Unter Wassili Iwanowitsch Schuiskoi (1606-1618)

Unter Wassili Iwanowitsch Schuiskoi (1606 — 1618) wurde die Gesandtschaft des Fürsten Iwan Petrowitsch Romodanowski nach Persien [Iran] entsendet, der augenscheinlich die Instruktion hatte, die guten Beziehungen zu Persien [Iran] zu wahren und „alle die guten Angelegenheiten zu befestigen, welche den beiden Staaten zu jeglichem Guten obliegen“. Nach der Thronentsagung Schuiskois hörten die Beziehungen Russlands zu Persien [Iran] auf. Es entstand eine unruhige Zeit, während der man nicht daran denken konnte, die bestehenden Beziehungen zu Persien [Iran] aufrecht zu erhalten. Russland selbst hatte schwere Zeiten durchzumachen und musste für seine eigene Rettung besorgt sein.

Der Schah Abbas fuhr aber fort, seine Gesandten zu schicken, und in den Urkunden der diplomatischen Beziehungen zu Persien [Iran] finden sich fünf Schreiben desselben. In dem einen Schreiben benachrichtigt der Schah den russischen Zaren, dass er die Türken besiegt habe, und fordert ihn zu gemeinschaftlichen Operationen gegen sie auf. In dem anderen Schreiben macht er denselben Vorschlag. Die drei letzten Schreiben handeln hauptsächlich auch von der Lage Persiens [Iran] in dem Kriege mit der Türkei; in einem derselben teilt der Schah dem Moskauer Zaren mit, dass Schemacha mit den Vorstädten von ihm genommen sei; „und werdet Ihr, schreibt der Schah, diese Städte nötig haben, so werden wir nicht auf sie bestehen: alle sind Dein, weil wir Freunde von Euch sind, und für die Freundschaft handelt man so.“


Im Jahre 1613 erhielt Russland einen gesetzmäßigen Herrscher, Michael Feodorowitsch (1613 — 1645), der das Land befriedete und es sowohl in wirtschaftlicher wie in politischer Beziehung hob. Das Verhältnis Russlands zu Persien [Iran] war sehr wichtig. Abbas hatte in Transkaukasien und Grusien Siege erfochten und war ein Mann des Schreckens für seine Nachbarn geworden. Die bestehenden Beziehungen dieses Herrschers zum Zaren mussten ausgenutzt werden, um nicht nur wichtige Handelsrechte für Russland, sondern auch bei möglichen Zusammenstoßen mit anderen Reichen Hilfe von Persien [Iran] zu erlangen.

Zu diesem Zweck schickte der Kaiser Michael Feodorowitsch im Jahre 1613 Michael Nikititsch Tichonow zu dem Schah, um ihm gleichzeitig seine Thronbesteigung anzuzeigen. Als der Gesandte wohlbehalten in Kaswin eingetroffen war, traf er dort den Schah nicht an, der zu dieser Zeit mit Grusien im Kampfe stand. Nachdem der Schah erfahren hatte, dass ein russischer Gesandter angekommen sei, befahl er, dass derselbe ihm nach dem Dorfe Kisyl-Agatsch auf der Gilanschen Straße entgegenkommen sollte. Der Schah empfing Tichonow sehr liebenswürdig und horte mit sichtbarer Genugtuung das Verlesen des überbrachten Schreibens an. Er erwiderte darauf, dass er den Wunsch habe, mit dem Kaiser Michael Feodorowitsch in brüderlicher Liebe und Freundschaft zu leben. Dessen Freunde seien auch seine Freunde. Der Schah Abbas bat ferner dem „großen Bruder“ Michael Feodorowitsch auszusprechen, „wenn, wo vordem im Kumyzkischen Lande Städte bestanden haben, mein Bruder auf diesen Stellen wieder Städte errichten wird, so werden unsere beiden Reiche verbunden sein, damit bei uns und bis zur Krim keine Feinde mehr vorhanden sind und wir gegen unsere Feinde gemeinsam auftreten können“. Die Gesandtschaft hielt aber während ihres Aufenthalts in Persien [Iran] ihre Würde nicht gehörig aufrecht, so dass die Umgebung des Schahs ihr einfaches Auftreten missbrauchte und bei jeder Gelegenheit die Bedeutung des russischen Gesandten herabsetzte, der bei seiner geringen Energie es nicht verstand, seine Rechte zu wahren. Der Schah selbst war Russland sehr zugetan, er kannte dessen Macht, schätzte einen solchen Nachbar und leistete ihm in der für Russland schweren Zeit bedeutende Dienste.

