Alboin und Rosamunde.

Es konnte sich, nachdem die tapferen Ostgoten in Italien der größeren Kriegskunst oströmischer Feldherrn unterlegen waren, wohl fragen, welcher deutsche Volkerstamm das gotische Erbe antreten und das deutsche Übergewicht in Italien behaupten werde. Die Antwort auf diese Frage ließ nicht lange auf sich warten.

Südlich von der mittleren Donau wohnte nach dem Untergange des Hunnenreiches das tapfere, früher an der Ostsee ansässig gewesene Volk der Langobarden. Sein König Alboin besaß bereits einen gefeierten Namen, der noch an Ruhm gewann, als er in der letzten Hälfte des sechsten Jahrhunderts den weiter östlich wohnenden Stamm der gotischen Gepiden besiegte und von demselben kaum noch den Namen übrig ließ. Rosamunde, die Tochter des erschlagenen Gepidenkönigs Kunimund wurde Alboins Gemahlin, obgleich der raude Sieger den Schädel ihres getöteten Vaters in Gold hatte fassen lassen, um das grause Beutestück fortan als Trinkschale zu benutzen.


Durch diesen Erfolg aufgestachelt brachen nun auch die Langodarden nach dem vielbegehrten Italien auf, wo sie kein Heer im offenen Felde fanden. Nur die Stadt Pavia leistete drei Jahre hindurch hartnäckigen Widerstand. Endlich nahm Alboin dieselbe ein und schlug dort seine Residenz auf, von wo aus der tapfere, aber keineswegs staatskluge Eroberer das italische Volk in harter Weise regierte. Mit den benachbarten Burgundern, Westgoten und Franken lagen die Langobarden beständig im Kriege und ließen die Italier für ihren Unterhalt sorgen. Am Königshofe berrschte große Sittenlosigkeit, die Königin Rosamunde setzte selbst das Beispiel, und Alboin war der Völlerei ergeben. Da zwang er einst in trunkenem Übermute, seine Gemahlin bei einem Gastmahle, ihm aus dem Schädel ihres Vaters Bescheid zu tun. Den Tod im Herzen und Nache schwörend für diese Schmach gehorchte Rosamunde aus Furcht vor des Königs Jähzorn. Nun verschwor sie sich mit ihrem Günstlinge, dem königlichen Waffenträger Helmichis, zum Untergange Alboins. Als dieser in trunkenem Schlafe lag, ermordete ihn Helmichis in Rosamundens Beisein.

Ganz gegen Erwarten wählten aber die langobardischen Herzöge nicht Rosamunde, sondern Alboins Sohn aus früherer Ehe, Kleph, zum Könige. Rosamunde entfloh mit ihren Kostbarkeiten in Helmichis' Begleitung nach Ravenna. Es gelang dem rankesüchtigen Weibe dort bald, den oströmischen Statthalter Langinus in ihre Netze zu verstricken. Um sich des ihr jetzt unbequem gewordenen Helmichis zu entledigen, reichte sie diesem Gift. Helmichis aber merkte ihr Vorhaben, und zwang sie, den Rest des tötlichen Trankes zu trinken. So fanden die Mordgenossen ihr schnelles Ende.

Die langobardischen Großen wurden des unfähigen Königs Kleph bald müde und ermordeten ihn. Unter fähigeren Nachfolgern aber erhob sich das Langobardenreich, besonders durch Heiraten in die fränkischen und burgundischen Herrscherfamilien, zu hohem Ansehen. Seine Gesetze, des sogenannte langobardische Recht, wurden berühmt und blieben lange in Italien in Kraft. Religiöse Streitigkeiten mit den römischen Päpsten, die sich des Beistandes der mächtigen Frankenkönige versicherten, führten endlich im achten Jahrhunderte den Untergang des Langobardenreiches herbei. Die berühmte eiserne Langobardenkrone schmückte von nun an das Haupt der Frankenkönige, und des Land Oberitalien fiel später, als Lombardei, an das deutsche Reich.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Deutschen