Unter Nikolaus I. (1825-1855)

Nach dem Vertrage von Turkmantschai trat Persien [Iran] das Chanat Eriwan diesseits und jenseits des Aras und das Chanat Nachitschewan an Russland ab (Art. 3). Es verpflichtete sich, für die Verluste und den Schaden, die die russischen Untertanen erlitten hatten, 20 Millionen Silberrubel zu zahlen (Art. 6). Im 7. Artikel verpflichtete sich der Kaiser von Russland, den Prinzen Abbas-Mirsa als Thronfolger anzuerkennen und, wenn er den Thron bestiegen habe, ihn als gesetzlichen Herrscher Persiens [Iran] anzusehen. Durch den Artikel 8 wurde der 5. Artikel des Vertrages von Gulistan betreffs des Befahrens des Kaspischen Meeres bestätigt. Die Artikel 9 und 10 betrafen die erweiterten Rechte der Gesandten, Konsuln und Agenten.

Durch einen besonderen Vertrag, der unter demselben Datum in Turkmantschai abgeschlossen wurde, wurden die gegenseitigen Rechte über den Handel bestätigt und erweitert. So wurde durch den Artikel 2 bestimmt, dass die „von den beiderseitigen Untertanen vollzogenen Kontrakte, Wechsel, Bürgschaften und andere schriftliche Akte in Handelsangelegenheiten bei dem russischen Konsul und dem Hakim (bürgerlichen Richter), und wo kein Konsul vorhanden wäre, nur bei dem Hakim allein unterschrieben werden sollten. Wenn die eine der beiden Parteien nicht mit solchen schriftlichen Dokumenten und Bescheinigungen versehen sein sollte und sie die gerichtliche Forderung gegen die andere einleitet, indem sie nur Zeugen beibringt, so soll eine solche Forderung nicht zugelassen werden, es sei denn, dass der Verklagte selbst sie als gesetzlich anerkennt. Die Akte, die auf Grund der obigen Vorschriften abgeschlossen sind, sollen von den beiderseitigen Untertanen als heilig angesehen werden, und wenn durch eine Ablehnung, sie zu erfüllen, für irgend einen Verluste entstehen, so werden sie in entsprechender Weise nicht nur innerhalb Persiens, sondern auch außerhalb desselben vergütet. Diese Festsetzungen erstrecken sich auch auf die persischen Untertanen, die in Russland Handel treiben.“


Durch den 3. Artikel wird die 5prozentige Abgabe von dem Werte der ein- und ausgeführten Waren bestätigt, „ohne sie später mit irgend einem Zolle zu belegen“, mit dem Vorbehalt, dass, „wenn es Russland für notwendig hält, irgend welche Anordnungen betreffs des Zolles zu treffen und Tarife festzusetzen, es sich verpflichtet, den Zoll von 5 Prozent ohne irgend einen Zuschlag aufrecht zu erhalten“. In dem 5. Artikel wird es „den russischen Untertanen in Persien [Iran] erlaubt, dort Hauser für ihre Wohnung, wie Plätze und Niederlagen für ihre Waren nicht nur zu mieten, sondern auch als Eigentum zu erwerben“.

In dem Artikel 7 heißt es: „Alle Rechtsstreite und Streitsachen zwischen den russischen Untertanen werden durch die Gesandtschaft und die Konsuln des russischen Reichs nach den russischen Gesetzen entschieden; aber wenn Streitigkeiten und Rechtsstreite zwischen russischen und persischen Untertanen entstehen, gelangen sie an den Hakim oder Administrator und sind nur im Beisein des Dragomans der Gesandtschaft oder des Konsulats zu entscheiden. Wenn ein russischer Untertan mit Ausländern in Kriminalsachen verwickelt wird, kann er nicht ohne den Beweis, dass er an dem Verbrechen teilgenommen hat, verfolgt oder beunruhigt werden. Ist er aber daran beteiligt, soll er im Beisein des Konsuls oder eines von der russischen Gesandtschaft abgeordneten Beamten verurteilt werden“. Nachdem dem Angeklagten das Urteil eröffnet ist, soll der Verbrecher dem Repräsentanten des russischen Kaisers übergeben werden, um ihn nach Russland zu schicken und ihn dort nach den bestehenden Gesetzen zu bestrafen (Art. 8).

