Größe der Stadt, — Lage, — Gestaltung und Zusammensetzung des Bodens,

Die Stadt Rostock*), welche vor dem Ausbruch der Cholera etwa 25.000 Einwohner zählte, liegt am linken Ufer der Warnow und bedeckt mit Ausschluss ihrer Vorstädte einen Flächenraum von 38.400 Q.-Ruthen. Der von Süden kommende Fluss bewegt sich, zum Teil von Wiesen begrenzt, in langsamer Strömung und in einer Breite von etwa 200 Fuß am östlichen Rande der Stadt vorüber, um an der nordöstlichen Ecke derselben, beim Petritor, unter einer plötzlichen Steigerung seiner Breite auf ungefähr 2.400 Fuß, sich in fast rechtwinkliger Biegung gegen Westen zu wenden. In dieser breiteren Ausdehnung, welche der Fluss auf einer Strecke von etwa zwei Meilen bis kurz vor seiner Mündung nicht wieder verliert, bildet derselbe zunächst den Hafen und damit die nördliche Grenze Rostocks.

Die Stadt, deren Längsdurchmesser in der Richtung von Osten nach Westen liegt, zerfällt in zwei natürlich geschiedene Hälften; die kleinere, gegen Osten gelegene Altstadt und die größere westliche Hälfte, Neustadt. Beide werden getrennt von der die Stadt in ihrer ganzen Breite durchschneidenden Grubenstraße, welche ihren Namen nach einem Arm der Warnow führt, der früher unbedeckt in ihrer Mitte verlief, seit sechs Jahren aber durch einen gemauerten Tunnel umschlossen ist. Über ihm vermittelt ein zum Hafen verlaufender Schienenstrang die Güterkommunikation mit dem im Süden Rostocks gelegenen Bahnhofe.


Die Altstadt liegt auf einem Hügel**), dessen Gipfel in die Gegend des alten Marktes fällt. Von hier aus senkt das Terrain sich rasch gegen Osten, langsamer gegen die drei übrigen Himmelsgegenden. Am Fuße des südöstlichen Abhanges liegen auf einem völlig ebenen Terrain der Gerber- und der Fischerbruch, zwei von Kanälen durchzogene, bis an die Ufer der Warnow verlaufende Straßen. Am Fuße der westlichen Abdachung verläuft, ebenfalls vollkommen horizontal, die Grubenstraße.

*) Hierzu der Plan von Rostock.
**) Speziellere Höhenangaben folgen unten bei der Beschreibung der Straßenepidemien.


Das Terrain, auf welchem die Neustadt sich ausbreitet, steigt von der Grubenstraße aus allmählich gegen Westen bis zum neuen Markt und zur Steinstraße empor. Beide liegen bereits auf der Höhe einer Ebene, welche gegen Norden von der Blutstraße, dem Hopfenmarkt und der Kröpelinerstraße begrenzt wird, während sie sich gegen Süden unter geringen Höheschwankungen bis weit über die Grenzen der Stadt fortsetzt. Westlich vom Kröpelinertor dagegen senkt das Terrain sich langsam bis zu einem etwa 1000 Fuß vom Tor entlegenen Bach, welcher den in eine Wiese umgewandelten früheren Vögenteich mit der Warnow verbindet, und von hier aus steigt der Boden wieder allmählich in der Wismarschen Landstraße, dem Barnstorfer Weg und der Doberaner Chaussee in die Höhe. Gegen Süden nimmt die Steigung in der Richtung zum Friedhofswege und zum Friedhof noch etwas zu, die nördliche Seite der Höhe dagegen fällt allmählich nach der Warnow zu ab und an ihrem Fuße liegt, von ihr durch Gärten und Wiesen getrennt, in einer niedrigen Ebene der Neue Werder.

Zwischen der Nordseite der Stadt und der Warnow erstreckt sich der 150—200 Fuß breite Quai des Hafens, der s. g. Strand und, in gleicher Ebene mit ihm, die parallel mit der Warnow liegende Strandstraße, welche von der Grubenstraße bis zum Platz am blauen Turm oder Brink verläuft, den nördlichen Rand der Neustadt bildet und von den Ausläufern der auf den Strand mündenden Straßen durchschnitten wird. Diese Straßen werden in der Regel mit dem gemeinsamen Namen der Strandstraßen bezeichnet, sie verbinden die Langestraße und deren Fortsetzungen (Schmiedestraße, Vogelsaug, Krämerstraße) mit dem Hafen und kommunizieren unter einander vermittelst einer Reihe kleiner, in fast gleicher Richtung verlaufender Quergässchen. Vom nördlichen Rande der Neustadt aus erhebt das Terrain sich bis gegen den neuen Markt, die Blutstraße, und deren Fortsetzungen in der Weise, dass in der Regel die bedeutendste Erhebung auf der Strecke von den queren Verbindungsgässchen der Strandstraßen bis zu ihren oberen Enden vorhanden ist, während die unteren Teile dieser Straßen gewöhnlich etwas langsamer ansteigen.

