Die Einführung der Reformation

Am 31. Oktober 1517 schlug Martin Luther seine berühmten fünfundneunzig Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg. Er wandte sich, wie bekannt, in diesen Thesen öffentlich gegen die herrschende Kirchenlehre von der Sündentilgung durch den Ablass. Diese Tat des Wittenberger Professors der Theologie und Doktors der Heiligen Schrift wird allgemein als Geburtsstunde der Reformation angesehen.

Die äußere Veranlassung, welche Luther zu seinem Austreten trieb, war bekanntlich das schamlose Gebaren des Dominikaners Tetzel, welcher von Albrecht von Brandenburg, Kurfürst von Mainz und Erzbischof von Magdeburg, mit dem Ablassvertrieb beauftragt in Wittenbergs Umgegend sein Wesen trieb.


Norddeutschland, und mit ihm Mecklenburg und Rostock, wurde dadurch in die Ablassbewegung gezogen, dass der päpstliche Legat Johannes Angelus Arcimboldus, dessen Unterkommissar für das Bistum Meißen Tetzel 1516 gewesen war, 1516 nach Lübeck, Hamburg Wismar, Güstrow und Schwerin kam und bedeutende Summen aus diesen Städten erhielt. Subkommissar bei der Verkündigung des päpstlichen Ablasses für Rostock war der Professor der Theologie Barthold Moller. Auch in Norddeutschland erregte die Ablassverkündigung durch Arcimboldus heftigen Unwillen, weil es kein Geheimnis war, dass ein Teil der so erzielten Einkünfte dem Papst zur Ausstattung seiner Schwester Margarethe, der Fürstin Cibo, dienen solle.

Bald nachdem Arcimboldus Mecklenburg verlassen hatte, suchte der päpstliche Legat Dominicus am 6. Dezember 1517 die Erlaubnis bei Herzog Heinrich nach, zum Besten des Hospitals zum Heiligen Geist in Rom drei Monate lang Ablass in Mecklenburg verkaufen zu dürfen. Diesem Gesuch wurde entsprochen, aber mit der Beschränkung, dass der dritte Teil der so zu erzielenden Einnahmen den Franziskanerklöstern in Parchim und Güstrow sowie dem Zisterzienserkloster in Dargun überwiesen werden solle.

Die Stimmung, welche diese abermalige beabsichtigte Ablass-Verkündigung gerade in Rostock hervorgerufen hatte, kennzeichnet in höchst anschaulicher Weise eine Instruktion, welche damals vom Rat an seine Abgeordneten erlassen wurde, um danach beim Herzog vorstellig zu werden. Es heißt in dieser: erst kürzlich sei der andere Ablass da gewesen, welcher doch noch ein Jahr dauern solle; die Bürger seien auch nicht damit einverstanden, dass man den Ablass so oft anpreise und das Geld aus den Städten fortschaffe, während sie sich doch darüber beschwert hätten; auch sollte der Betrag desselben Ablasses, nicht mehr und nicht weniger, von einer anderen Stadt*) zu eigenen Bauzwecken verwendet werden, denn das Hospital in Rom sei reich genug; außerdem sage man, dass der Ablass an den Meistbietenden vergeben worden sei; wenn aber geboten werde, den Ablass bei Strafe des Bannes zuzulassen, so seien das nichtssagende Klauseln, die sich in allen Breven wiederholten, es aber nicht wert seien, sich darüber Gedanken zu machen, zumal ja auch keine Exekutoren ernannt seien; so möchten die Abgeordneten denn den Herzog bitten, nicht zu zürnen, wenn die Stadt von diesem Ablass nichts wissen wollte.

*) Der Name ist nicht mehr zu lesen.

Zum Sprecher einer Oppositionspartei hatte sich inzwischen Konrad Pegel gemacht, welchen wir schon als Freund des Humanismus erwähnt haben. Er stammte aus Wismar, hatte, wie schon erwähnt, in Rostock als Schüler von Nikolaus Rutze studiert, war dort Baccalaureus und Magister der Philosophie geworden, hatte dann längere Zeit den Posten eines Rektors der Regentie Porta coeli bekleidet, d. h. eines der Universitätsgebäude, in welchen nach damaliger Sitte die Studierenden zusammen wohnten, und war 1514 von Herzog Heinrich von Mecklenburg als Erzieher von dessen Sohn Magnus, postuliertem Bischof von Schwerin, nach Schwerin berufen worden. Im Jahre 1516 veröffentlichte er, durch den Ablasshandel des Arcimboldus bewogen, den ,,Dialogus Theophili ac Archiae de poenitentia“. Wenn sich in dieser Schrift auch gewisse reformatorische Anschauungen zeigen, so ist sie doch weit entfernt davon, eine eigentliche Reformationsschrift zu sein, denn ihr Verfasser steht noch durchaus auf katholischem Standpunkt: Pegel verlangt allerdings, dass Sündenerlass nur dem wirklich Bußfertigen zu Teil werde, verwirft auch das rein äußerliche Verfahren, mit welchem der Ablass damals gehandhabt wurde, dringt aber nicht zu der Auffassung hindurch, dass Christus allein Mittler für die Sündenvergebung ist.

Wir haben gesehen, dass verschiedene Umstände dazu beigetragen hatten, der Einführung der Reformation in Rostock den Weg zu ebnen. Als eigentlicher Reformator dieser Stadt aber muss Joachim Slüter, Kaplan zu St. Petri, angesehen werden.

Joachim Slüter wurde um das Jahr 1490 zu Dömitz, einem kleinen Orte Mecklenburgs, geboren, wo sein Vater, mit Namen Kutzer, Fuhrmann war. Dieser starb, als sein Sohn Joachim noch klein war, und die Mutter heiratete in zweiter Ehe einen gewissen Slüter. Daher kommt es, dass Joachim Kutzer von klein auf nach seinem Stiefvater Slüter genannt wurde und nur unter diesem Namen berühmt geworden ist. Von des jungen Joachim Slüter geistiger Entwicklung wissen wir mit Sicherheit nur, dass er 1518 an der Universität zu Rostock studiert hat, nachdem er wahrscheinlich schon vorher eine geistliche Weihe erhalten. Allerdings ist die Ansicht vertreten worden, er habe bei Luther in Wittenberg Vorlesungen gehört, doch wird man sich dieser Behauptung nicht anschließen können, da Slüters Name in der Wittenberger Universitätsmatrikel nicht vorkommt. Tatsache jedoch ist, dass er von reformatorischen Anschauungen beseelt war und ganz in diesem Sinne predigte, als er 1523 von Herzog Heinrich zum Kaplan an St. Petri ernannt wurde, nachdem er vorher zwei Jahre lang zur großen Zufriedenheit der Gemeinde Schulmeister an dieser Kirche gewesen war.

Bevor wir nunmehr Slüters reformatorisches Auftreten und seinen Erfolg schildern, müssen wir zuvor feststellen, welchen Standpunkt die Landesherren, der Bischof von Schwerin, die Universität, die Geistlichkeit und der Rostocker Rat zu der Reformation einnahmen.

Bei Beginn der Reformation herrschten in Mecklenburg die Herzöge Albrecht VII. der Schöne und Heinrich V. der Friedfertige. Beide Fürsten waren an Charakter und Lebensrichtung sehr verschieden und traten so auch der Reformation gegenüber.

Albrecht hatte sich 1524 mit Anna, der Tochter Joachims I. von Brandenburg, vermählt, welche in demselben Jahr auf den Rat ihres Bruders, des späteren Joachim II., aus dem Kloster ausgetreten und der neuen Lehre sehr zugetan war. Albrecht dagegen nahm keine entschiedene Stellung zur Reformation, hemmte anfangs ihren Gang nicht, erbat sich sogar, ebenso wie Herzog Heinrich, von Luther einen evangelischen Prediger, entschied sich aber auch nicht für die Reformation, sondern blieb für seine Person Katholik und ließ dies später mehrfach stark hervortreten, indem er dieselbe nunmehr nach Kräften zu unterdrücken strebte. Dagegen stand Herzog Heinrich der Reformation von Anfang an wohlwollend gegenüber, doch hätte er sich, selbst wenn er gewollt hätte, kaum offen zu ihr bekennen können; auf seinen ausdrücklichen Wunsch war nämlich 1516 sein damals erst siebenjähriger Sohn Magnus vom Domkapitel zu Schwerin zum Bischof gewählt worden; Herzog Heinrich führte für den Minderjährigen die Vormundschaft und hatte, als die Wahl von Papst Leo X. bestätigt worden war, für Magnus die Wahlkapitulation beschworen, sodass ihm für die Zukunft der Reformation gegenüber die Hände gebunden waren.

Dass Herzog Heinrich aber der evangelischen Lehre geneigt war, geht schon aus dem Umstande hervor, dass er Konrad Pegel als Erzieher seines Sohnes Magnus behielt, ja, dass er jenen sogar zu dem Zweck nach Wittenberg sandte, Luther und dessen Lehre aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Bezeichnend ist weiter, was hier schon erwähnt werden mag, dass der Wormser Reichstagsabschied in Mecklenburg nicht publiziert wurde, obgleich der schon erwähnte Kanzler von Schöneich der katholischen Kirche anhing, sodass nach dem, was wir eben von Herzog Albrecht sagten, Herzog Heinrich derjenige gewesen sein muss, welcher es verhindert hat. Jedoch wird sich im Verlauf der Darstellung mehrfach zeigen, dass der Herzog niemals über eine schwankende Politik hinausgekommen ist, welche die Reformation bald begünstigte, bald bekämpfte.

Da der postulierte Bischof von Schwerin, Prinz Magnus, noch unfähig war, sein Bistum selbst zu regieren, so geschah dies durch Stellvertreter. In den ersten Jahren war Administrator des Domstifts Dr. Zütpheld Wardenberg, Domdechant zu Schwerin, ein Mann, welcher entschieden einer gegenreformatorischen Richtung angehörte.

