Unter Alexander I. (1801–1825)

Aus diesen Gründen war es natürlich, dass der Schah sogar nach dem Abschluss des Vertrages mit England fortfuhr, einen zuverlässigen Bundesgenossen zu suchen. Dass nach der Eroberung von Grusien Russland sich auch Imeretien, Mingrelien und Gurien einverleibt und dann Persien [Iran] den Krieg erklärt hatte, bestätigte die Befürchtungen Fath-Alis, dass England ein sehr unzuverlässiger Bundesgenosse wäre. Letzteres versagte Persien [Iran] die Hilfe nicht, aber es stellte als Entgelt die unerhörten Forderungen, „das ganze Küstenland abzutreten, das Recht, Bender-Buschir zu befestigen, enorme Kontributionen, die Abtretung der Inseln und das Oberkommando über die persischen Truppen“. Der darüber aufgebrachte Schah verwarf alle diese Bedingungen Englands und wandte sich im Jahre 1802 brieflich an Napoleon, dessen Persönlichkeit und Eroberungen in Italien und Ägypten ihn hoffen ließen, aus dieser gefährlichen Lage zu kommen.

Napoleon war sehr erfreut, einen solchen Bundesgenossen im Osten zu gewinnen, und sandte unverweilt Jaubert mit einer offiziellen Mission an den Sultan Selim und mit einer geheimen an den Schah von Persien. Fast gleichzeitig mit Jaubert wurde Raumier entsendet, der unter dem Vorwande, eine außerordentliche Mission nach China zu haben, durch Syrien, Suleimanien nach Persien gelangte und dann sich schnell nach Teheran begab, indem er Ränke von den Engländern befürchtete, die aufmerksam waren und den wahren Zweck der Gesandtschaft errieten. Fath-Ali nahm den Gesandten sehr freundlich auf, weil dieser die Instruktion hatte, den Schah zu benachrichtigen, dass Napoleon mit dem Bündnis vorläufig einverstanden sei und ein offizieller Gesandter eintreffen würde. Vor allem kam es Napoleon darauf an, den Zustand des Landes und seine Truppenmenge kennen zu lernen. Einige Tage nach seiner Ankunft starb Raumier. In der Hauptstadt ging das Gerücht, dass er ein Opfer politischer Intrigen geworden sei. Der Schah Fath-Ali war über dessen Tod sehr traurig, beerdigte ihn mit großer Pracht und errichtete ihm sogar ein Denkmal. Der Bevollmächtigte Napoleons, Jaubert, war indessen sehr vorsichtig, und erst in Erzerum erklärte er sich als Gesandter. Die Engländer verfolgten seine Reise mit großer Aufmerksamkeit, und bei seiner Ankunft in Bajasid ergriffen sie ihn und nahmen ihn gefangen. Nach kurzer Zeit wurde er aber wieder in Freiheit gesetzt und traf in Teheran ein, wo man ihn mit großer Ungeduld erwartet hatte. Er wurde außerordentlich freundlich empfangen. Infolge der langen Reise und der Gefangenschaft sehr erschöpft, erkrankte Jaubert und reiste krank mit einem Antwortschreiben des Schahs nach Paris zurück. Fath-Ali war über das Unglück, das die Gesandten Napoleons betroffen hatte, sehr bekümmert. Er gab Jaubert den besten Arzt mit, der mit seinem Kopf für das Leben des Gesandten haften sollte. Glücklicherweise erholte sich Jaubert auf der Reise, kehrte wohlbehalten nach Paris zurück und überreichte Napoleon das Schreiben des Schahs. Bevor ersterer sich entschloss, ein Bündnis mit Persien [Iran] zu schließen, entsandte er noch wiederholentlich Gesandte dorthin, um sich über die Fähigkeit Persiens [Iran], ihn bei seinen Eroberungsplänen in bezug auf Indien zu unterstützen, klar zu werden.


Um diese Zeit begann Russland den Krieg mit Persien [Iran]. Die Siege des Fürsten Zizianow über Abbas-Mirsa, die Einnahme der Festung Ganj (Jelissawetpol) im Jahre 1804 und die im Jahre 1805 genommenen Chanate Karabagh, Scheka und Schirwan bis dicht an den Aras brachten den Schah nicht zur Vernunft; auf Anraten der Engländer dachte er nicht an den Frieden, so dass er Russland zwang, auf seiner siegreichen Bahn weiter fortzuschreiten. Der Krieg Persiens [Iran] mit Russland war den Engländern notwendig, weil er Napoleon hinderte, seine Pläne in betreff Indiens zur Ausführung zu bringen.

