— Sporadische Fälle, — Frei gebliebene Straßen, — Infizierte Straßen. — Tödliche Erkrankungen, — Dauer der Krankheit in tödlichen Fällen.

Scharlach und Keuchhusten kamen nur in sporadischen Fällen vor; die erstere Krankheit bis Ende Juni fast in jedem Monat, mitunter in schwerer, selbst tödlicher Form.

Häufig waren bis Ende Mai rheumatische und katarrhalische Affektionen gelinderer Natur und in den drei ersten Monaten des Jahres 1859 wurde eine ziemlich ausgebreitete Mumpsepidemie beobachtet, welche indes nicht eben hartnäckige Erkrankungen mit sich brachte. Daneben zeigten sich Anginen, Bronchialkatarrhe, Entzündungen der Conjunctiva und ähnliche Erkrankungen, wie sie überhaupt während der kälteren Monate in Rostock häufig vorkommen. Seltener waren Pneumonien, Pleuritiden oder Typhen. Auch Intermittens wurde sehr selten beobachtet.


Schon Anfang Juni stellten sich öftere Diarrhöen und Koliken ein, welche bisweilen eine große Hartnäckigkeit zeigten, den gewöhnlichen Medikamenten nicht wichen und mit bedeutender Prostration, häufig auch mit profusen Schweißen verbunden waren. Um diese Zeit sind auch schon hier und da Brechdurchfälle mit heftigen Wadenkrämpfen beobachtet worden, die indessen, da sie in ganz ähnlicher Form während der Sommermonate keineswegs zu den Seltenheiten gehören, eine Befürchtung vor dem Herannahen der Cholera nicht erwecken konnten. Auch Wechselnder gingen in größerer Zahl dem Ausbruche der Cholera voran. Nicht selten waren dieselben hartnäckig mit unregelmäßigem Typus und Neigung zu Recidiven. Während der Dauer der Cholera kamen sie wenigstens in größerer Ausdehnung nicht mehr vor. *)

*) Größtenteils nach dem Physicatsbericht vom Jahre 1859.

Die Choleraepidemie hat in Rostock vom 5. Juli bis zum 6. Oktober, also 94 Tage gedauert,**) während dieser langen Zeit aber niemals eine im Verhältnis zur Größe der Stadt besonders bedeutende Höhe erreicht. Das absolute Maximum der täglichen Mortalität fällt auf den 22. August und 2. September und beträgt für diese beiden Tage 15 Personen, während es in mehreren kleineren Orten eine eben so große oder weit beträchtlichere Höhe erreichte. So betrug die größte tägliche Sterblichkeit in Goldberg 36 (am 30. August); in Güstrow 34 (am 27. August); in Sternberg 28 (am 28. August); in Gnoyen 25 (am 1. September); in Bützow ebenfalls 15 (am 10. September).

2) Vgl. hierzu im Atlas die graphische Darstellung von der Rostocker Epidemie.

In Rostock blieb indes die Sterblichkeit an mehreren Tagen nicht weit unter dem zweimal erreichten Maximum. Es kamen nämlich vor
am 28. Juli, 8. August und 30. August je 14 Todesfälle, am 15. und 27. August je 13 Todesfälle, am 4. September 12 Todesfälle, am 30. Juli, 25. und 28. August je 11 Todesfälle, am 21. und 31. Juli, am 1., 10., 23. und 24. August und am 6. September je 10 Todesfälle.

In dieser häufigen Wiederkehr einer größeren täglichen Mortalität ist es begründet, dass die Zahl für die absolute tägliche Durchschnittsmortalität in Rostock eine ziemlich hohe ist. Sie beträgt 5,29 und wird nur von Güstrow (8,27) Sternberg (6,93) und Gnoyen (6,48) übertroffen.

Dagegen ist die Zahl der Verstorbenen in Rostock im Verhältnis zur Einwohnerzahl eine nur niedrige. Sie beträgt nämlich 1,99 Prozent und wird nur von 8 epidemisch infizierten Orten Mecklenburgs (Grabow, Schwaan, Rethwisch, Dargun, Malchow, Wismar, Plan, Ribnitz) nicht erreicht, von allen übrigen dagegen übertreffen.

Die häufigen Erhebungen, welche die Epidemie in Rostock zeigte, werden von einer großen Zahl, zum Teil sehr bedeutender Senkungen unterbrochen. So sank die Zahl der Todesfälle am 14. Juli auf 0, am 2. August auf 2, am 6. August auf 1, und man gab sich daher um diese Zeit vielfach der Hoffnung hin, die Krankheit überwunden zu haben. Aber schon der 7. August zeigte 5 und der folgende Tag 14 Todesfälle. In der Zeit zwischen dem 6. August und dem 2. September war die Epidemie am heftigsten, denn es kamen in diesem Zeitraum vier bedeutende Erhebungen und nur drei mäßig tiefe Senkungen auf 5, 6 und 6 tägliche Todesfälle vor. Vom 2. September ab, dem Tage des 2. Maximums der Epidemie, begann aber ein kontinuierlicher Nachlass und der 17. September war dann der erste Tag, an welchem seit dem 14. Juli kein Todesfall vorkam. In den nächsten Tagen kamen noch drei kleine Steigungen auf 1 und 2 tägliche Todesfälle wieder vor, dann folgte eine freie Zeit von 13 Tagen und endlich ereignete sich am 6. Oktober der letzte tödliche Cholerafall.

Es erscheint passend, bei der speziellen Betrachtung der Rostocker Choleraepidemie dieselbe zunächst nach Zeit und Ort ihres Verlaufes in drei kleinere Abschnitte zu teilen, deren jeder dann am richtigsten als eine für sich bestehende Epidemie anzusehen ist.
So ergibt sich eine natürliche Scheidung in
1) die Epidemie auf der Altstadt vom 5. Juli — 28. August.
2) die Epidemie in der Kröpelinervorstadt vom 13. Juli — 13. September ,
3) die Epidemie im nördlichen und nordwestlichen Teil der Neustadt vom 17. Juli — 21. September.