Mit dem russischen Gesandten zusammen reiste auch der persische [iranische] Gesandte Bulat-Bek zu dem Kaiser Michael Feodorowitsch, und wurde in Moskau mit großen Ehren aufgenommen. In den offiziellen Verhandlungen kamen aufs neue die freundlichen Beziehungen der beiden Reiche zum Ausdruck.

Der Feldzug Sigismunds, des Königs von Polen, gegen Russland und gleichzeitig damit die Bitte Grusiens und Kachetiens die von Persien [Iran] erobert waren, sie gegen letzteres zu schützen, veranlassten Michael Feodorowitsch, im Jahre 1618 eine große Gesandtschaft nach Persien zu schicken, an deren Spitze der Fürst Michael Petrowitsch Barjatinski gestellt wurde. Es wurde ihm genau der einzuschlagende Weg angegeben, sowie er auch Vorschriften erhielt, wie er sich auf dem Wege und bei dem Empfange am Hofe des Schah zu verhalten habe, um nicht das eigene Reich den Persern gegenüber herabzusetzen, sondern sie zu veranlassen, es noch mehr zu achten.

Barjatinski war beauftragt, dem Schah Abbas Geschenke und ein Schreiben zu überbringen, in welchem die brüderliche Freundschaft und Liebe, die Russland zu Persien hege, versichert wurde. Er sollte ferner die große materielle Zerrüttung, die Russland in der unruhigen Zeit erlitten habe, erwähnen und Abbas um Unterstützung gegen Sigismund durch Übersendung von Geld bitten. Michael Feodorowitsch verpflichte sich, dem Schah mit Kostbarkeiten aus dem Reich, die ihm genehm waren, Zahlung zu leisten.

Wenn der Schah einwillige, Russland mit Geld zur Hilfe zu kommen, solle Barjatinski ihm eine Urkunde mit der Versicherung aushändigen, dass die Gelder abgezahlt würden. Barjatinski wurde auch das Recht bewilligt, äußerstenfalls Astrachan Persien als Pfand zu überlassen. Die Hohe der Summe, welche von Persien erbeten wurde, war nicht genau bestimmt. Es wurde nur erwähnt, dass der Jahresunterhalt der gegen Sigismund aufgestellten Truppen 400.000 Rubel betrage. Ob der Gesandte Geld erhalten hat, in welcher Höhe und unter welcher Sicherung, ist nicht bekannt. Nur das weiß man, dass die Gesandtschaft sehr freundschaftlich aufgenommen wurde und er den Russen erlaubte, Handel zu treiben, und sogar den Wunsch äußerte, dass sein Reich unmittelbar an Russland grenzen mochte und keinerlei Länder zwischen den beiden Staaten lagen.

Was Grusien und Kachetien betrifft, die, wie erwähnt, Russland um Hilfe gegen die Perser [Iraner] gebeten hatten, so befasste sich der Gesandte nicht mit dieser Angelegenheit, und beschränkte sich nur darauf, Nachrichten über diese wie über die anderen, Persien [Iran] benachbarten Lander einzuziehen.

Der Vorschlag des Schahs Abbas, dass die Grenze Russlands und Persiens [Iran] eine gemeinsame werden mochte, hatte keine Folge, weil das einen neuen Krieg veranlasst haben würde, der damals für Russland bei seinem geschwächten Zustande nicht wünschenswert war.

Zwei Jahre nach der Rückreise Barjatinskis entsendete der Schah aufs neue eine außerordentliche Gesandtschaft nach Russland, die große Geschenke für Michael Feodorowitsch überbrachte und auf der ganzen Reise über das Kaspische Meer und weiter auf der Wolga festlich empfangen wurde.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Beziehungen Russlands zu Persien / Iran