Chlodwigs Taufe.

Zu derselben Zeit, als die Ostgoten sich in Italien festsetzten, erhob sich im nördlichen Teile Galliens eine deutsche Herrschaft, der ein glücklicheres Loos beschieden war. Dieses Land war zur Zeit des Unterganges des weströmischen Reiches in verschiedene selbständige Teile zerrissen: Im Süden hatten Westgoten und Burgunder, im Westen Briten, im mittleren Teile Alemannen sich festgesetzt. Das nördliche Land, von der Loire bis zur Somme bildete noch eine römische Scheinherrschaft. Gegen diese drangen nun die Alemannen vor, während auch die Franken vom Niederrhein her sich in Bewegung setzten, und zwar mit vielem Erfolge, langsam aber sicher. Sie waren nicht nur Krieger, sondern auch Ackerbauer und fingen immer sogleich an, die eingenommenen Landesteile regelmäßig zu bebauen und sich also ebensowohl mittels des Pfluges, als mit dem Schwerte zu Eigentümern der Scholle, zu machen.

Unter der Herrschaft des neunzehnjährigen Königs Chlodwig aus dem Geschlechte der Merovinger unterwarfen die Franken das römische Gallien sich vollständig. Der König vermählte sich sodann mit der burgundischen Prinzessin Chrotegilde, einer katholischen Christin, die es doch, trotz ihres großen Einflusses auf Chlodwig, nicht vermochte, ihn zur Annahme der christlichen Religion zu bewegen. Endlich gab ein hochwichtiges kriegerisches Ereignis die Veranlassung zu diesem Schritte, von dessen politischer Notwendigkeit der ebenso schlaue wie grausame Konig ja längst überzeugt sein mochte.


Der lange schon erwartete Zusammenstoß der einem und demselben Ziele zustrebenden Alemannen und Franken erfolgte im Jahre 496 in der Schlacht bei Zülpich zwischen dem Rhein und der Maas. Die Alemannen waren weit zahlreicher als die Franken, und diese sahen die Niederlage vor sich. Da, in der höchsten Not gedachte der Frankenkönig des seiner Gemahlin geleisteten Verkprechens, daß er sich an ihren Gott wenden werde, wenn seine heidnischen Götter ihn verließen. Jetzt hat er es, in den Worten den Dichters Karl Simrock,
so:

. . . Beide Arme, beide Hände
Hält der Konig hoch zum Schwur,
Ruft mit seiner Eisenstimme,
Daß es durch die Reihen fuhr:
„Gott der Christen, Gott am Kreuze,
Gott, den mein Gemahl verehrt.
So Du bist ein Gott der Schlachten,
Der im Schrecken niederfährt,
Hilf mir dieses Volk bezwingen,
Gib den Sieg in meine Hand,
Daß der Franken Macht erkennen
Muß des Rheins und Neckars Strand!
Sieh, so will ich an Dich glauben,
Kirchen und Kapellen bau'n
Und die edlen Franken lehren.
Keinem Gott als Dir vertrau'n! . . .“


Das sonderbare Gebet wurde erhört; die Franken siegten. Als der Krieg beendigt war und das Glück ihm treu geblieben, ließ Chlodwig sich mit dreitausend Edelingen taufen und in Rheims durch einen römisch-katholischen Bischof zum Könige der Franken krönen und salben. Das wirkte sehr günstig bei den romanischen Galliern und der katholischen Geistlichkeit. Der zielbewußte Herrscher wurde vom oströmischen Kaiser zum Patrizier und Proconsul der römischen Provinz erhoben, die in Wahrheit bereits ihm gehörte, und schlug nunmehr seine Residenz in Paris auf.

Allmählich vereinigte Chlodwig nicht nur sämtliche fränkischen Herrschaften auf beiden Seiten des Rheins, sondern auch den burgundischen Teil Galliens zu einem mächtigen Staate, der von nun an eine Art Führerstelle in der germanischen Welt einnahm, obgleich das fränkische Königshaus während vieler Jahre das Schauspiel grenzenloser Sittenlosigkeit und Verworfenheit bot.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Deutschen