Ein Kloster für Mönche des Zisterzienser Ordens

Gleich darauf als der tätige livländische Erzbischof Albert die Stadt Riga nicht weit von der Mündung der Düna gegründet hatte, stiftete er im Jahr 1201 an der Mündung dieses Flusses ein Kloster für Mönche des Zisterzienser-Ordens, welcher „in Livland und Estland sehr ausgebreitet ward. „Er nannte das Kloster St. Nicolaus-Berg; es hieß jedoch, nach seiner Lage, in der gewöhnlichen Rede schon dazumal Dünamünde. Des Bischofs Bruder, der durch seinen frommen Wandel und seine Schicksale bekannte Dietrich von Thoreida, ward Abt, und bald wird das Kloster, der erste bewohnte Ort, den heransegelnde Kreuzfahrer an der öden Küste erblickten und wo sie Aufnahme fanden, bei frommen und freigebigen Männern in Deutschland Theilnahme erweckt und von ihnen tätige Unterstützung erhalten haben.“

Schon vor dem Jahr 1232 hatte das Kloster Dünamünde Besitzungen im Lande Lieze, südlich von Wittstock, erworben, indem die Edlen Herren, die Brüder Johann und Gebhard von Plote, die Stifter und Besitzer von Kiritz und Wusterhausen, am 2. Mai 1232 dem altmärkischen Kloster Arendsee 42 Hufen verliehen, welche zwischen Netzeband und den Besitzungen des Klosters Dünamünde an dem Flusse Temnitz lagen; diese Hufen lagen ohne Zweifel auf der an Netzeband grenzenden, überaus großen und vielfach zerteilten Feldmark Rögelin, auf welcher das Kloster Dünamünde nach spätern Urkunden bereits 30 Hufen besaß. Das Kloster Dünamünde erbauete auf seinen Hufen einen Wirtschaftshof und nannte denselben: Hof Dünamünde, welcher später an den Bischof von Havelberg kam und im 17. Jahrhundert wüst lag. Der Bruder Conrad von Dünamünde, welcher im Jahr 1256 in einem Vergleiche wegen der Anlegung der Mühle zu Zechlin als Zeuge bei den Verhandlungen vor dem Fürsten Nicolaus von Werle zu Röbel auftritt, ist wohl der Hofmeister (magister curiae) dieser Besitzungen.


Diese Besitzung lag damals im Gebiete der Fürsten von Werle, da das Liezland demselben gehörte, so viel die Landesherrlichkeit derselben auch zu allen Zeiten von den Markgrafen von Brandenburg angefochten und zuletzt auf weiten Wegen von denselben erworben ist. Jedoch ist es wohl unzweifelhaft, daß das Kloster Dünamünde diese Besitzung unmittelbar von den Edlen Herren von Plote erwarb, welche dieselbe von den Markgrafen zu Lehn getragen hatten.

Zu gleicher Zeit werden die Edlen von Plote dem Kloster Dünamünde auch 30 Hufen in dem Dorfe Trampiz, jetzt Tramnitz, Filial der Kirche von Brunn bei Wusterhausen, geschenkt haben. Denn schon am 6. Jan. 1238 schenkten die Markgrafen Johann und Otto von Brandenburg auf Bitte der Brüder Johann und Gebhard von Plote dem Kloster Dünnamünde das Eigentumsrecht an 30 Hufen des Dorfes Trampiz und an 30 Hufen des Dorfes Rogelin, welche Dörfer die genannten Brüder von Plote von den Markgrafen zu Lehn getragen hatten 1).

1) Diese Urkunde ist gedruckt in Dreger Cod. dipl. Pomeran. I, p. 189 und in Riedel Cod. dipl. Brandenb. II, 1, S. 20, Nr. XXIX. - Diese Urkunde ist nicht die Urkunde über die erste Verleihung der Besitzungen, sondern nur eine Uebertragung des landesherrlichen Eigenthumsrechts.

Der Papst Honorius IV. bestätigte im Jahr 1285 („pontificatus nostri anno primo „) dem Kloster Dünamünde das Patronat der Kirchen zu Trampis, Snethlinge und Quedlinghe (in den Diöcesen Camin und Havelberg), die Dörfer daselbst, den Wirthschaftshof (grangiam) in Trampis, die Mühlen zu Tornow und Griep und einige andere Besitzungen in den Bistümern Camin und Havelberg.

Diese 60 Hufen in Rögelin und Tramnitz waren also sicher die Besitzungen, welche das Kloster Dünamünde in der Mark Brandenburg hatte und die später auf unbekannte Weise auf den Bischof von Havelberg übergingen.