Einige Monate später nach dem Abschluss des Vertrages zu Turkmantschai wurde als bevollmächtigter Minister bei dem Hofe des Schahs von Persien Alexander Sergijewitsch Gribojedow ernannt, der unlängst in Persien gewesen und der persischen Sprache kundig war. Er wurde an der Grenze mit großer Ehrfurcht empfangen, blieb etwa einen Monat in Tabris und begab sich dann nach Teheran, wo er dem Schah vorgestellt wurde. Gribojedow war unterwegs am Fieber erkrankt und sehr nervös geworden. Da er sich der am Hofe des Schahs bestehenden Etikette, die Stiefel auszuziehen und sich mehrere mal vor dem Schah zu verbeugen, nicht unterwarf, erregte er durch diese Missachtung des „Zaren aller Zaren“ die anwesenden Würdenträger und zog sich den Hass des Volkes zu. Der Schah selbst beachtete das Verhalten des russischen Gesandten nicht und fuhr fort, mit ihm seiner Würde gemäß zu verhandeln.

Indem Gribojedow auf der genauen Ausführung des Vertrages bestand, verlangte er unter anderem auch die Zurückgabe aller in dem letzten Kriege oder früher gemachten Gefangenen, einschließlüch auch der, welche sich schon verheiratet, Kinder hatten, Mohammedaner geworden waren und nicht wieder zum Christentum übergehen wollten. Von diesen letzteren befanden sich zwei Grusinerinnen in dem Harem von Dawle-Allah-Jar-Oran-Chan-Kadshar, welche seine Lieblingsfrauen waren. Beide ließ Gribojedow zu sich rufen und schlug ihnen vor, wieder zur rechtgläubigen Kirche zurückzukehren. Sie hatten aber mehrere Kinder von dem Chan, waren an das Leben im Harem gewohnt und weigerten sich, die Forderung des russischen Gesandten zu erfüllen. Da noch mehrere andere zum Mohammedanismus übergetretene ehemalige Christen aufgefordert wurden, vor dem Gesandten zu erscheinen, so beklagten sich die in ihrem religiösen Gefühl beleidigten Mohammedaner der Hauptstadt über ein solches Verfahren des „Giaurs“ und die Schwäche der Regierung bei dem Muschtahid, dem Glaubensvertreter ganz Persiens. Letzterer sandte zwei Mollas zu Gribojedow mit der Forderung, dass er nicht wagen solle, die Rechte der Christen, die zum Mohammedanismus übergetreten waren, zu schützen. Gribojedow gab diesem Verlangen nicht nach und schickte die Mollas zurück. Als der Muschtahid erfuhr, wie der russische Gesandte mit seinen Boten verfahren habe, berief er alle Obermollas und die Dejids nach der Moschee Djami zur Beratung über die verwegenen Schritte des Kafiren. Nach langer Beratung beschlossen diese Fanatiker über die russische Gesandtschaft herzufallen und alle ihre Mitglieder zu toten. Der Beschluss der Geistlichkeit wurde so schnell ausgeführt, dass, als die drei Kompagnien Sarbassen, die zur Beruhigung des Volks abgeschickt waren, an dem Ort der Katastrophe ankamen, sie nichts mehr als die Leichen und die Ruinen der Gebäude vorfanden.

Der durch dies barbarische Verfahren sehr erschreckte Schah ließ alle daran beteiligten Leute hinrichten, beabsichtigte aber auch den Prinzen Abbas-Mirsa nach Russland zu senden, um den Kaiser von Russland zu überzeugen, dass die persische Regierung die Ermordung der Mitglieder der Gesandtschaft nicht veranlasst habe.

Dem Prinzen Abbas-Mirsa war es sehr schwer, das Reich in einer solchen schwierigen Zeit zu verlassen; es wäre für ihn ein Opfer gewesen, was auch von dem hochherzigen Kaiser Nikolaus Pawlowitsch eingesehen wurde. Er schrieb an den Prinzen einen eigenhändigen Brief, aus dem hervorgeht, dass das unglückliche Geschehnis den Kaiser im höchsten Grade gekränkt und ihn zu dem Entschluss gebracht habe, alle Mittel anzuwenden, um das unschuldig und gegen jedes Völkerrecht vergossene Blut zu rächen.

