Die Verbreitung der Elendenbrüderschaften

Wenn wir die Verbreitung der Elendenbrüderschaften ermitteln wollen, ist es offenbar gleichgültig, wo wir mit unserer Untersuchung beginnen. Wir fangen also nach Willkür mit der Hauptstadt des Deutschen Reiches an und dehnen von da unsere Nachforschungen nach Osten und Westen über Norddeutschland aus, um uns schließlich dem Süden zuzuwenden. Dabei werden wir fortgesetzt auf allen Seiten die Nachbargebiete im Auge behalten. Im einzelnen werden wir gut tun, uns hinsichtlich der Reihenfolge der verschiedenen Gebiete nicht streng an die Stammesunterschiede oder an irgendwelche politischen oder kirchlichen Grenzen der Vergangenheit zu halten. Denn dadurch würden wir lediglich dem Resultate vorgreifen, da wir ja vorläufig gar nicht wissen, ob zwischen diesen Gliederungen und der Verbreitung der Elendenbrüderschaften Beziehungen bestehen. Es wird vielmehr im Interesse der leichteren Orientierung genügen, wenn wir uns einigermaßen an die heutige politische Einteilung Deutschlands halten. Fesseln brauchen wir uns dabei natürlich nicht anzulegen. Etwa die sämtlichen preußischen Gebietsteile vorweg zu berücksichtigen, liegt keinerlei Grund vor.

Endlich bedarf noch ein Punkt der Erwägung. Wir dürfen uns nämlich den Weg nicht etwa dadurch versperren, dass wir nur diejenigen Orte in Betracht ziehen, an denen unbestritten und unbestreitbar Elendenbrüderschaften bestanden haben. Denn sehr oft ist es zweifelhaft, ob es wirklich der Fall war oder nicht. Sehr oft ist z. B. aus dem Vorhandensein von Elendenaltären oder Elendenherbergen fälschlich positiv oder negativ eine Antwort auf diese Frage versucht worden. Wir müssen also, um hier Klarheit zu schaffen, notwendig etwas weiter Umschau halten. Wir müssen konsequent auf Brüderschaften verwandter Natur achten und vor allem Einrichtungen, deren Namen, sei es scheinbar, sei es wirklich, eine Beziehung zu ihnen enthält, mit in den Kreis unserer Untersuchung ziehen. Wir dürfen uns nicht scheuen, auch auf die Orts- und Flurnamen Elend, auf Elendenkreuze, Elendenkerzen und dergleichen Kleinigkeiten unsere Aufmerksamkeit zu richten. Kurz wir müssen in diesem ersten Teil, in der Sprache des Mittelalters zu reden, zunächst eine Elendenstatistik weitesten Umfangs aufstellen. Vollständigkeit ist dabei nicht erreichbar. Bezüglich der Elendsgilden werden wir sie nach Möglichkeit erstreben und im übrigen natürlich unsere Nachforschung in den entsprechenden Grenzen halten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Elendenbruederschaften