Was die Stellung der Universität zu der Reformation betrifft, so war diese eine durchaus ablehnende. Die bedeutendsten theologischen Professoren waren damals der schon öfters erwähnte Barthold Moller, Johannes Hoppe und Cornelius de Snekis, Männer, welche durchaus aus katholisch-kirchlichem Standpunkt standen, sodass die beiden Letzteren sogar als Ketzerrichter fungierten. Ihnen gleichgesinnt waren ihre Kollegen Eberhard Runghe, Mathias Nicolai, Johannes van dem Mere und Johannes Kruse. Von Juristen seien genannt der schon erwähnte Nikolaus Löwe, Peter Boye, Pfarrer an der Jakobi- Kirche, und Lucas Rönnebeke. Auch diese drei waren entschiedene Anhänger des Katholizismus; Boye werden wir später noch als einem eifrigen Vorkämpfer desselben begegnen. Die medizinische Fakultät hatte damals nur einen Professor, den als Humanisten schon erwähnten Rembert Giltzheim. Auch er gehörte zu den Gegnern der Reformation. Freilich scheint er keine hohe Meinung von dem geistlichen Stande gehabt zu haben, denn er konnte sich nicht entschließen, geistlich zu werden, sodass er deshalb einer Präbende am Rostocker Domstift verlustig ging, die ihm Herzog Heinrich als Dank für ärztliche Dienste verliehen hatte, zu deren Erlangung aber gefordert wurde, dass Giltzheim innerhalb von sieben Jahren die Priesterweihe erhielte. Bei Giltzheims religiösem Standpunkt tut man vielleicht keinen Fehlschluss, wenn man annimmt, er sei nur deshalb überhaupt so kurze Zeit in Rostock geblieben, wie es der Fall war, weil er sich nicht damit befreunden konnte, dass die Reformation dort festen Fuß fasste. Im Gegensatz zu der medizinischen hatte die philosophische oder Artisten -Fakultät, wie sie damals hieß, zahlreiche Vertreter. In ihr lehrten Gavelstorp, Torrerus, Böm, Heyne, Thurow, Foppenga, Gruwel, Konradi, Tauffen, Likeveth und Kruse. Auch sie waren insgesamt Anhänger des bestehenden Kirchentums, wie man denn überhaupt kurz sagen kann, dass die Rostocker Universität darnach angetan war, ein Bollwerk des katholischen Glaubens zu bleiben. Ein sichtbares Zeichen davon ist die Tatsache, dass im Wintersemester 1523 Dietrich Hüls, Bischof von Sebaste i. p. i., welcher als Weihbischof von Schwerin den minderjährigen Bischof Magnus in den eigentlichen bischöflichen Funktionen vertrat, von der Universität zum Rektor gewählt wurde.

Von dem Klerus kann nur kurz gesagt werden, dass er, wie zu erwarten war, durchaus zu der alten Kirche stand, wenn sich auch, wie schon im Hinblick auf Slüter erwähnt wurde, noch einige derartige Ausnahmen von der Regel finden werden. Interessant ist die Erscheinung, dass die Geistlichkeit schon vor dem Eintritt der Reformation mit dieser Möglichkeit gerechnet zu haben scheint, wenigstens wurde in damaliger Zeit bei Ausleihungen von Kirchengeldern gewöhnlich die Klausel hinzugefügt, diese sollte auf ewige Zeiten gelten. Die praktische Folge davon wäre von Rechtes wegen dann die gewesen, dass die betretende Summe immer als Vermögen der katholischen Kirche hätte angesehen werden müssen und somit einer etwaigen Säkularisation entzogen gewesen wäre. Die Zukunft hat allerdings gelehrt, dass auch diese Vorsichtsmaßregel, der Kirche ihren Besitz zu sichern, erfolglos war.

Für die Stellung endlich, welche der Rostocker Rat von vornherein zur Reformation einnahm, wird der Umstand bestimmend gewesen sein, dass sich in Rostock schon anfangs der zwanziger Jahre, wie es scheint, Anhänger derselben befunden haben, welche hier, wie auch an anderen Orten, z. B. Lübeck, Martinianer genannt wurden; schon früher nämlich wurden von Rostock aus evangelisch gesinnte Prediger nach Riga sowie nach Hamburg gesandt, und zwar Sylvester Tegetmeier, seit 1520 Kaplan an der Jakobi-Kirche und seit 1522 Prediger in Riga, und der Franziskaner Stephan Kempe, welcher seit 1522 zu Hamburg in evangelischem Sinne lehrte. Diese Tatsachen beweisen, dass die reformatorische Bewegung schon damals in Rostock festen Fuß gefasst hatte. Der Rat musste damit rechnen. So hören wir nicht, dass er etwas gegen die Reformation unternommen hätte, insbesondere nichts gegen Slüter, der die evangelische Lehre ungehindert verkündigen konnte und dies auch mit allem Eifer tat, sodass er durch seine mächtige Beredsamkeit und seine eigene Begeisterung auch seine Gemeinde mit sich fortriss.

Wie fast überall, so vollzog sich auch in Rostock die Einführung der Reformation nicht ohne heftige Kämpfe. Es ist dies auch erklärlich, wenn man bedenkt, eine wie große Macht der Katholizismus damals besaß und wie fest er mit dem damaligen Volksleben verwachsen war. Auch machte er natürlich alle Anstrengungen, die ihm drohende Gefahr mit allen Mitteln von sich abzuwenden.

So war es auch in Rostock nicht leicht, die Macht der herrschenden Kirche zu brechen, denn auch hier standen ihr kräftige Bundesgenossen in dem Kampf auf Leben und Tod zur Seiten noch hing ihr ein großer Teil der Bürgerschaft an, noch verteidigte die Universität sie, noch gab es einen zahlreichen Klerus, welcher treu zu ihr hielt.

Aus den Reihen der Geistlichkeit erhob sich denn auch die erste bedeutsame Opposition gegen das Auftreten Slüters: im Juli 1525 forderte Antonius Becker, Kaplan an St. Nicolai, ihn zu einer Disputation heraus, die unter dem Vorsitz Barthold Mollers in lateinischer Sprache über acht von Becker zur Verteidigung der katholischen Lehre von der Messe aufgestellte Thesen gehalten werden sollte. Slüter lehnte es durch Schreiben vom 2. August ab, sich auf diese Disputation einzulassen, da sein Gegner mit seiner Herausforderung nur habe bezwecken wollen, ihn durch seine Gesinnungsgenossen überstimmen und aus diese Weise zugleich die neue Lehre verurteilen zu lassen. Auch griff der Rat ein, indem er beiden Stillschweigen gebot, weil solche Disputationen nur dazu beitragen könnten, die Bürgerschaft zu erregen.

Slüter scheint sich indessen dem Gebot des Rates nicht gefügt, sondern fortgefahren zu haben, in seinen Predigten die katholische Kirche anzugreifen, wenigstens teilte Joachim Michaelis, Generalofficial des Bischofs von Schwerin in Rostock, dem Herzog Heinrich am 22. Oktober 1525 mit, der von diesem selbst angestellte Kaplan beachte in seinen Predigten die ihm gewordene Inhibition nicht, sondern fahre fort, Aufrührerisches zu predigen, und sage, die Bischöfe hätten kein Recht auf den Bischofszehnten, da sie, obwohl zum Predigen verpflichtet, nicht predigten: in Folge dessen weigerten sich die Bauern schon, den Bischofszehnten zu entrichten. Slüters rücksichtsloses Vorgehen scheint ihm aber schließlich den Zorn des Herzogs zugezogen zu haben, sodass er Rostock noch in demselben Jahr verlassen musste; doch erhielt er schon 1526 vom Herzog die Erlaubnis zur Rückkehr. Wo er während dieser Zeit seiner Abwesenheit von Rostock geweilt hat, ist unbekannt. Dass er aber auch nach seiner Rückkehr sein Auftreten nicht geändert hat, geht aus einem weiteren Schreiben des eben erwähnten Joachim Michaelis an Herzog Heinrich hervor: in Folge der Predigten, die der Kaplan Joachim Slüter fortwährend gegen die Geistlichkeit richte, hätten die Quartiermeister und Älterleute von dem Rat verlangt, dass die Priester, Mönche und Nonnen ebenso wie die Laien an der Grabenarbeit teilnehmen sollten. Daraufhin verfügte der Herzog am 17. Juni 1526 an den Rostocker Rat, der Klerus solle mit der ihm angesonnenen Grabenarbeit nicht beschwert werden.

Das Jahr 1526 ist für die Entwicklung der Reformation in Rostock bedeutungsvoll, denn zwei Momente tragen in ihm dazu bei, dort den Katholizismus zu schwächen.

Zwischen den Franziskanern und Dominikanern entbrannte ein heftiger Streit über die Lehre von der unbefleckten Empfängnis der Jungfrau Maria, ein Punkt, welcher schon seit langer Zeit, wie bekannt, Anlass zu Zwistigkeiten zwischen diesen beiden Orden geboten hatte. Für die Entwicklung der Reformation war es wichtig, dass dieser alte Streit gerade damals von Neuem ausbrach, denn durch die so hervortretende Uneinigkeit aus der katholischen Seite wurde Mancher veranlasst, sich der neuen Lehre zuzuwenden.

Einen weiteren Schlag erhielt der Katholizismus in diesem Jahre dadurch, dass Barthold Moller, der durch das Ansehe das er genoss, eine nicht zu unterschätzende Stütze für die alte Lehre gewesen war, Rostock verließ, um in Hamburg als Lector primarius am Dom dem dortigen Vordringen der evangelischen Lehre zu steuern.