Der Oberkommandierende in Grusien, Graf Paskewitsch Eriwanski, überzeugte aber den Kaiser, dass die persische Regierung keinen Teil an der Freveltat habe und über das unglückliche Ereignis sehr bekümmert sei, so dass der Kaiser von seinem Entschlusse Abstand nahm; er bedauerte nur, dass die Perser noch einen solchen großen Mangel an Bildung hatten, dass dergleichen Verbrechen vorkommen konnten. Um allen Schaden abzuwenden und die persische Regierung bei allen Gelegenheiten zu unterstützen, ließ Nikolaus I. seinen Brief durch den Generalmajor Dolgoruki überbringen, der den Befehl erhielt, so lange in Persien [Iran] zu bleiben, wie er es für notwendig halte, nachdem er das Schreiben dem Prinzen Abbas-Mirsa eingehändigt habe.

Der Kaiser sah den verderblichen Einfluss der hinterlistigen Absichten, welche die Ruhe Persiens [Iran] ins Schwanken bringen konnten, ein, und da er die Wohlfahrt der verbündeten Macht stets im Auge hatte, hielt er die Anwesenheit des Prinzen Abbas-Mirsa in Tabris für notwendig, so dass er dessen Ankunft in Petersburg ablehnte und sich dahin äußerte, dass er es für eine genügende Vergeltung für die beleidigte Würde des russischen Reiches erachte, wenn der Schah nach der Hinrichtung der Verbrecher sich durch einen seiner Sohne oder durch einen Sohn Abbas-Mirsas in Begleitung eines bevollmächtigten Würdenträgers in Petersburg entschuldigen ließe.

Im August 1829 erfolgte der feierliche Einzug von Chosrew-Mirsa, dem Sohn Abbas-Mirsas, in Petersburg. Die Gesandtschaft war mit reichen Geschenken versehen und überbrachte ein Entschuldigungsschreiben des Schahs Fath-Ali, in welchem er entschieden aussprach, dass er an jenem Geschehnis nicht beteiligt gewesen wäre und diese barbarische Tat der „Feindseligkeit des Schicksals“ zuschrieb. Chosrew-Mirsa verstand es, sich das Wohlwollen des Kaisers zu erwerben, indem er sich durch lobenswerte Eigenschaften auszeichnete und trotz seiner Jugend sehr taktvoll auftrat. Durch das große Verdienst des jungen Prinzen und die herzlichen Beziehungen zwischen der persischen Regierung und Russland wurde nicht nur ein Einverständnis zwischen den beiden Herrschern erzielt, sondern auch auf die Bitte des Schahs ein Teil der Kontribution (2 Millionen) erlassen und die Zahlung des anderen auf 5 Jahre aufgeschoben.

Dieses Verfahren findet nur darin eine Erklärung, dass der russische Einfluss in Persien merklich den Einfluss Englands verminderte, dessen Politik allerdings nur dank der 3 Millionen Pfund Sterling, welche seit der Gesandtschaft Malcoms verausgabt waren, das Übergewicht hatte. Gribojedow weist in seinem Briefe vom 30. November 1828 an den Grafen Nesselrode darauf bin, „dass die persische Politik sich Russland zuwende“. „Irgend eine Drohung oder der Erlass einer Anordnung im Namen des Kaisers, schreibt Gribojedow, werden schon nicht mehr beständig mit der Meinung der Engländer in die Wagschale gelegt, die jetzt dem Prinzen eindringlich raten, nicht ohne Vorsicht sich in die Arme Russlands zu werfen, sondern sich eigene Volkstruppen zu bilden zu suchen, mit denen er zu geeigneter Zeit gegen die Brüder vorgehen konnte, die ihm das Recht auf den Thron streitig machen würden.“ Dieser politische Rat entsprach nicht vollständig dem Charakter des Thronfolgers, der bei seinem Verstande, seinem Scharfsinn und seiner richtigen Beurteilung der Leute und Dinge in dem gewöhnlichen Leben sich bei starken moralischen Erschütterungen ganz veränderte, indem er es vorzog, sich fremdem Einfluss hinzugeben und von außen Hilfe zu erwarten, anstatt selbst seine Geschicke zu lenken. Damals träumte er nur von der Unterstützung und dem Schutz des Kaisers bei seiner zukünftigen Thronbesteigung, so dass er sich bei diesem einschmeichelte und den Russen innig ergeben war.

Nach der Beendigung des Krieges mit Russland konnte Abbas-Mirsa seine ausschließliche Aufmerksamkeit seinen westlichen und östlichen Nachbarn zuwenden; seine Truppen waren denen jener überlegen und versprachen neue Siege und Eroberungen.