Zu derselben Zeit erhielt das Kloster Dünamünde auch Besitzungen innerhalb der jetzigen Grenzen des Landes Mecklenburg.

Schon am 23. Dezember 1236 bestätigte der Papst Gregor IX. dem Kloster die Güter Bentwisch, Wustrow und Volkenshagen. Dies sind ohne Zweifel die Dörfer Bentwisch und Volkenshagen (Indago Volquini) bei Rostock und Wustrow auf Fischland bei Ribnitz. Wir haben aber über diese in der Herrschaft Rostock belegenen Güter des Klosters und deren Schicksale in dem nächsten Zeitraume weiter gar keine Nachricht, als die in der eben erwähnten, im pommerschen Archive liegenden, päpstlichen Bulle enthaltene. Die Güter müssen bald aus dem Besitze des Klosters gekommen sein, da sie schon im folgenden Jahrhundert zu Lehn an Vasallen ausgegeben waren und nun oft ihre Besitzer wechselten und zerstückelt wurden.

Bald darauf erhielt das Kloster die Güter Siggelkow und Zachow bei Parchim, in der Vogtei Marnitz; wenigstens ist das gewiss, daß diese Güter im Jahr 1262 im Besitze des Klosters waren. Zwar sind die über diese Besitzungen redenden Urkunden vollständig vorhanden; aber es tritt dem Beobachter hier eine eigentümliche Erscheinung in der norddeutschen Geschichtsforschung entgegen: die Urkunden sind falsch, mit Ausnahme einer einzigen, vom 25. Oktober 1262. Die genannten Besitzungen des Klosters Dünamünde gingen schon im 13. Jahrhundert an das holsteinsche Zisterzienser-Mönchskloster Reinfelden über, welches in Mecklenburg sehr reichen Grundbesitz hatte. Die meisten Urkunden dieses Klosters, welche bei dem Erwerb der Güter durch die Herzoge von Mecklenburg nach der Säkularisierung desselben an diese ausgeliefert wurden, sind falsch. Die Urkunden sind von derselben Hand oder doch sehr ähnlichen Händen geschrieben; die Handschrift der Urkunden des 13. Jahrhundert fällt unzweifelhaft in die erste Hälfte des 14. Jahrhundert und es ist von den unverkennbaren Eigentümlichkeiten der Schrift aus der Mitte des 13. Jahrhundert in allen Urkunden aus dieser Zeit keine Spur vorhanden; alle Urkunden haben dasselbe jüngere, frischere Ansehen; ungewöhnlich vielen Urkunden fehlt die Angabe des Tages der Ausstellung; alle Siegel hangen an Schnüren von Seide aus derselben Fabrik, während ächte Original-Urkunden des 13. Jahrhundert die Siegel gewöhnlich an linnenen Schnüren oder an Pergamentstreifen tragen; endlich sind die Siegel, und dies ist vorzüglich entscheidend, entweder von andern Urkunden genommen, oder durch nachgegrabene Stempel oder Abdrücke aus Thonnachdrucken hergestellt, und durch absichtliches Zerbrechen und Beschmieren mit Firnis mit einem falschen Schimmer der Echtheit umkleidet. Es gibt Urkunden des Klosters Reinfelden aus dieser Fabrik, welche so plump verfälscht sind, daß die Unechtheit augenblicklich in die Augen fallen muss; eine Urkunde z. B. des Fürsten Johann I. des Theologen (*1229 † 1264) über Hufen in Questin vom Jahr 1237, welche auch nach den Zeugen in diese Zeit fallen muss, trägt das Siegel seines Sohnes Johann II. von Gadebusch (*1276 † 1299); es ist freilich rund umher sehr plump mit einem Messer zerhackt, um demselben ein altes Ansehen zu geben, aber das Siegelbild steht vor den Augen des Forschers zu klar, um den Betrug nicht gleich zu erkennen; zwar hat der Verfälscher zuerst ein L vor XXXVII geschrieben gehabt, um aus 1237 die Jahreszahl 1287 zu bilden; aber diese stimmt wohl zu dem Siegel, jedoch nicht zu den Zeugen, und deshalb ist die Ziffer L in der Folge wieder ausradiert. Und von der Hand, welche diese Fälschung vollbracht hat, sind die übrigen falschen Urkunden geschrieben. Bekennt das Kloster Reinfelden doch selbst zu der Urkunde über Siggelkow vom Jahr 1235, daß sie sehr geringe Beweiskraft habe!