In Rostock dagegen erhielt diese eine starke Unterstützung dadurch, dass 1526 Dr. Johann Oldendorp von Greifswald aus, wo er seit 1521 Professor gewesen war, der Berufung zum Syndikus der Stadt folgte.

Johann Oldendorp, ein Neffe des schon erwähnten Albert Krantz, war um 1480 in Hamburg geboren und hatte in Rostock, Köln und Bologna, wo er sich 1515 die Würde eines Lizientiaten der Rechte erwarb, studiert. Dann wurde er 1518 in Greifswald doctor juris, nachdem er dort schon vorher Professor und 1517 sogar Rektor gewesen war. Später wirkte er an der neu gegründeten Universität zu Frankfurt an der Oder, kehrte aber 1521 nach Greifswald zurück, von wo er sich im angegebenen Jahr als Ratssyndikus nach Rostock begab und auch Professor an der hiesigen Universität wurde.

Oldendorps Bedeutung als Jurist müssen wir hier außer Acht lassen, denn für uns kommt jetzt nur in Betracht, was er für die Reformation in Rostock getan hat: er war ein begeisterter Anhänger der neuen kirchlichen Bewegung, der er sich aus innerer Überzeugung und mit tiefem Verständnis angeschlossen hatte, zumal er, wie schon erwähnt, bereits vorher durch seinen Onkel Albert Krantz von der Reformationsbedürftigkeit der katholischen Kirche überzeugt worden war, ohne indessen von diesem bis zu wirklich evangelischen Gedanken gefördert zu werden. Dahin brachte ihn erst Luther, dessen eifriger Anhänger und Parteigänger er fortan war. Mit diesen Anschauungen fand er in Greifswald keinen Anklang, sodass er sich dort auf die Dauer nicht wohl gefühlt haben wird, sondern gern den Ruf nach Rostock annahm, wo man hoffen konnte, dass die evangelische Lehre siegen werde. Seinem energischen und lebhaften Charakter entsprechend trat er auch in Rostock mit Wort und Schrift für die Verbesserung des Kirchenwesens ein. Außerdem erwarb er sich durch seine große Begabung, seine Kenntnisse und seine amtliche Stellung einen dauernden, bedeutenden Einfluss, nicht nur auf die Masse des Volkes, sondern besonders auf den Rat, was für den Fortgang der Reformation von Wichtigkeit war.

Denn auch die Gegenpartei blieb nicht müßig. Nach Mollers Fortgang können als deren Häupter angesehen werden Professor Peter Boye, die Magister Engbert Herlem und Johann Kruse, sowie Nikolaus Franke, Propst zu St. Marien, und Johannes Katte, Kirchherr zu St. Nikolai. Außerdem wirkten auch die Fraterherren auf das kräftigste für den Katholizismus. Um diesen zu unterstützen, druckten sie 1526 die Schrift des Dr. Johann Eck ,,Enchiridion locorum communium adversus Lutheranos“.

Für das Jahr 1527 fehlen uns urkundliche Nachrichten über den Fortgang der kirchlichen Reform vollständig. Wir wissen nur von einem Schreiben des Herzogs Heinrich vom 21. August dieses Jahres an den Rat, in welchem er mitteilt, er habe Slüter durch seinen Sekretär sagen lassen, er möge sich seines Vorhabens so lange enthalten, bis er mit dem Herzog eine persönliche Unterredung gehabt hätte. Aus diesen Worten kann nun nur geschlossen werden, dass der Rat sich aus Besorgnis vor einem Vorhaben Slüters an den Herzog gewendet hat. Über dieses Vorhaben selbst aber wissen wir nichts Näheres. Herzog Heinrich soll auch in diesem Jahr nach Rostock gekommen sein, dort eine Unterredung mit Slüter gehabt und ihm ein neues Priesterkleid geschenkt haben.

In demselben Jahre veröffentlichte Magister Johann Kruse Thesen, welche durchaus in antireformatorischem Sinne gehalten waren, und, weil von einem Universitätslehrer ausgestellt, darauf schließen lassen oder vielmehr beweisen, dass die neue Lehre an der Universität, abgesehen von Oldendorp, noch keinen Eingang gefunden hatte.

Dass der Katholizismus dagegen in der Stadt immer weiteren Boden verlor, zeigt die Tatsache, dass im folgenden Jahr (1528) aus Verlangen der Bürgerschaft der ehemalige Franziskanermönch Valentin Karte, bis dahin Lesemeister im Katharinen-Kloster, welcher sich zu der neuen Lehre bekannt hatte, am 28. April von dem Rat zum Prediger an der Heiligen Geist-Kapelle ernannt wurde.

Korte, der aus Lübeck stammte, war ein gelehrter und besonnener Mann, welcher dem stürmischen Vorgehen einer von Slüter und Oldendorp geleiteten Volkspartei mit Erfolg entgegenwirkte.

In demselben Jahr soll Slüter in Paschen Gruwel, einem Gesinnungsgenossen, einen Kaplan erhalten haben, doch wird Gruwel, weil Slüter selbst bloß Kaplan an St. Petri war, wohl nur als Schulmeister an dieser Kirche angestellt worden sein, mit der Verpflichtung, Slüter bei Behinderung als Prediger zu vertreten.

Kurz daraus erhielt die Gegenpartei scheinbar dadurch wieder eine kräftige Unterstützung, dass Moller nach Rostock zurückkehrte, weil die Reformation in Hamburg gesiegt hatte, nachdem eine von dem dortigen Rat angesetzte Disputation zwischen den katholischen Geistlichen und evangelischen Prädikanten zu Ungunsten der Ersteren ausgefallen war. Es mag hier gleich erwähnt werden, dass Moller, der nach seiner Rückkehr in seine früheren Stellungen an der Universität und am Dom zurücktrat, dem Katholizismus in Rostock die gehoffte Unterstützung nicht mehr gewähren konnte, weil seine Kraft durch das Schwere, welches er in Hamburg erlebt hatte, und durch die Fortschritte der Reformation, die er in Rostock vorfand, gebrochen wurde, sodass er schon während seines Rektorats, das er im Herbst des Jahres 1529 angetreten hatte, starb. 1528 jedoch erweckte Mollers Wiederkunft neuen Kampfesmut bei den Anhängern der alten Lehre, sodass Wolfgang Sager, Kaplan an der Marienkirche, Slüter zu einer Disputation herausforderte, in welcher dieser die von ihm vorgetragene, der Wahrheit widerstreitende Lehre verteidigen sollte. Slüter sandte Sagers Schreiben am 21. August mit einer lateinischen Antwort an den Rat und stellte es dessen Entscheidung und Herzog Heinrichs Beschluss anheim, ob er diese Antwort veröffentlichen und gegen Sager vertreten solle. Die Antwort des Rates, welche uns nicht erhalten ist, muss verneinend ausgefallen sein, weil es zu der Disputation nicht kam.

Am 13. Juni 1525 hatte Martin Luther den bedeutungsvollen Schritt getan, sich mit Katharina von Bora zu verheiraten. Luthers Beispiel folgte Rostocks Reformator, Joachim Slüter, in der Woche nach Michaelis 1528. Leider aber wissen wir nicht einmal den Namen seiner Gattin. Bekannt ist uns aus einer Eingabe Slüters an den Rat vom 16. Mai 1528 nur Folgendes: er hatte sich früher in Gegenwart zweier Zeugen mit der Tochter eines gewissen Sybern verlobt. Dieser weigerte sich dann aber, die Einwilligung zu der Verheiratung seiner Tochter mit Slüter zu geben, weil der Rat diese Eheschließung verboten habe, was durch Sybern und sechs Zeugen bewiesen werden sollte. In der erwähnten Eingabe bat Slüter nun den Rat, ein Verbot zurückzunehmen, welches gegen Gott und die Natur sei, erklärte sich jedoch bereit, ihn über seine mit Sybern getroffene Eheberedung entscheiden zu lassen, wenn diese Entscheidung nicht Gott und seiner Ehre zuwiderlaufe, wenn der Rat sie in seiner und seiner Freunde Gegenwart in das Stadtbuch eintragen lassen und vor Gott und Menschen verantworten wolle. Indessen wird von anderer Seite angegeben, Slüter habe sich mit Katharine Gele verheiratet. Weil uns aber die Antwort des Rats auf seine Eingabe nicht erhalten ist, so lässt sich die Frage, wer Slüters Gattin geworden sei, nicht mehr entscheiden.

Es ist klar, dass Slüters Schritt bei dem katholisch gesinnten Teil des Rats und der Bürgerschaft großes Ärgernis erregen mussten Jedoch wagte es der Rat offenbar nicht, Slüter hierbei ernstlich hindernd in den Weg zu treten, aber er untersagte, nm seine Unzufriedenheit zu offenbaren, den Ratsspielleuten ihre Mitwirkung bei der Hochzeit. Dafür ließ Slüter die Glocken der Petri-Kirche läuten. Die Trauung vollzog Paschen Gruwel. -

Recht interessant dagegen ist die Mitteilung, dass die Studierenden der hiesigen Universität Slüter zu seiner Verheiratung zwei Kannen Wein hätten schenken wollen, dass die Katholiken aber die Kannen den Trägern entrissen und zertreten hätten. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Universität damals von Studenten fast verödet war, so lässt diese Mitteilung darauf schließen, dass die Studenten im Gegensatz zu ihren Professoren durchaus der evangelischen Sache zugetan waren.

Es ist bekannt, dass für die Reformation schon bald nach ihrem Entstehen durch das Auskommen von Sekten und die Ausstellung von Lehren, welche von denjenigen Luthers und seiner Freunde abwichen, sowie durch allerhand Verkennungen und Übertreibungen der reformatorischen Grundsätze eine große Gefahr erwuchs. Nicht am wenigsten war dies der Fall durch die Wiedertäufer, deren Lehre auch in Rostock früh Eingang fand, sodass Joachim Helm, ein Bürger von Augsburg, schon im März 1528 die Zunahme der Wiedertäufer melden kann.

