Viehzucht

Die Viehzucht befindet sich in einem besseren Zustande als der Ackerbau. Die nomadisierende Bevölkerung lässt es sich angelegen sein, dass die Rasse der Pferde, Kamele, Schafe, Ziegen und sonstige Zweige der Viehzucht erhalten und verbessert werden. Es gibt Vollblutpferde, die nach ihrer Schönheit und Ausdauer mit allen in der Welt bekannten Rassen in Wettbewerb treten können; es sind die arabische, turkmenische, karabaghische und schirassche Rasse hervorzuheben. Durch ihre Ausdauer zeichnen sich die turkmenischen Pferde aus, für deren Verbesserung die persischen Monarchen sehr viel getan haben. Die Größe und der Knochenbau des turkmenischen Pferdes rührt von den einheimischen, das Blut und die Form aber von den arabischen Pferden her, von welchen die besten verschrieben wurden. Aus der Kreuzung ging ein sehr knochiges Pferd hervor, das der Höhe (oft hoher als 17 Hände) gegenüber aber unproportioniert ist; der Kopf ist dick und groß, die Ohren und der Hals lang, die Brust schmal, der Leib abgemagert; die langen Beine sind anscheinend ungenügend muskulös. Das turkmenische Pferd ist überhaupt nicht schön, aber bei der Arbeit unersetzlich. Das karabaghsche Pferd, ein Grauschimmel mit schwarzen Äpfeln, ist dem englischen Jagdpferde sehr ähnlich, wird aber wenig in Persien [Iran] gebraucht und meistens nach Indien ausgeführt. Von den übrigen Rassen ist das in der Wüste gezüchtete Pferd zu erwähnen, das klein ist, kurze Beine hat und außerordentlich stark ist.

Die Kamele sind für den größten Teil der dortigen Bevölkerung, besonders für die Nomaden, wichtiger als die Pferde. Es gibt 4 Arten: das zweihöckrige (bughur), das einhöckrige (schutur) und 2 Arten, die aus der Kreuzung der beiden ersteren entstanden sind. Die einhöckrigen Kamele sind sehr stark, aber nicht so beweglich und schnell wie die zweihöckrigen. Von den ersteren werden die Kamele Chorassans und Schirans besonders geschätzt, da sie die stärksten sind: sie können 250 kg tragen, ohne dass sie dadurch geschädigt werden. Von den Mischlingen sind die Rassen „Ner und Lojeks“ hervorzuheben. Letztere ist sehr gelehrig, geduldig, stark und kann 450 kg tragen. Da sie aber teuer ist, benutzt man die Rasse Ner, die allerdings nicht so stark und ausdauernd ist, aber das Stück nur 55 Rubel kostet.


Das persische Rindvieh ist fast dasselbe, wie es in Russland vorkommt. Ochsen, Kühe und Hammel sind reichlich vorhanden. Bei den Ackerarbeitern kommen auch Büffel zur Verwendung. Schafe mit dickem Fettschwanz sind weit verbreitet. Ihre Wolle dient zur Herstellung von grobem Gewebe; aus ihrem Schwanz wird Fett, ca. 1,2 — 1,6 kg, gewonnen. In Kirman gibt es eine Art Ziegen, aus deren Wollhaar Schäle verfertigt werden. Esel werden als Reit- und Packtiere gebraucht. Zu ersterem Zweck werden große, zu letzterem kleinere aber ausdauernde Esel verwendet. Auch die Isfahanschen Maulesel sind erwähnenswert, die eine Kreuzung von Eseln und Isfahanschen Stuten sind. Diese Maultiere haben einen großen Kopf, eine gemusterte Mahne, einen entsprechenden Körperbau und ein entsprechendes Gewicht. Sie wurden in die englische Armee wahrend des afghanischen und abessynischen Krieges in großer Menge eingestellt und leisteten gute Dienste.

Die Nomaden besitzen große Herden von Schafen, nach welchen in dem Lande selbst große Nachfrage ist. Rindvieh ist wenig vorhanden und wird mehr zum Arbeiten als zum Schlachten gebraucht. Die Perser [Iraner] lieben kein Fleisch und können es leicht entbehren. Aus den Kamelhaaren werden Woilachs in großer Menge angefertigt; im Frühjahr während des Haarens wird das Kamelhaar in Büscheln gesammelt.

Lebendes Vieh wird nach Russland, Indien und den arabischen Hafen ausgeführt. Im Jahre 1892 betrug die Ausfuhr:

nach Russland 666.332 Pud,
nach Indien 15.000 Stück Vieh, 737 Pferde.

Die Ausfuhr aus Persien von Produkten der Viehzucht im Jahre 1892:

nach Russland aus Aserbeidjan und Kurdistan:

Kase, Butter und Talg 5.500 Pud.
ungegerbte Häute und Felle 11.000 Pud
gegerbte Häute und Felle 15.500 Pud
wilde Tiere 2.080 Pud
Wolle und wolliges Ziegenhaar 6.500 Pud

nach Russland aus Karadagh, Hamadan, Schiras und den am Kaspischen Meere gelegenen Provinzen:

ungegerbte Häute und Felle 8.000 Pud
gegerbte Häute und Felle 5.500 Pud
wilder Tiere 8.200 Pud
Wolle und wolliges Ziegenhaar 1.200 Pud

nach Russland aus Chorassan und Jesd:

Käse und Butter 2.500 Pud
ungegerbte Häute und Felle 30.000 Pud
Wolle und wolliges Ziegenhaar 112.000 Pud
gegerbte Häute und Felle 7.500 Pud

Jährlich werden an Wolle 328.125 Pud gewonnen.

Die Frauen der Nomaden beschäftigen sich außer mit den Wirtschaftsarbeiten mit dem Weben von Matten, Lagerdecken und Teppichen. Obwohl die Arbeiten grob sind, haben sie dennoch einen guten Absatz in den Städten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Beziehungen Russlands zu Persien / Iran