Der Vorwurf der Fälschung trifft jedoch nur die Form der Urkunden; es lässt sich gerade nicht behaupten, daß auch der Inhalt derselben falsch sei, vielmehr stimmt in der Regel dieser zu den unleugbaren Thatsachen. Es ist wahrscheinlich, daß diese Urkunden im Kloster Reinfelden gemacht sind, nicht um zu täuschen und unbegründete Rechte zu beurkunden, sondern nur um verloren gegangene Originale zu ersetzen. Viele der noch vorhandenen ächten Original-Urkunden des Klosters Reinfelden sind nämlich von Mäusen so ungewöhnlich stark zerfressen, daß sie nur noch in Fetzen zusammenhangen. Es ist daher wahrscheinlich, daß die falschen Ausfertigungen im Kloster Reinfelden nach den Resten der Original-Urkunden, als man, vielleicht nach Überwindung unruhiger Zeiten, den Verlust bemerkte, und nach Grundbüchern und Urkundenauszügen die Original-Urkunden wiederherstellte; daher sind die falschen Urkunden in manchen Dingen, z. B. im Datum und in den Zeugenreihen, oft lückenhaft: manches mag auch wohl nach andern gleichzeitigen Original-Urkunden gefälscht sein 1).

Wenn nun auch die Fälschung der Ausfertigungen nicht zu bezweifeln ist, so ist doch der Inhalt der Urkunden zur geschichtlichen Darstellung, wenn auch mit Behutsamkeit, zu benutzen.

Die Besitzungen des Klosters Dünamünde bei Parchim waren die Dörfer Siggelkow, Zachow und Crutzen, deren Feldmarken gegenwärtig in den Dörfern Siggelkow und Zachow in dem jetzigen Amte Marnitz vereinigt sind. Das Dorf Crutzen, welches wohl schon im 15. Jahrhundert untergegangen ist, lag westlich an Siggelkow bis an die Elde, zwischen Siggelkow und Slate. Nach einer Vermessung vom Jahr 1726 hieß die Feldmark noch das Feld Krusen oder Krützen, oder das Kreutzfeld und gehörte zu Siggelkow; auf der „Dorfstätte“ hatte ein Bauer ein Ackerstück an der Elde; auf dem Kreutzcamp am zachower Wege lagen die Krützer Sählen oder Kreutzsählen bis an den zachower Weg, und der Kreutzberg, welcher auf der großen schmettauschen Charte in einer Biegung der Elde Slate gegenüber steht, lag mit seinem Abhange an der „slater Scheide“ und der „Queerfähre“. Auch lagen Aecker beim Maden-See an der Landwehr. In der Beschreibung des Amtes Marnitz vom Jahr 1654 heißt es:

„Vom Felde Creutz genannt, welches Jahr f. g. Untertan zu Siggelkow im gebrauch haben, geben sie an allerhand Korn den Fünften“.

Ferner heißt es zum Jahr 1659 bei Siggelkow:

„Dann ist noch ein Feld, das Kreutz genandt, von welchem die Koßaten, so im Dorff gewohnet, ihren Acker gehabt“.

Zu Siggelkow war eine eigene Pfarre; im Jahr 1411 war Heinrich Molenbeke Pfarrer zu Siggelkow. Im Jahr 1654 war die Pfarre abgebrannt und deshalb wohnte der Pfarrer auf der Pfarre zu Pankow, welche ihm zugelegt war; hiebei ist es bis auf unsere Zeit geblieben. In Siggelkow hatte das Kloster Dünamünde einen Hof, auf welchem ein Hofmeister (magister curiae) des Klosters wohnte; im 17. Jahrh. war Zachow ein Meierhof. Ferner war bei Siggelkow ein Zoll und eine Mühle. Endlich besaß das Kloster Dünamünde und später das Kloster

1) Es ist auffallend, daß der Archivrat Evers bei der Mitteilung von Abschriften dieser Urkunden durch Russland die Fälschung nicht bemerkte. Übrigens ist auch noch das zu bemerken, daß der Aufmerksamkeit des Archivrats Evers mehrere Urkunden über diese Güter entgingen.

Reinfelden einen zu diesen Gütern gehörenden Hof oder einen Speicher in der Stadt Parchim auf dem Brook. In dem Verzeichnisse der festen Einkünfte der Stadt Parchim vom Jahr 1364, welches dem alten Stadtbuche vorgeheftet ist, heißt es:

„Magister curie (Hofmeister) in Zigghelcowe annuatim dabit consulibus XXIIII pullos de granario (Speicher, Scheure) stante in palude“ (Brook, eine Straße auf der Neustadt).

Im Jahr 1452 lag diese Stätte wüst, da das Kloster Reinfelden nur eine „wurt (Hausstätte) binnen Parchim“ an die Herzoge vertauschte.