Für das Jahr 1529 wird berichtet, die bei der Jakobi-Kirche Eingepfarrten hätten vom Rat die Anstellung eines gewissen Prädikanten Berthold verlangt, aber nicht durchgesetzt. Die Mitteilung über diesen Vorgang lautet folgendermaßen: die lutherisch Gesinnten des Kirchspiels hätten vom Rat das Zugeständnis erlangt, einen gewissen Prädikanten Berthold annehmen zu dürfen; die Katholiken hätten dann aber durchgesetzt, dass derselbe nicht mehr öffentlich in der Jakobi-Kirche predigen durste; daraus hätten die Lutheraner den Rat mit Bitten bestürmt, ihn wieder in St. Jakobi predigen zu lassen; bei dieser Gelegenheit habe ihr Wortführer dem Rat erklärt, das ganze Kirchspiel wolle, dass er Prädikant bleibe; der Rat habe sich Bedenkzeit ausbedungen und während derselben jeden Bürger einzeln in seinem Hanse durch die Ratsdiener befragen lassen, ob er wolle, dass der lutherische Prädikant in seiner Stellung verbleibe; dabei habe sich die Mehrzahl der Bürger verneinend geäußert, weshalb der erwähnte Wortführer ans Rostock geflohen sei, um sich auf diese Weise der Verantwortung für seine dem Rat gegenüber ausgestellte Behauptung zu entziehen. Es ist aber kaum anzunehmen, dass sich der Vorgang so, wie er berichtet wird, wirklich abgespielt hat, denn es ist schon durchaus unwahrscheinlich, dass der Rat jeden einzelnen Bürger in der angegebenen Weise sollte haben befragen lassen, ob Berthold Prädikant bleiben sollte oder nicht. Ferner hat über die Tätigkeit des betretenden Wortführers, welcher in dem Bericht mit Namen angegeben wird, noch nichts Weiteres ermittelt werden können. Endlich hat sogar die Meinung etwas für sich, dass sich die ganze Begebenheit, d. h. ein Versuch der Evangelischen, an St. Jakobi einen lutherischen Prädikanten zu erhalten, überhaupt nicht 1529, sondern erst 1531 zugetragen habe. Etwas Bestimmtes lässt sich aber wegen des Fehlens zeitgenössischen authentischen Materials nicht behaupten, sondern man kann auch hier nur Hypothesen aufstellen.

Das Jahr 1529 zeigt uns nochmals das Wirken der Fraterherren für das hergebrachte Kirchentum: sie hatten begonnen, die von Dr. Hieronymus Emser verfasste Übersetzung des Renen Testaments niederdeutsch zu drucken. Damit dies verhindert werde, ersuchten die Räte des Kurfürsten von Sachsen Herzog Heinrich am 25. November, ein Verbot des Druckes zu erlassen. Ebenso wandte sich Luther am 27. November mit der Bitte an den Herzog, es nicht zu gestatten, dass die Rostocker Lollbrüder Dr. Emsers Testament in niederdeutscher Sprache herausgaben. Daraufhin schrieb Herzog Heinrich am 18. Dezember an den Rostocker Rat, er sei von glaubhafter Seite berichtet, dass die Michaelisbrüder ein Neues Testament in Druck hätten, welches durch die hinzugefügten Glossen äußerst schädlich wirken könne; er verlange also, dass der Rat den Brüdern bei Verlust ihrer Stadtwohnung und aller Privilegien befehle, den Druck sofort einzustellen, beziehungsweise die ausgegebenen Exemplare wieder an sich zu bringen. In Folge dieses Befehls unterblieb der Druck denn auch.

Es wurde schon erwähnt, dass Rostock eine Hansestadt war und als solche zum Wendischen Quartier gehörte. Auch Lübeck gehörte zu diesem Quartier, und die dortigen auf die Einführung der Reformation bezüglichen Vorgänge kommen auch für Rostock in hohem Grade in Betracht.

Auch in Lübeck vollzog sich die Reformation nicht ohne heftige Kämpfe, indem außer dem dortigen Bischof und Domkapitel nebst zahlreichem Klerus ein Teil des Rates und der Bürgerschaft auf Seiten des Katholizismus stand, während die überwiegende Mehrzahl der evangelischen Lehre, deren Anhänger auch dort zuerst ,,Martinianer“ genannt wurden, zugetan war. Endlich im Jahre 1529 trug aber auch in Lübeck die neue Lehre den Sieg davon, indem der Rat auf Verlangen der evangelisch gesinnten Bürger Andreas Wilmsen und Johann Walhof, zwei Geistliche, welche als Anhänger der neuen Lehre 1528 ihres Predigeramtes entsetzt worden waren, 1529 zurückrufen und wieder anstellen musste. Von Walhof wissen wir, dass er sich in dieser Zwischenzeit nach Rostock begeben und dort Aufnahme gefunden hatte. Daraus können wir auf die engen Beziehungen schließen, welche zwischen Rostock und Lübeck bestanden haben müssen und sich wohl auch aus den Kampf wegen des Bekenntnisses erstreckt haben werden.

Dass diese Vorgänge in Lübeck auch in der Tat aus Rostock eingewirkt haben, scheint daraus hervorzugehen, dass in demselben Jahr zwei lutherische Prädikanten in Rostock angestellt wurden, nämlich Matthäus Eddeler und einige Monate später Peter Hakendahl oder Hanekendall, wie er selbst sich schrieb. Beide sollen Geistliche an der Marien-Kirche geworden sein, eine Mitteilung, welche wohl nicht richtig ist, denn Eddeler selbst bittet den Rat am 25. Juli 1532, von Neuem in der ihm verliehenen Kirche den armen Kranken, Lahmen, Blinden und Geisteskranken Sonntags das Evangelium verkündigen und im Dom nach der Anordnung des Rates, welche bald zu erwähnen sein wird, das Testament halten zu dürfen. Also wird Eddeler damals wohl an einer der Hospitalkirchen, wahrscheinlich an der Kapelle zum Heiligen Geist, angestellt worden sein. Später wurde er allerdings Pastor an St. Marien, ein Umstand, welcher beim Mangel an gleichzeitigen Quellen vielleicht die eben erwähnte irrige Angabe verursacht hat.

Von Beginn an hatte sich die Reformation, wie wir gesehen haben, in Rostock stetig weiter entwickelt, besonders unter der Bürgerschaft. Innerhalb des städtischen Klerus ist um 1529 Antonius Becker, Slüters ehemaliger Gegner, als Erster zu der ,,neuen Lehre“ übergetreten. Auch im Rat verloren die Katholiken mehr und mehr an Übergewicht, was wohl Oldendorps Einfluss zuzuschreiben ist.

Jedoch vollzog sich dieser Umschwung der Dinge in der Stille, und es bedurste einer besonderen Veranlassung, um ihn zu Tage treten zu lassen. Ein solcher Zeitpunkt war im Jahre 1530. Wahrscheinlich hatten wieder Lübecker Vorgänge ihn veranlasst.

Dort hatte der Rat, nachdem das Domkapitel eine Disputation zwischen den katholischen Priestern und evangelischen Prädikanten, wie wir sie schon in Hamburg gesunden haben, verweigert hatte, der erregten Bürgerschaft unter Anderem zugestehen müssen, in der Ägidien-Kirche dürfe das Abendmahl unter beiderlei Gestalt ausgeteilt werden, während betreffs der Zeremonien im Übrigen bis zum Beschluss des bevorstehenden Reichstags zu Augsburg alles beim Alten bleiben solle, dass man aber, wenn dieser Reichstag die erwartete Entscheidung nicht treffen werde, dem Beispiel anderer Städte, Nürnbergs und Ulms, folgen wolle. Mit diesem Zugeständnis war die Reformation tatsächlich in Lübeck eingeführt.

Es ist selbstverständlich, dass diese Vorgänge auch auf Rostock Einfluss haben mussten. Und wirklich kam die Einführung der Reformation hier noch in demselben Jahre in ganz neue Bahnen: zum 30. Dezember wurden alle Kirchherren und Prädikanten vor den Rat entboten, der sich mit den Erschienenen über eine Ordnung in Religionssachen einigte. Dass es dabei allerdings nicht ohne heftige Auseinandersetzungen abgegangen sein wird, ist anzunehmen, denn aus Seiten der Katholiken erschienen neben vielen Anderen Nikolaus Franke, Peter Boye und Johann Katte, während die Evangelischen vertreten wurden durch Joachim Slüter, Valentin Korte, Matthäus Eddeler, Peter Hakendahl und Antonius Becker, denen sich der Prädikant Berthold von St. Jakobi angeschlossen haben soll.

Es mag an dieser Stelle für das Jahr 1530 noch nachgetragen werden, dass wir in ihm von dem Vorhandensein zwinglianischer Lehren in Rostock hören, denn die Herzöge Albrecht und Heinrich schreiben am 6. Mai an den Rat, er solle dem Drucker Ludwig Dietz und den Michaelisbrüdern das befolgende Verbot einer Schrift Heinrich Nevers zu Wismar zustellen.

Gleich den wiedertäuferischen Lehren hatten auch Zwinglis Ansichten früh in Mecklenburg Anklang gefunden, sodass seine Lehre schon 1524 in Wismar verbreitet gewesen sein soll, und 1526 eben von Ludwig Dietz in Rostock ein Teil von Zwinglis Schrift ,,Ußlegen und gründ der Schlussreden“ in niederdeutscher Übersetzung herausgegeben wurde. Diese Übersetzung war wahrscheinlich von Heinrich Never verfasst, der als Hauptreformator von Wismar angesehen werden muss.