Die Einnahme Bakus durch den General Bulgakow und Derbents durch Glasenap im Jahre 1806 veranlasste Fath-Ali, seinen Bevollmächtigten Mirsa-Risa-Chan nach Frankreich zu schicken, um möglichst schnell einen Vertrag mit Napoleon abzuschließen. Der Vertrag wurde am 4. Mai 1807 in Finkenstein unterzeichnet, kraft dessen sich Fath-Ali verpflichtete, nach der Ratifikation des Vertrages alle politischen und Handelsbeziehungen mit England abzubrechen und ihm sofort den Krieg zu erklären, ohne seinen Vorschlagen zuzustimmen (Art. 8). Wenn Russland und England ein Bündnis gegen Frankreich und Persien [Iran] schließen sollten, waren beide Nationen verpflichtet, gemeinsam gegen die beiden obengenannten Mächte zu operieren (Art. 9). Der Schah verpflichtete sich ferner, seinen ganzen Einfluss zu benutzen, um die Afghanen und andere Völkerschaften Kandahars zu einem Kriege gegen England zu bewegen und nach Vereinigung dieser Truppen mit den eigenen tief in Indien einzudringen (Art. 10). In dem Falle, dass Napoleon seine Armee auf dem Landwege nach Indien vorgehen ließe, sollte der Schah sie durch sein Territorium rücken lassen, sie auf dem Marsche mit Verpflegung unterstützen und endlich seine Armee mit der französischen vereinigen (Art. 12). Alle Häfen des Persischen Golfs sollten dem französischen Geschwader geöffnet werden (Art. 11). Napoleon garantierte seinerseits Persien [Iran] den vollen Besitzstand seines Reichs (Art. 2), erkannte Grusien als zu Persien gehörig an (Art. 9). Er versprach, alles aufzubieten, Russland zur Zurückgabe Grusiens und der anderen Gebiete zu bewegen (Art. 4). Ferner verpflichtete sich Napoleon, einen Bevollmächtigten dem Teheranschen Hofe beizugeben und Persien [Iran] zu helfen, die Truppen und die Bewaffnung nach französischem Muster zu reorganisieren, und war mit der Gestellung von Instruktionsoffizieren einverstanden (Art. 7). Auch wollte er so viel Waffen liefern, wie es der Schah für nötig halte.

So versprach Napoleon allerdings, Persien [Iran] in späterer Zeit zu helfen; nur Instruktoren und Waffen wollte er schicken. Persien [Iran] sollte dagegen gezwungen werden, trotz seiner Leistungsunfähigkeit und dem mehrjährigen Kriege mit Russland sofort England den Krieg zu erklären und nach Indien vorzugehen.

Trotzdem dass der Vertrag außerordentlich unvorteilhaft für Persien [Iran] war, wurde dennoch der ständige Gesandte Frankreichs von der Bevölkerung mit unbeschreiblichem Enthusiasmus aufgenommen. Der Schah unterzeichnete, ohne zu zögern, den Vertrag und auch den Ergänzungsvertrag, auf Grund dessen den französischen Untertanen große Vorteile in betreff des Handels und den Konsuln eine weitgehende Machtbefugnis eingeräumt wurden.

Die französischen Instruktoren und die französischen Waffen halfen Persien nicht; die Russen gingen im Kaukasus weiter vor und nahmen im Jahre 1808 Nachitschewan. Aus Furcht vor solchen schnellen Erfolgen schlug Fath-Ali dem russischen Oberbefehlshaber Gudowitsch vor, einen Waffenstillstand auf ein Jahr abzuschließen, welcher Vorschlag dem Kaiser von Russland unterbreitet wurde. Gleichzeitig schickte Fath-Ali seinen Gesandten Asker-Chan nach Paris mit der Vollmacht, unter Mitwirkung Napoleons mit dem Grafen Tolstoi, dem damaligen russischen Gesandten an dem französischen Hofe, einen Friedensvertrag abzuschließen. Asker-Chan war aber noch nicht nach Paris gelangt, als der Kaiser von Russland an Gudowitsch den Befehl erließ, keinen Waffenstillstand zu gewähren und vorzugehen. Napoleon hatte Asker-Chan nicht unterstützt; er wollte sich mit Russland nach dem Tilsiter Frieden nicht entzweien, wies auf die zu weite Entfernung Frankreichs von Persien hin, und lehnte das Gesuch ab.