Die dann folgende Expedition gegen Chorassan setzte die Engländer in Schrecken, die um die Zukunft Herats besorgt waren, unter dessen Mauern bereits Mohammed-Mirsa stand. Die Belagerung dieser Stadt hatte keinen entscheidenden Erfolg. Abbas-Mirsa starb plötzlich im Jahre 1834 in Meschhed, was die Sachlage vollständig änderte. Mit dem Verlust des beliebten Feldherrn verloren die Perser auch die Initiative; sie verließen die Hauptstadt Chorassans, ohne die vorhergehenden Siege zu benutzen.

In demselben Jahre starb auch der Schah Fath-Ali und Mehmed-Schah, ein Sohn Abbas-Mirsas, bestieg den Thron dank der Unterstützung seitens Englands, das von neuem maßgebend in Persien geworden war. Um ihren Einfluss hier aufrecht zu halten, versahen sie Persien [Iran] mit 2 Millionen Gewehren und sehr vieler Munition. Aber bei einer so wesentlichen Unterstützung zogen die Engländer die Persönlichkeit des Schahs gar nicht in Rechnung und erkannten nicht dessen Bestrebungen, Herat in Besitz zu nehmen. Die Bevölkerung Herats hasste die Afghanen und war ihren Stammesgenossen, den Persern, sehr geneigt. Unter diesen Umstanden konnte eine Obereinstimmung der beiden Machte nicht lange bestehen bleiben, bald entstanden Misshelligkeiten, die damit endigten, dass die englischen Offiziere Persien [Iran] verließen.

Der Beherrscher Afghanistans schickte einen Bevollmächtigten an Mehmed-Schah, um mit ihm über die Auswechselung der Gefangenen, die Beendigung der Feindseligkeiten und sogar über den Abschluss eines Bündnisses gegen die Turkmenen, die beide Reiche beunruhigten, zu verhandeln. Persien [Iran] sollte Kavallerie und Infanterie stellen, um zum Angriff vorzugehen, aber nicht das Recht haben, sich in die inneren Angelegenheiten Afghanistans einzumischen. Da der Schah Mehmed wupte, dass seine Truppen den afghanischen überlegen waren, lehnte er diese Vorschlage nicht ab, stellte aber die Bedingung, dass Herat die Oberhoheit Persiens anerkenne und forderte, dass Geld mit dem Stempel „Zar der Zaren“ geprägt würde.

England war mit diesen Forderungen sehr unzufrieden, weil es nicht wünschte, dass Persien in seinen Beziehungen nach außen vollständig selbständig würde. Es zögerte nicht, sich einzumischen und Mehmed-Schah und Kamran-Mirsa, den Beherrscher von Herat, durch diplomatische Intrigen zu hintergehen, indem sie letzterem Hilfe versprachen. Der Beherrscher Herats verließ sich auf diese Versprechungen, beachtete die Forderungen Persiens nicht und erlaubte sich sogar, in Chorassan einzufallen und Gefangene fortzuführen. Auf diese Nachricht hin zog Mehmed eine große Armee zusammen, um gegen Herat vorzugehen, indem er sich aber vorher mit der Bitte an Russland wandte, ihn zu unterstützen. Letzteres war gar nicht abgeneigt, Mehmed zu helfen; es bewog ihn sogar, unverweilt zum Angriff vorzugehen, indem es ihm russische Offiziere als Führer der Truppen und Soldaten zusagte, Anfangs wandte sich der Schah gegen die turkmenischen Stamme Goklan und Jomed, und schlug sie an dem Husse Gjurgen. Nach dieser glänzenden Beendigung der Expedition kehrte er zurück, und schon im Jahre 1837 ging er auf Herat vor, trotz des unbefriedigenden Zustandes der Armee und des Rates des russischen Bevollmächtigten, zu warten, um seine Finanzlage zu bessern.

