Wie die Städte, so traten auch die Herzöge auf der Versammlung zu Sternberg mit neuen Vorschlägen hervor ...

Wie die Städte, so traten auch die Herzöge auf der Versammlung zu Sternberg mit neuen Vorschlägen hervor. Als Beweis dafür, dass diese, nicht schon Gegenstand der Krakower Verhandlung gewesen sind, gilt dasselbe, was oben in Bezug auf die Städte gesagt ist.

Diese neuen Vorschläge der Herzöge sind, außer der schon ausführlich behandelten Absicht, die Schulden der Stadtbewohner zu mäßigen, folgende: Einführung eines allgemeinen Landesscheffels für Gerste; Festsetzung eines bestimmten Verhältnisses zwischen dem Preise der Gerste und des Bieres, sowie Beschränkung der Mitgliederzahl der Handwerksämter in den Städten.


Den ersten Vorschlag wegen des allgemeinen Landesscheffels hat man im Laufe der Verhandlungen fallen lassen, die beiden anderen Vorschläge, die gleichfalls zuerst aufgegeben waren, sind wahrscheinlich schon wieder in Sternberg erneuert und auch später bei der Abfassung des Gesetzes berücksichtigt worden.

Ferner tritt wohl in Folge der Sternberger Verhandlungen ganz neu hinzu der zum Ausdruck gekommene Versuch der Herzöge, der auch in dem Gesetze selbst wiederkehrt: die Krüger auf dem Lande von dem Bierzwange zu befreien, den die reichen Gläubiger in den Städten auf dieselben ausübten.

Die Sternberger Verhandlungen, deren Inhalt aus den obigen entnommenen Andeutungen im Großen und Ganzen zu ersehen ist, führten noch zu einer besonders bemerkenswerten Maßregel der Herzöge. Wie schon bemerkt, hatte die Stadt Güstrow die Beschränkung des Aufwandes bei Hochzeiten, sowie die Erleichterung des Eingangs in die Handwerksämter in Anregung gebracht; die von den Abgeordneten der Städte in dieser Hinsicht auf der Versammlung zu Sternberg gemachten Mittheilungen müssen auf die Herzöge und deren Räte einen tiefgehenden Eindruck gemacht haben. Die Beratungen wurden einstweilen geschlossen, um vor allen Dingen erst genaue Erkundigungen über die Verwaltungsgrundsätze und Ortsgewohnheiten der einzelnen Städte einzuholen. Um sich von der Möglichkeit einer solchen Untersuchung zu überzeugen, vielleicht auch, um eine Grundlage zur Aufstellung einer Instruktion für den mit Vornahme der Nachforschung zu beauftragenden Beamten zu gewinnen, wurden im Laufe des Sommers 1513 die Verhältnisse der Stadt Schwerin genau aufgezeichnet. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht, dass nicht nur die Aufzeichnung über die Schweriner Gewohnheiten von denen der übrigen Städte gänzlich getrennt ist, sondern auch dass in dem Fragebogen, der dem mit der Untersuchung beauftragten Sekretär Monnick mügegeben wurde, ausführliche Fragen über das "Hoikenbier" enthalten sind, eine Gewohnheit, die sich nur in Schwerin findet. Nachdem sich nun in Schwerin gezeigt hatte, dass der Aufzeichnung der Ortsgebräuche unüberwindliche Schwierigkeiten nicht entgegenständen, wurde ein Fragebogen aufgestellt und von den Herzögen am 18. November 1513 ein Schreiben an sämtliche Städte erlassen, in dem dieselben angewiesen wurden, dem mit der Aufnahme beauftragten herzoglichen Sekretär Johann Monnick auf jede Weise behilflich zu sein.

Wann nun Monnick seine Rundreise angetreten hat, ist nicht festzustellen, doch wird er sicher den Beginn des Frühjahrs 1514 abgewartet haben. Er begann mit der ihm aufgetragenen Erkundigung in Laage und setzte sie der Reihe nach in folgenden Städten fort: Schwaan, Ribnitz, Tessin, Gnoien, Neukalen, Teterow, Malchin, Neubrandenburg, Friedland, Woldeck, Stargard, Strelitz, Wesenberg, Waren, Röbel, Güstrow, Krakow, Goldberg, Lübz, Plau, Sternberg, Crivitz, Parchim, Neustadt, Grabow, Dömitz, Boizenburg, Wittenburg, Gadebusch, Grevesmühlen, Buckow, Kröpelin.

Die Resultate sind in einem 212 Folioseiten starken Manuskripte, das, wenn auch nicht ganz, so doch sicher zum größten Teile, von der Hand Johann Monnick's herrührt, enthalten; dasselbe ist vom Kanzler von Schönaich bezeichnet als

Vorzceichniss der vnordnungen, die jn mecklenburgschen steten mit slemmen wirt gehalden.

Die Aufzeichnungen Monnick's sind von großem Wert sowohl für die Rechtsgeschichte als für die Kulturgeschichte des beginnenden 16. Jahrhunderts. Auf die Ratsverfassung der Städte, die Gilden und Brüderschaften, ihre Gewohnheiten und Rechte, sowie auf die allgemeinen Sitten und Gebräuche fallen durch die Aufzeichnungen helle Lichter. Ihre wörtliche Mittheilung war daher unerlässlich; es sollte jedoch nicht in der Absicht dieser Veröffentlichung liegen, den Wortlaut nach allen diesen Seiten hin völlig auszunutzen. Das muss späteren Einzeluntersuchungen vorbehalten bleiben.

Dem Monnick'schen Berichte schließt sich außer dem genannten Vorberichte über Schwerin noch ein gleichartiges Stück aus einer nicht genannten Stadt an, das wegen dieser Ungewissheit des Ursprungs gesondert als Anlage P zum Abdruck gebracht ist. Aus der Reihenfolge und der Anzahl der Ämter ist zu vermuten, dass dieses Stück die Stadt Neubrandenburg betrifft. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass in demselben von einer Ermäßigung der Eingangsgebühren in die Handwerksämter die Rede ist und dass nach dem offiziellen Monnick'schen Bericht eine solche Herabsetzung bereits durch den Herzog Magnus erfolgt sein soll. Es gehört dieser Bericht also wohl vor das Jahr 1516.

Möglich ist es, dass dies Schriftstück ein nach der Erkundigung Monnicks auf einem andern Wege eingeholter Bericht über Neubrandenburger Zustände ist, denn in dem auf offiziellen lokalen Angaben beruhenden Monnick'schen Berichte ist an einer Stelle von Schönaichs Hand verzeichnet: "Herunder sol vil geferbts bericht sein."

Auf Grund der Monnick'schen Erkundigungen und des genannten anderweitigen Materials wurde nun ein Entwurf der Polizeiordnung ausgearbeitet. Dass derselbe den gesamten Ständen zur Beratung vorgelegen, darüber liegt außer der Aussage der Herzöge in der Vorrede des Gesetzes und in dem Publikationspatent keine direkte Nachricht vor. Im Archiv sind nur die von der Hand des Kanzlers Schönaich herrührenden Konzepte der Einladungsschreiben vorhanden, die, obgleich undatiert, ihres Eingangs wegen sicher nach der Zeit der Monnick'schen Rundreise fallen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Entstehung der mecklenburgischen Polizeiordnung.