Infolge dieser abschlägigen Antwort horte der Einfluss Frankreichs auf Persien [Iran] auf. Der Plan Napoleons, sich Indiens mit Hilfe Persiens [Iran] zu bemächtigen, konnte nicht zur Ausführung kommen.

Die Engländer hatten ihre volle Aufmerksamkeit auf die Ereignisse in Persien gerichtet und zögerten nicht, aus den Umständen Nutzen zu ziehen, indem sie mit einem Geschwader in den persischen Golf unter dem Vorwande einliefen, Verhandlungen anzuknüpfen. Der französische Gesandte verlangte von Fath-Ali, sich jeglicher Verhandlungen mit den Engländern zu enthalten, unter der Drohung, dass er andernfalls Persien [Iran] verlassen würde. Der Kommandierende des englischen Geschwaders machte den Vorschlag, dass England den Schah mit Geld unterstützen werde, um den Krieg mit Russland fortsetzen zu können. Wenn er dies ablehnen sollte, würde England Persien [Iran] den Krieg erklären und die jetzt herrschende Dynastie stürzen und einen Nachkommen des früheren Herrscherhauses, welcher sich auf dem Geschwader befinde, den Thron besteigen lassen.

Fath-Ali fand keinen anderen Ausweg aus dieser misslichen Lage, als mit England in Unterhandlungen zu treten, wodurch allerdings der Vertrag mit Napoleon verletzt wurde. Am 12. Februar 1809 verließ der französische Gesandte Teheran, und einige Tage später zog der englische Gesandte feierlich hier ein. In demselben Jahre schloss Persien [Iran] mit England einen neuen Vertrag; es erhielt eine bedeutende Geldunterstützung und für seine Truppen englische Instruktionsoffiziere, welche aber schon 1812 zurückgerufen wurden.

Um diese Zeit traf Russland seine Vorbereitungen für den Krieg mit Frankreich. An den General Kotljarewski erging der Befehl, die Operationen gegen Persien [Iran] zu beschleunigen. In den Jahren 1812 — 1813 gewann letzterer die glänzende Schlacht bei Aslandusa, nahm Lenkoran und bemächtigte sich 1813 des Talynischen Chanats. Der Rückzug Napoleons im Jahre 1812 aus Russland und seine im Jahre 1813 erfolgten Niederlagen zerstörten die Hoffnung des Schahs, dass er ihm zu Hilfe kommen würde. Er sah sich infolgedessen genötigt, am 12. Oktober 1813 in Gulistan mit Russland Frieden zu schließen.

In den Friedensverhandlungen kam man überein, dass der Frieden auf Grund des status quo ad präsentem abgeschlossen werden sollte, also dass jeder Gegner in den Landschaften, Chanaten und Besitzungen bliebe, welche zur Zeit in seinen Händen seien (Art, 2); infolgedessen wurden Russland die Chanate Karabagh und Ganj, das jetzt zur Provinz Jelissawetpol geworden ist, ferner auch die Chanate Scheka, Schirwan, Derbent, Kuba, Baku und Talysch abgetreten. Außerdem fielen an Russland das ganze Dagestan, Grusien, die Schuragasche Provinz, Imeretien, Gurien, Mingrelien und Abchasien, ebenso alle Besitzungen und Landschaften zwischen der festgesetzten Grenze und der kaukasischen Linie mit den an letzterer und dem Kaspischen Meere anliegenden Landschaften und Völkern (Art. 3). Auf Grund des Artikels 4 erhielt Alexander I. für sich und seine Nachfolger das Recht, in Persien „die Selbstherrschaft und die herrschende Macht auf den festen Grundlagen“ zu erhalten und deshalb „verspricht er dem Sohne des Schahs von Persien, welcher von diesem als Nachfolger auf dem persischen Throne bestimmt sein wird, nötigenfalls Hilfe zu gewähren, damit keinerlei äußere Feinde sich in die Angelegenheiten des persischen Reichs einmischen konnten und damit durch die Hilfe des Allerhöchsten Russischen Hofes der Persische Hof befestigt wäre. Wenn übrigens unter den Söhnen des Schahs Streitigkeiten über die Angelegenheiten des persischen Reichs entstanden, so würde das russische Reich nicht eingreifen, bis der herrschende Schah darum bitten würde“. Nach dem 5. Artikel sicherte sich Russland das ausschließliche Recht der Herrschaft der „Kriegsflagge“ auf dem Kaspischen Meere, während die persischen Handelsschiffe nach dem früheren Gebrauch „das Recht behielten, das Kaspische Meer zu befahren und an den russischen Ufern anzulegen“, unter der Bedingung, „dass sie bei Schiffbrüchen freundschaftliche Hilfe leisteten“. Die Gesandten sollten „ihrem Range und der Wichtigkeit ihrer Auftrage entsprechend aufgenommen werden, wahrend die zum Schutz des Handels bestimmten Agenten oder Konsuln, welche von höchstens 10 Mann begleitet waren, die ihnen als Vertrauenspersonen gebührenden Ehren genießen würden“ (Art. 7). Im 8. Artikel wurden die Rechte zum freien Handel sowohl für die russischen wie für die persischen Untertanen innerhalb des fremden Reichs bestätigt. Die Zölle für die Waren sollten 5 Prozent betragen; höhere Abgaben dürften unter keinem Vorwande erhoben werden.

