Die Deutsche Reformation, 1517-1537 - I. Band: 1517—1525. (02)

2. Dominikaner und Franziskaner für Tetzel.
Autor: Thudichum, Friedrich von (1831-1913) Jurist und Professor der Rechte in Tübingen, Erscheinungsjahr: 1907
Themenbereiche
2. Die Dominikaner treten für den Ablasskrämer Tetzel ein. Feierliche Promovierung desselben zum Licentiasten der Theologie an der Brandenburgischen Universität Frankfurt a. d. Oder, 20. Jan. 1518. Bemerkenswerte Thesen desselben. Beschlüsse der Sächsischen Franziskaner. Befehl des Erzbischofs von Mainz-Magdeburg Albrecht an Luther, sich ruhig zu verhalten, 18. Dez. 1517. Gutachten des Prierias in Rom an den Papst, Dez. 1517.

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Die Anhänger des Papsttums erkannten sofort die ganze Tragweite des Auftretens Luthers, insbesondere die Dominikanermönche, die auf das Nachspüren nach Häresien am besten geschult waren. Luther in ihre Gewalt zu bekommen und nach den Regeln des Inquisitions-Prozesses zu verbrennen oder in einem Gefängnis verschwinden zu lassen, ging nicht an, weil Kurfürst Friedrich der Weise in seinem Lande dergleichen nicht zuließ; so blieb ihnen nichts übrig als den Weg der wissenschaftlichen Bekämpfung von Luthers Thesen zu beschreiten, und damit die Frage zu einer wissenschaftlichen Streitfrage zu erheben. Sie fanden einen Rückhalt an der theologischen Fakultät der Universität Frankfurt a. d. Oder, und vor Allem an deren Dekan Konrad Wimpina (Konrad Coci aus Wimpfen), der im Jahre 1505 von Leipzig her berufen worden war. Tetzel kam im Dezember 1517 nach Frankfurt a. d. O., verbrannte dort feierlich die Lutherischen Thesen und ließ 106 Gegen-Thesen gegen Luther, und gleich darauf noch 50 weitere drucken und verbreiten; noch im Dezember 1517 und am 20. Jan. 1518 verteidigte er dieselben öffentlich unter dem Vorsitz von Wimpina in Gegenwart von 300 Prediger-Mönchen, welche zu diesem festlichen Tag herbeigekommen waren. Zwei Zuhörer widersprachen, ein Zisterzienser Kettelhodt und ein junger Franziskaner Johann Knipstro, gebürtig aus Sandau a. d. Elbe; er wurde dafür in das Kloster nach Pyritz geschickt, aus welchem er erst nach 3 Jahren entfliehen konnte. Tetzel wurde auf Grund dieser siegreichen Disputation zum Lizentiaten der Theologie promoviert, und erhielt bald darauf von dem Kardinal Cajetanus auch den Magister-Grad. Die Thesen hatte ihm Wimpina, nach dessen eigenem Geständnis, ausgearbeitet. Nro. 47 und 48 besagten: „Die Christen sind zu belehren, dass diejenigen, welche Macht haben, den Häretikern zu widerstehen und dies zu tun unterlassen, oder welche gar verhindern sie vor ihren Richter zu ziehen, als Verteidiger der Häresie gelten müssen, als solche für exkommuniziert, nach Ablauf eines Jahres für rechtlos zu halten und zur Abschreckung der Menschen mit den furchtbarsten Strafen zu belegen sind.“

Das waren deutliche Drohungen gegen den Kurfürsten von Sachsen.

Im März erschien ein Sendling Tetzels in Wittenberg, um dessen Thesen dort abzusetzen; die Studenten kauften einige derselben, nahmen ihm aber dann weitere 800 Stück ab und verbrannten sie feierlich auf dem Marktplatz.

Tetzel verschwand sehr bald vom Schauplatz, indem er schon am 7. August 1519 im Dominikaner-Kloster zu Leipzig verstorben ist.

Auch die Franziskaner traten gegen Luther in die Schranken; auf einem Kapitel der Sächsischen Provinz in der Brandenburgischen Stadt Jüterbock, ganz in der Nähe von Wittenberg, erklärten sie 14 Sätze Luthers für häretisch, und übersendeten ihren Beschluss an den Bischof von Brandenburg.

Die erzbischöflich-magdeburgischen Räte zu Halle hatten Luthers Thesen an den Erzbischof Albrecht nach Aschaffenburg gesendet und um Verhaltungsregeln gebeten. Albrecht setzte sofort den Papst in Kenntnis und bat um dessen Einschreiten, beriet aber mit den Juristen und Theologen seiner Universität Mainz und seinen Räten zu Aschaffenburg, was einstweilen geschehen könne. Diese rieten einmütig dazu, dem Mönch einstweilen in gerichtlicher Form Schweigen aufzuerlegen. Dieses Gutachten sendete Albrecht am 13. Dez. 1517 an seine Räte zu Halle mit der Weisung, wenn sie solches Vorgehen ebenfalls für tauglich und nützlich erachteten, den erzbischöflichen Befehl zu schweigen, also auch nichts drucken zu lassen, durch den erzbischöflichen Subkommissarius Luther bekannt zu geben (zu intimieren). Dies ist wohl auch geschehen. Durch Tetzel sollte Luther den Befehl erhalten, um ihn daran zu erinnern, dass der Ablass-Verkäufer Beamter des Erzbischofs und jede Herabsetzung desselben eine Auflehnung gegen den Erzbischof und den Papst, den Spender des Ablasses, sei.

RA 022 Luther Martin

RA 022 Luther Martin

RA 055 Kurfürst Friedrich III. v. Sachsen

RA 055 Kurfürst Friedrich III. v. Sachsen