Eine sehr geringe und allmähliche Steigung zeigt endlich das Terrain
zwischen der Langenstraße mit ihren Fortsetzungen einerseits und der Blutstraße mit ihren Fortsetzungen andererseits.

Die ganze westliche und der größere Teil der südlichen Seite Rostocks ist von einem zu Spaziergängen umgewandelten Walle begrenzt, dessen äußerer Rand von einem Graben umschlossen wird, welcher stehendes Wasser enthält, nur an seinem nördlichen Ende mit der Warnow in Verbindung steht und einen großen Teil der Abflüsse aus den Häusern der Vorstadt aufnimmt. Vor einer Reihe von Jahren kommunizierte auch das östliche Ende des Wallgrabens mit der Oberwarnow. Jetzt begünstigt die Aufhebung dieser Kommunikation in hohem Grade die Zersetzung der organischen Abfälle, welche seit der ausgedehnteren Bebauung des angrenzenden Terrains in großer Masse sich in den Graben ergießen. In seinem Wasser entwickeln sich in Folge dieser Umstände große Mengen von Schwefelwasserstoff, welche sich namentlich in den Sommermonaten des Jahres 1859 oft auf weite Entfernungen bemerkbar machten. Wall und Graben trennen von der Stadt die erst im Laufe der letzten 15 Jahre erbaute Vorstadt, soweit sie sich zwischen dem Kröpelinertor und dem Steintor ausbreitet. Hier ist das Terrain fast vollkommen eben, die Häuser stehen weitläufig, die Straßen sind breit, und werden hin und wieder von großen unbebauten Plätzen unterbrochen.

Der Grund und Boden in und um Rostock enthält, so weit er durch Bauten nicht verändert ist, fast ohne Ausnahme einen gelben, überwiegend sandigen, seinen mechanischen Eigenschaften nach aber doch zähen Lehm, dessen Konsistenz und Permeabilität indes bedeutend differiert, indem der Sand an manchen Stellen nur in sehr geringer Quantität, häufig aber selbst unvermengt in Form größerer und kleinerer Adern angetroffen wird. Der diesem Lehm beigemengte Mergel schwankt seiner Menge nach in ähnlichen Grenzen, wie der Sand zwischen sehr bedeutenden Quantitäten und kaum nachweisbaren Spuren. Die Lehmschicht besitzt eine Mächtigkeit von ungefähr 10 — 20 Fuß und darüber und grenzt sich nach unten überall sehr scharf ab gegen einen festen und impermeabelen Letten von blaugrauer Farbe, während ihre Oberfläche von einer 3—10 Fuß hohen Humusschicht überdeckt wird.*)

*) Nach mündlichen Mitteilungen des Herrn Prof. Schulze.

In dem ganzen Teil der Stadt, welcher gegen Osten von der Wendenstraße, gegen Süden vom Strande, gegen Westen von der Westseite des Brinks und gegen Norden von den kleinen, die Strandstraße verbindenden Quergassen eingeschlossen wird, zeigt der Boden eine poröse und fast durchweg sehr feuchte Beschaffenheit, so dass man in der Regel schon in einer Tiefe von 3—6 Fuß auf Wasser stößt, wodurch auch die Anlage tieferer Keller hier unmöglich wird. Der eigentliche Träger des Wassers ist auch in dieser Gegend der gelbe Lehm, unter welchem sich hier, wie überall jener blaue impermeable Letten vorfindet.

Eine ähnliche feuchte Beschaffenheit und Porosität zeigt der Boden in der Gegend zwischen Katharinenstift, Grube, Fischbank, Seiden- und Pferdestraße, während der übrige Teil der Altstadt, mit Ausnahme der Brüche, einen trockenen Lehmboden hat. Der Boden auf den Brüchen ist überaus feucht und zeigt schon in einer Tiefe von 2—3 Fuß Wasser. Reich an Wasser ist außerdem noch in hohem Grade der Boden in der Petrivorstadt, am Mühlendamm, der Bleicherstraße, am neuen Werder und in geringerem Grade am Barnstorfer Wege, in den tieferen Teilen der Wismarschen Landstraße, am Pütterweg, den westlichen Hälften der Friedrichfranz- und Augustenstraße und im Innern der Stadt in den oberen Teilen der Strandstraßen. Trocken dagegen ist der Boden gegenüber dem Krankenhause und hinter dem Krankenhause, ebenso an der Westseite der Himmelfahrtstraße, und auf der Neustadt überhaupt fast durchweg in den südlich von der langen Straße gelegenen Teilen. Eine besonders kompakte, derbe und trockene Beschaffenheit zeigt der Boden u. a. am alten Markt, an der Steinstraße, dem neuen Markt, der Westseite der Alexandrinenstraße, in der Nähe des Friedhofes, den höheren Punkten der Wismarschen Landstraße und der Doberaner Chaussee.*)

*) Nach Mitteilungen Rostocker Baumeister.