Die von Russland in dem Gulistanschen Vertrage erlangten Vorteile veranlassten England, eilends wieder einen Gesandten nach Persien [Iran] zu schicken, der so geschickt die Verhandlungen zu leiten wusste, dass im Dezember 1814 ein neuer Vertrag zustande kam, nach welchem alle Bündnisse mit Reichen, die Großbritannien feindlich gesinnt seien, für nichtig erklärt wurden. Der Schah wurde verpflichtet, einem Vorgehen irgend eines europäischen Staates nach Indien durch Buchara oder Chiwa entgegenzutreten. Der Vertrag wurde nur als ein Verteidigungsvertrag angesehen. Die Unterstützung mit Truppen oder eine Subvention in der Höhe von 200.000 Pfund Sterling sollte Persien [Iran] jährlich von England gewährt werden, wenn ein Eroberer in dasselbe eindringen würde, aber nur dann, wenn Persien [Iran] nicht dazu die Veranlassung gegeben habe. Persien [Iran] wurde das Recht zugestanden, europäische Offiziere zur Ausbildung seiner Truppen zu verwenden, aber nur unter der Bedingung, dass diese nicht einer England feindlichen Macht angehörten. Wenn irgend ein europäischer Staat, der sich mit England im Frieden befände, Persien [Iran] den Krieg erklären sollte, würde England mit Truppen oder Subsidien Persien unterstützen. Letztere würden möglichst rechtzeitig abgesendet werden. Persien [Iran] habe mit seiner Armee gegen den Feind vorzugehen, die auf Kosten Englands unterhalten werden würde. Wenn aber zwischen Persien [Iran] und Afghanistan ein Krieg ausbrechen sollte, würde England sich nicht einmischen, es sei denn, dass es um seine Vermittelung gebeten würde.

Dass dieser Vertrag gegen Russland abgeschlossen wurde, liegt auf der Hand, zumal sich auch der Schah verpflichten musste, seine Armee mit englischen Instruktoren und Waffen zu versehen und eine Gussstahlfabrik in Tabris zu errichten. Die englischen Offiziere blieben jedoch nur ein Jahr in Persien [Iran]. Damals hatte der Prinz Abbas-Mirsa das Kommando über die persische Armee. Er war ein sehr verständiger, talentvoller Mann mit europäischen Anschauungen, so dass er sich über die politischen Intrigen klar war. Infolgedessen war er den englischen Instruktoren nicht freundlich gesinnt und beobachtete sie sehr aufmerksam. Als diese die Änderung ihrer Stellung bemerkt hatten, zögerte er nicht, offen gegen sie vorzugehen, so dass sie veranlasst wurden, aus eigenem Antriebe Persien [Iran] zu verlassen.

Nach Abschluss des Gulistanschen Vertrags schickte die persische Regierung den Gesandten Mirsa-Abdul-Hasan nach Petersburg mit dem Auftrage, die Rückgabe mehrerer nach dem Vertrage an Russland abgetretenen Provinzen zu verlangen. Der Kaiser Alexander I. befand sich damals auf dem Kriegsschauplatz im Auslande. Nach seiner Rückkehr empfing er den Gesandten sehr gnädig. Anstatt aber dem Gesandten auf dessen Bitte zu antworten, teilte er ihm mit, dass er als Beweis der herzlichen Freundschaft zum Schah den General Jermolow zum Gesandten ernennen werde. Letzterer erhielt eine sehr weitgehende Vollmacht: er solle zuerst in Grusien sich aufhalten und mehrere Grenzorte bereisen, um sich zu überzeugen, ob es, ohne Russland zu schädigen, möglich sei, etwas den Persern abzutreten und eine Grenzänderung zuzulassen, ohne es zu schwächen.

