius, so dass man sofort den Laderaum Tag und Nacht ventilierte. Nach einiger Zeit ging denn auch die Temperatur wieder zurück. Man hatte bereits Aden passiert, als ein heftiger Sturm ausbrach, der viele Spritzwellen auf Bord warf, so dass auch Wasser in den Laderaum drang. Zwei Tage später bemerkte die Bemannung, dass die Temperatur der Kohlen wieder bedeutend gestiegen war, und am nächsten Tage wirbelte sogar aus den Luken des Hecks Rauch auf. Man ging nun sofort daran, einen Teil der Ladung über Bord zu werfen, damit man zu dem Entzündungsherd hingelangen konnte. Allein der Rauch und die Hitze nahmen im Laderaum bald so zu, dass man das Vorhaben aufgeben musste. Jetzt versuchte man durch Einpumpen von Wasser das Feuer zu löschen. Anfangs schien dieses von Erfolg begleitet zu sein, später aber gewann das Feuer die Überhand und verbreitete sich immer mehr. Drei Tage lang blieb die Mannschaft unausgesetzt an den Pumpen. Doch alle Anstrengungen waren vergeblich, die Flammen schlugen zu den Luken des Hecks hinaus! Zum Glück kam am folgenden Tage Sansibar in Sicht, so dass die Besatzung das Schiff in den Booten verlassen konnte. Schon am Abend desselben Tages ging das Schiff auf der Reede von Sansibar unter einem explosionsähnlichen Knall, wobei haushohe Feuergarben emporgeschleudert wurden, unter.

Wie die schwefelkieshaltigen Kohlen, so sind auch die Briketts zuweilen „Risikokohlen“. Hat man doch allein in Berlin gegen achtzig Selbstentzündungen von Briketts sowohl auf den Kohlenlagerplätzen, als auch in den Haushaltungen in den letzten sechs Jahren gezählt. Die Briketts entzünden sich besonders leicht, wenn sie noch frisch sind, lange der Sonnenhitze ausgesetzt werden und dazwischen leicht befeuchtet werden. Sie saugen dann begierig Luft ein, die sich verdichtet und erhitzt, sodass nun den Briketts ein hoher Wärmegrad mitgeteilt, und die Entzündung herbeigeführt wird. Ein Handelsmann in einem Vorort Berlins holte sich an einem Augusttage eine Fuhre Briketts von einem entfernteren Kohlenplatz. Der Kohlenplatz hatte Geleisanschluss, und man hatte dem Handelsmann bedeutet, seinen Wagen mit Briketts zu beladen, die soeben auf einem Lowry angekommen waren. Die Briketts waren, wie man beim Umladen bemerkte, noch ganz warm. Auf der Heimfahrt sengte die Sonne kräftig auf die Briketts herab, die auch noch den Nachmittag über auf dem Hofe des Handelsmannes im Sonnenschein stehen blieben. Gegen Abend ging ein leichter Regenschauer nieder. Kurz vor dem Schlafengehen fiel dem Handelsmanns, als er die Kohlenladung mit einigen alten Säcken zudeckte, nicht das Geringste an derselben auf. Dagegen wurde er in den ersten Morgenstunden durch Feuerrufe geweckt, und ein Blick auf den Hof hinaus zeigte ihm, dass die oberen Schichten der Ladung durch Selbstentzündung in Brand geraten waren.

Es unterliegt kaum einem Zweifel, dass Selbstentzündungen noch viel häufiger vorkommen, als man annimmt. Denn der sichere Nachweis dafür lässt sich nur schwer führen, und man schiebt daher die Entstehung eines Schadenfeuers meist auf eine zufällige oder absichtliche Brandstiftung. Diejenigen Stoffe, welche zur Selbstentzündung neigen, werden aber nicht nur in bestimmten Betrieben verwendet, sondern sie finden sich auch in vielen Haushaltungen vor. Es liegt daher im Interesse eines jeden einzelnen, mit den erwähnten Stoffen stets vorsichtig umzugehen, damit er nicht erst durch Schaden klug wird.