Da es der englischen Regierung nicht möglich war, die Expedition zu verhindern, rief sie ihre Offiziere aus der persischen Armee zurück. Nur der Oberstleutnant Stoddart blieb auf dem Kriegsschauplätze unter einem Vorwande zurück; er war dazu bestimmt, die Interessen Persiens zu schädigen und den englischen Bevollmächtigten bei dem Hofe in Teheran über die Lage der Dinge zu benachrichtigen. Da er sehr wenig gehindert wurde, schickte Stoddart nicht nur genaue Berichte ein, sondern er verstand es auch, sich mit dem englischen Offizier Pottinger, der die Belagerung von Herat leitete, in Verbindung zu setzen. Die Perser wurden bald auf seine geheimen Beziehungen zu Herat aufmerksam, schöpften Verdacht und hielten den Boten auf, der eine Meldung dem englischen Gesandten Mac-Neal überbringen sollte. Obgleich der Bote wieder freigelassen und ihm die Meldung unaufgebrochen zurückgegeben wurde, forderte doch Mac-Neal Genugtuung. Ohne diese abzuwarten, begab sich letzterer nach Herat, wo er von dem Schah ziemlich kalt empfangen wurde. Das hielt ihn aber nicht ab, den Schah um die Erlaubnis zu bitten, sich nach der belagerten Stadt zu begeben und Kamran-Mirsa aufzufordern, die Stadt zu übergeben. Er erhielt dazu die Erlaubnis; aber der listige Engländer veranlasste den Beherrscher Herats, gerade das Gegenteil zu tun, nachdem er ihm mehrere tausend Goldstücke eingehändigt hatte. Infolgedessen zog sich die Belagerung hin, und nur dem Geschick des Grafen Simonitsch und der russischen Offiziere gelang es, Herat in eine solche Lage zu bringen, dass die Obergabe der Stadt jeden Tag erwartet werden konnte. Da die Engländer dies voraussahen, traf der Oberstleutnant Stoddart am 9. April 1838 ein, um im Namen Mac-Neals zu eröffnen, dass die Expedition gegen Herat einer Demonstration gegen die indischen Besitzungen Englands gleichkäme, und forderte den Schah auf, die Belagerung der Stadt sofort aufzugeben und nach seinem Reich abzuziehen; wenn er dies nicht tue, so habe er das englische Geschwader, das schon auf der Insel Charak gelandet sei, zu fürchten. Diese Drohung wirkte, die Truppen wurden zurückgerufen, und schon im folgenden Jahre, 1839, herrschte der englische Offizier Toll in Herat. Mac-Neal zögerte nicht, diese günstige Wendung zu benutzen, und schloss im Jahre 1841 einen neuen Handelsvertrag mit Persien [Iran] ab, auf Grund dessen die Einfuhr- und Ausfuhrzolle bei dem Handel der Engländer in Persien denen der meistbegünstigten Nationen gleichgestellt werden sollten; außer diesen Abgaben seien keine weiteren innerhalb der beiden Reiche zu erheben.

In demselben Jahre wandte sich der Schah Mohammed durch den russischen Bevollmächtigten in Teheran an die russische Regierung mit der Bitte, Kriegsschiffe zu entsenden, um die turkmenischen Piraten zu verfolgen, die an den Küsten des Kaspischen Meeres Räubereien ausführten. Russland lehnte diese Bitte nicht ab und machte dem Schah den Vorschlag, die Insel Aschur Ade in dem Busen von Astrabad abzutreten und hier einen ständigen Militärposten zu errichten, der gegen die Piraten ein Schutz sein und den russischen und persischen Handel unterstützen würde. Der Vorschlag wurde angenommen und so die schon vor 60 Jahren gefasste Absicht Katharinas II. verwirklicht.

Am 13. Oktober 1848 starb der Schah Mohammed; sein Nachfolger wurde sein Sohn Nasr-Eddin, der sehr schwierige Verhältnisse vorfand. Er musste alles umgestalten, große Härte zeigen, in der steten Furcht vor Unruhen oder offenen Aufstanden seitens der feindlichen Parteien. Nur die Unterstützung Russlands und Englands ermöglichten es Nasr-Eddin, diese schwierigen Verhältnisse zu überwinden. England zögerte nicht, als Entgelt für seine Hilfe im Jahre 1853 eine Konvention abzuschließen, in der sich die persische Regierung verpflichtete, nur dann Truppen gegen Herat vorgehen zu lassen, wenn fremde Truppen in diese Stadt eindrangen; aber auch im letzteren Falle dürfe die persische Armee nicht in Herat einrücken. Die persische Regierung dürfe sich nicht in die inneren Angelegenheiten Herats einmischen und solle Seid Mohammed Chan , den Regenten von Herat, davon schriftlich in Kenntnis setzen. Persien [Iran] dürfe für Herat keine Münzen prägen oder andere Zeichen anfertigen, die darauf hinwiesen, dass Herat Persien [Iran] untertan sei. Es verpflichte sich, keinen ständigen Agenten in Herat zu halten. Die persische Regierung habe alle Heratschen Chane in Freiheit zu setzen, die sich jetzt in Meschhed oder Teheran befanden. Diese Verpflichtungen sollten in Kraft bleiben, bis die britische Regierung dazwischentrete; dann verloren sie ihre Bedeutung.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Beziehungen Russlands zu Persien / Iran