In der von dem Kaiser erlassenen Instruktion wurde Jermolow vorgeschrieben:

1. Sich zu überzeugen, ob es nicht möglich sei, in dem Talyschen und Karabaghschen Chanaten ein Mittel zu finden, um das Ansuchen Persiens [Iran], ihm gewisse Landschaften, „die durch den Gulistanschen Vertrag an Russland gefallen waren, zurückzugeben, indem eine neue Grenzlinie gezogen und als Entgelt dafür andere Vorteile erlangt würden.

2. Handelskontore in Enseli, aber besonders in Astrabad zu eröffnen.

3. In der Frage über die Anerkennung Abbas-Mirsas als Thronfolger sich nach der Politik Englands zu richten, das ihm wohl den Titel als Thronfolger gebe, aber keine Bürgschaft dafür übernehme.

4. Mit Persien [Iran] eine solche Abmachung zu treffen, in welcher es seinerseits sich verpflichte, die strengste Neutralität zu beobachten, während Russland die Verpflichtung übernehme, bei allen Kriegen, die Persien [Iran] mit den Grenz- und anderen Reichen führe, unbeteiligt zu bleiben.

5. Den überwiegenden englischen Einfluss über Persien [Iran] zu hemmen, ihn in unmerklicher Weise zu schwächen und endlich ihn ganz unwirksam zu machen.

6. Persien in seinem eigenen Interesse zum Frieden mit Russland zu bewegen.

7. Eingehende Nachrichten über die Regierung des Landes, seine Mittel, seine Statistik, seine Topographie, den Zustand und die Starke seiner Truppen einzuziehen.

8. Nach der Abreise von Teheran dort eine ständige Mission einzurichten.

Jermolow verweilte bei seiner Reise nach Persien [Iran] eine ziemlich lange Zeit in Kaukasien, um die Lage des Landes kennen zu lernen und Mittel zu finden, um das Ansuchen Persiens zu befriedigen. Nachdem er einen Monat in Transkaukasien zugebracht hatte, reiste er mit einer Suite von etwa 200 Mann auf dem Landwege über Eriwan und Tabris nach Teheran. Überall wurde er auf die schmeichelhafteste Weise, mit großer Aufmerksamkeit und Wertschätzung aufgenommen. Aber nichtsdestoweniger suchten die Perser, wenn sich die Gelegenheit bot, den russischen Gesandten in den Augen des Volks herabzusetzen, indem sie auf der genauen Befolgung der Gebrauche und Zeremonien, die bei dem persischen Hofe üblich waren, bestanden. Aber alle diese Versuche scheiterten an der eisernen Festigkeit und dem Stolz Jermolows, der sich darauf berief, „dass er nicht als ein Spion Napoleons, noch als ein Handelsagent komme“. Er hielt sich an die russische Etikette und sprach offen seine Unzufriedenheit über die Taktlosigkeit des persischen Hofes aus. Der Empfang Jermolows fand in Sultanie statt und vollzog sich in glänzendster Weise. Fath-Ali sprach bei seinen Unterredungen mit ihm aus: „dass es sowohl für den russischen Monarchen wie auch für ihn selber wünschenswert sei, einen gegenseitigen Besuch zu ermöglichen, wie dies zwischen den europäischen Höfen der Fall sei“. Zum Schluss drohte Fath-Ali „mit dem himmlischen Zorn zur Bestrafung dessen, der sich erkühne, den Frieden und das Einverständnis, das zwischen den beiden Herrschern bestehe, zu stören“. Die Verhandlungen des Generals Jermolow mit den persischen Beamten über die Zurückgabe der Landschaften, die nach dem Frieden zu Gulistan Russland zugefallen waren, zogen sich ziemlich lange hin. Jermolow war zu der Überzeugung gekommen, dass es Russland unmöglich sei, die eroberten Landschaften zurückzugeben, so dass alle Gesuche und Bitten der persischen Beamten kategorisch abgelehnt wurden. Einer solchen Hartnäckigkeit gegenüber drohte Mirsa-Abdul-Wahab, der Bevollmächtigte des Schah, mit einem Kriege gegen Russland, indem er sagte, dass „ohne die Zurückgabe der Gebiete er an der Aufrechterhaltung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und dem Schah zweifle“. Jermolow erwiderte darauf, dass ,,der Kaiser es sehr bedauern würde, wenn ein Bruch erfolge, und obwohl er auch sehr wünsche, sich die Freundschaft des Schahs zu erhalten, er die Wohlfahrt seiner Untertanen schützen müsse. Wenn der Schah in seiner Freundschaft für Russland erkaltet und nicht nachgibt, setzte Jermolow hinzu, erkläre ich selbst den Krieg und fordere den Aras als Grenze, um die Würde Russlands zu wahren“. Daraufhin gaben die Perser nach, welche die Freundschaft des Kaisers von Russland dem Nutzen vorzogen, den ihnen der Gewinn der Landschaften bringen würde.