Never stammte aus Wismar, wurde dort Franziskanermönch und wandte sich früh der Reformation zu. Aber in der Abendmahlslehre scheint er sich den sächsischen Reformatoren nicht angeschlossen zu haben - wenigstens erklärte Bugenhagen ihn 1531 für einen Zwinglianer. Später wurde er beschuldigt, sich den Lehren der Wiedertäufer zuzuneigen.

Das Verbot der Herzöge betraf wahrscheinlich jene eben erwähnte niederdeutsche Übersetzung einer Schrift Zwinglis, wie denn Dietz überhaupt keine weiteren Schriften Revers zum Druck annehmen sollte. -

Der Rat hatte sich, wie erwähnt, am 30. Dezember 1530 mit den Vertretern der katholischen und evangelischen Geistlichkeit über eine Ordnung in Religionssachen geeinigt. Diesen Vertretern wurde dann am 2. Januar 1531 in Gegenwart Oldendorps und einiger Ratsmitglieder durch einen Notar aus dem Rathause die Ordnung in Kirchensachen vorgelesen und zur Befolgung übergeben. Diese bestimmte, dass die Prädikanten in allen Kirchen nach Vorlesung des Testes Gottes Wort rein und unverdunkelt aus der Bibel erklären und das ihm Widersprechende bekämpfen und aus der Menschen Herzen reißen sollten; die Neuordnung der Zeremonien behielt der Rat sich vor; Gemeindegesang wurde erlaubt, sollte aber nur aus zwei Psalmen bestehen, je einer vor und nach der Predigt; Zwinglianer wurden vom Predigtamt ausgeschlossen.

Aus dieser letzten Bestimmung muss gefolgert werden, dass sich bereits auch in Rostock Anhänger Zwinglis fanden, was bei den engen Beziehungen Rostocks zu Wismar nicht befremden kann.

Obgleich sich der Rat in dieser Ordnung die Neuordnung der Zeremonien vorbehalten hatte, ließ er doch, nm nicht eigenmächtig vorzugehen, an Katholiken und Lutheraner die Anforderung ergehen, sich hierüber zu erklären. Die Lutheraner antworteten sofort mündlich, ließen aber noch durch Slüter ein ausführliches Gutachten ausarbeiten, das, nachdem es von allen unterschrieben worden war, dem Rat am 10. März übergeben wurde.

Am 23. März wurden die Katholiken auf das Rathaus entboten, um dort vor Oldendorp und vier anderen Abgeordneten des Rats Vorschläge über die Änderungen der Zeremonien zu machen. Sie erklärten, darüber seien sich ja die lutherischen Prädikanten selbst nicht einig, und verlangten, als Oldendorp ihnen entgegnete, diese seien sich allerdings einig, der Rat wolle ihnen aber nicht zustimmen, bevor er auch die Katholiken gehört hätte, eine Bedenkzeit von acht Tagen, um sich mit den Herzögen und Bischof Magnus zu verständigen. Diese Forderung wurde von den Ratsmitgliedern abgelehnt, weil der Rat nicht die Verantwortung tragen könne, wenn den Katholischen bei der großen Erregung des Volkes etwas zustoßen sollte. Damit entlassen, sandten sie sofort zwei Abgeordnete nach Schwaan an den bischöflichen Offizial Joachim Michaelis, an Herzog Heinrich und an Bischof Magnus, um von diesen Rat und Hilfe zu erbitten. Und in der Tat war ihre Verlegenheit groß, wie sie den Dreien sagen ließen: einerseits verlangte der Rat von ihnen der Bürgerschaft halber Vorschläge wegen Änderungen der Zeremonien, andererseits hatte ihnen Herzog Heinrich als Vertreter ihres Bischofs befohlen, alle Zeremonien unverändert beizubehalten. Aus einem späteren Schreiben, das sie an ihre Abgesandten richteten, erfahren wir, dass sich auch Slüter mit einem anderen Prädikanten gleichzeitig nach Schwaan begeben hatte.

Am 24. März wurden beide Parteien abermals vor den Rat entboten. Die Katholiken verlangten anfänglich von Neuem eine achttägige Bedenkzeit und erklärten sodann, als diese wiederum vom Rat abgeschlagen wurde, Herzog Heinrich habe ihnen befohlen, alle Zeremonien beizubehalten, sodass sie keine Vorschläge über Änderungen zu machen hätten. Nun gebot der Rat ihnen, an den nächsten Tagen in den Kirchen nur das Hochamt zu halten, jeglichen anderen Gottesdienst aber zu unterlassen; inzwischen wolle er seinerseits Änderungsvorschläge erwägen.

Am 29. März wurde die katholische Priesterschaft vor den sitzenden Rat entboten, um dessen Vorschläge entgegenzunehmen und sich darüber zu erklären. Diese Vorschläge waren folgende: in der Heiligen Schrift begründete Gesänge sollen auch lateinisch gesungen werden dürfen; das Abendmahl soll täglich vor dem Hochaltar unter Weglassung der Mess-Canones mit den Opfergebeten in beiderlei Gestalt ausgeteilt werden, doch ist es auf Verlangen auch unter einer Gestalt zu reichen; den Prädikanten sollen einige Mitglieder der Priesterschaft als Beichtväter beigegeben werden; am Sonntag muss vormittags in allen, nachmittags mindestens in zwei Kirchen eine Predigt gehalten werden; wenn das Abendmahl von einem Kranken begehrt wird, so soll das Sakrament vorläufig noch mit voraufgehendem Glöckchen über die Straße getragen und dem Kranken je nach feinem Verlangen in einer oder beiderlei Gestalt gegeben werden. Auf diese Vorschläge hin erklärte sich die katholische Priesterschaft am 30. März bereit, dieselben eine kurze Zeit hindurch zu dulden, fügte aber die Bedingungen hinzu, die Austeilung oder Darreichung des Abendmahls dürfe nur durch den Pastor oder seine Kapläne erfolgen, und die übrigen Priester dürften nicht verpflichtet sein, die Canones fortzulassen oder das Abendmahl unter beiderlei Gestalt zu reichen, wenn sie im Falle der Not das Sakrament austeilen oder einem Kranken in das Haus bringen müssten, denn es widerstreite ihrem Gewissen, selbst gegen den Gebrauch der Kirche zu handeln, wenn sie auch diejenigen, welche der Rat etwa dazu bestellen würde, geduldig gewähren lassen müssten.

Um dem Rat entgegenzukommen und der Priesterschaft doch nichts zu vergeben, entschloss sich Joachim Michaelis, der bischöfliche Offizial, seinerseits das Hochamt am Freitag vor Palmarum, dem 31. März, in St. Marien in der vorgeschriebenen Weise mit Weglassung der Canones und unter Austeilung in beiderlei Gestalt zu halten. Die Bürgerschaft aber war erbittert darüber, dass dieser Gottesdienst nicht von den Geistlichen der Marienkirche gehalten worden sei, und so verlangten am folgenden Tage ungefähr zweihundertfünfzig Bürger vom Rat, er solle dies den betretenden Geistlichen befehlen. Der Rat, musste nachgeben und scheint den Priestern von St. Marien durch zwei Ratsmitglieder befohlen zu haben, sie sollten selbst den Gottesdienst in der neuen Weise halten und nach dem Alter damit beginnen.

Denselben Befehl erteilten im Auftrag des Rats zwei Bürgermeister und zwei Ratsherren dem Domkapitel für die Jakobi-Kirche. Das Kapitel verblieb aber bei seiner Weigerung und erklärte, ehe es sich diesem Ansinnen füge, wolle es lieber die Kirche schließen und Rostock verlassen. Da erbot sich ein aus Lübeck gekommener Priester, dort das Abendmahl in der verlangten Form zu halten, und bekam von dem bischöflichen Offizial die Erlaubnis hierfür, wodurch das Domkapitel gezwungen war, die Besoldung dieses Priesters zu übernehmen, welcher wahrscheinlich der schon früher genannte Prädikant Berthold war.

Am folgenden Tage, Sonntag Palmarum 1531, wurde der Gottesdienst nunmehr zum ersten Mal in allen Pfarrkirchen Rostocks auf die neue Weise abgehalten und dabei mit dem katholischen Kultus entschieden gebrochen, indem die Abhaltung der Marienzeiten, der stillen Messen und der Palmenweihe unterblieb, während dagegen die große Orgel gespielt und das Abendmahl unter beiderlei Gestalt ausgeteilt wurde.

Am 29. April erging seitens des Rats an die Franziskaner, Dominikaner und Fraterherren der Befehl, sich von nun an, um Ärgernis zu vermeiden, auf der Straße nur noch in bürgerlicher Kleidung zu zeigen.

Wahrscheinlich ist auch in dieser Zeit vom Rat untersagt worden, an den in den Klosterkirchen gehaltenen Messen teilzunehmen.

Seit Oktober 1530 war Johannes Bugenhagen in Lübeck, um dort, wie vorher in Braunschweig und Hamburg, die kirchlichen Verhältnisse neu zu ordnen.

Während seines Lübecker Aufenthalts wurde er, wahrscheinlich im Sommer 1531, von Korte und Slüter besucht. Ersterer war durchaus ein Gesinnungsgenosse Bugenhagens, was man von Slüter nicht sagen konnte. Dies wusste Bugenhagen auch und hatte deshalb mit Slüter eine vertrauliche Unterredung, in welcher er sich mit ihm über alles in Güte einigte. Der Erfolg dieser Unterredung war der, dass Slüter entschieden die gegen ihn erhobene Beschuldigung einer Übereinstimmung mit den Anhängern Zwinglis zurückwies, dass er keinen Widerspruch gegen die Beichte erhob, dass er versprach, das Singen lateinischer Gesänge in Abwesenheit von Laien zuzulassen, sich in Übereinstimmung mit den übrigen Prädikanten nach der Lübecker Kirchenordnung zu richten, für guten Schulunterricht zu sorgen, der Obrigkeit im Gegensatz zu seinem früheren Auftreten gehorsam zu sein, und sich endlich alles unnötigen Eiferns zu enthalten.

