Die Beisetzung Leos XIII. in der Peterskirche in Rom 1903

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1903
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Papst Leo XIII., Peterskirche, Vatikan, Schweizergarde, Nobelgarde,
Lange vor seinem Tod hatte Leo XIII. bestimmt, dass er sein Grab in der ältesten Kirche Roms, der altehrwürdigen Bischofskirche der Päpste, San Giovanni in Laterano, finden wolle, und er wird dort auch zur letzten Ruhe bestattet werden. Zuvor aber musste altem Brauchs gemäß die Beisetzung des Verstorbenen in der Peterskirche erfolgen, der Grabkirche des Apostels Petrus, der Kirche des Vatikans. Eine Reihe weihevoller Zeremonien und kirchlicher Trauerfeierlichkeiten ging dieser ersten Beisetzung der sterblichen Hülle Leos XIII. voraus, die sechs Tage in Anspruch nahmen.

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Kurz nach der feierlichen Feststellung des Todes durch den Pontifikatsverweser Kardinal Oreglia erfolgte die Einkleidung der Leiche für die erste Aufbahrung unter Beihilfe der Ärzte. In der Sutane aus weißer Seide, mit ebensolchen Schuhen an den Füßen, das Haupt mit der roten Papstmütze geschmückt, wurde der Tote in roten Damast gebettet; die Hände wurden ihm über der Brust um ein Kruzifix gefaltet. Acht Träger brachten dann, von der Schweizer- und Nobelgarde und Zeremonienmeistern begleitet, die Bahre in ein rot ausgeschlagenes Zimmer des Vatikans in der Nachbarschaft der Galleria degli Arazzi. An den Ecken der Bahre wurden Kandelaber mit großen brennenden Wachskerzen ausgestellt; die Nobelgarden lösten einander ab in dem Ehrendienst als Wächter der Leiche, während Posten der Schweizergarde die Eingänge des Zimmers bewachten.

Vierundzwanzig Stunden nach dem Tod erfolgte die Einbalsamierung der Leiche unter der Leitung des Doktors Lapponi, und gleich danach die Aufbahrung im Thronsaal des Vatikans. Hier war sie in das kostbare päpstliche Ornat gekleidet: die Sutane aus weißem Moiré, das Chorhemd aus feinstem Spitzengewebe, die Mozetta um die Schultern aus Purpur, die Strümpfe aus weißer Seide, die Pantoffeln aus roter Seide mit schwerer Goldstickerei, auf dem Haupt den Camauro, eine Bischofsmütze, aus karmesinrotem Samt. Das Haupt des Toten ruhte auf zwei Kissen aus rotem Samt mit goldener Randstickerei, ebenso war das rotsamtene Bahrtuch mit Gold garniert.

So empfing der Verstorbene am 22. Juli die letzten Huldigungen der Kardinäle und des römischen Adels. Die Trauernden knieten zu Füßen des Toten nieder und küssten die mit einem goldenen Kreuz bestickten roten Pantoffeln. Und nun erst, am Abend vom Mittwoch zum Donnerstag, wurde die Leiche in die Peterskirche getragen, damit sie dort bis zu ihrer Beisetzung der Andacht des Volkes zum Gegenstand werde. Durch weite Säle, über lange Korridore und breite Treppen ging der Zug hinab in den Petersdom, der mit dem Vatikanpalaste zusammenhängt. Voraus die gesamte Geistlichkeit von Sankt Peter, die Bahre getragen von acht Sediarien, die bisher den Sänftendienst beim Papste versahen, die hohen Gestalten der Schweizer- und der Nobelgarde in langen Reihen daneben. Es folgten die Kardinäle und Prälaten in violetten Gewändern. Nur Wachsfackeln beleuchteten den Weg. Inmitten des Hauptschiffs der hochgewölbten Basilika wurde die Bahre niedergesetzt. Die Sänger von Sankt Peter intonierten das „Libera me Domine“, und der stellvertretende Erzpriester erteilte die Absolution. Das Haupt des Papstes schmückte jetzt eine hohe Mitra aus Silber. Dann erfolgte die Aufstellung der Bahre in der Sakramentskapelle und hier blieb sie während der nächsten drei Tage das Ziel der Wallfahrt vieler Tausende.

An der Beisetzungsfeier am Abend des 25. Juli nahmen etwa 2.000 eingeladene Personen teil. Zuvor war die Leiche dem dreifachen Sarge aus Zypressenholz, aus Blei und aus Ulmenholz feierlich übergeben worden. Ein hoher Katafalk, den 3 Meter hohe brennende Kerzen umgaben, trug dann den Sarg während des Trauergottesdienstes, dem die Einsegnung und Beisetzung folgten. Über der unscheinbaren Eichentür der Chorkapelle zwischen zwei hohen Säulen aus rotem Marmor hat der Sarkophag aus weißem Marmor seinen Platz, in welchem Papst Leo XIII. zunächst seine Ruhe gefunden hat. Mittels einer Maschinerie, wie sie unser Bild S. 617 zeigt, wurde der Sarg emporgewunden.

Die Beisetzung Leos XIII., Transport der Leiche vom Thronsaal nach der Peterskirche

Die Beisetzung Leos XIII., Transport der Leiche vom Thronsaal nach der Peterskirche

Die Beisetzung Leos XIII., Verbringung des Sarges in das provisorische Grab in der Peterskirche

Die Beisetzung Leos XIII., Verbringung des Sarges in das provisorische Grab in der Peterskirche

Die Beisetzung Leos XIII., Verbringung des Sarges in das provisorische Grab in der Peterskirche_

Die Beisetzung Leos XIII., Verbringung des Sarges in das provisorische Grab in der Peterskirche_