Im Laufe von sieben Jahren hatte Abbas-Mirsa seine Truppen nach europäischem Muster reorganisiert und die Disziplin, den Geist und überhaupt die Kriegstüchtigkeit so gehoben, dass er es für möglich hielt, der Türkei den Krieg zu erklären. Der Feldzug war für die Perser verhältnismäßig günstig, was aber die Türkei nicht hinderte, bei dem Friedensschluss in Erzerum im Jahre 1823 große Vorteile auszubedingen. Persien [Iran] musste alle von ihm eroberten türkischen Landschaften zurückgeben und sich verpflichten, sich weder direkt noch indirekt in die Angelegenheiten Kurdistans und Bagdads einzumischen. Dafür sollte die Türkei die Pilger schützen, die aus Persien [Iran] nach Mekka zogen. Die Handelsabgaben wurden auf 4 Prozent des Wertes der Waren festgesetzt

Trotz des sehr bedingten Sieges der Perser über die Türken war doch der egoistische und hochmütige Abbas-Mirsa von seiner Stärke überzeugt. Als Thronfolger und Verwalter des an Russland grenzenden Aserbeidjans führte er die Bestimmungen des Vertrages von Gulistan sehr nachlässig aus und veranlasste dadurch politische Misshelligkeiten, wodurch die Beziehungen der beiden Reiche, Russland und Persien, sehr gespannte wurden.

Der Schah Fath-Ali, von Natur ein sehr friedliebender Mann, hatte sich mit der Sachlage ausgesöhnt; andererseits aber vertraute er auf die Stärke seines Sohnes, vergötterte ihn und hinderte ihn nicht in seinem Verfahren, was die Gefahr nur noch vergrößerte. Die russische Regierung ergriff energischere Maßregeln und schickte sogar den Fürsten Menschikow nach Teheran, der es aber nicht verstand, die früheren Beziehungen wieder herzustellen.

Im Jahre 1825 starb der Kaiser Alexander I. Abbas-Mirsa, der die Ereignisse in Russland sehr aufmerksam verfolgt hatte, hielt den Augenblick für sehr günstig, um in das russische Gebiet einzubrechen. Am 2. September 1826 überschritt er schon die russische Grenze, ohne dass eine Kriegserklärung erfolgt war, und gelangte ungehindert bis Jelissawetpol. Die sechswöchige Belagerung der Festung Schuscha durch Abbas-Mirsa ermöglichte es dem General Paskewitsch, seine Truppen zusammenzuziehen. Am 13. September schlug er die Avantgarde der Armee AbbasMirsas bei Jelissawetpol. Die Hauptkräfte der persischen Armee erlitten am 5. Juli 1827 bei Djewan Bulak eine Niederlage und wurden gezwungen, über den Aras zurückzugehen.

Nach diesen Misserfolgen wandte sich Fath-Ali an England und verlangte auf Grund des im Jahre 1814 abgeschlossenen Vertrages die versprochene Unterstützung durch Truppen und Subsidien in der Hohe von 5 Millionen. Der Schah erhielt aber auf seine Bitte gar nicht einmal eine Antwort. Mittlerweile hatte Paskewitsch am 1. Oktober Eriwan, am 19. Oktober Tabris genommen und war bereit, auf Teheran vorzugehen. Der durch diese Ereignisse in Furcht gesetzte Schah bat um Frieden, der auch am 10. Februar 1828 in Turkmantschai geschlossen wurde, nachdem Paskewitsch im Januar Maragh, Ardebil und Urmia genommen hatte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Beziehungen Russlands zu Persien / Iran