Eine Folge der Beziehungen, welche der Besuch der beiden Rostocker Prädikanten bei Bugenhagen zwischen diesem und der Stadt Rostock angeknüpft hatte, war es, dass er am 1. Juli einen evangelischen Prediger Reimar, aus Deventer gebürtig, nach Rostock sandte, über dessen Tätigkeit aber nichts Weiteres bekannt ist.

Am 27. Mai 1531 war in Lübeck eine neue Kirchenordnung erlassen. Damit scheint zusammenzuhängen, dass um diese Zeit auch in Rostock eine neue Ordnung der Zeremonien eingeführt wurde. Diese ist uns leider nicht erhalten, und wir wissen von ihr nur, dass sie bestimmte, das Testament (d. h. Abendmahl) solle in Zukunft nur noch in deutscher, nicht mehr in lateinischer Sprache gehalten werden.

Für den 14. August können wir wieder einmal ein Eingreifen des Landesherrn in die reformatorische Bewegung feststellen: Herzog Heinrich schreibt an diesem Tage an die Kirchgeschworenen von St. Jakobi, er habe erfahren, dass an ihrer Kirche ein Prädikant sei, der nicht allein aufrührerisch predige und das Volk zur Zwietracht ermahne und reize, sondern der auch die täglichen Gezeiten der Kirche, welche darin gut abgehalten würden, abzutun und zu zerstören sich unterstehen solle; deshalb sollten die Kirchgeschworenen diesen Prädikanten absetzen und sich vom Herzog mit einem frommen Manne von guter Lehre versehen lassen. Diese Äußerungen des Herzogs können sich wohl nur auf den Prädikanten Berthold beziehen. Wir ersehen aus ihnen aber auch gleichzeitig, dass die horae canonicae trotz des vom Rat erlassenen Verbots noch immer vom Domkapitel gehalten wurden.

Trotz dieses landesherrlichen Versuchs, den Fortgang der Reformation in Rostock zu hemmen, schritt der Rat aus der eingeschlagenen Bahn unerschrocken weiter.

Als die neue Ordnung betreffs des Abendmahls in deutscher Sprache nun durchgeführt wurde, befragten die katholischen Geistlichen der Jakobi- Kirche die Kirchenvorsteher, ob diese die neue Maßregel angeordnet hätten, und verlangten aus deren verneinende Antwort hin, den lutherischen Prädikanten solle das Predigen untersagt werden. Deshalb wurden die Kleriker von St. Jakobi am 13. September vor Oldendorp und einige Ratsmitglieder geladen und von ersterem befragt, ob sie die Rechtmäßigkeit eines solchen Verbots beweisen könnten und der Stadt für etwa daraus entstehende Folgen haften wollten. Die Geistlichen erwiderten, über die Rechtmäßigkeit zu disputieren, solle der Universität überlassen bleiben, sie wollten aber auf keinen Fall verursachen, dass die Stadt durch sie geschädigt würde. Nun eröffnete ihnen Oldendorp, der Rat beabsichtige keinen Eingriff in das Patronatsrecht der Herzöge, wolle auch die Priester in ihren Lehen nicht kränken, sondern schützen, müsse es sich aber doch vorbehalten, mit dem übrigen Kirchengut zu verfahren, wie er es vor Gott und den Menschen verantworten wolle; er könne es aber nicht länger dulden, dass man über Ketzer und Ketzerkirchen schreie, und, dass die Stadt durch zehn oder zwölf Personen in Gefahr gebracht würde; deshalb mache er den Geistlichen folgende Vorschläge: an den Wochentagen könnten sie vormittags beliebig viele Psalmen Davids singen, die Lektion aus dem Alten Testament halten, aber nicht aus dem Brevier lesen, und mit einer Kollekte über das Vaterunser abschließen; auch nachmittags könnten sie während einer Stunde Psalmen singen, sollten aber bei dem Gesang in ehrbarer Tracht erscheinen, nicht mit Chorröcken und Chorkappen; dagegen sollten beim Abendmahl die üblichen Gewänder beibehalten werden; dieses dürfe aber nur beim Vorhandensein von Kommunikanten gehalten werden. Damit es nicht scheine, als mische sich der Rat zu sehr in die Angelegenheiten der Domkirche, so solle dort nur am Sonntag gepredigt werden; die Kosten für diesen Gottesdienst wolle der Rat tragen und auch einen Schulmeister dafür beschaffen: die Priesterschaft habe somit am Sonntag nichts in der Kirche zu thun, sondern behalte diese nur für die Werktage. Dagegen wandte der Sprecher des Kapitels, Domherr Johann Katte, ein, die Chorröcke und -Kappen seien von der Kirche vorgeschrieben, und bat Oldendorp spöttisch um Rat, wie sie sich in diesem Punkte verhalten sollten. Oldendorp wies sie deswegen an die lutherischen Prädikanten und fragte, ob sie diese Vorschläge des Rats annehmen wollten. Katte erwiderte, er werde sich nur von seinem Gewissen leiten lassen. Auch die Übrigen, einzeln befragt, erklärten, ihr Gewissen verbiete ihnen die Annahme. Darauf untersagte ihnen Oldendorp namens des Rats, das Abendmahl zu halten, Beichte zu hören oder zu taufen, und gebot ihnen, sich im Singen nach den ihnen mitgeteilten Bestimmungen zu richten.

Am 17. September, dem darauffolgenden Sonntag, wurde der Gottesdienst in St. Jakobi zum ersten Mal feierlich nach der neuen Weise gehalten. Auf Anordnung des Rats kam dazu Antonius Becker von St. Nikolai, welcher nach der von Berthold gehaltenen Predigt mit diesem zusammen das Abendmahl austeilte, da nach Bugenhagens Anordnung, welche auch für Rostock maßgebend war, zwei Geistliche dabei tätig sein sollten, und zwar so, dass der eine das Brot, der andere den Wein reichte. Außerdem musste von St. Nikolai der evangelische Schulmeister kommen, um den Gesang der deutschen Psalmen zu leiten, weil der Schulmeister von St. Jakobi katholisch blieb.

Schon am 19. Mai 1531 hatte der Domdechant Peter Boye den Herzögen Heinrich und Albrecht geschrieben, er sei veranlasst, seine Wohnung in der Altstadt zu beziehen und das Regiment der Domkirche aufzugeben. Aber erst am 25. September erhielt er seitens des Rats die notarielle Anzeige, der Rat mache ihn für die Baufälligkeit der Pfarrwohnung von St. Jakobi verantwortlich. Eine gleiche Mitteilung erging an demselben Tage an den Propst Nicolaus Franke in Bezug aus die Pfarrwohnung von St. Marien, mit dem Hinzufügen, der Rat wolle Franke wegen unterlassener Beköstigung des Schulmeisters und zweier Kapläne verantwortlich machen. Daraufhin räumten beide Geistlichen ihre bisherigen Wohnungen. Die Pfarrwohnung von St. Marien wurde dann wahrscheinlich an Valentin Korte gegeben, welcher in diesem Jahr zum ersten Pastor in Rostock ernannt sein soll.

Für das Jahr 1531 sind leider noch Streitigkeiten zwischen Rostocks lutherischen Geistlichen zu verzeichnen.

Slüter hatte bei der Unterredung mit Bugenhagen in Lübeck versprochen, bei Abwesenheit von Laien beim Gottesdienst lateinische Gesänge zuzulassen. Gleich Luther hatte Slüter von Anfang an erkannt, welche Bedeutung der Gemeindegesang für die Reformation habe. Deshalb hatte er, wenn auch ohne ausdrückliche Nennung seines Namens, schon 1525 bei dem bereits erwähnten Drucker Ludwig Dietz ein Gesangbuch in niederdeutscher Sprache erscheinen lassen, welches wahrscheinlich das erste in seiner Art ist. 1531 erschien dann ebenfalls bei Dietz ein neues Gesangbuch, dessen erster Teil eine Übertragung von Luthers 1529 herausgegebenem Liederbuche ins Niederdeutsche ist, und dessen zweiten Teil eine Anzahl von Liedern bilden, welche Slüter aus anderen Gesangbüchern ausgewählt hatte. Bei der Wichtigkeit, die Slüter also dem Gemeindegesang beimaß, war er trotz seines Bugenhagen gegebenen Versprechens auf den Standpunkt zurückgekommen, in der evangelischen Kirche dürften nur deutsche Psalmen gesungen werden, während die übrigen Prediger auch lateinische Gesänge zulassen wollten. Schließlich wurde eine Einigung dahin erzielt, dass Slüter zugestand, es dürften zur Mette und Vesper, wo nicht viele Laien zugegen wären, auch schon um der Schüler willen, lateinische Gesänge gebraucht werden.

Wir hören aber aus demselben Jahr noch von einem anderen Zwist unter den Rostocker Prädikanten, der von größerer Bedeutung war.

Ein lutherischer Prediger lehrte Folgendes: die Privatbeichte sei nicht nötig, sondern eine allgemeine Beichte genüge; bei dem Abendmahl, bei welchem man sich wie bei der Taufe der deutschen Sprache bediene, müsse man auch die lateinischen Gesänge, z. B. den Ambrosianischen Lobgesang, abschaffen und ebenso das Lesen der sogenannten Lektionen durch Knaben; schließlich wollte er auch nicht bei den freien Zeremonien die Teilnahme von Pfaffen, welche sich zu dem Evangelium Christi bekehrten. Diese letzte Forderung wird sich wohl auf die Bestimmungen beziehen, welche der Rat am 13. September über den Chorgesang des Domkapitels getroffen hatte. Über diese Streitpunkte, welche von Oldendorp in einer Schrift ,,Irrung und Zwist unter den lutherischen Prädikanten zu Rostock“ zusammengefasst waren, erbat der Rat Gutachten von Martin Luther, Philipp Melanchthon, Johannes Bugenhagen und Urbanus Rhegius. Rhegius antwortete am 8. November aus Celle, Luther und Melanchton in einem gemeinsamen Schreiben am 10. November aus Wittenberg, Bugenhagen am 24. November aus Lübeck. Alle billigten die Verordnung des Rats in Sachen der Zeremonien und tadelten den widersprechenden Prediger.

Wer dies gewesen ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Nach dem, was wir über die damaligen Verhältnisse wissen, können dabei wohl nur Slüter, Eddeler oder Berthold in Frage kommen. Auch Bugenhagen hat nach seinem Schreiben in erster Linie Slüter im Auge, und Luther nennt zwar keinen Namen, aber aus verschiedenen seiner Äußerungen geht deutlich hervor, dass auch er an Slüter denkt. Dass es in der Tat wohl Slüter gewesen ist, welcher diesen Streit verursacht hat, dafür spricht der Umstand, dass der Rat nicht sofort gegen den widerspenstigen Geistlichen einschritt, sondern zuvor Gutachten der ersten Autoritäten erbat, ein Verfahren, aus welchem mit Recht gefolgert werden kann, dass der betreffende Geistliche einen großen Einfluss besessen haben muss, welchen der Rat nicht unberücksichtigt zu lassen gewagt hat.

Wir haben gesehen, dass vom Rat im April 1531 entschieden mit dem Katholizismus gebrochen wurde. Demzufolge hatte der Rat immer weiter das Bestreben, die katholischen Einrichtungen allmählich zu beseitigen und, wo möglich, für die evangelische Kirche nutzbar zu machen. Eine Folge davon war, dass die Priester der Kalande von St. Jakobi, St. Marien und St. Nikolai am 5. Januar 1532 gemeinsam eine Urkunde ausstellten, in welcher sie sich damit einverstanden erklärten, dass die Einkünfte dieser Kalande in Zukunft durch Verordnete des Rats zur Besoldung von Predigern, Kirchen- und Schuldienern verwendet würden. Dieser Vorfall wird wohl verursacht haben, dass Herzog Albrecht von Mecklenburg am 5. Februar ein Mandat gegen die Veräußerung oder Unterschlagung von Kirchengütern erließ.

Während der Fastenzeit des Jahres 1532 erlaubte der Rat den öffentlichen Verkauf von Fleisch, und am 28. März, am Gründonnerstage, wurde von den Kanzeln das Gebot verkündet, niemand dürfe nach Biestow oder Kessin, zwei nahe gelegenen Orten, gehen, um dort die Messe zu hören.

Am 27. April erging seitens des Rats die Anforderung an die Bewohnerinnen des Klosters zum Heiligen Kreuz, lutherisch zu werden, ohne jedoch vorläufig einen Erfolg zu haben, denn diese Nonnen blieben noch einige Zeit bei ihrem bisherigen Kirchenwesen.

1532 trat auch Valentin Korte, der Pastor zu St. Marien, in den Ehestand. An dem öffentlichen Kirchgang und dem Hochzeitsmahl nahmen alle Ratsmitglieder teil. Diese Tatsache zeigt so recht, welcher Umschwung seit dem Jahre 1528 eingetreten war: hatte doch damals der Rat, wie wir gesehen haben, Slüter scharf getadelt, als dieser denselben Schritt, wie jetzt Korte, tat, und diese Missbilligung auch nach Außen hervortreten lassen.

Das Jahr 1532 wurde für die Reformation in Rostock dadurch noch besonders bedeutungsvoll, dass am 19. Mai, dem Pfingstsonntag, zwischen zwei und drei Uhr nachmittags Joachim Slüter aus dem Leben schied, nachdem er schon ein Vierteljahr hindurch leidend gewesen und kurze Zeit vor Pfingsten bettlägerig geworden war.

Bei dem Aberglauben, welcher damals in den weitesten Kreisen herrschte, und bei der Erbitterung, von welcher die Anhänger beider Konfessionen gegen einander beseelt waren, ist es nicht zu verwundern, dass bald nach Slüters Tode der Verdacht laut wurde, er sei keines natürlichen Todes gestorben, sondern von den Katholiken vergiftet worden. Die Berichte, die wir aus damaliger Zeit über diesen Punkt haben, sind allerdings nicht geeignet, die Vermutung einer Vergiftung zu begründen oder sie auch nur wahrscheinlich zu machen; wir wissen von Slüters letzter Krankheit mit Bestimmtheit nur, dass er am 23. März 1531 zu Herzog Heinrich nach Schwaan gefahren war, um dort für die Evangelischen zu wirken; dass er am 4. April krank und dem Tode nahe war; dass seit dem 1. November für ihn oder mit ihm zusammen Joachim Schröder, sein späterer Nachfolger, in St. Petri predigte, und, dass am 19. Mai 1532 Slüters Tod eintrat.

Mit Joachim Slüter hatte Rostock seinen Reformator verloren, denn, mag auch die Stimmung in der Stadt durch Mancherlei schon vorher für die Reformation zugänglich gemacht worden sein, so ist es doch Slüter allein gewesen, der den Anstoß zu ihrer Durchführung gegeben hat und mit der ganzen Macht seiner Persönlichkeit dafür eingetreten ist. Unterstützt wurde er dabei durch seine hinreißende Beredsamkeit, welche ihm den großen Einfluss auf die Masse des Volks erwarb, den er ausgeübt hat. Es lässt sich allerdings nicht leugnen, dass Slüter oft zu rasch vorging und sich wie Oldendorp zu sehr auf die Volksmassen stützte, aber trotzdem verdient er die dauernde Dankbarkeit Rostocks, welches durch ihn eine evangelische Stadt geworden ist. Dass Rostock dies auch anerkannt hat, beweist das Denkmal, welches sich jetzt Slüter zu Ehren neben der Petri-Kirche erhebt.

Sein Todesjahr wurde für die Reformation in Mecklenburg überhaupt dadurch bedeutungsvoll, dass in ihm Prinz Magnus die Regierung des Bistums Schwerin selbst übernahm. Magnus war durch seine Lehrer Konrad Pegel und Arnold Burrenius vollständig für die Reformation gewonnen, und ein längerer Aufenthalt an dem kursächsischen Hofe hatte dazu beigetragen, ihn zu einem treuen Anhänger der neuen Lehre zu machen. Als er nun in diesem Jahr sein Amt selbständig antrat, beschwor er zwar die Wahlkapitulation, durch welche er die Freiheiten des Domkapitels verbürgte, leistete aber nicht den vom Papst 1516 vorgeschriebenen Eid und wurde daher nicht Bischof. Deshalb nannte er sich auch nur Administrator des Bistums und suchte mit Vorsicht die neue Lehre allmählich in seinem Bistum auszubreiten.

Was nun Rostock betrifft, so hatte Slüter, als er aus dem Leben schied, es zwar erreicht, dass es eine evangelische Stadt geworden war, aber es fehlte doch in den nächsten Jahren nicht an mancherlei Zwistigkeiten.

Wir haben gesehen, dass der Rat am 27. April 1532 die Nonnen vom Heiligen Kreuz hatte auffordern lassen, lutherisch zu werden, ohne dass dieser Befehl befolgt worden wäre. Um hier endlich, da alle früheren Versuche gescheitert waren, mit einem Male Wandel zu schaffen, ernannte der Rat am 23. Februar 1533 einen früheren Franziskanermönch Thomas zum lutherischen Prediger an der Kirche zum Heiligen Kreuz. Jedoch gelang es der Opposition der Nonnen, Thomas sein Amt nach kurzer Zeit so zu verleiden, dass er um seine Entlassung bat, welche ihm auch gewährt wurde. Am 6. August wurde ein abermaliger erfolgloser Versuch durch die vier Bürgermeister gemacht, die Nonnen zum Gehorsam zu bewegen. Auch die Ernennung eines Klosterpropstes musste wegen des Widerstandes der Nonnen rückgängig gemacht werden.

Es scheint, dass die Nonnen in ihrem Widerstand dadurch bestärkt worden sind, dass es in Rostock noch immer eine nicht unbedeutende katholische Partei gab, denn der Rat erließ in dieser Zeit ein Verbot gegen die häufigen Wallfahrten nach dem nahegelegenen Karthäuserkloster Marieneh und gegen die dortige Aufnahme von Rostocker Stadtkindern.

Nun aber befahl König Ferdinand als Stellvertreter Kaiser Karls V., seines Bruders, dem Rat durch Schreiben vom 30. Juni 1533, die Neuerungen abzutun und den Gottesdienst in der alten Weise halten zu lassen. Dieser königliche Befehl wurde am 7. Oktober in einem noch an anderer Stelle zu erwähnenden Schreiben des Herzogs Albrecht wiederholt. Jedoch blieben beide Schreiben ohne Wirkung, ja, der Notar Jürgen Kave, welcher mit der Überbringung des königlichen Befehls beauftragt war, hat, wie wir aus einem Schreiben des Herzogs vom 10. Oktober an den Rat wissen, nicht einmal gewagt, dem Rat das königliche Schreiben zu übergeben, weshalb der Herzog es dem Rat eben am 10. Oktober sandte mit der Erwartung, Gehorsam zu finden. Dagegen legten der Rat und die Bürgerschaft am 22. Oktober eine Appellation in Religionssachen ein, schrieben an demselben Tage dem Herzog Albrecht, die Religion sei nicht ihre, sondern Gottes Sache, sandten Herzog Albrechts Schreiben an Herzog Heinrich mit der Bitte, letzterer möge günstig auf Herzog Albrecht einwirken, und beschwerten sich gleichzeitig bei den Verordneten der Landschaft über Herzog Albrecht, dass er von ihnen die Wiederherstellung der alten Zeremonien verlangt und sie eventuell mit Arretierung ihrer Person und ihres Vermögens bedroht habe. Am 12. November wurde die Appellation in Religionssachen sodann an Herzog Albrecht gesandt, mit dem Hinzufügen, Rat und Bürgerschaft hielten eine weitere Antwort an König Ferdinand für unnötig. Jedoch sah die Stadt sich durch ihr Festhalten an der evangelischen Lehre nunmehr manchen Bedrückungen ausgesetzt, wie aus einem Schreiben des Rats vom 15. April 1534 an die Verordneten der Landschaft hervorgeht. Am 30. April beantwortete Herzog Albrecht das Schreiben des Rats vom 22. Oktober 1533 unter Aufzählung der vom Rat in geistlichen Dingen geübten Eigenmächtigkeiten dahin, dass er nochmals zum Gehorsam aufforderte und im anderen Falle mit dem Einschreiten des Kaisers drohte.

Es ist bekannt, dass die Reformation, obwohl aus dem kirchlichen Boden erwachsen, doch auch viele weltliche Streitigkeiten und politische Kämpfe mit sich gebracht hat.

Auch Rostock blieb von derartigen Vorkommnissen nicht verschont. Damals nämlich traten in den Hansestädten Neugestaltungen in den Verfassungen ein, welche besonders von der neuen kirchlichen Gestaltung ausgingen, aus ihr beruhten und sich hauptsächlich gegen die Herrschaft des Rats richteten.

In Lübeck war es Jürgen Wullenwever, gestützt auf die Volkspartei, gelungen, die bisherige Verfassung zu stürzen und im Jahre 1533 zum Bürgermeister gewählt zu werden. Die Folge dieser Wahl war, dass die wendischen Städte, und unter ihnen Rostock, in einen Krieg gegen Dänemark verwickelt wurden, welcher, nachdem er, was hier allein interessiert, Rostock schwere Opfer auferlegt hatte, einen unglücklichen Verlaus für die Städte nahm.

Aber Wullenwevers Emporkommen hatte auch noch in anderer Weise traurige Folgen für Rostock: nach dem Vorgange Lübecks erhob sich auch hier die Bürgerschaft gegen den Rat und erreichte am 15. Juni 1534, dass ein Kollegium von vierundsechzig Männern eingesetzt wurde, welches neben dem Rat die Stadt regieren sollte. Dabei blieben für die Folge Streitigkeiten und Unzuträglichkeiten mancherlei Art nicht aus, wobei die Geistlichkeit mehrfach ratend und vermittelnd eingriff. Es mag hier kurz erwähnt werden, dass die Herrschaft der Vierundsechzig am 4. März 1536 durch die Bürgerschaft selbst beendet und der Rat wieder in seine alten Befugnisse eingesetzt wurde.

Den größten Einfluss im Rat hatte noch immer Oldendorp, obgleich er von verschiedenen Seiten heftig angegriffen wurde, sodass Herzog Heinrich schon am 4. November 1530 an den Rostocker Rat geschrieben hatte, eine bei ihm gegen Oldendorp erhobene Beschwerde, als sei derselbe ein Anhänger der Zwinglischen Sekte, wäre ihm nicht bewusst, sondern er habe Oldendorp stets als einen frommen, der evangelischen Wahrheit geneigten Christen befunden. Oldendorps Gegner ließen aber nicht nach, ihn durch rasch aufeinanderfolgende Schmähschriften zu verdächtigen, sodass Oldendorp selbst eine Untersuchung seines Verhaltens durch den Rat veranlasste, nach deren Beendigung Letzterer erklärte, Oldendorp habe in Sachen der Religion und auch sonst nur auf Befehl der Rats gehandelt. Dennoch gelang es der Gegenpartei, bei Herzog Albrecht die Meinung zu erwecken, als stifte Oldendorp nicht nur in Rostock, sondern in ganz Mecklenburg Aufruhr an. So verlangte Herzog Albrecht denn am 7. Oktober 1533 vom Rat die Einziehung des Unruhestifters Oldendorp. Gegen den Vorwurf, ein Unruhestifter zu sein, verwahrte sich Oldendorp noch in demselben Monat durch ein an Rat und Bürgerschaft gerichtetes Schreiben, in welchem er erklärte, derjenige, welcher ihn Herzog Albrecht gegenüber des Aufruhrs beschuldigt, habe dies erlogen. Auch der Rat und die Bürgerschaft antworteten dem Herzog am 25. Oktober in diesem Sinne, erhielten aber am 2. November die Antwort, der Herzog habe aus ihrem Schreiben nicht ersehen können, ob sie ihm gegen Oldendorp Recht verschaffen wollten; er müsse sein diesbezügliches Ersuchen aber wiederholen, denn er könne nicht dulden, dass Oldendorp sich bemühe, das Land gegen ihn aufzubringen. Darauf antworteten Rat und Bürgerschaft dem Herzog am 12. November, seine Forderung, ihm Recht gegen Oldendorp zu verschaffen, sei überflüssig, und beschwerten sich am gleichen Tage über Herzog Albrechts Ansinnen in Betreff Oldendorps bei Herzog Heinrich und den Verordneten der Landschaft, indem sie zugleich um Unterstützung bei Herzog Albrecht baten. Auch Oldendorp gab am 12. November eine Druckschrift gegen seine falschen Ankläger und Schanddichter heraus, während der Rat in dieser Zeit ein scharfes Mandat gegen die Anfertigung von Schmähschriften erließ.

Für die Dauer scheinen aber die Rostocker Verhältnisse Oldendorp nicht befriedigt zu haben, woran vielleicht teils sein unruhiger Geist, teils die Anfeindungen und andere, nicht hierher gehörige Umstände Schuld gewesen sein mögen. So wird sich Oldendorp denn wohl im ersten Viertel des Jahres 1534 nach Lübeck begeben haben, wenigstens scheint er an den Vorgängen, welche der Einsetzung der Vierundsechzig vorangingen, nicht mehr beteiligt gewesen zu sein. Am 12. April 1534 richtete er von Lübeck aus sein Gesuch um Entlassung aus dem städtischen Dienst an den Rostocker Rat, blieb, ohne formell aus Rostocks Diensten entlassen zu sein, dort bis 1539, wurde dann als Professor nach Köln, später nach Marburg berufen und starb in letzterer Stadt am 3. Juni 1567.

Auch diesem Manne ist Rostock, was die Ein- und Durchführung der Reformation betrifft zu größtem Danke verpflichtet, denn Oldendorp war ein unermüdlicher und unerschrockener Vorkämpfer der reformatorischen Bewegung, wobei sich allerdings nicht leugnen lässt, dass er zuweilen falsche und verderbliche Bahnen einschlug, indem er oft, gleich Slüter, zu stürmisch vorging und sich, wie jener, zu sehr auf die Volksmassen stützte, was nicht immer zu Rostocks Heil war.

Im Jahre 1534 gelang es endlich, den hartnäckigen Widerstand der Bewohnerinnen des Klosters zum Heiligen Kreuz zu brechen, indem diese Nonnen sich nach einer am 3. August zwischen ihnen und sechs lutherischen Predigern abgehaltenen langen Disputation eine Bedenkzeit von einem Jahr ausbaten, sich aber schließlich dem Verlangen des Rats, evangelisch zu werden, fügten, als ihnen mit allem Nachdruck erklärt war, sie müssten sich innere halb von acht Tagen mit dem Rat gütlich geeinigt haben, denn eine weitere Bedenkzeit solle und könne ihnen nicht gewährt werden.

In demselben Jahr schritt der Rat zur Aushebung der Mönchsklöster. Zuerst wurden den Dominikanern mitgeteilt, da ihre Klöster ihrer ursprünglichen Bestimmung gemäß Schulanstalten sein sollten, so beabsichtige der Rat, im Johannis -Kloster eine Lateinschule einzurichten. Sodann wurde den Franziskanern erklärt, da sie lange genug mit dem Namen ,,Pauperes sine defectu“ (,,Arme ohne Mangel“) belästigt worden wären, so solle das Katharinen-Kloster von nun an zu einem Armenhause benutzt werden. Endlich erging an die Fraterherren die Weisung, an der schon seit früherer Zeit im Michaelis -Kloster bestehenden deutschen Elementarschule von nun an auch einen gottseligen deutschen Schulmeister anzustellen, welcher die Jugend nicht etwa wieder zur Papisterei verleite. Da den Bewohnern der drei Klöster nichts Anderes übrig blieb, als sich den Anordnungen des Rats zu fügen, so war wieder ein weiterer Schritt geschehen, um Rostock zu einer durchaus evangelischen Stadt zu machen.

Was endlich die Stellung der Universität zu der Reformation in dieser Periode betrifft, so muss es hier genügen, kurz zu sagen, dass die frühere ablehnende Stellung zu der neuen Lehre längst hatte aufgegeben werden müssen, denn die Universität hatte durch die inneren und äußeren Wirren, welche die Einführung der Reformation für Rostock mit sich brachte, so gelitten, dass sie nicht mehr an Widerstand denken konnte. Auch hatten Männer wie Oldendorp, Pegel und Burrenius kräftig dafür gewirkt, dass auch die Universität evangelisch würde. Sie wurden in diesem Bestreben einmal dadurch unterstützt, dass die Führer der Katholiken, wie z. B. Peter Boye, sich vom offenen Kampf, dessen Aussichtslosigkeit klar war, zurückzogen hatten, und sodann war ihnen der Umstand von Nutzen, dass Magnus von Mecklenburg nunmehr das Kanzleramt der Universität selbst verwaltete und in der Eigenschaft als Kanzler die evangelische Lehre auch in die Universität einführte und in ihr befestigte.

So sehen wir denn, dass im Jahre 1534 alle Bollwerke des Katholizismus in Rostock gefallen sind und die Einführung der Reformation nunmehr vollendet ist.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Einführung der Reformation in Rostock